Tower Up von Grégoire Largey, Frank Crittin und Sébastien Pauchon – erschienen bei Pegasus Spiele
Thematisch einst genauso beliebt wie Handel im Mittelalter: der allseits geschätzte Turmbau! Nicht nur dieses gewählte Setting lässt TOWER UP anfangs altmodisch anfühlen. Allerdings muss das kein Makel sein. Und wie das Thema zeigt, sind wir doch moderner unterwegs, als es auf den ersten Blick scheinen mag.
Thema... Überraschung, wir bauen Türme! Wobei "Tower" eher im Sinne von Wolkenkratzern zu lesen ist. Ich wohne nicht weit von Frankfurt a.M. entfernt. Bei gutem Wetter kann ich die dortige Skyline sehen und erkenne dann u.a. den Commerzbank Tower, den Main Tower, den Skytower oder den Tower 185.
Illustrationen… sind das Ergebnis einer Zusammenarbeit von Nadege Calegari, Laurent Escoffier und Geoffrey Stepourenko. Ich habe keine Ahnung, wie zwischen denen genau die Arbeitsteilung aussah – aber sie ist gelungen. Denn glücklicherweise sieht das Gesamtwerk recht harmonisch aus. Natürlich dominieren die Wolkenkratzer, aber die Verspieltheit des Covers findet sich auch immer wieder auf den einzelnen Komponenten. Zudem ist die Bildsprache eindeutig, so dass lediglich bei den Zielkarten zur Sicherheit nochmals die Anleitung in die Hand genommen wird.
Ausstattung… lässt Erinnerungen an das altehrwürdige MANHATTAN aufleben. Denn wieder lachen uns nebst diversen Karten Plastik-Hochhausfertigteile in unterschiedlichen Farben an. All das ist in einem Insert organisiert, welches sich aus der Box herausnehmen lässt und dann als Hilfsmittel auf dem Spieletisch fungiert.
Der Spielplan von TOWER UP ist im Vergleich zu MANHATTAN nun allerdings etwas weniger geradlinig strukturiert und hat zudem durch die doppelseitige Bedruckung noch einen besonderen Kniff. Und ein anderes Detail zeigt, dass wir ein zeitgemäßes Spiel vor uns liegen haben: wir erhalten alle ein eigenes Tableau, auf dem sich vier kleine Baumaschinen von links nach recht bewegen werden. Zusätzlich warten noch Marker und Karten für Zwischenziele auf ihren Einsatz.
Ablauf… ist angenehm überschaubar. Bin ich an der Reihe, kann ich mir entweder durch die Auswahl einer Karte neues Baumaterial in meinen Vorrat holen oder dieses auf dem Spielplan verbauen. Beim Bauen gibt es zwei Sachen zu beachten: es dürfen keine gleichfarbigen Türme nebeneinander stehen und ich muss an jedem benachbarten Turm weiterbauen. Habe ich das beachtet, darf ich am Ende noch eines meiner Dächer auf einem erhöhtem Turm installieren und diesen Turm dann werten – was nichts anderes bedeutet, als dass ich die gleichfarbige Baumaschine auf meinem Tableau voran rücken lasse. Habe ich dabei eines der offenen Ziele erfüllt, nehme ich mir einen entsprechenden Punktemarker.
Dächer schließen dabei übrigens Türme nicht final ab. Denn im Spielverlauf können diese trotzdem überbaut werden und nehmen nun die Rolle eines Zwischengeschosses ein. Trotzdem bleibe ich dann in diesem Wolkenkratzer vertreten, was für manche Ziele wichtig ist.
Sobald eine Person all ihre Dächer verbaut hat oder aber alle Fertigteile einer Grundfarbe aus dem Vorrat geleert wurde, wird das Spielende eingeläutet. Bei der Endwertung erhalte ich Punkte für die Positionen der Baumaschinen auf meinem Tableau. Außerdem zähle ich noch schnell alle meiner sichtbaren Dächer für Siegpunkte. Wenn durch einen Zug nach mir dann meine Dächer nochmals überbaut werden, muss ich mich nicht ärgern, weil ich diese schon abgerechnet habe.
Das gefällt mir nicht so gut: TOWER UP hat eine beeindruckende Tischpräsenz. Doch genauso wie man sich in Wirklichkeit innerhalb solcher Häuserschluchten verirren kann, geht uns manchmal in TOWER UP der Überblick verloren. Wenn wir einen ungünstigen Blickwinkel haben, dann erkennen wir nicht, ob nun hinter dem Haus noch eine Straße verläuft oder nicht. Immer mal wieder übersehen wir wichtige Verbindungen und brechen schon geplante Spielzüge ab, weil uns dann doch noch beispielsweise ein braunes Bauteil fehlt.

Aufgrund der überschaubaren Aktionsmöglichkeiten kann sich das eigene Tun etwas wiederholend anfühlen. Wir besorgen uns Bausteine und verbauen diese, damit wir danach wieder neues Material heranschaffen, um das zu verbauen. Die Progression erfolgt durch den Kampf um die Zwischenziele sowie über einen sich verengenden Baugrund. Mir persönlich reicht das völlig aus, ich kann aber nachvollziehen, wenn das manchen auf Dauer zu wenig sein mag. Allerdings ist bei dieser Kritik zu bedenken, dass wir von einer Spielzeit von maximal etwa 45 Minuten reden. Außerdem gibt mir diese anscheinende Variationsarmut auch die Möglichkeit, die anderen Züge abzuschätzen, was einen bedeutenden Teil des Spielreizes ausmacht.
Das Ende des Spiels ist klar definiert und eigentlich recht gut abzuschätzen. Trotzdem kann es passieren, dass wir davon durch eigene Unachtsamkeit überrascht werden. Wenn es unglücklich läuft, können wir dann nichts mehr anderes tun, als im letzten Zug noch nutzlos eine Karte zu nehmen und dabei hoffen, den anderen keine Vorlage zu liefern. Leider ist dann ein schlichtes Passen keine Option, was ich als unnötiges Zufallselement ansehe. Dieser im Großen und Ganzen unerhebliche Punkt zeigt exemplarisch, wie zufrieden ich mit dem Spielerlebnis bin.

Das gefällt mir gut: TOWER UP besticht durch seine Eleganz. Die Aktionsmöglichkeiten sind überschaubar, trotzdem sind wir während der ganzen Zeit gefordert – weil ganz viel auf dem Spielplan passiert. Es werden Bauvorgaben geändert, Grundstücke weggeschnappt, Dächer gesichert und Zwischenziele vergeben. Dauernd hadere ich, ob ich jetzt schon mit dem Bauen beginnen soll oder vielleicht doch noch diese eine tolle Nachschubkarte nehme. Je nach Zwischenziel sind manche Baumaterialien gefragter als andere, so dass selbst beim Nachziehen der Karten eine echte Konkurrenzsituation entsteht. Allerdings bleibt das Spielgefühl immer belohnend. Die Stadt wächst, meine Baumaschinen wandern immer weiter nach rechts und manchmal werde ich sogar mit einem Doppelzug belohnt. Bestimmt wird irgendwo mal ein Dach von mir zum Zwischengeschoss – aber ich mache das selbst nicht anders. Außerdem wird nichts zerstört und meine Beteiligung am Gebäude bleibt immer bestehen.
Insbesondere im 2‑Personen-Spiel wird TOWER UP zu einem taktischen Schlagabtausch. Denn mit jedem begonnen Turm grenzen wir einerseits Möglichkeiten ein, liefern recht sicher aber auch eine Vorlage für folgende Bauaktivitäten. In dieser Stadt hängt vieles miteinander zusammen und es ist reizvoll, diese Abhängigkeiten zu entdecken. Hinzu kommt, dass im 2‑Personen-Spiel mit einem verkleinerten Spielplan agiert wird, in dem einfach nur die Hälfte der Spielplanrückseite zum Einsatz kommt. Das ist ein genialer Einfall mit wohltuender Wirkung. Etwas schade, dass im 3‑Personen-Spiel nicht eine vergleichbare Anpassung vorgenommen wird.
Dieser klappbare Spielplan ist ein gutes Beispiel, wie intensiv sich über das Material Gedanken gemacht wurde. Die einzelnen Spielsteine passen perfekt ineinander und die Türme sind entsprechend stabil. Die Dächer können formschön abschließen, sind aber trotzdem genauso gut als Zwischengeschoss geeignet – und zusätzlich mit so viel Detail-Liebe bedacht, dass jeder Farbe ihre eigene Form besitzt. Das herausnehmbare Insert erleichtert den Aufbau und sorgt zugleich für eine gute Übersicht der darin integrierten Kartenablage. Doch, doch, das ist alles sehr durchdacht. Auch wenn ich ansonsten lieber gerne mit Holz als Kunststoff spiele, überzeugt mich in diesem Fall das Material – was auch an den kleinen Pylonen liegt, mit denen wir am Ende unsere Dachanzahl festhalten.
Die Schlusswertung ist ohnehin wieder ein gutes Beispiel für die bestehende Eleganz. Im Gegensatz zu vielen anderen modernen Spielen bin ich nicht mit langen Abrechnungen beschäftigt, sondern erfasse alle meine Punkte mit einem Blick auf mein Tableau. Die Lage der Baumaschinen zeigen die gewonnen Punkt, dann noch den Pylon beachten und die Zwischenziel-Plättchen addieren und schon kenne ich meine Siegpunkte.
Fazit: TOWER UP zeigt, dass klassisches Spieldesign zu jeder Zeit überzeugen kann. Für einen hohen Spielreiz benötigt es nicht zigtausend Aktionsmöglichkeiten, sondern eine Idee, die überzeugend auf den Punkt gebracht wird. Dabei hilft es ungemein, wenn das Spielmaterial durchdacht ist und vorbildlich zur besonderen Stimmung beiträgt. TOWER UP mag durch sein Thema und durch die Einfachheit auf den ersten Blick altmodisch wirken. Jedoch versprüht es durch seine Eleganz und Interaktion eine angenehme Zeitlosigkeit, die gute Spiele auszeichnet.
Titel | Tower Up |
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Autoren | Grégoire Largey, Frank Crittin und Sébastien Pauchon |
Illustrationen | Nadege Calegari, Laurent Escoffier und Geoffrey Stepourenko |
Dauer | 30 bis 45 Minuten |
Personenanzahl | 2 bis 4 Personen |
Zielgruppe | hoch hinaus wollende Familienspielrunden |
Verlag | Pegasus Spiele |
Jahr | 2024 |
Hinweis | Vielen Dank an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars! |
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