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Pikoko von Adam Porter – erschienen bei Brain Games

Pikoko - Box
Foto: Asmo­dee

Mei­ne Inter­net­re­cher­che zu PIKOKO ergab fast nur Tref­fer für die­ses Spiel. Einer der weni­gen Aus­nah­men: Der afri­ka­ni­sche Sän­ger Jah Pray­zah hat schein­bar noch einen gleich­na­mi­gen Song ver­öf­fent­licht, zu dem aller­dings bis­her noch kei­ne Über­set­zun­gen zur Ver­fü­gung gestellt wur­den. Komisch, ich hät­te vor­her gewet­tet, dass PIKOKO in irgend­ei­ner Spra­che "Pfau" bedeu­tet. Ich bin aber nur über das pol­ni­sche Wort piór­ko gesto­ßen, was mir als "klei­ne Feder" bzw. "feder­leicht" über­setzt wur­de. Das passt zumin­dest ansatzweise.

The­ma... ist nicht wirk­lich vor­han­den. Was aber auch nicht ver­wun­dert, denn schließ­lich ist PIKOKO ein Stich­spiel – und davon gibt es sel­ten wel­che, die ein ech­tes The­ma haben. Irgend­et­was mit Pfau­en wird es wohl sein. Aller­dings kommt davon nichts bei uns Spie­lern an. Was auch über­haupt nicht schlimm ist. Bei einem Stich­spiel erwar­ten wir ohne­hin kein The­ma, wes­we­gen wir folg­lich auch kei­nes ver­mis­sen. Alles gut also.

Illus­tra­tio­nen… sind von Rei­nis Pēter­sons und wun­der­schön. Wirk­lich viel unter­schied­li­ches gibt es kaum zu sehen, da meis­tens nur bun­te Federn abge­bil­det wer­den. Trotz­dem ist das Design durch­dacht und ein abso­lu­ter Hingucker.

Pikoko - Ausstattung
alles auf einen Blick

Aus­stat­tung… ist noch viel mehr ein Hin­gu­cker. Mei­ne wer­ten Bee­p­le-Kol­le­gen The Spiel­träu­mers haben einen Begriff geprägt, der hier voll und ganz zutrifft: Tisch­prä­senz! Denn sel­ten hat man ein Stich­spiel gese­hen, dass so zum Mit­spie­len auf­for­dert, wie PIKOKO. Maß­geb­lich dafür ver­ant­wort­lich sind die tol­len Kar­ten­hal­ter in Form eines Pfaus. Die sind aber nicht nur schön, son­dern auch abso­lut not­wen­dig für das Spiel­prin­zip. Dar­über hin­aus sind natür­lich noch eine Men­ge Kar­ten in der Box sowie eini­ge Wett­mar­ker und ein klei­ner Wertungsblock.

Pikoko - Kartenhalter
Es ist ange­rich­tet, die Sti­che kön­nen aus­ge­spielt werden!

Ablauf… zu Beginn einer der drei Run­den bestückt man sei­nen Pfau mit acht Kar­ten – aber Obacht! Wie bei HANABI sieht man selbst nur die Rück­sei­ten der Kar­ten, wäh­rend man von allen Mit­spie­lern die Vor­der­sei­ten sieht. Nach­dem eine Trumpf­far­be bestimmt wur­de, beginnt nun die Wett­pha­se. Reih­um müs­sen von allen Mit­spie­lern Tipps abge­ge­ben wer­den, wie vie­le Sti­che jeder Pfau macht. Dies geschieht ohne gemein­sa­me Abspra­chen, in dem man die eige­nen Wett­mar­ker in die Hand nimmt und gleich­zei­tig auf­deckt. Den eige­nen Pfau darf man erst ein­mal aus­las­sen. Am Ende der Wett­pha­se muss aber auch für die­sen eine Ansa­ge gemacht wer­den – auch wenn man gar nicht des­sen Kar­ten kennt.

Bevor aller­dings die Kar­ten aus­ge­spielt wer­den, kann man sei­nen Wett­ein­satz noch erhö­hen, in dem man über eine Kar­te fest­legt, wel­cher Pfau am Ende für einen beson­ders stark gewer­tet wird. Danach folgt man den gewöhn­li­chen Regeln eines Stich­spiels, wobei immer der lin­ke Nach­bar des Pfaus des­sen Kar­ten spielt. So wer­den 8 Sti­che ver­teilt und danach wird aus­ge­wer­tet, wel­che Vor­her­sa­gen stimm­ten und wel­che nicht. Dabei gibt ein "knapp dane­ben" auch noch Punk­te – es sei denn, man hat bei die­sem Pfau die Wet­te verstärkt.

Pikoko - Abrechnung
Nach der gespiel­ten Run­de beginnt die Aus­wer­tung, die auch wie­der Zeit kostet.

Das gefällt mir nicht so gut: im Ver­gleich zu ande­ren Stich­spie­len habe ich das Emp­fin­den, dass PIKOKO ver­hält­nis­mä­ßig lang­at­mig ist. Das beginnt schon beim Aus­spie­len der Kar­ten. Nor­ma­ler­wei­se muss man nur die eige­ne Hand rich­tig abschät­zen. Nun ken­ne ich aber auf ein­mal wesent­lich mehr Kar­ten – und die will ich alle ent­spre­chend bewer­ten. Man glaubt dadurch, dass man somit viel mehr berech­nen kann. Aller­dings ist das gar nicht der Fall, da nie alle mög­li­chen Kar­ten im Spiel sind. Man kann am Ende eben nicht vor­her­sa­gen, wel­che Kar­ten noch bei einem selbst ver­deckt im Hal­ter ste­cken, da immer Rest­kar­ten am Anfang zur Sei­te gelegt wer­den. Aber unab­hän­gig vom Aus­spie­len der Kar­ten ist auch die Wett­pha­se und Aus­wer­tung von Ver­wal­tungs­auf­wand geprägt, was Zeit kostet.

Pikoko - Rückseite Pfau
mein Pfau zeigt mir den Allerwertesten

Die Sache mit dem eige­nen ver­deck­ten Pfau ist nicht mehr als ein net­ter Gag. Denn ehr­li­cher­wei­se müss­te man sagen, dass der eige­ne Pfau der­je­ni­ge ist, der links von einem steht. Denn nur die­sen kon­trol­lie­re ich. Mein vor mir ste­hen­der Pfau ist für mich nicht greif­bar. Beim Nach­bar­pfau bestim­me aller­dings ich, wel­che Kar­ten gespielt wer­den. Wahr­schein­lich funk­tio­niert bei der gewähl­ten Sys­te­ma­tik bes­ser die Hand­ha­bung und es wird eher sicher gestellt, dass man von einem Pfau die Kar­ten nicht kennt. Aber trotz­dem fühlt es sich irgend­wie falsch und somit unbe­frie­di­gend an.

Die Hand­ha­bung ist ohne­hin ein klei­nes Pro­blem. Natür­lich sieht PIKOKO wun­der­bar aus, wenn es auf dem Tisch auf­ge­baut ist. Aber der Spiel­fluss wird doch ziem­lich gebremst, wenn man immer erst auf die Kar­ten des ande­ren Pfaus zei­gen muss. Der Besit­zer muss nun die­se Kar­te aus dem Hal­ter fum­meln – immer dar­auf bedacht, dass nicht zufäl­lig eine ande­re Kar­te mit hin­aus fällt. Eine schnel­le "Klop­per­run­de" fin­det somit nicht statt.

Man kann sich übri­gens treff­lich dar­über strei­ten, ob nun eine Par­tie wirk­lich nur über drei Run­den gehen soll oder ob man die­se Vor­ga­be nicht igno­rie­ren soll­te. Ich bin da ziem­lich emo­ti­ons­los. Nach mei­nem Emp­fin­den spielt man ein­fach so lan­ge, wie man Lust dar­auf hat. Drei Run­den soll­ten es aber schon sein, so dass man nicht zu sehr von einer unglück­li­chen Kar­ten­zu­sam­men­stel­lung getrof­fen wird. Wahr­schein­lich hät­te ich es ele­gan­ter gefun­den, wenn man die Run­den­an­zahl von der Spie­ler­an­zahl abhän­gig gemacht hät­te. Aber ob ich nun zwei­mal drei Run­den spie­le oder ein­mal fünf Run­den, dass ist letzt­lich egal. Man soll­te da nicht zu eng­stir­nig sein und stumpf den Regeln folgen.

Pikoko - Vorderseite Pfau
Ich weiß genau, wie nun zu spie­len ist – glau­be ich zumindest.

Das gefällt mir gut: Im Ver­gleich zu ande­ren Stich­spie­len, erzeugt PIKOKO bei mir noch ein biss­chen mehr Emo­tio­nen. Jeder­zeit den­ke ich näm­lich bei den Mit­spie­lern mit: So, Kat­rin muss jetzt mit der wei­ßen 9 die Trümp­fe zie­hen? Hä? Macht sie nicht??! War­um spielt sie denn nun die blaue 3? Wie soll denn die­ser Pfau nun noch drei Sti­che machen? Das funk­tio­niert doch alles nicht mehr! Genau so geht es in mei­nem Kopf ab – und manch­mal auch aus dem Mund her­aus. Man hat inner­lich einen Plan zurecht gelegt, weil man glaubt, fast alle Kar­ten zu ken­nen (die paar weni­gen sind doch zu ver­nach­läs­si­gen). Und dann sieht man, wie die­ser Plan sich in Luft auf­löst. Oder noch viel bes­ser: man sieht, wie die­ser Plan genau­so auf­geht! Mich fängt PIKOKO somit immer wieder.

Die­se Pla­nen gewinnt übri­gens an emo­tio­na­ler Schär­fe durch die gehei­men Ver­stärk­erwet­ten. Die­se gehei­men Kar­ten sor­gen näm­lich für unter­schied­li­che Zie­le bei den Spie­lern. Ich habe auf den gel­ben Pfau gewet­tet, also muss ich dafür sor­gen, dass die­ser auch genau mei­ne ange­sagt Anzahl an Sti­chen macht – denn ansons­ten ver­lie­re ich Punk­te. Die ande­ren Vor­her­sa­gen sind mir somit nicht mehr ganz so wich­tig, ich muss Prio­ri­tä­ten set­zen. Das ist bei mei­nen Mit­spie­lern natür­lich ganz genau­so. Aller­dings haben die­se eben nicht den gel­ben Pfau im Visier, son­dern den wei­ßen. Somit erge­ben sich ver­schie­de­ne Wich­tun­gen im Spiel und die Plä­ne der Spie­ler sehen dem­nach ganz anders aus als meine.

Pikoko - Verschnitt
nicht ganz sau­ber geschnit­te­ne Karten

Die Auf­ma­chung ist übri­gens topp. Okay, bei mir gab es einen leich­ten Ver­schnitt bei den gehei­men Ver­stär­ker­kar­ten, aber das ist nicht wirk­lich von Belang. Auch lei­den die Kar­ten ein wenig durch das Ein­ste­cken in den Kar­ten­hal­ter – doch meist an den Stel­len, die nicht für das Spiel rele­vant sind. Ich hät­te vor­her noch stär­ke­re Abnut­zungs­er­schei­nun­gen befürch­tet, da die Kar­ten­hal­ter dan­kens­wer­ter­wei­se aus sehr sta­bi­len Plas­tik bestehen. Dem gegen­über steht aber die tol­le und auch durch­dach­te Optik (die Pfau­en­au­gen auf den Rück­sei­ten hel­fen z.B. unge­mein bei der kor­rek­ten Aus­rich­tun­gen der Kar­ten). Ich fin­de es gut, dass mit die­ser muti­gen Auf­ma­chung bewusst ein ande­res Ziel­pu­bli­kum ange­spro­chen wird, als das der gewöhn­li­chen Kar­ten­spie­ler. Denn war­um soll­te ein Stich­spiel nicht auch als Fami­li­en­spiel tau­gen und ent­spre­chend auf­ge­macht sein? Ich kann nur hof­fen, dass die­ser Mut belohnt wird und am Ende nicht die Käu­fer ent­täuscht sind, weil sie eine ande­re Art Spiel erwar­tet haben.

Fazit: PIKOKO macht einer­seits ganz viel rich­tig. Es sieht toll aus und es kom­men mäch­tig Emo­tio­nen auf beim Spie­len. Aller­dings hat es das Pro­blem, dass recht viel Ver­wal­tungs­auf­wand betrie­ben wer­den muss. Für ein schnel­les Kar­ten­zo­cken in der Knei­pe ist es nicht geeig­net – aber genau in einer sol­chen Atmo­sphä­re spie­le ich am liebs­ten Stich­spie­le. Ich befürch­te, genau die­ser Wider­spruch wird dafür sor­gen, dass die gute und lie­be­voll umge­setz­te Idee sich nicht am Markt durch­set­zen wird. Ich hof­fe aber, dass ich mit die­ser Ver­mu­tung falsch liege.

TitelPiko­ko
AutorAdam Por­ter
Illus­tra­tio­nenRei­nis Pētersons
Dau­erca. 30 Minuten
Spie­ler­an­zahl3 bis 5 Spieler
Ziel­grup­peste­chen­de Familienspieler
Ver­lagBrain Games
Jahr2019

Ich bedan­ke mich bei Asmo­dee Ger­ma­ny als deut­schen Ver­triebs­part­ner für die Bereit­stel­lung eines Rezen­si­ons­exem­plars. Ich bin mir sicher, dass durch die­se Bereit­stel­lung mei­ne Mei­nung nicht beein­flusst wur­de. Die Bespre­chung spie­gelt mei­ne gemach­te Erfah­rung wider.

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