Cities von Phil Walker-Harding und Steve Finn – erschienen im KOSMOS Verlag
Reichte es früher aus, lediglich einen Stadtnamen aufs Cover zu pinnen, muss es in unserer auf stetigem Wachstum ausgelegten Welt immer mehr werden. Also nicht nur eine Stadt, sondern ganz viele. Ob CITIES damit das Ende der Fahnenstange darstellt? Oder müssen wir im nächsten Jahr mit einem METROPOLISES rechnen?
Thema: Wir kennen das in Deutschland zur Genüge: in vielen Städten stehen Konversionsflächen zur Verfügung und neue Stadtviertel wollen entwickelt werden. So auch in den Städten Venedig, Sydney, Barcelona, New York City, Rio de Janeiro, Mexiko Stadt, Buenos Aires und Lissabon. Dort werden wir planend tätig und sollen dabei die örtlichen Besonderheiten ausreichend würdigen.
Illustrationen: Jorge Tabanera Redondo hat diese acht Städte gewohnt farbenfroh auf den jeweiligen Stadtentwicklungsplänen verewigt- und dabei die wichtigsten Sehenswürdigkeiten in einer Posteransicht vereint. Das besitzt den besonderen Charme von Wimmelbüchern, lenkt dabei aber glücklicherweise trotzdem nicht von der eigentlichen spielerischen Aufgabe ab.
Ausstattung: Schon TOWER UP katapultierte uns zurück in die 80er-Jahre und gab uns stapelbaren Gebäudeteilen aus Plastik an die Hand. Dem will CITIES nicht nachstehen, weswegen ein prall gefüllter Sack mit eben solchen Teilen in vier unterschiedlichen Farben für uns parat steht. Aber das ist nicht alles. Zusätzlich warten noch quadratische Stadtfelder, kleine Verschönerungsplättchen und Wertungskarten auf ihren Einsatz. Farbige Meeple und Holzmarker zur Markierung erfüllter Ziele sowie zur finalen Abrechnung runden das ansprechende Material ab, das in einer angenehm kompakten Box gesammelt wird.
Ablauf: Im Kern ist CITIES ein Woker Placement Spiel. Zu Beginn eines Durchgangs wird der als Ablage fungierende Spielplan mit Auftragskarten, Stadtfeldern, Verzierungen und Gebäudeteilen gefüllt. Nun platzieren wir nacheinander jeweils eine unserer Figuren bei einem dieser Element und sammeln die dortige Auslage ein. Dabei ist zu beachten, dass wir in jeder waagerechten Reihe nur einmal aktiv werden dürfen. Habe ich mich in der Runde schon mit bunten Bauelementen eingedeckt, muss ich meine restlichen Meeples in den Reihen der anderen Elemente platzieren.
Die so erhaltenen Wertungskarten sammele ich für das Ende. Das restliche Material wird verbaut. Zusammen mit unserer Starttafel werden wir ein Raster von 3×3 Stadtfeldern bilden. Auf diesen können wir dann farblich passende Gebäudeteile stapeln bzw. in den Park- und Gewässerflächen die Verschönerungen platzieren. Erreichen wir dabei eine stadtspezifische Voraussetzung, werden wir mit Sonderpunkten belohnt. So wollen wir z.B. in New York viele Hochhäuser bauen, während wir in Buenos Aires den Lago de Regatas nachbilden, indem wir eine Wasserfläche vollständig mit Gebäuden oder Parkflächen umschließen.
Nach acht Durchgängen ist die Partie schon beendet und wir können dann unser neues Stadtviertel bewundern und vor allem unsere gesammelten Wertungskarten aktivieren. 2‑Personen-Partien sind schon nach rasanten vier Durchgängen vorbei, weil wir dann pro Durchgang zwei Elemente aus einer Reihe nehmen. Allerdings können wir uns auch für auch eine längere Partie mit sieben Durchgängen entscheiden und dann ein 5×3 Raster bilden.

Das gefällt mir nicht so gut: Ich würde nicht so weit gehen und CITIES als Mulitplayer-Solitär bezeichnen – aber direkte Interaktion besteht keine. Somit erfolgt eine gegenseitige Beeinflussung lediglich über das mögliche Wegnehmen von Elementen und über das Wettrennen um die Zwischenziele. Wobei speziell dieser Wettlauf eher lahmt. Denn die Punkte, die darüber vergeben werden, sind kaum der Rede wert, sodass eine passende Wertungskarte deutlich effektiver sein kein – zumal sich die Punkte dieser Zwischenziele meistens ohnehin auf die einzelnen Spielenden verteilen, sodass diese Komponente selten eine echte Wirkung hat.
Das wäre übrigens auffälliger, wenn wir die finale Siegpunktphase nicht über eine Kramerleiste abgewickeln würden, sondern über einen Wertungsblock. Einerseits ist die Leiste sicherlich weniger Ressourcen verbrauchend und somit auch eleganter. Andererseits würde ein gut organisierter Wertungsblock das Abrechnen durchaus erleichtern und das Spiel noch leichter erklären lassen. Dabei habe ich als positive Vorbilder die verlagseigenen Blöcke von CASTLE BUILDER und FARAWAY im Hinterkopf.
Diese finale Punktevergabe besitzt ohnehin den Charme einer Steuererklärung und bremst das eigentlich hohe Spieltempo am Ende abrupt ab. Insbesondere in der verlängerten 2‑Personen-Variante mit dem 5*3‑Raster rechnen wir uns einen Wolf und haben das Gefühl, das alles irgendwie in Punkte umgerechnet wird. Diese Einschätzung ist im eigentlichen Spiel nicht so ausgeprägt, weil wir uns darin meist erfolgreich auf einige Aspekte fokusieren.
Mit dem Spielplan als Organisationshelfer bin ich übrigens nicht ganz glücklich. Die Kramerleiste hätte man auch auf die Rückseite verfrachten können, da sie während des eigentlichen Spielverlaufs ohnehin nicht zum Einsatz kommt. Stattdessen wäre vielleicht ausreichend Platz gewesen, auch alle Plättchen auf dem Spielplan zu lagern. So gibt uns die Anleitung vor, dass wir Teile davon auf dem Plan ablegen sollen und andere daneben. Das ist aber unelegant und wirft anfangs unnötige Fragen auf. Schön ist dahingegen die Aussparung für die einzelnen Stadtübersichten, was in der Detaillierung aber gar nicht notwendig gewesen wäre.
Das gefällt mir gut: In CITIES ist vor allem Timing gefragt. Das bedeutet, dass wir uns dauernd die folgenden Fragen stellen: Was ist mir wichtig? Wo setze ich meine ersten Meeple hin? Bei welchen Elementen erwarte ich Konkurrenz durch die Mitspielenden? Was passt gut zu meinen Wertungskarten bzw. welche Wertungskarten passen gut zu meiner Auslage? Und vor allem: Soll ich zocken?
Denn jede Auswahl-Reihe bietet uns am rechten Ende ein Überraschungsei an. Ich bin mit den ausliegenden Stadttafeln nicht so ganz zufrieden? Oder die Wertungskarten passen nicht so richtig? Dann lass mich mein Glück versuchen und gib mir mal das verdeckte Element. Selbstredend kann dabei der Zufall eine große Rolle spielen. Ich habe mal eine Partie verloren, weil die letzte verdeckte Wertungskarte perfekt zu der Auslage meiner Mitspielerin gepasst hat. Natürlich habe ich mich kurz darüber geärgert. Allerdings hätte ich diese Karte auch ziehen können, habe mich aber lieber für eine andere entschieden. Mit noch mehr Spielerfahrung wäre mir das vielleicht nicht passiert, weil ich dann alle möglichen Wertungsarten kennen. Somit erwerbe ich durchaus mit Erfahrung ein wissen, was micht entsprechend zielgerichteter spielen lässt. Durch Kollege Zufall ist damit allerdings nicht automatisch auch ein größerer Erfolg gesichert – und das finde ich gut. CITIES besitzt eine gefällige Fluffigkeit, sodass ein allzu strategischer Ansatz dem eigentlichen Spielgefühl zuwider laufen würde.
CITIES ist bewusst einfach gehalten. Das zeigt sich z.B. an der gleichen Wertungsart der Zusatzplättchen für Grün- und Wasserflächen. Dafür hätte man problemlos zwei unterschiedliche Mechanismen verwenden können, was aber nur unnötig die Komplexität erhöhen würde. So ist die eigentliche Puzzle-Aufgabe sehr klar und reizvoll. CITIES ist nicht nur schnell erklärt, sondern spielt sich in der Regel auch sehr zügig. Nur selten entstehen Wartezeiten, wenn sich eine Person bei den obigen Fragen nicht entscheiden kann. Dabei fiebern wir meist bei dieser Entscheidung mit, schließlich hängt davon möglicherweise eine verbleibende Auswahl ab. Lediglich im 2‑Personen-Spiel kann zum Ende eines Durchgangs der Eindruck von Beliebigkeit entstehen, wenn ich mir mit dem ersten Zugriff schon das erhoffte Element gesichert habe.
Besonders gut gefallen mir die unterschiedlichen Stadtpläne. Diese vermitteln lokale Eigenheiten und erzeugen eine besondere Atmosphäre. Zusätzlich bekommen wir durch die einzelnen Stadt-Bedingungen variable Leitlinien vorgegeben, die wir gerne versuchen einzuhalten. Wir erhalten somit zu Beginn der Partie eine Orientierung, an die wir aber auch nicht sklavisch gebunden sind. Durch die Wertungskarten kann sich nämlich auf einmal der Fokus verschieben. Und diese Ende-Multiplikatoren liegen genauso offen aus wie die anderen Elemente. Wir stellen uns selbst unsere Wertung zusammen. Womit wir wieder bei der ursprünglichen Frage landen: Was ist uns wann wichtig? Soll ich mir lieber erst die passende Wertungskarte sichern oder doch lieber zuerst die zwei gelben Häuser?
Unabhängig von der spielerischen Qualität überzeugen bei CITIES auch die äußeren Merkmale. Das beginnt glücklicherweise mal wieder bei einer kompakten Spielbox, die wenig Luft beherbergt. Die kleinen Gebäude-Plastikteile lassen sich gut stapeln und stehen stabil. Weil wir ohnehin nur an der eigenen Auslage tüfteln, verdecken sie, anders als bei TOWER UP, keine wichtigen Informationen. Das optische Ergebnis ist vielleicht nicht ganz so eindrucksvoll, trotzdem haben die entstandenen Stadtteile durchaus einen eigenen Charakter. Die Illustrationen finde ich darüber hinaus persönlich sehr ansprechend. Die Gestaltung der Wertungskarten als Smartphones zaubern ein wissendes Lächeln ins Gesicht. Aber vor allem die Stadtpanoramen haben in mir eine Lust geweckt, die einzelnen Städte besuchen zu wollen. Bei den Städten gefällt mir übrigens auch die Auswahl gut. So tauchen mir bisher noch nicht vertraute Sehenswürdigkeiten auf, was sicherlich der südamerikanischen Herkunft des ursprünglichen Verlages Devir geschuldet ist.
Fazit: Autor Phil Walker-Harding versteht sein Handwerk. Das Gemeinschaftswerk mit Steve Finn ist sicherlich kein Innovationsmonster und viele Spielelemente fühlen sich vertraut an. Allerdings weiß die Mischung zu überzeugen: CITIES stellt uns leichtgewichtig vor interessante Entscheidungen. Und die vorhandene Prise Zufall bringt dabei die richtige Würze.
Titel | Cities |
---|---|
Autoren | Phil Walker-Harding und Steve Finn |
Illustrationen | Jorge Tabanera Redondo |
Dauer | 30 bis 40 Minuten |
Personenanzahl | 2 bis 4 Personen |
Zielgruppe | Städte bauende Familienspielrunden |
Verlag | KOSMOS |
Jahr | 2025 |
Hinweis | Vielen Dank an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars! |
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