King of 12 von Rita Modl – erschienen bei Corax Games

Beim Lesen des Titels KING OF 12 dachte ich in einer ersten Eingebung, dass dieses bestimmt wieder so ein generisches Mittelalter-Ding ist, bei dem man Macht und Ruhm sammeln muss, um am Ende der König über zwölf Reiche zu sein. Dann sah ich das Cover und habe mich von dem Gedanken verabschiedet.
Thema... Zwölf Reiche suchen einen König, unter dessen Herrschaft sie sich vereinen. Auf dem Weg dorthin benutzen die Königs-Anwärter einen blauen Stein der Macht sowie die Unterstützung fabelhafter Wesen. Uff! Also lag ich mit meiner Eingebung doch nicht falsch. Mir fehlte nur die bahnbrechende Idee, dass so ein Würfel auch ein Stein der Macht sein kann. Dabei habe ich das doch früher im Rollenspiel all zu oft erlebt.
Illustrationen... sind von Robin Lagofun und eine echte Augenweide! Im, in meinen laienhaften Augen, typischen französischen Stil stellt er viele wundersame Wesen dar. Daran gefällt mir besonders gut, wie clever bei jeder einzelnen Illustration die blauen Würfel Steine der Macht integriert wurden.
Ausstattung... ist relativ spartanisch – insbesondere wenn man die Größe der Box in Relation zum Inhalt setzt. Denn im Endeffekt besteht KING OF 12 aus vier blauen zwölfseitigen Würfeln, jeweils vier Sätzen mit 13 Karten und ein paar Punkte-Pappplättchen. Die Karten kommen allerdings deutlich größer daher als das gewohnte europäische Standardblatt und irritieren durch kaum vorhandene Abrundungen.
Ablauf... vor der Partie wird aus der vorhandenen Kartenauswahl jeweils ein Satz von 7 Karten gebildet, die alle Mitspielenden auf die Hand bekommen. Nachdem alle zu Beginn einer Runde ihren Würfel geworfen haben, sucht man sich eine Karte geheim aus und legt diese dann verdeckt vor sich ab. Haben das alle gemacht, werden die Karten aufgedeckt und abgehandelt. Dabei beeinflussen diese Karten meist den Würfelwert bzw. die Art der Abrechnung. Am Ende eines solchen Spielzuges vergleicht man dann die Würfelwerte. Meistens erhält die Person mit dem höchsten Würfelwert zwei Punkte, die Person mit dem zweithöchsten Wert einen Punkt. Dieses Ausspielen der Karten macht man so lange, bis mindestens eine Person nur noch eine Karte ausspielen könnte. Dann endet die aktuelle Runde und es freut sich die Person mit den meisten gesammelten Punkten. Diese wirft nun geheim eine Karte ab und es beginnt für alle eine neue Runde mit dem initialen Würfeln. Das eine Partie KING OF 12 wird gewonnen, wenn man zwei dieser Runden für sich verbuchen konnte.
Die Besonderheit von KING OF 12 ist das Abhandeln von Gleichständen bei den vielen Vergleichen. Wie schon beim Kartenspielklassiker HOL'S DER GEIER von Alex Randolph werden dabei die Personen nicht berücksichtigt, die gleiche Werte haben – sie sind raus! Dieses Prinzip gilt bei den Zwischenwertungen der Würfel nach jedem Zug, aber auch bei den finalen Rundenwertungen der erzielten Punkte. Diese Regel wird sogar auch bei den ausgespielten Karten angewandt. Treten dabei Dopplungen auf, so wird der Karteneffekt nicht ausgelöst.
Das gefällt mir nicht so gut: Der Spielspaß von KING OF 12 basiert auf dieser Gleichstandsregel. Wenn Pläne nicht aufgehen, weil man die Mistpielenden falsch eingeschätzt hat. Wenn zwei sich beharken und man lachender Dritter ist. Wenn man sich über den Zuggewinn freut und dann realisiert, dass man dadurch aber punktgleich ist und aus der Rundenwertung fliegt. Das alles funktioniert im Spiel zu zweit weniger gut als im Spiel zu dritt oder viert. Natürlich geben es die Regeln her und es ergibt sich auch eine belauernde Duell-Situation. Aber das Spielgefühl ist schon deutlich anders als bei größeren Gruppen. Aus diesem Grund hätte ich mir auch gewünscht, dass Spielmaterial für eine fünfte Person in der Box wäre und stattdessen auf die angegebene Personenanzahl von 2 verzichtet worden wäre.
Die Karten sind wunderschön gestaltet. Leider vermitteln die Illustrationen aber nicht deren Funktion. Ohnehin ist die Gestaltung der Karten verbesserungswürdig. Mit der Zeit lernt man zwar deren Bedeutung, aber es wäre schon hilfreich gewesen, wenn bspw. beim Parasiten in den Ecken noch eine kleine "-7" oder beim Alchemist ein "mal 2" vermerkt worden wäre. Das funktioniert sicherlich nicht für alle Effekte, aber für ein Großteil hätte man ein entsprechendes Symbol finden können. Und wenn schon auf solche Symbole verzichtet wird, dann hätte man zumindest den Namen und die Erklärung des Effektes anders anordnen sollen. Also anstatt den Name nur in der unteren Hälfte der Karte anzuzeigen, wäre dieser mittig ganz oben besser aufgehoben. Denn dann würde man beim Auffächern der Karten diesen Namen zumindest lesen können.
Probleme beim Lesen ergeben sich auch bei der Anleitung. Diese kommt in einer sehr kleinen Schriftgröße daher. Wahrscheinlich wollte man aus Kostengründen nicht noch zusätzliche Seiten einfügen müssen und verwarf die Alternative, die Anleitung größer zu drucken und in der Mitte zu knicken. So ist das Endergebnis aber nicht zufriedenstellend. Es ist irgendwie schon verwunderlich, wenn die Schrift auf der Übersichtskarte deutlich besser lesbar ist als die der Anleitung.
Das gefällt mir gut: KING OF 12 ist ein wunderbares Bluff- bzw. Einschätzspiel. Ständig stellt man sich dabei die Frage, was die anderen wohl machen werden. Dabei sind die einzelnen Kartenfähigkeiten glücklicherweise verschieden genug, so dass sich nicht wirklich etwas berechnen lässt. Mal kommt man mit der offensichtlichen Taktik durch, weil alle der Meinung waren, dass man doch so dreist nicht sein kann. Mal will man es besonders kompliziert machen und fällt damit auf die Nase, weil jemand anderes sich auch genau für diese Karte entschieden hat. KING OF 12 ist also Chaos! Natürlich gibt auch Personen, die sich bei solchen Situationen über zu wenig Einfluss beschweren – gerne mit dem Spruch garniert, dass man die Karten auch blind hätte auswählen könnte). Somit muss man sich auf diese Art Spiel einlassen wollen. Finden so etwas alle in der Gruppe gut, wird man mit vielen lustigen Situationen belohnt.
Glücklicherweise macht KING OF 12 dabei nicht den Fehler, mehr sein zu wollen, als es eigentlich ist. Eine Partie geht nur über zwei Gewinnrunden. Somit ist meist nach 10 bis 20 Minuten eine Partie auch wieder zu Ende. Für diese Spieldauer trägt das Prinzip sehr gut. Meist wird es aber gar nicht bei einer Partie bleiben, da man nun auch die vorher aussortierten Karten erleben will. Denn diese anfängliche Beschränkung schafft Neugierde und verhindert ein zu langatmiges Spiel. Da man immer nur 7 der 12 möglichen Kartentypen nutzt, ist auch eine hohe Variabilität gegeben. Nicht, dass diese Variabilität wirklich nötig wäre, da man ohnehin wenig berechnen kann. Aber es ist trotzdem schön, dass es so eine große Anzahl unterschiedlicher Effekte gibt und man somit das Gefühl hat, immer neue Konstellationen zu erleben. Wobei auch klar sein muss, dass KING OF 12 von den Emotionen der Spielenden lebt; die einzelnen Karteneffekte sind nur das Beiwerk.
Dabei kann man KING OF 12 auch gut mit Kindern spielen, sofern diese die Texte der Karten lesen können. Es ist dabei immer wieder ein Erlebnis, deren diebische Freude mitanzusehen, wenn mal wieder ein Gleichstand zu ihren Gunsten aufgelöst wird. Vielleicht wäre diesbezüglich eine etwas anderes Thema oder gar eine abstrakte Art der Darstellung besser gewesen. Denn manche Kinder und Familien können leider mit der Gestaltung wenig anfangen und sind somit ein wenig abgeschreckt. Dann entgeht ihnen aber leider ein stimmiges, knackig-kurzes Familienspiel.

Fazit: KING OF 12 wird von Verlagsseite als Würfel-Stich-Spiel beworben. Diese Bezeichnung empfinde ich als unglücklich, da Stichspiele in meinen Augen einen ganz anderen Charakter haben. KING OF 12 ist dahingegen ein schnelles Ich-denke-was-du-denkst-Bluff-Spiel. Das will es sein und das macht es gut!
Titel | King of 12 |
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Autorin | Rita Modl |
Illustrationen | Robin Lagofun |
Dauer | 10 bis 20 Minuten |
Personenanzahl | 2 bis 4 Personen |
Zielgruppe | bluffende Familienspielrunden |
Verlag | Corax Games |
Jahr | 2020 |
Hinweis | für die Besprechung wurde vom Verlag ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt |
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