Dungeon Designer von Jordy Adan – erschienen bei Pegasus Spiele
Geht es nur mir so, dass mich der Minotauros auf dem Cover von DUNGEON DESIGNER eher an einen Türsteher erinnert als einen Baumeister? Das Ding über der linken Schulter hat doch etwas von einem Baseballschläger, oder? Die Pose löst in mir jedenfalls eine Menge A Clockwork Orange Vipes aus...
Thema... liegt durch die Titelgebung auf der Hand, ist dann aber doch eher speziell. Ich zitiere mal die Anleitung: "Die Gestaltung verschlungener Labyrinthe ist eine Kunst, die bei den Minotauren seit
ewigen Zeiten von Generation zu Generation weitergegeben wird. Ihr habt in den
letzten 10 Jahren unter dem berühmten Meister Hortgully dieses glorreiche Handwerk
erlernt und nun ist es an der Zeit, euer Können unter Beweis zu stellen. Nur eine letzte
Aufgabe trennt euch vom eigenen Ruhm: Ihr müsst am Fuß der Steinrückenberge ein
gefahrvolles Verlies errichten und damit Meister Hortgully beeindrucken."
Viele Worte, die uns erklären, dass wir in DUNGEON DESIGNER eine Puzzle-Aufgabe zu lösen haben. Aber überzeugt die thematische Herleitung? Egal, denn es hilft, die anstehenden Anforderungen zu verstehen und uns ein Bild vorstellen zu können, in dem wir uns nun spielerisch bewegen.
Illustrationen… sind das Ergebnis einer Zusammenarbeit von Lucas Ribeiro, Damien Mammoliti und Diego Sá. Da DUNGEON DESIGNER im ROLL PLAYER Universum angesiedelt ist, gibt es insbesondere bei der Gestaltung der Symbole einige Wiedererkennungswerte. Aber auch die einzelnen Monster und Fallen kommen uns vertraut vor. Ein wenig fremdele ich mit den Perspektivwechseln auf den einzelnen Raumkarten. Allerdings sorgen diese für eine vernünftige Übersicht und darauf kommt es bekanntermaßen auch an.
Ausstattung… DUNGEON DESIGNER ist ein Drafting-Spiel, weswegen die vielen Karten dann auch nicht überraschen. Neben den über 100 Raumkarten für unsere Verliese sind auch Ziele, Aufgaben, Marktstände, Baupläne und noch mehr auf weiteren Karten abgebildet. Darüber hinaus liegt noch ein Spielplan für Verwaltungsaufgaben vor. Die Marktplättchen aus Pappe und das persönliche Spielmaterial aus Holz (Marker und Pforten) werden zudem in einer praktischen Aufbewahrung zusammen gehalten.
Ablauf… über 4 Runden bauen wir Ebene für Ebene unser Verlies auf. Aus 5 Karten werden sich im klassischen Drafting-Verfahren nach und nach 4 Karten ausgesucht, die jeweils sofort in die aktuelle Ebene eingebaut werden müssen. Dabei können die Wege zwar ins Nichts führen, für die finale Abrechnung wäre es aber hilfreich, wenn ein durchgängiges Wegenetz entsteht. Die eigenen Baupläne geben zusätzlich noch Vorgaben, wie das Verlies am Ende aussehen soll.
Nach jeder Fertigstellung der aktuellen Ebene wird das Spiel für eine kurze Verbesserungsphase unterbrochen. In dieser können wir nun aus der aktuellen Marktauslage zusätzliche Element für unser Verlies erwerben. Wenn wir dabei passen, nehmen wir uns aus einer ebenfalls offenen Auslage persönliche Aufgaben, über die wir am Ende ebenfalls punkten.
Das gefällt mir nicht so gut: Natürlich muss ein Verlies dunkel und auch schummrig sein. Entsprechend sind die Räume auch illustriert. Allerdings könnten sich die Monster und Fallen gerne etwas deutlicher voneinander und vom Hintergrund unterscheiden. Insbesondere die mir wenig vertrauten Gnolle machten uns Probleme, sie zielsicher im Wirrwarr des Verlieses zu erkennen. Auch manche Fallen werden gerne übersehen, was zwar ihrem eigentlichen Zweck entspricht, aber trotzdem etwas nerven kann. Andererseits werden wir mit Elementen bzw. Symbolen zugeballert, die wir möglicherweise überhaupt nicht für unser Spiel benötigen und somit schlimmstenfalls nur verwirren – auch wenn die Spielhilfen dankenswerterweise alle Symbole zeigen und somit etwas zur Entwirrung beitragen können.
Somit kann ich auch gleich zum Thema überleiten. Natürlich funktioniert es. Ich kann darüber die notwendigen Wegebeziehungen und die verschiedenen "Einrichtungen" erklären, aber genauso gut hätte die Mechanik auch mit einem oberirdischen Thema funktioniert, bei dem statt Fallen vielleicht Brunnen und Statuen und statt Monster Mühlen und Gasthäuser auftauchen würden. Das wäre ebenso aufgesetzt, würde dann aber nicht das unbefriedigende Gefühl erzeugen, dass ich eigentlich mit meinem gebauten Verlies nun auch etwas erleben möchte. Ein ähnliches Problem hat auch ROLL PLAYER. Dort erschaffe ich mir einen Charakter und dann hört das Spiel auf. Erst durch die Erweiterungen konnte dann dieser Charakter aktiv sein. Vergleichbar dazu muss ich also auf eine Erweiterung für DUNGEON DESIGNER hoffen, bei der das gebaute Verlies einem echten Praxistest unterzogen wird. Denn aktuell baue ich Fallen nur für die Galerie (und eben für schnöde Siegpunkte).
Das gefällt mir gut: Durch den eigenen Bauplan und das gemeinschaftliche Wertungsziel bekommen wir schon zu Beginn Leitlinien gesetzt, die über den eigentlichen Wegebau hinausgehen. Diese drei Elemente könnten schon ausreichen, um uns anspruchsvolle Bauen zu lassen. Nach und nach erhalten wir aber noch individuelle Aufgaben dazu, sodass wir durchgehend von DUNGEON DESIGNER gefordert werden.
Dabei erhalten wir allerdings auch Hilfestellungen über den Markt. Dort können wir zusätzliche Einrichtungen erwerben, um unsere Raumkarten aufzupeppen. So sind wir nicht vollständig auf die einzelnen Karten angewiesen und haben dadurch meist noch Möglichkeiten, später korrigieren zu können. Dabei besitzen die Raumkarten eine gute Balance. Vermeintlich schlechte Raumkarten erzeugen ein höheres Einkommen, womit ich wiederum früher auf dem Markt tätig werden kann. Die Marktphase hat zudem bringt zudem noch ein reizvolles Dilemma ins Spiel: Je früher ist aus dieser aussteige, um so eher kann ich mir eine offene Aufgabe nehmen. Und nun gilt es für mich abzuwägen, was wichtiger ist. Will ich mein Verlies verbessern und mich mit einer Aufgabe zufriedengeben, die mir wenig Punkte gibt? Oder nehme ich mir schnell eine vermeintlich punkteträchtige Aufgabe, mache aber später weniger Punkte durch ein unvollständiges Verlies?
Aufgrund der vielen möglichen Kombinationen ist DUNGEON DESIGNER dabei nicht völlig ausbalanciert. So können wir mal mächtig Pech mit den Raumkarten haben, aber auch mal einen richtigen Glücksgriff bei den Aufgaben tätigen. Das fördert die Spannung und die Emotionen. Ich hoffe im Draft, dass ich diese oder jene Karte erhalte. Ich wäge ab, ob ich diese Karte weitergebe oder zur Sicherheit vielleicht doch schon jetzt einbaue, weil ich mir die Wegeverbindung nicht kaputt machen will. Den Großteil der Zeit habe ich den Eindruck, dass meine Entscheidungen relevant sind. Lediglich die letzten Karten einer Runde können auch mal egal sein – oder aber eine Menge für mein Endergebnis ausmachen.
Durch die vielen unterschiedlichen Aufgaben, Ziele und Baupläne entsteht eine hohe spielerische Varianz. Mal versuche ich eine große Raumgruppe zu bilden, mal lieber viele unterschiedliche. Mal sammele ich Truhen, dann wieder Schleim. Mal sind mir die Fallen egal, dann wieder liegt mein Hauptaugenmerk darauf. Jede Partie fordert mich neu. Ich muss meine Auswahl an die Aufgaben anpassen – aber vor allem damit zurechtkommen, was mir überhaupt angeboten wird.
Darüber hinaus weiß DUNGEON DESIGNER auch in der B‑Note zu überzeugen. Das Material ist wertig und kann durch das Insert und die Aufbewahrungsbox überzeugend gelagert werden. Die Anleitung lässt keine Fragen offen und zusätzlich können die Spielhilfen zurecht als solche bezeichnet werden. Auch die Pappstreifen für die Verlies-Eingänge runden das Gesamterlebnis ab: eigentlich sind sie unnütz, weil sie lediglich die Orientierung erhöhen. Aber genau deswegen sind sie dann doch wieder von Nutzen.
Fazit: DUNGEON DESIGNER setzt den guten Ruf der Spiele im ROLL PLAYER Universum fort und weiß dabei durch Eigenständigkeit zu überzeugen. Auch wenn ich persönlich mit dem Thema nicht ganz so viel anfangen kann, fordert mich DUNGEON DESIGNER jedes Mal heraus und weckt wieder und wieder meinen Ehrgeiz, alle Ziele und Aufgaben bestmöglich zu meistern.
Titel | Dungeon Designer |
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Autor | Jordy Adan |
Illustrationen | Lucas Ribeiro, Damien Mammoliti und Diego Sá |
Dauer | 45 bis 60 Minuten |
Personenanzahl | 1 bis 5 Personen |
Zielgruppe | draftende Kennerspielrunden |
Verlag | Pegasus Spiele |
Jahr | 2024 |
Hinweis | Vielen Dank an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars! |
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