Harry Potter Strike von Dieter Nüßle – erschienen bei Ravensburger
Zugegeben, DER GROSSE WURF klingt nach eine Fernsehshow aus den Zeiten des frühen Farbfernsehens. Da ist so ein knackiges STRIKE schon ... knackiger. Diesen Titel noch mit einem beliebten Lizenzthema versehen und schon hat man mit HARRY POTTER STRIKE all die jungen Leute vom Produkt überzeugt. Das ist schon clever, zumal vor allem Kinder immer recht begeistert von diesem Würfel-Geschicklichkeits-Spiel sind.
Allerdings lohnt es sich durchaus ein Blick ins noch dunklere Archiv. Denn DER GROSSE WURF selbst soll auf einem Kneipenspiel beruhen, welches dann wiederum als DIE BLECHWIESE bei einem Kleinverlag erschien. Zusätzlich beinhaltet die Metamorphose von DER GROSSE WURF zu HARRY POTTER STRIKE noch einen Zwischenschritt, der vor zwei Jahren als IMPACT auf den Markt kam. Jedoch war IMPACT nicht so hoch in der Spielerschaft geschätzt, da dort die Würfelarena fehlte: der großzügige Schachteleinsatz aus DER GROSSE WURF.
Was bleibt unverändert? Wie auch bei DER GROSSE WURF ist nun wieder eine Würfelarena am Start. Zusätzlich bleibt das Grundprinzip das Gleiche: nach und nach werden Würfel in die Arena geworfen. Zeigt sich nun ein Würfel mit einem X, so wird dieser komplett aus dem Spiel genommen. Zeigen dagegen mehrere Würfel die gleichen Symbole, nimmt man diese in den eigenen Vorrat – was gewollt ist. Hat man nämlich keine Würfel mehr zur Verfügung, dann ist man ausgeschieden. Wie in einem guten Western gewinnt am Ende die Person, die als letzte noch Würfel im eigenen Vorrat hat. Weiterhin gibt es noch eine kleine, Schadenfreude generierende Sonderregel: ist während des Spielverlaufs die Arena komplett geleert, dann muss man gleichzeitig mit allen zur Verfügung stehenden Würfeln sein Glück versuchen. Das ist selten von Erfolg gekrönt und deswegen ein Grund zur allgemeinen Belustigung.
Was ist neu? Das Thema: die doppelten Würfelsymbole sorgen dafür, dass erfolgreich ein Zauber durchgeführt wird. Wobei "Thema" somit natürlich ein wenig übertrieben ist. Allerdings zeigen die Würfel nun nicht bloß schnöde Augenzahlen, sondern einzelne Symbole, die ein Kenner sicherlich irgendwie mit Harry Potter in Verbindung setzen kann. Ich bin allerdings kein Kenner und somit ahnungslos.
Wie auch schon in der beiliegenden Variante von IMPACT lösen die gleichen Symbole nun Zusatzfunktionen aus. Zeigen bspw. zwei Würfel das gelbe Symbol, dann wird der Zauberspruch Accio ausgelöst. Ich kann nun nicht nur die Würfel mit dem gelben Symbol zurück nehmen, sondern in diesem Fall als zusätzliche Funktion auch noch einen weiteren Würfel. So werden aufgrund dieser Zaubersprüche Würfel gestapelt, die Reihenfolge verändert oder manche Würfel eingefroren.
Wie gefällt mir der neue Anstrich? Die neuen Würfel machen schon was her! Auch das aufgesetzte Thema hilft, junge Spiele-Muffel an den Tisch zu locken. Sind diese dort erst einmal angelangt, dann ist HARRY POTTER STRIKE ein Selbstläufer. Man kann das Spiel natürlich als Banalität schmähen, da der tatsächliche Einfluss gegen Null geht. Allerdings fühlt sich das zum Glück ganz anders an. Ich verkaufe HARRY POTTER STRIKE nach außen gerne als Geschicklichkeitsspiel. Denn man muss die Würfel nur mit dem richtigen Dreh in die Arena werfen, um unliebsame Symbole zum Umdrehen zu animieren.
Genau wegen dieser gewagten Würfe ist die Würfelarena auch ein wichtiges Zubehör, mit der HARRY POTTER STRIKE erst sein richtiges Potenzial entfaltet. Was werden hier für Verrenkungen durchgeführt und Schnippelwürfe probiert, nur weil man glaubt, damit irgendetwas bewirken zu können. Am besten gefällt dabei die Zusatzfunktion der lila Würfel (Wingardium Leviosa). Denn dann darf man einen Würfelturm bilden, der danach natürlich liebend gerne wieder durch einen gezielten Wurf eingerissen wird. Ja, das ist infantil – macht aber eine Menge Spaß!
Nicht ganz so glücklich sind wir allerdings mit der roten Zusatzfunktion (Relaschio), die wir mittlerweile einfach ignorieren. Das dadurch ausgelöste gleichzeitige Würfeln verursacht nur einen möglichen Streitpunkt, den wir aus Erfahrung vermeiden wollen. Schließlich wollen wir Spielen und nicht diskutieren.
Neben dieser etwas unglücklichen Zusatzfunktion sehe ich bei HARRY POTTER STRIKE aber noch weitere Kritikpunkte. So wäre eine kleine separate Übersicht mit einer Beschreibung der Funktionen sehr praktisch gewesen. Denn so reicht man anfangs immer die Regel weiter um die Funktionen nachzuschlagen. Hätten man stattdessen zwei-drei Übersichten am Anfang verteilen können, dann wäre der Einstieg noch leichter gewesen. Der andere Kritikpunkt ist der unsägliche Gestank, der anfangs aus der Box strömte, nachdem man den Deckel geöffnet hat. Das roch alles andere als gesund! Selbst nach einer langen Auslüftaktion auf der Terrasse, hat man immer noch einen unangenehmen Geruch in der Nase. Mittlerweile haben sich wohl alle Weichmacher ausgedünstet, aber das war wirklich sehr unangenehm und ist für mich ein Grund, warum ich HARRY POTTER STRIKE wohl nicht verschenken würde.
Das ist ein wenig schade, denn HARRY POTTER STRIKE ist als No-Brainer ein echter Appetizer- bzw. Absacker-Tipp. Natürlich können auch Spieler ausscheiden, aber spätestens nach 5 Minuten wird schon die nächste Revanche fällig, so dass niemand wirklich lange tatenlos zusehen muss. Die Stärken von HARRY POTTER STRIKE sind die aufkommenden Emotionen und die vielen Wendungen, wenn sich durch einen geschickten Würfelwurf auf einmal wieder die Auslage ändert. Stand man eben noch mit dem Rücken an der Wand, hat man auf einmal ganz viele Würfel im eigenen Vorrat – und das lag natürlich nur an der eigenen Wurf-Kunst. Schließlich ist HARRY POTTER STRIKE ein Geschicklichkeitsspiel.
Titel | Harry Potter Strike |
Autor | Dieter Nüßle |
Illustrationen | ? |
Dauer | 5 bis 15 Minuten |
Spieleranzahl | 2 bis 5 Spieler |
Zielgruppe | Würfel werfende Familienspieler |
Verlag | Ravensburger |
Jahr | 2020 |
Ich bedanke mich bei Ravensburger für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars. Ich bin mir sicher, dass durch diese Bereitstellung meine Meinung nicht beeinflusst wurde. Die Besprechung spiegelt meine gemachte Erfahrung wider.
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