Tuscany (Essential Edition) von Jamey Stegmaier und Alan Stone – erschienen bei Feuerland Spiele
Florenz, Siena, Pisa, Carrara – alles Städtenamen, die irgendwie schon in Spieletiteln verwurschtelt wurden. Wenn also scheinbar bereits alle Städtenamen verwendet wurden, wählt man lieber gleich die ganze Region. Und da in der Toskana definitiv viel und guter Wein angebaut wird, passt TUSCANY als Name schon ganz gut für diese große Erweiterung zu meiner Empfehlung VITICULTURE.
Thema... interessanterweise wird aber weder in der Anleitung noch auf der Box ein Thema angegeben. Da man das Grundspiel VITICULTURE benötigt, ist wohl jedem klar, dass es wieder um Weinbau geht – dem Titel nach offensichtlich in der Toskana. Stimmt auch, doch wo ist der fluffige Werbetext, der mir das alles anpreist? Früher war auch mehr Lametta...
Illustrationen… sind natürlich wieder von Beth Sobel – schließlich hat diese schon VITICULTURE so schön illustriert. TUSCANY fällt da auch keineswegs ab, sondern lässt einen schon gleich wieder heimisch werden. Dabei passt der pastellige Stil wunderbar in die Toskana. Davon unabhängig werden die neuen Elemente jedenfalls problemlos in die bisherige Symbol-Sprache integriert, die dadurch immer noch selbsterklärend und somit leicht zu verstehen ist.
Ausstattung… TUSCANY enthält drei Erweiterungsmodule, die in beliebiger Kombination verwendet werden können. Entsprechend modular ist auch die Ausstattung. Für das erste Modul kommt ein neuer Spielplan auf den Tisch – sicherlich das Herzstück von TUSCANY. Damit einher gehen auch 6 Einflussmarker in Form von Sternen für alle Mitspieler.
Das zweite Modul bringt nun Spezialisten als neue Arbeiter ins Spiel (in der heutigen Zeit werden Spezialisten immer gefragter). Dafür erhalten alle Spieler zwei neue Arbeiter-Figuren. Die jeweiligen Fähigkeiten dieser Spezialisten sind dann auf Karten aufgeführt.
Das dritte Modul führt nun individuelle Bauwerke ein. Diese kommen auf Bauwerkskarten daher (in einer neuen Farbe: Orange). Um diese im persönlichen Bereich anzuzeigen, wird nun das eigene Spieler-Tableau um zwei Ablageplätze erweitert. Außerdem muss nun die Rückseite des erweiterten Spielplans (siehe Modul 1) verwendet werden, damit man auch an diese Bauwerkskarten heran kommt.
Zusätzlich liegen noch neue Automa-Karten in der Box. Diese sind notwendig für das Solo-Spiel von VITICULTURE mit TUSCANY und binden die neuen Elemente der Erweiterung in diese Spielform mit ein.
Manche Mitspieler fanden es übrigens störend, dass die Farben der Holzteile nicht immer hundertprozentig zusammenpassen. Aber ganz ehrlich: das ist in meinen Augen kein Mangel. So etwas kann durch verschiedene Margen passieren und es sind wirklich eher Nuancen. Wenn das deutlicher wäre und dadurch die Spielbarkeit beeinträchtigt wäre, dann könnte man das auch kritisieren. So aber in meinen Augen nicht.
Ablauf… ändert sich kaum zum bisherigen Grundspiel. Wie das bei Erweiterungen oftmals üblich ist, werden nur die Möglichkeiten erweitert.
Bei Modul 1 (Spielplan mit Einflussmarker) werden nun Aktionen in allen Jahreszeiten möglich. Bisher war man immer nur im Frühjahr und im Herbst richtig aktiv, nun müssen die Arbeiter das ganze Jahr über schuften. Aus diesem Grund ändert sich auch die Zugtabelle und damit einhergehend der Zeitpunkt der Boni. Zusätzlich können noch Einflussmarker gesetzt werden, was im Endeffekt auf eine Mehrheitenwertung am Ende des Spiels hinausläuft. Wobei das Einsetzen der Marker ebenfalls mit Boni belohnt werden.
Modul 2 bringt zwei Spezialarbeiter in die Partie. Diese können wie die bisherigen Arbeiter ebenfalls antrainiert werden, nur ist ihre Ausbildung teurer. Dafür können sie aber auch mehr! Um die Auswahl nicht zu groß werden zu lassen, stehen aber immer nur zwei von elf möglichen Fähigkeiten pro Partie zur Auswahl.
Mit Modul 3 kommen nun individuelle Bauwerkskarten ins Spiel. Die Bauwerke können alternativ zu den bisherigen gespielt werden und bringen zum Teil erhebliche Vorteile mit sich. Deswegen sind diese auch recht teuer und man muss sich auf zwei dieser besonderen Bauwerke beschränken. Wobei die auch nicht vor eigener Zerstörung sicher sind, denn durch ein zusätzliches Einsetzfeld auf dem entsprechenden Tableau kann man bereits gebaute Bauwerke auch wieder abreißen.
Das gefällt mir nicht so gut: Ein wenig merkt man TUSCANY schon an, dass in der VITICULTURE ESSENTIAL EDITION bereits manche Elemente der ursprünglichen Erweiterung eingeflossen sind. Diese machen u.a. dann VITICULTURE zu dem absolut runden Spiel, was mich so begeistert. Die nun vorliegende TUSCANY ESSENTIAL EDITION nimmt VITICULTURE etwas die besondere Leichtigkeit. Alles ist mehr verzahnt, alles muss genauer geplant werden. Schon der Vergleich der einzelnen Spielpläne zeigt deutlich, dass TUSCANY mehr Möglichkeiten bietet. Dieses Mehr muss aber durch den Preis der schlechteren Zugänglichkeit und einer höheren Konzentration beim Spielen bezahlt werden. Ich habe jedenfalls die Erfahrung gemacht, dass einige meiner Mitspieler nach ein paar Partien TUSCANY lieber wieder das ursprüngliche VITICULTURE spielen wollen.
Ich kann das nachvollziehen, bin aber auch immer gerne zu einer Hinzunahme der Erweiterung bereit – so lange ohne Modul 3 gespielt wird. Die Bauwerkskarten kommen bei mir nämlich nicht so gut an. Diese sind in meinen Augen teilweise sehr mächtig und können große Vorteile bringen. Allerdings ist man dann mal wieder von einer glücklichen Kartenverteilung abhängig, ob man diese Bauwerke auf die Hand bekommt oder nicht. Da ich die ursprüngliche Glückslastigkeit bei VITICULTURE schon durch Hausregeln minimiert habe (durch offen ausliegende Rebenkarten), ist ein solches Element für mich also eher kontraproduktiv.
Ebenso gezwungen finde ich das Mehrheitenelement der Einflussmarker. Dieses kommt nicht nur grafisch etwas dahin geklatscht daher. Links unten in der Ecke tummeln sich auf einmal ganz viele Sterne – und verdecken durch die verengten Platzverhältnisse meistens die Informationen des Toskana-Ausschnitts (Boni fürs Einsetzen und Siegpunkte am Ende für denjenigen, der die meisten Einflussmarker in einer Region besitzt). Aber auch spielerisch finde ich dieses Element etwas dahin geklatscht. Einer der Stärken von VITICULTURE ist in meinen Augen das Wettrennen auf der Siegpunktleiste. Damit konnte man immer schön taktieren. Nun kommen aber am Ende noch Siegpunkte für die Mehrheiten in den einzelnen Regionen hinzu und schon hat das Spiel einen anderen Charakter bekommen. Manche mögen dieses zusätzliche Element, mein Fall ist es eher nicht.
Das gefällt mir gut: Dahingegen gefallen mir die Spezialarbeiter aus Modul 2 richtig gut. Die bringen so richtig Pep in eingefahrene Wege. Zusätzlich stehen sie allen Mitspielern gleichermaßen zur Verfügung und behalten den Charakter von VITICULTURE bei. Hier zeigt sich auch die gute redaktionelle Arbeit. In meiner damals unterstützen COLLECTOR'S EDITION waren für alle Fähigkeiten einzelne Holzfiguren enthalten. Das sah natürlich ganz lustig aus und war für ein Sammlerobjekt auch die richtige Wahl. Aber das nun gewählte System ist wesentlich zugänglicher. Es gibt nun nämlich nur noch zwei Figuren. Deren Pendant in grauer Farbe wird jeweils einer Fähigkeit zugeordnet und schon weiß man, was die jeweilige Figur in der aktuellen Partie zusätzlich machen kann. Das ist clever gelöst und leicht verständlich.
Auch mag ich den umfangreicheren Spielplan lieber als den bisherigen. Das Einbinden alle Jahreszeiten ist dabei das auffälligste. Aber damit einher geht noch eine kleine aber feine Regeländerung. Immer dann, wenn man mit seinen Arbeitern alle Aktionen ausgeführt hat, werden diese vom Spielplan entfernt. Somit werden aber auch bisher besetzte Felder wieder frei. Man kann also ein wenig darauf zocken, dass manche Felder am Ende wieder zu benutzen sind. Bzw. anders ausgedrückt: man kann nicht mehr so leicht die anderen blockieren, was somit auch weniger Frust erzeugt (vor allem am Ende einer Partie). Zusätzlich gefällt mir nun auch die umfangreichere Boni-Zuteilung bei der Zugtabelle. Hier kommt auch die Besonderheit zu tragen, dass man nur noch Startspieler sein kann, wenn man in der Runde davor die letzte Zeile gewählt hat.
Die Automa-Version für das Solo-Spiel ist übrigens wieder gut gelungen. Der Verwaltungsaufwand dabei ist zwar alles andere als automatisch zu bewältigen, dafür wird man aber durchaus gefordert. Der große Solo-Spieler werde ich nie werden, aber VITICULTURE macht in dieser Richtung schon viel richtig. Gut finde ich es deswegen, dass Morten Monrad Pedersen auch sein Solo-System an TUSCANY angepasst hat.
Fazit: TUSCANY gibt dem geübten VITICULTURE-Spieler neue Möglichkeiten an die Hand. Dabei kann sich glücklicherweise jeder das aussuchen, was einem am meisten zusagt. Allerdings ist TUSCANY in meinen Augen kein Muss. Das ist aber auch kein Wunder, halte ich doch das Grundspiel in der vorliegenden ESSENTIAL EDITION für ein herausragendes Spiel, was gar nicht verändert werden muss. Wobei ich nicht mehr auf den BESUCH AUS DEM RHEINGAU verzichten will.
Titel | Tuscany (Essential Edition) |
Autor | Jamey Stegmaier, Alan Stone und Morten Monrad Pedersen (Automata) |
Illustrationen | Beth Sobel |
Dauer | 60 – 150 Minuten |
Personenanzahl | 1 bis 6 Spieler |
Zielgruppe | vertiefende Kennerspielrunden |
Verlag | Feuerland Spiele |
Jahr | 2018 |
Hallo,
danke für deine Rezension.
Ich habe bisher nur das Grundspiel von Viticulture gespielt (4 Partien) und es gefiel uns sehr gut.
Das Rebsortenziehen halte ich auch für sehr glückslastig (ich hatte mal eine Partie wo ich 5 rote Reben gezogen hatte, bis endlich mal eine weiße bekam). Mit welcher Hausregel spielst du das Rebkartenziehen (offen ausliegende Rebenkarten)?
Ich werde mir auf jedenfall die Tuscany-Erweiterung holen, denn der neue Speilplan bringt schon einiges Neues hinzu.
MfG
Manni
Hallo!
Die Hausregel ist ganz einfach. Wie legen immer vier Rebsortenkarten als offenes Angebot aus. Aus diesem kann man sich beim Ziehen der Karten bedienen oder aber man versucht wie bisher das Glück mit einer verdeckten Rebsortenkarte. Das ist kaum ein Mehraufwand und fühlt sich bei uns runder an.
Wenn dir VITICULTURE gut gefällt, dann solltest du mal die Aufen offen halten und nach der Mini-Erweiterung BEUSCHER AUS DEM RHEINGAU schauen. Die soll meines Wissen nach bald auch wieder neu aufgelegt werden. Das sind lediglich anderer Besucherkarten, die aber den Fokus des Spiels etwas mehr zu Gunsten des Weinanbaus verschieben. Kann ich wirklich empfehlen.
Viele Grüße und habe ein schönes neues Jahr,
Tobias