Kingdomino von Bruno Cathala – erschienen bei Pegasus Spiele
Dies ist ein Update des Ersteindrucks!
Die Spielwarenmesse in Nürnberg ist wieder beendet. Ich selbst war nicht vor Ort, doch glaubt man der einschlägigen Berichterstattung, scheint sich dort der Trend der letzten Jahre fortgesetzt zu haben. Ist Essen mehr das El Dorado für Liebhaber komplexerer Spiele, so konzentrieren sich die Verlage in Nürnberg mehr auf die Familienspiele (Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel). So gesehen hätte Pegasus sich in Geduld üben müssen und KINGDOMINO in Nürnberg präsentieren sollen. Glücklicherweise kam es aber schon Ende letzten Jahres heraus, so dass ich in der Zwischenzeit schon viele vergnügliche Partien erleben durfte.
Thema... ist aufgesetzt. Die Spieler sind Herrscher eines Königreichs, welches kontinuierlich vergrößert wird. Wer dies geschickt macht, mehrt sein Prestige und gewinnt dann das Spiel. Bei dieser Art Thema juckt es mich immer in den Fingern, mal die real existierenden Königshäuser in Europa mit diesen ominösen Prestigepunkten zu konfrontieren. Ist das eine heimliche Währung in Adelsfamilien? Gibt es eine Ligatabelle, in der das britische Königshaus aktuell vor dem dänischen liegt, da es drei Prestigepunkte mehr aufweist?
Grafik... ist von Cyril Bouquet und ein wenig gewöhnungsbedürftig mit diesem comichaften Stil. Die Farbgebung ist klar und deutlich – und immer sind ein paar kleine verspielte Details zu sehen (Dennis Lohausen lässt grüßen). Allerdings bin ich mit der gewählten Perspektive nicht ganz glücklich (siehe unten).
Ausstattung... besteht hauptsächlich aus 48 "Dominosteinen". Wobei "Stein" etwas irreführend ist, sind es doch eher dicke Pappplättchen. Ganz wie der Klassiker, sind diese Plättchen in zwei Felder unterteilt, die meist unterschiedliche Landschaften zeigen. Die Plättchen sind ungewohnt glänzend beschichtet, was bei direkter Beleuchtung zu irritierenden Spiegelungen führen kann. Vielleicht ist es die mangelnde Gewohnheit, aber mir gefallen matte Oberflächen besser. Zusätzlich ist noch als Gimmick eine zusammensteckbare Burg in Spielfarbe vorhanden, welche man sich auf sein Startfeld stellt. Und meine Tochter war sehr über die rosa Holzfiguren (als eine von vier Spielfarben) erfreut – scheinbar regiert in einem Reich auch eine Königin!
zu guter Letzt liegt auch noch ein Beutel bei, aus dem die Pappplättchen gezogen werden. Schade nur, dass er mal wieder viel zu eng ist, sodass man ganz schlecht die Plättchen auch im selbigen mischen kann. 😕
Ablauf... wird von zwei schönen und einfachen Mechanismen geprägt: Wie die Assoziation des Titels erahnen lässt, geschieht das Anlegen nach bekannten Domino-Regeln. Allerdings wird hier keine lange Reihe gelegt, sondern das Ziel lautet, ein 5×5 Landschaftsfelder umfassendes Königreich aufzubauen (ein Plättchen besteht immer aus zwei Landschaftsfeldern). Dabei muss vom einzubauenden Stein mindestens eines der beiden Felder an ein Stein mit identischem Landschaftstyp angrenzen (das andere darf dahingegen abweichen). Das Startfeld mit Burg ist dabei ein universeller Landschaftsytp.
Interessanter ist die Auswahl der Steine. Es liegen im 3- bzw. 4‑Personen immer so viele Steine zur Auswahl aus, wie Mitspieler teilnehmen. Dabei kommt noch ein wichtiges Detail zu tragen: die Rückseiten der Steine sind durchnummeriert und werden in aufsteigender Reihenfolge ausgelegt. Sind alle Steine belegt, wird nebenan eine neue Auswahl-Spalte gebildet. Nun werden von oben die reservierten Steine weggenommen und der Spieler, der nun sein Reich vergrößert, sucht sich sofort danach einen neuen Stein der nächsten Spalte aus. Und wie man sich denken kann, sind die Steine mit den höheren Nummern am Spielende meist wertvoller als die mit den niedrigen Nummern.
Denn zum Ende der Partie werden die Prestigepunkte der jeweiligen Landschaft berechnet. Diese ergeben sich aus der Anzahl zusammenhängender Landschaftsfelder multipliziert mit der Anzahl an Kronen in selbiger. Vereinfacht gesagt: großes Waldgebiet mit vielen Kronen-Bauwerke ergibt massig Punkte während ein großes Waldgebiet ohne ein einziges Kronen-Bauwerk gar keine Punkte generiert.
Für die geübten Spieler werden noch Wertungsvarianten aufgeführt, die ich auch alle empfehlen kann. So werden die Spieler mit Zusatzpunkten belohnt, die es geschafft haben, ein komplettes Königreich zu erschaffen (also alle Plättchen auch anzubauen). Eine andere Variante belohnt die Spieler, bei denen das Startplättchen genau in der Mitte des Königreichs liegt. Am besten ist aber eine Duell-Variante für zwei Spieler. Dort wird dann nicht mehr das übliche Königreich gebaut, sondern ein 7*7‑Felder umfassendes Königreich, so dass wieder alle Plättchen ins Spiel kommen. Zur Auswahl hat man nun zwei Figuren, so dass pro Runde eben auch zwei Plättchen erworben können. Das Spiel ist nun wesentlich mehr von Taktik geprägt.
Das gefällt mir nicht so gut: KINGDOMINO hat leider kleine Schwächen in der Ausstattung. Dass der Beutel zu eng ist, das ist einfach ärgerlich und unnötig. Ob die Pappplättchen nun unbedingt glänzend beschichtet sein müssen, darüber kann man streiten – und vielleicht ist es einfach nur mangelnde Erfahrung damit, dass sie weniger wertig wirken. Aber bei matten Oberflächen hat man zumindest seltener mit spiegelndem Licht zu kämpfen. Die Startburgen sind zwar ein netter Gimmick, aber im schlimmsten Fall versperren sie den Blick auf dahinter liegende Landschaften (bzw. auf die Kronen-Anzahl). Wir spielen mittlerweile eigentlich nur noch so, dass anstatt der Burg dort eine der Königsfiguren liegt (die zweite Figur wird ohnehin nur für die 2‑Personen-Variante benötigt).
Am Anfang war die Tatsache gewöhnungsbedürftig, dass man die Steine auch auf den Kopf drehen kann, so dass man die Häuser auf dem Dach stehend sieht. Da habe mich anfangs intuitiv immer dagegen gesträubt und die Plättchen fast immer nur in einer Längsrichtung angebaut. In diesem Detail hätte ich mir eine andere grafische Gestaltung gewünscht und lieber eine Vogelperspektive auf den Plättchen anstatt der gewählten Perspektive. Und wenn ich schon beim Wünschen bin: eine Übersichtskarte für jeden Spieler mit der Verteilung der Kronen wäre schon nett. Diese Information gibt es zwar versteckt am Ende der Regel, aber nicht jeder Mitspieler weiß das oder schaut dort nach.
Interessant finde ich die Entscheidung von Pegasus, einen Regelpassus aus der Originalauflage von Blue Orange Games zu verändern. Im Original muss ein Plättchen angelegt werden, wenn es möglich ist (was so auch vom Autor auf BGG bestätigt wird). Bei der deutschen Auflage kann der Spieler entscheiden, ob er ein Plättchen auch abwerfen will – was er dann macht, wenn das nächste Plättchen besser in das Königreich passt (und was unter Umständen nicht mehr gebaut werden kann, wenn das erste Plättchen gelegt werden muss). Ich kann beide Intentionen dahinter verstehen. Als "Power Player" bevorzuge ich natürlich die Originalversion. Hinsichtlich der Kompatibilität als Familienspiel kann ich die vorgenommene Regeländerung von Pegasus allerdings sehr wohl verstehen. Im Endeffekt macht es meist keinen all zu großen Unterschied und ändert das Spielgefühl nicht wesentlich.
Manche Mitspieler fanden es etwas nervig, dass für die Sortierung der Plättchen, diese erst auf die Rückseite gedreht werden müssen, da nur dort die Sortierungszahlen zu sehen sind. Diese Kritik finde ich etwas überzogen. Erstens kann ich mir ganz gut noch vier Zahlen in relativer Zuordnung merken und zweitens ist der Mehraufwand wirklich äußerst gering. Da ist mir eine ansprechende grafische Gestaltung (also ohne die Zahlen zusätzlich noch auf der Vorderseite abzubilden) wichtiger.
Das gefällt mir gut: Wenn man jetzt diese ganzen Kritikpunkte liest, könnte man zu dem falschen Schluss kommen, dass KINGDOMINO ein schlechtes Spiel ist – ist es aber nicht! Denn der Spielspaß ist erfreulich hoch. Eine Partie dauert so zwischen 15 und 30 Minuten und in dieser Zeit hat man eine Menge schöner kleinen Entscheidungen zu treffen. Das Spiel ist konstruktiv und jeder freut sich, wie sein Königreich wächst.
Auch sind die Entscheidungen nicht banal. Man muss sich schon immer fragen, ob es bspw. Sinn ergibt, mal ein nicht ganz so optimales Plättchen von oben zu nehmen, damit man dann in der nächsten Runde wieder Erstzugriffsrecht hat. Geübte Spieler haben dann zusätzlich noch die Auslagen ihrer Mitspieler im Blick. Allerdings artet dies auch nicht aus, so dass jemand stundenlang über seine Auslage brütet.
Besonders gerne spielen wir mit den vorgeschlagenen Bonuswertungen, weil sie den Mitspielern noch etwas mehr Planung abverlangen. Und die 2‑Personen-Variante mit dem 7*7‑Felder umfassendem Königreich ist wirklich sehr reizvoll.
Fazit: KINGDOMINO unterhält prächtig! Es ist knackig und flott, so dass gerne direkt eine Revanche gespielt wird. Sehr gut hat mir der Auswahlmechanismus gefallen, der Raum für Entscheidungen lässt – und Emotionen bei den Mitspielern auslöst. Trotz der kleinen Mängel bei der Ausstattung ist für mich eines der Spiele, die ich mindestens auf der Empfehlungsliste zum Spiel des Jahres erwarte, da es ein sehr reizvolles Familienspiel ist.
Titel | Kingdomino |
Autor | Bruno Cathala |
Illustrationen | Cyril Bouquet |
Dauer | 15 bis 30 Minuten |
Spieleranzahl | 2 bis 4 Spieler |
Zielgruppe | Familienspiel |
Verlag | Pegasus |
Jahr | 2016 |
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