Link City von Émilien Alquier – erschienen bei Bandjo
Sind Links smart? Wenn ja, wird somit aus LINK CITY automatisch eine Smart City? Sicherlich nur, wenn die Verknüpfungen sinnvoll sind.
Thema: In einer basisdemokratisch geführten Stadt erweitern wir nach und nach urbane Räume. Allerdings nicht einfach so nach dem bewährten Mehrheitsprinzip. Vielmehr wechselt ständig das Oberhaupt durch und die Anderen versuchen nachzuvollziehen, wie dieses sich die Stadt der Zukunft vorstellt. So entsteht trotzdem ein mehr oder weniger erfolgreiches Gemeinschaftswerk.
Illustrationen: Diese sind ebenfalls ein Gemeinschaftswerk durch die Zusammenarbeit von Mathieu Clauss und Franz Lejeune. Ich habe keine Ahnung, wer von den beiden wann das Oberhaupt war. Aber die Illustrationen spielen ohnehin keine Hauptrolle, weswegen ich diese Thematik nicht weiter vertieft habe.
Ausstattung: LINK CITY bietet echte kleine Plastik-Pylone in unterschiedlichen Farben. Viel wichtiger sind aber die vielen Legeplättchen, die auf ihren jeweiligen Seiten unterschiedliche Gebäude zeigen. Dabei reicht das Sortiment beispielsweise von der klassischen Bibliothek bis hin zur außergewöhnlichen Alien-Botschaft. Wichtig ist noch der Sichtschirm für das aktuelle Oberhaupt. Hinter diesem wird nämlich erst einmal im stillen Kämmerchen geplant, bevor die Ideen in der Öffentlichkeit diskutiert werden.
Ablauf: Zu Beginn einer Runde wird festgelegt, an welchen Stellen die Stadt erweitert werden soll. Diese Orte werden mit den farbigen Pylonen markiert. Nun zieht das aktuelle Oberhaupt drei zufällige Gebäude und überlegt sich, welche davon am sinnigsten die Pylonen ersetzen können. Diese Auswahl erfolgt im Geheimen hinter dem Sichtschirm durch das Zuordnen passender Pylonen-Plättchen. Diese werden verdeckt gelegt und dann der Sichtschirm gelüftet.
Jetzt ist die Gemeinschaft gefragt. Denn diese legt nach eifriger Diskussion ihrerseits farbige Pylon-Plättchen an die Gebäude. Stimmen diese in der nachfolgenden Aufdeckphase überein, werden sie entsprechend platziert. Andererseits können stattdessen alternative Stellen belegt werden, die jedoch nur über Eck zu anderen Plättchen liegen dürfen. Das sorgt für neue Baufelder und erleichtert zudem die finale Abrechnung. Denn am Ende überprüfen wir über geschlossene Baum-Illustrationen, wie viele Plättchenpaare direkt aneinander liegen, was mit Punkten belohnt wird. Eine finale Tabelle ordnet dabei unsere Leistung verbal ein.
Das gefällt mir nicht so gut: LINK CITY spiegelt leider eindrücklich unsere Vorurteile wider. Durch die Endabrechnung wird eine Konsensbildung erwartet, die wir im Spiel durch eine hohe Übereinstimmungsrate zu erreichen versuchen. Wir machen uns also weniger Gedanken darüber, wie vielleicht eine lebenswerte Stadt aussehen könnte, sondern reproduzieren gemachte Erfahrungen gepaart mit Klischees. Wo ist der Juwelier zu platzieren? Natürlich neben der Bank und dem Spielcasino, damit sich die Reichen wohlfühlen. Der Plattenbau wird dahingegen neben die Bauruine platziert und die Anonymen Alkoholiker gehören neben das Arbeitsamt. Traurig, aber wahr: so machen wir die meisten Punkte.
Auch aus anderer Sicht ist die Punktevergabe kritisch zu hinterfragen. Aufgrund des gewählten Auswahlsystems erleben wir häufig ein ganz oder gar nicht. Entweder wir haben alle Orte richtig zugeordnet oder keinen. Denn wenn der eine Ort schon falsch ist, muss zwangsläufig auch ein anderer Ort falsch sein und wir haben nur noch die Chance auf eine Übereinstimmung. Das kann frustrierend sein. Erst recht deswegen, weil wir den vierten farbige Pylon erst dann erhalten, wenn wir einmal fehlerfrei agiert haben. Das Spiel schränkt sich somit selbst ein. Es gibt uns künstlich weniger Optionen und vermittelt eine Wichtigkeit der Punktevergabe, die dem eigentlichen Spaß im Wege steht.
Hinzu tritt immer mal wieder die Situation ein, dass entweder die Gebäude sich zu ähnlich sind oder keines auch nur ansatzweise an einen der vorgegebenen Orte passen will. Dann wird das Procedere willkürlich und lässt die Gruppenphase in ein reines Ratespiel übergehen. Noch öfters tritt der Fall ein, dass zwei Plättchen leidlich passen, das dritte aber gar nicht. Dieses wird schließlich dorthin gelegt, wo noch ein freier Platz ist. Das funktioniert spielmechanisch, ist inhaltlich aber unbefriedigend.
Die Kargheit der Gestaltung ergibt womöglich Sinn, weil dann die Ablenkung nicht zu groß wird. Außerdem soll wahrscheinlich die Fantasie nicht eingeschränkt und keine Bild-Assoziationen vorgegebenen werden. Aber wie viel schöner wäre doch die entstandene Stadt, wenn wir tatsächlich auch die entsprechenden Gebäude zumindest andeutungsweise sehen könnten? Und auch die komplett weiße Innenseite des Sichtschirms ist dröge und langweilig. Ein wenig mehr gestalterische Finesse hätte ich befürwortet.
Das gefällt mir gut: LINK CITY bietet viel Raum für spannende Diskussionen. Natürlich wird die Auswahl des Oberhaupts am Ende einer Runde ausgiebig kommentiert. Aber auch schon vorher passiert eine Menge am Tisch. Die gemeinsame Abstimmung beginnt schon mit der Ausgangsfrage, wo überhaupt die Pylone in der Runde platziert werden sollen. Dabei kann taktisch agiert werden – immer in der Hoffnung, dass dann überhaupt die passenden Gebäude beim Oberhaupt auftauchen. Meist ertönt aber ein lautes Stöhnen hinter dem Sichtschirm und wir wissen dann, dass unsere Planvorstellungen wohl nicht eingetreten sind. Also warten wir ab, bis sich der Sichtschirm lüftet, was immer wieder ein spannender Moment ist. Diese kurze Phase der (manchmal fassungslosen) Stille wird schnell aufgelöst und schon wird versucht, die möglichen Gedankengänge des Oberhaupts zu ergründen. Gehört der Ententeich neben die Jugendherberge oder eher neben dem Skater-Park? Und was machen wir mit dem Bunker? Der passt doch nirgendwo hin! Oder doch neben die Bank, damit die Goldvorräte sicher sein können?
Die ausgewählten Gebäude weisen eine hohe Bandbreite auf. Einerseits haben wir ganz klassische Funktionen, die in jeder Stadt zu finden sind. Andererseits sind aber auch Gebäude im Angebot, die eine gewisse Prise Verrücktheit in das Spielgeschehen einbringen. Die sind mir am liebsten, weil dann schwerer in dieses Klischee-Denken abgerutscht werden kann und wir kreativer sein müssen.
LINK CITY bietet einen einfachen Einstieg und kann sehr gut generationenübergreifend gespielt werden. Bei manchen Orten haben Kinder vielleicht noch keine rechte Vorstellung. Aber entweder sortiert man diese dann einfach aus oder lässt sich überraschen, was dadurch für Assoziationen gesponnen werden. Zusätzlich haben wir immer die Freiheit gewährt, als kindliches Oberhaupt auch alternativ die Rückseiten wählen zu dürfen.
Fazit: Das grundsätzliche Konzept von LINK CITY überzeugt. Spielerisch werden aus dem Alltag bekannte Situationen eingebunden und ermöglichen dadurch einen niedrigschwelligen Einstieg. Allerdings entstehen zu oft unbefriedigende Situationen, welche auch durch die Fixierung auf Siegpunkte negativ aufstoßen.
Titel | Link City |
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Autor | Émilien Alquier |
Illustrationen | Mathieu Clauss und Franz Lejeune |
Dauer | 30 Minuten |
Personenanzahl | 2 bis 6 Personen |
Zielgruppe | assoziierende Familienspielrunden |
Verlag | Bandjo |
Jahr | 2024 |
Hinweis | Vielen Dank an den Vertrieb Asmodee Germany für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars! |
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