Werwörter von Ted Alspach – erschienen bei Ravensburger
Schon Christian Morgenstern wusste, dass Werwölfe zu sprachlichen Spitzfindigkeiten inspirieren. Da ist es nur konsequent, dass WERWÖRTER auch ein Wort-Spiel ist. Dort taucht zwar kein Dorfschullehrer auf, aber zumindest gibt es genügend Dorfbewohner.
Thema... ist doch ziemlich gezwungen. So soll der Bürgermeister von Ravensborough ein Zauberwort entdeckt haben, mit dem man die Werwölfe ein für alle Mal aus ihrem Dorf vertreiben kann. Dumm nur, dass der Bürgermeister verstummt ist und nur noch mittels ominöser Antwort-Marker kommunizieren kann. Glücklicherweise ist aber noch eine Seherin im Dorf, die dem Bürgermeister helfen kann. Mit dieser etwas hanebüchenen Geschichte sind nun alle Personen aus dem WERWÖLFE-Kontext vertreten – und nur darum geht es natürlich.
Illustrationen… sind von Roland MacDonald, der auch selbst als Autor aktiv ist. Mir gefallen die Illustrationen zwar nicht, aber da man sowieso nur kurz auf die eigene Rollenkarte schaut, sehe ich das ziemlich emotionslos. WERWÖRTER benötigt eigentlich keine Illustrationen und somit kann ich diese auch ignorieren.
Ausstattung… ist mit 14 Rollenkarten und ganz vielen Antwort-Markern auf den ersten Blick überschaubar. Aber das eigentliche Herz des Spiels kommt digital daher: die dazugehörige App ist nämlich definitiv zu empfehlen. Diese führt sehr anschaulich durch das Spiel und ermöglicht auch die ein oder andere Variante.
Ablauf… kombiniert zwei Klassiker. Da ist einerseits das altbekannte 20 QUESTIONS, bei dem eine Gruppe durch viele Fragen ein Wort erraten muss und der Antwortende nur mit Ja oder Nein antworten darf. Das zweite Spielprinzip ist WERWÖLFE, in der die eine Gruppe die andere erraten muss.
Bei WERWÖRTER ist das ganze folgendermaßen kombiniert. Die Dorfbewohner müssen in einer bestimmten Zeit das Zauberwort des Bürgermeisters erraten. Die geheimen Werwölfe, die das Wort kennen, wollen dies durch unsinnige Fragen verhindern. Ebenfalls kennt die geheime Seherin das Wort, die wiederum den Dorfbewohnern mit klugen Fragen hilft. Beide geheimen Gruppen sollten allerdings nicht zu offensichtlich handeln. Denn am Spielende kann die eigentlich unterlegene Gruppe durch das richtige Demaskieren der anderen Geheim-Rolle noch gewinnen.
Zusätzlich gibt es noch auf der Webseite von Ravensburger eine Spielvariante für nur 2 Personen herunterzuladen. Diese hat mich allerdings überhaupt nicht überzeugt, da doch das Kernelement der Gruppendiskussion entfällt.
Das gefällt mir nicht so gut: nicht nur die 2‑Personen-Variante finde ich unnötig, auch das 3- und 4‑Personen-Spiel ist deutlich schwächer als eine Partie mit größeren Gruppen. Natürlich funktioniert eine Runde WERWÖRTER regeltechnisch auch in kleineren Gruppen – nur kommt dann kein rechter Spielspaß auf. Ich habe für mich ausgemacht, dass ich erst ab 5 Leuten WERWÖRTER auf den Tisch bringe. Sind weniger anwesend, dann wird etwas anderes gespielt.
Etwas unglücklich verlaufen Partien mit Neulingen, wenn gleich im ersten Durchgang der Bürgermeister auch ein Werwolf ist. Dieser muss in der Ratephase rollengerecht auch mal falsche Antworten geben, was dann die Seherin auf den Plan rufen sollte. In eingespielten Gruppen ist das weniger ein Problem. Wenn man aber das Spiel erst kennenlernt, ist das schon sehr verwirrend. Mein Tipp deshalb: bei Lernpartien sollte diese Konstellation vermieden werden.
Zusätzlich haben wir uns angewöhnt, den Bürgermeister nicht zufällig zu bestimmen, sondern diesen reihum weiter zu geben. So ist sichergestellt, dass jeder einmal in dieser Rolle gefordert ist. So entsteht dann auch ein Gruppen-Gefühl, wie man am besten mit den "Vielleicht"-Markern umgeht. Denn mit diesen kann der Bürgermeister anstatt mit "Ja" und "Nein" auch auf Fragen antworten – und sorgt dann meist für verständnisloses Herumgejammere. Aber wer selbst mal Bürgermeister war, der weiß, wie schwierig manchmal das Festlegen auf ein einfaches "Ja" und "Nein" ist. Da hilft dann nur das "Vielleicht" – über das am Ende am meisten diskutiert wird.
Lange Zeit bin ich WERWÖRTER übrigens äußerst skeptisch entgegen getreten. Grund dafür war die etwas komische Vorgeschichte bei der Entwicklung und der Diskussion, inwiefern WERWÖRTER eine zu nahe Verwandtschaft zu INSIDER von Oink Games hat. Ein schwieriges Thema, welches Peer Sylvester mal gut zusammengefasst hat. Im Endeffekt sind die Unterschiede meiner Meinung nach groß genug, um WERWÖRTER als Parallelentwicklung anzusehen (insbesondere durch die App und die verschiedenen Rollen). Aber unglücklich ist die Sache trotzdem.
Das gefällt mir gut: WERWÖRTER schafft es außerordentlich gut, aus zwei alten klassischen Spielprinzipien ein neues, frisches Spiel zu erschaffen. Das Erraten von Wörtern kennen alle Eltern, die lange Fahrten mit ihren Kindern erträglich machen müssen. Das kann man zur Überbrückung machen, fesselt allerdings nicht wirklich für ein abendliches Spiel mit Freunden. Das gelingt erst durch den Clou, diesem Frage-Antwort-Spiel noch einen ganz anderen Aspekt hinzuzufügen. Denn durch die Werwolf-Mechanik wird das nette Wort-Ratespiel auf eine höhere Dimension gehoben. Nun macht auch die eher durch ellenlange Diskussionen bekannte Werwolf-Deduktion Spaß, da man nun echte Hinweise für Verdächtigungen hat. "Die Anna hat aber enorm viele Nein-Marker vor sich liegen!" "Ich habe aber jedenfalls auch versucht das Wort zu finden, während Thomas fast gar nichts gesagt hat." "Und warum hat unser Bürgermeister auf diese Frage mit Nein geantwortet?" Endlich kann man sich bei diesen Verdächtigungen auf etwas konkretes beziehen, was mir zumindest hilft und dadurch auch wesentlich mehr Spaß macht.
An für sich bin ich kein Fan davon, das Mobiltelefon aktiv in Spiele einzubinden. Ich spiele analoge Spiele auch aus dem Grund, um davon Abstand zu gewinnen. So gibt es für WERWÖRTER dankenswerterweise auch die Möglichkeit, ohne technische Unterstützung zu spielen, wofür bspw. eine schöne Wortwolke zum Einsatz kommt. Allerdings empfehle ich doch mit Nachdruck, bei WERWÖRTER die entsprechende App zu nutzen. Die Vorteile beginnen bei einer wesentlich größeren Auswahl an Wörtern, gehen über die perfekte Hilfestellung beim Ablauf und enden mit zwei zusätzlichen Spielvarianten, die dem Spiel noch mehr spannende Möglichkeiten geben. Denn nur mit der App ist es sinnvoll möglich, dass manche Buchstaben des Zauberwortes für die Dorfbewohner eingeblendet werden, was nochmals ein ganz anderes Spielgefühl entstehen lässt. Ich sage es zwar ungern, aber die App macht alles richtig und ist in meinen Augen ein Muss.
Fazit: Ich bin alles andere als ein Fan der ganzen Werwolf-Ableger. Aber bei WERWÖRTER mache ich eine Ausnahme. Denn nun habe ich mehr zu tun, als nur Werwölfe zu enttarnen. In erste Linie versuche ich Wörter zu erraten und erst dann mache ich mir um Werwölfe oder Seher meine Gedanken. Das reizt mich doch sehr – aber bitte nur in einer entsprechend großen Gruppe.
Titel | Werwörter |
Autor | Ted Alspach |
Illustrationen | Roland MacDonald |
Dauer | 10 Minuten pro Durchgang |
Spieleranzahl | (2)3 bis 10 |
Zielgruppe | wortbegeisterte Werwolf-Spieler |
Verlag | Ravensburger |
Jahr | 2019 |
Ich bedanke mich bei Ravensburger für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars. Ich bin mir sicher, dass durch diese Bereitstellung meine Meinung nicht beeinflusst wurde. Die Besprechung spiegelt meine gemachte Erfahrung wider.
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