Castle Combo von Grégory Grard und Mathieu Roussel – erschienen im KOSMOS Verlag
Komm Bro zu CASTLE COMBO!
Autsch, diese Einleitung ist literarisch zugegebenermaßen eine Zumutung. Aber ich betreibe ja auch keine Brettspielpoesie! 😉
Thema: Wir haben zwar ein schönes Schloss, uns fehlt es dort aber noch an Leben. Also sind wir auf der Suche nach Menschen, die uns zukünftig umgeben sollen: einerseits im Schloss selbst, andererseits aber auch im vorgelagerten Dorf.
Illustrationen: In CASTLE COMBO durfte sich Stéphane Escapa ausleben. Ob der gewählte Stil nun als schön oder hässlich empfunden wird, ist sicherlich Geschmackssache. Unstrittig ist dahingegen wohl die Aussage, dass dieser Stil einzigartig ist. Mir gefallen bei den Illustrationen vor allem die vielen ironischen Anspielungen. Schon die Covergestaltung spielt mit dem Bild, dass bärtige Männer auf eine entstehende Stadt blicken. Zusätzlich sind die Illustrationen aber auch funktional. So zeigt bspw. der Tapeten-Hintergrund die Farben der mitgelieferten Wappen und bietet somit eine zusätzliche Orientierung.
Ausstattung: 78 Charakterkarten unterteilen sich hälftig in Schloss- und Dorfkarten. Zusätzlich runden noch dicke Pappmünzen und ‑schlüssel sowie ein praktischer Wertungsblock die gelungene Ausstattung ab. Dieses ganze Material hätte jedoch durchaus gerne in einer noch etwas kompakteren Box daherkommen dürfen.
Ablauf: CASTLE COMBO ist ein weiteres Rasterspiel. Über neun Runden nehmen wir uns eine Karte aus der Auslage und legen diese in ein 3*3‑Raster. Meist bezahlen wir die Karte, damit wir die genommene Person auch bewundern können. Als Not-Aktion können wir aber auch eine Karte einfach so nehmen, drehen diese dann um und erhalten 6 Münzen und zwei Schlüssel. Warum benötige ich Schlüssel? Einerseits erhalte ich dafür am Ende Siegpunkte, andererseits kann ich darüber die Auslage manipulieren. Diese besteht aus zwei Reihen: oben wartet der Adel, unten die Dorfbevölkerung. Wir dürfen uns immer nur aus der Reihe bedienen, an der seitlich die Holzfigur des Herolds steht. Bin ich mit der Auslage nicht zufrieden, kann ich die Reihe durch die Abgabe eines Schlüssels austauschen. Alternativ kann ich gegen Schlüsselabgabe auch die Reihe wechseln, was manchmal durch das Nehmen der Karten automatisch passiert.
Die Charakterkarten besitzen immer einen Sondereffekt, über den ich überwiegend neue Münzen oder Schlüssel erhalte. Zusätzlich sorgt die Karte am Ende auch für Siegpunkte, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt werden. So bastele ich mir Karte für Karte eine hoffentlich siegbringende Kombination zusammen.
Das gefällt mir nicht so gut: Die Karten von CASTLE COMBO weisen schon eine Menge unterschiedlicher Symbole auf. Insbesondere Neulinge können sich davon anfangs etwas erschlagen fühlen. Die beigefügte Übersicht versucht ihr Möglichstes, allumfassend aufzuklären. Trotzdem hat das Begreifen der ganzen Symbole anfangs etwas von Vokabellernen. Glücklicherweise können die Mitspielenden helfen, weil alle Informationen offen sind. Allerdings können sich dadurch vor allem Erstpartien etwas in die Länge ziehen. Sind alle geübt, dann verringern sich auch die Wartezeiten merklich. Lediglich im 5‑Personen-Spiel kann sich die Downtime etwas zu lange anfühlen.
Dieses Gefühl ist dann vor allem dem Umstand geschuldet, dass die Interaktion äußerst überschaubar ist. In erster Linie achten wir auf unsere eigene Auslage. Gelegentlich wird dann vielleicht doch mal nach links geschaut – schließlich will man vermeiden, dass eine zu gut passende Karte in der Auslage liegen bleibt. Aber das war es dann auch schon mit der Interaktion. Denn auch wenn sich manche Karten auf die Auslagen meiner Mitspielenden beziehen, so habe ich auf deren Raster keinen Einfluss.
Das gefällt mir gut: CASTLE COMBO fühlt sich weniger willkürlich an als das durchaus vergleichbare FARAWAY. Wobei "vergleichbar" etwas übertrieben ist. Aufgrund des gleichen Verlages werden Parallelen gesucht, die bei einer anderen Konstellation möglicherweise nicht in Betracht gezogen würden. Doch ich schweife ab und beende damit auch schon den möglichen Quervergleich. Also ganz unabhängig von anderen Spielen: CASTLE COMBO überzeugt durch die vielen Möglichkeiten. Und dabei werde ich von diesen nicht überfordert. Denn in erster Linie stehen mir lediglich drei Karten als Auswahl zur Verfügung. Diese kann ich gedanklich anlegen, prüfen, abwägen und mich dann für eine entscheiden. Sollten mir die Karten gar nicht zusagen, kann ich durch Schlüsseleinsatz diesen Prozess wiederholen. Mehr wird von mir nicht verlangt. Dieser Entscheidungshorizont ist problemlos zu überschauen und ich kann mich auf die einzelnen Querverbindungen konzentrieren.
Und diese sind vielfältig. Erstaunlich vielfältig. Ich bin immer noch überrascht, wie wenig wiederholend sich CASTLE COMBO auch über die Dauer der Zeit anfühlt. Habe ich mich in einer Partie auf Dorfbewohner mit gelben Wappen konzentriert, sammele ich in der nächsten Partie lieber Adelige mit ganz vielen unterschiedlichen Wappen. Oder ich versuche die Geldstrategie. Oder ich horte Schlüssel. Selbst umgedrehte Karten können mit den richtigen Bewohnern erstaunlich viele Punkte erzeugen. Jede Partie überrascht mich aufs Neue. Ich weiß anfangs noch nicht, wohin ich dieses Mal getrieben werde, aber ich freue mich auf die Möglichkeiten.
Dabei bin ich natürlich abhängig von den auftauchenden Karten. Wirklich planen lässt sich wenig und ich muss mich situativ entscheiden. Somit spielt immer auch der Zufall mit. Aufgrund der Kürze einer Partie und der fluffigen Aufmachung ist das allerdings ein Merkmal des Spiels und kein Fehler. Denn deswegen bibbere ich, wenn vor meinem Zug neue Karten aufgedeckt werden. Oder hoffe innig, dass bitte diese oder jene Karte noch dort liegt, wenn ich an der Reihe bin. Aufgrund des langsam sich füllenden Rasters besitzt CASTLE COMBO einen stetig sich zuspitzenden Spannungsbogen. Meine freien Plätze und somit meine Optionen werden kontinuierlich weniger – und die ersehnte Karte ist immer noch nicht in der Auslage erschienen!
CASTLE COMBO überzeugt jedoch auch noch auf anderen Ebenen. So beliebig auf den ersten Blick die Personen auf den Karten aussehen, haben diese doch meist eine Funktion, die mit der Benennung korrespondiert. Der Totengräber entfernt eine Karte aus der Auslage, der Aufseher erhält Schlüssel für bestehende Militärsymbole usw. Oftmals haben wir aufgrund ihrer Bezeichnung ein Gefühl für die Funktion der Karte. Dabei wird teilweise mit mittelalterlichen Rollenklischees gespielt, die aber auch gebrochen werden. Die gute redaktionelle Arbeit zeigt sich auch bei der Abrechnung am Ende. Aufgrund des klar strukturierten Wertungsblocks geht diese im Vergleich zu vielen anderen Optimierung-Spielen sehr zügig von der Hand. Selbst die auf den ersten Blick eher unübersichtliche Symbol-Übersicht hat sich bewährt.
Fazit: Die Ausgangslage von CASTLE COMBO ist bekannt, das Spielprinzip der Synergie-Nutzung von Symbolen ebenfalls. Trotzdem fühlt sich CASTLE COMBO erstaunlich frisch und unverbraucht an. Aufgrund der reduzierten Auslage überfordern uns nicht die Möglichkeiten. Eine Partie ist somit zügig gespielt und besitzt dabei einen beachtlichen Spannungsbogen.
Titel | Castle Combo |
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Autoren | Grégory Grard und Mathieu Roussel |
Illustrationen | Stéphane Escapa |
Dauer | 25 Minuten |
Personenanzahl | 2 bis 5 Personen |
Zielgruppe | Familienspielrunden |
Verlag | KOSMOS |
Jahr | 2025 |
Hinweis | Vielen Dank an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars! |
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