Media Aetas von Marc André – erschienen bei Board Game Box
Ich habe lange überlegt, ob ich MEDIA AETAS in meine "frisch gestrichen Reihe" einordnen soll. Denn das spielerische Fundament ist unbestritten MAJESTY. Im Endeffekt habe ich mich allerdings dagegen entschieden, weil MEDIA AETAS mehr ist als eine leicht veränderte Neuauflage und sich für mich somit eigenständig anfühlt.
Thema... wir besitzen ein kleines Lehen und bauen dieses Stück für Stück bzw. Plättchen für Plättchen aus. Dabei können wir uns auf eine zu errichtende Gebäude-Art konzentrieren oder uns lieber vielfältig aufstellen. Wichtig ist nur, dass wir am Ende den meisten Einfluss das meiste Geld vorweisen können.
Illustrationen… sind von Claire Conan, die z.B. auch schon CHAKRA mitgestaltet hat. Der Stil von MEDIA AETAS unterscheidet sich davon jedoch erheblich. Statt pastelliger Fabelwesen begegnen wir nun einer mittelalterlich geprägten Landschaft, die mit vielen lebendigen Details aufwartet.
Ausstattung… die vielen Pappplättchen und ‑marker sowie die toll gestalteten Holzteile kommen gut aufgeräumt in der Box bei uns an. Die Gebäudeplättchen weisen dabei unterschiedliche gestaltete Ränder auf, sodass sie später an unserem Tableau perfekt verzahnt eine Landschaft bilden können. Mithilfe unterschiedlicher Rückseiten können wir zudem recht einfach die zusätzlichen Gebäude für das 4- und 5‑Personen-Spiel sortieren.
Ablauf… "sortieren" ist auch ein gutes Stichwort für den Spielablauf. Denn wir bilden in jedem Durchgang ein zufälliges Raster von Gebäudeplättchen, welches immer vier Zeilen umfasst. In diese legen wir immer ein Plättchen mehr als Personen mitspielen. Zusätzlich sortieren wir die Plättchen aufsteigend nach den Zahlenwerten auf der Rückseite von links nach rechts. So ist sichergestellt, dass die vermeintlich schwachen Gebäude weiter links positioniert sind und die starken auf der rechten Seite.
Denn nun beginnt ein Auswahlmechanismus, der an KINGDOMINO erinnert. Die Person, deren Figur am weitesten links steht, baut das entsprechende Plättchen in die eigene Auslage, wertet schnell und stellt dann die frei gewordene Figur auf ein Plättchen in die darunter liegenden Zeile. So gehen wir nach und nach von links nach rechts und von oben nach unten. Am Ende des Durchgangs erfolgt eine kleine Zwischenwertung und weiter geht der Auswahl- und Bauprozess. Nach vier solchen Runden rechnen wir final ab, wobei wir bestraft werden, wenn wir nicht alle Gebäudetypen bei uns in der Auslage besitzen.
Das gefällt mir nicht so gut: in MEDIA AETAS können zwei Welten aufeinander treffen. Es gibt Menschen, die bauen gerne eine eigene Auslage auf, erfreuen sich an den tollen Illustrationen und sind glücklich, dass der eigene Reichtum stetig wächst. Diese Menschen sind eine Zeit lang sehr zufrieden mit MEDIA AETAS – bis sie die Realität einholt. Diese heißt bei MEDIA AETAS Windmühle und Kaserne. Denn diese Plättchen sind, ich kann es nicht anders nennen, bösartig. Gegen die Kasernen kann ich mich noch schützen, in dem ich vorher Wachtürme baue, sodass ich kein Gebäude von mir abreißen muss. Zusätzlich kann ich diese zerstörten Gebäude später sogar wieder herstellen. Allerdings setzt das voraus, dass im Vorfeld ausreichend Wachtürme ins Spiel kommen, was nicht immer der Fall ist. Hier kann es Unwuchten geben, die rein zufällig davon abhängen, wann welche Plättchen auftauchen. Gegen die Windmühlen bin ich allerdings machtlos, auch wenn ich darüber "nur" Geld verliere. Mit diesen kann ich somit sehr aggressiv spielen und mich ziemlich unbeliebt machen. Weil ich durch die Windmühlen sehr früh auch das Plättchen der nächsten Zeile nehme, kann ich sogar recht effektiv dafür sorgen, dass manche Mitspielenden sehr früh wenig gegen diese Strategie ausrichten können. Im 2‑Personen-Spiel macht sich der Einfluss der Windmühlen nicht unbedingt bemerkbar, in Vollbesetzung ist dieser Weg äußerst lukrativ.
Mir fehlt bei MEDIA AETAS etwas die Flexibilität, die mir MAJESTY gibt. Dort kommen die Karten zufälliger und mein Zugriff ist beschränkter. Ich muss situativer spielen und kann nur bedingt vorab einer festgelegten Strategie folgen. Zusätzlich sind dort auch noch die Doppelkarten vorhanden, bei denen ich immer entscheiden kann, ob ich nun aggressiv spielen will oder nicht. In MEDIA AETAS habe ich nicht diese Wahl, was ich entsprechend als limitierend ansehe. Stattdessen weist MEDIA AETAS etwas mehr Schnörkel auf, was auch nur bedingt auf Gegenliebe stößt. Mit den Kirchen und Palästen erhalte ich kleine Marker, die ich anschließend in meiner Auslage ablegen muss. Dadurch kann ich mich noch mehr spezialisieren, habe aber auch einen zusätzlichen Grübelfaktor. Denn aufgrund der bessere Planbarkeit bei MEDIA AETAS erhöht sich auch das Risiko von Downtime. Insbesondere in größeren Gruppen kann sich dadurch die Spielzeit ziehen und entfernt sich deutlich von der Schachtel-Vorgabe von 30 Minuten. Ich spiele MEDIA AETAS deswegen mittlerweile am liebsten zu dritt, auch weil dann die Windmühlen-Strategie weniger stark ist und ich mehr Einfluss empfinde. Im Vergleich zu MAJESTY werden übrigens mehr Aktionen durchgeführt, ohne dass sich dadurch allerdings das Spielgefühl maßgeblich unterscheidet.
Leicht verunsichert bin ich übrigens bei manchen Zahlenwerten der Plättchen-Rückseiten. Eigentlich habe ich das System so verstanden, dass die Bauernhöfe immer niedrigere Zahlenwerte aufweisen als die Mühlen usw. Allerdings gab es von diesem Prinzip wenige knappe Ausnahmen, die ich nicht so ganz nachvollziehen kann. Allerdings verwirrt mich das lediglich, da ich nicht der Meinung bin, dass deswegen eine grundlegende Schieflage vorliegt.
Das gefällt mir gut: Der Eyecatcher von MAJESTY waren damals die Pokermünzen. Diese vermisse ich nun aber gar nicht, zumal MEDIA AETAS dafür wunderschöne Holzfiguren an Bord hat, die an OLTRÉÉ erinnern. Ohnehin gefällt mir die Gestaltung und das Material von MEDIA AETAS deutlich besser. Allein das Insert zeigt, dass einiger Hirnschmalz verwendet wurde, das Spielerlebnis so gut wie möglich zu unterstützen. Zudem muss ich nochmals die Illustrationen loben. Die einzelnen Plättchen sprudeln vor Leben und die entstehende Gebäudeansammlung in meiner Auslage wird in Wartezeiten gerne nach kleinen Details abgesucht. Sehr angetan bin ich auch von den unterschiedlichen Stanzungen der Plättchen, weil darüber zusätzlich zu den Illustrationen vermittelt wird, wo diese einzuordnen sind. Ein kleiner, aber sehr effektiver Kniff.
Einen solchen Kniff bieten auch die Wachtürme. Diese schützen mich nicht nur vor Kasernen, sondern ich erhalte eine kleine Holz-Flagge, mit der ich sofort ein zukünftiges Plättchen reservieren kann. Das ist ein wichtiges Spielelement, um sich verselbstständigende Reihenfolgen aufzubrechen. MEDIA AETAS besitzt einige dieser kleinen Stellschrauben, die somit trotz einfacher Regeln eine hohe Spieltiefe erzeugen. Eine dieser Stellschrauben sind die variablen Ereignisse am Ende einer Runde. Das komplette eigene Spiel sollte man nicht unbedingt danach ausrichten. Aber wenn ich dort ohne allzu große Verrenkungen ein zusätzliches Einkommen mitnehmen kann, dann sollte ich mir die Chance nicht entgehen lassen.
Fazit: MEDIA AETAS vereint KINGDOMINO mit MAJESTY und weiß dabei vor allem optisch zu überzeugen. Allerdings spiele ich ehrlicherweise lieber die beiden Originale, die mehr auf den Punkt gebracht sind und mich mit weniger Schnörkel unterhalten.
Titel | Media Aetas |
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Autor | Marc André |
Illustrationen | Claire Conan |
Dauer | 30 Minuten |
Personenanzahl | 2 bis 5 Personen |
Zielgruppe | austeilende Familienspielrunden |
Verlag | Board Game Box |
Jahr | 2024 |
Hinweis | Vielen Dank an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars! |
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