Oben und Unten von Ryan Laukat erschienen im Schwerkraft-Verlag
Thema... könnte aus einem Roman entspringen. Die Spieler wurden von Barbaren vertrieben und haben nach langer Flucht ein schönen Flecken für ein Dorf gefunden. Dieses Dorf gilt es OBEN auszubauen. Zusätzlich befindet sich am Dorfplatz aber auch ein Zugang zu einem Höhlensystem, welches im Spiel UNTEN zu erkunden gilt.
Grafik... ist vom Autor selbst und demnach sehr stimmig (wie das eigentlich immer der Fall ist, wenn Grafiker und Autor eine Person sind). Sie ist darüber hinaus aber auch wunderschön und inklusive kleinster Details sehr durchdacht. Optisch definitiv ein Leckerbissen.
Material... ist der schönen Grafik angemessen und haptisch hochwertig. Lediglich für die Schlusswertung wäre noch eine Zählleiste hilfreich – aber das ist Jammern auf höchstem Niveau und zeigt, wie zufrieden ich mit dem Material bin. Vielleicht bastel ich mir noch eine Übersicht, da sehr viel über sprachneutrale Symbole organisiert wird und man zumindest anfangs noch oft in der Regel nachschlagen musste, was die Symbole zu bedeuten haben.
Ablauf... ist etwas Besonderes. OBEN wird ein klassisches Aufbauspiel gespielt. Ich beginne mit drei Personen, und diese können neue Personen antrainieren, Häuser bauen, Waren ernten usw. – laaaangweilig könnte man meinen.
Wäre es vielleicht auch, wenn es nicht auch nach UNTEN ginge. Denn schicke ich einen Abenteuertrupp nach UNTEN zur Erkundung des Höhlensystem, dann finde ich mich in einer anderen Art Spiel wieder: einem Geschichtenspiel im Stile klassischer Rollenspiel-Soloabenteuer. Ich erlebe eine Situation und kann mich dann zwischen Alternativen entscheiden, was mein Trupp machen soll. Dem Spiel liegt dafür ein Buch der Begegnungen mit 223 unterschiedlichen Abschnitten bei. So erlebe ich UNTEN verschiedene Abenteuer, für die ich dann mit Prestige (oder auch bei zweifelhaftem Verhalten mit Abzug desselben) und Gegenständen belohnt werde.
Am Ende dieses überaus friedlichen Spiels findet über eine clevere Schlusswertung die Bestimmung des Sieger statt – wobei das in unserer Runde nur zweitrangig war, da wir alle zumindest auch eine eigene Geschichte erlebt haben.
Die Chance auf einen Zweiteindruck... ist entsprechend hoch. Einerseits möchte ich natürlich noch mehr Geschichten UNTEN erleben. Andererseits bin ich nun aber auch gespannt, ob sich Extremstrategien spielen lassen. Kann ich das Spiel auch dadurch gewinnen, dass ich nur neue Häuser baue und gar nicht die Höhle erkunde? Oder anders gesagt: kann ich mich dem Sog der Neugierde entziehen und spiele nur OBEN? Und kann ich damit dann auch gewinnen?
Wahrscheinlich schon, denn man muss schon zugeben, dass die Abenteuer UNTEN sehr glücksabhängig sind. Man weiß eben nicht, was einem dort passieren wird. Schicke ich bspw. einen gut ausgerüsteten Trupp nach UNTEN, um dort fett Beute zu machen, kann es passieren, dass ich dort nur ein Mini-Abenteuer mit entsprechend kleiner Belohnung erlebe. Dann hätte ich die Personen auch effektiver OBEN einsetzen können. Aber gerade dieses Unbekannte macht in meinen Augen den Reiz aus. Wer das jedoch als frustrierend empfindet, der ist mit reinen Optimierspielen sicherlich besser bedient.
Kritikpunkte sehe ich aber trotzdem. Ich finde es z.B. schade, dass bei den erlebten Abenteuer nicht immer eine freie Entscheidung möglich war. Für Alternative A hatte ich genügend "Manpower" in den Höhlen, für Alternative B aber nicht – also habe ich Alternative A gewählt, bevor ich gar nichts mache. Hier fände ich es schön, wenn die Alternativen unabhängig von solchen Randbedingungen gewählt werden können (es also immer eine gleich niedrige Einstiegshürde gäbe). Nicht ganz einig waren wir uns bezüglich der Spieldauer. Manche empfanden das Spiel als zu kurz – ich jedoch nicht, denn durch die Erzählungen wird der Spielfluss immer wieder unterbrochen und das Vorlesen der Abenteuer kosten schon ein wenig Zeit. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das bei einer noch längeren Spielzeit nicht als störend empfunden würde. Und es spricht auch eher für das Spiel als dagegen, wenn manche Spieler es gerne noch länger gespielt haben wollten.
Wichtiger Hinweis: Dies ist ein Ersteindruck nach einer gespielten Partie! Sehr subjektiv und durchaus auch abhängig von Tageslaune, Mitspielern und sonstigen Einflüssen. Bei grundsätzlichem Interesse empfehle das Lesen "richtiger" Rezensionen oder noch besser: ausprobieren!
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