Beer & Bread von Scott Almes – erschienen bei Deep Print Games
Bei BEER & BREAD muss ich immer sofort auch an Brot und Spiele denken. Denn in meinem Leben sind Spiele wichtiger als Bier. Auf Brot möchte ich dahingegen ungern verzichten – was mir bei eigentlich jedem Auslandsaufenthalt deutlich wird.
Thema... Zwei Dörfer in Deutschland, würdevoll,
wohin als Szene unser Spiel euch bannt,
erwecken neuen Streit aus altem Groll
und Bauernblut befleckt die Bauernhand...
Stop! Ich verwechsel hier was. Denn bei BEER & BREAD wird keine tragische Liebesgeschichte nachgespielt, sondern lediglich, dass sich zwei Dörfer in einem Wettstreit um knuspriges Brot und köstlichem Bier befinden. Verfeindet sind die Dörfer aber nicht, schließlich wird sich der gemeinsame Fluss sowie einige Äcker geteilt. Zusätzlich verfügen die Dörfer über ausgesprochen gut funktionierende Wettervorhersagen, so dass man immer genau weiß, ob das nächste Jahr ertragreich ist oder nicht.
Illustrationen… stammen unverwechselbar aus der digitalen Feder von Michael Menzel. Alles wird ein ein warmes Licht getaucht und sowohl die Biere wie auch die Brote sehen verführerisch lecker aus. Auch wenn man diesbezüglich selbst für Befriedigung sorgen muss, ist die Gestaltung von BEER & BREAD ein Augenschmaus! Was auch an der...
Ausstattung… liegt. Denn bei dieser wurde ebenfalls eher geklotzt als gekleckert. Wie man es dankenswerterweise von Deep Print Games gewohnt ist, sind die vielen Rohstoffmarker nicht bloß einzelne Scheiben oder Klötzchen, sondern schön geformte Holzteile. In der Box befinden sich dann noch ein Spielplan, jeweils 30 Bier- und Brotkarten sowie noch zwei zusätzliche Marker und ein analoger Wertungsblock.
Die Karten sind im Spielverlauf auf mehrere Arten zu nutzen (neudeutsch: Multi-Use-Cards). Einerseits zeigen sie in der Mitte an, welche Zutaten ich zur Herstellung des Bieres oder Brotes abgeben muss. Dann geben sie im oberen Bereich an, welche Zutaten ich bekomme, wenn ich die Karte als Erntekarte ausspiele. Und im unteren Bereich wird angezeigt, welchen Funktion die Karte hat, wenn ich diese als Ausbau benutze. Damit sind auch schon die drei wesentlichen Aktionen des Spiels beschrieben: Ernte und Lagerung, Produktion und Verkauf sowie Ausbau des eigenen Dorfes.
Ablauf… über sechs Runden (=Jahre) bauen wir unser Dorf aus und versuchen gleichwertig Brot und Bier herzustellen. Am Spielende wartet dann eine knizia'eske Wertung auf uns: die Siegpunkte für Brot und Bier werden separat ermittelt, in die Endwertung gehen wir aber nur mit dem niedrigeren Wert.
Um an dieses Ende zu gelangen spielen wir pro Runde 5 Karten aus. Je nachdem, in welcher Runde wir uns befinden, unterscheiden sich die nachfolgenden Aktionen. In den ertragreichen Jahren der Runde 1,3 und 5 gebe ich immer sofort meine restlichen Karten weiter (klassisches Drafting). In den restlichen Runden der trockenen Jahre behalte ich dahingegen meine Karten. Allerdings kann ich dann nicht nur meine Handkarten nutzen, sondern auch eine von drei offen ausliegenden Karten. Mache ich das, muss ich allerdings dann einer meiner Handkarten dort ablegen.
Zusätzlich bestehen weitere Unterschiede in den beiden Jahres-Zuständen. Denn in den trockenen Jahren werden die gemeinsamen Äcker weniger üppig bestückt als in den fruchtbaren Jahren. Sind die während des Jahres leer, kommt logischerweise auch nichts mehr nach. Zusätzlich werden am Ende der fruchtbaren Jahre die für die Ernte gespielte Karten zurück auf die Hand genommen. Bei den trockenen Jahren werden sie dahingegen abgeworfen.
Das gefällt mir nicht so gut: Nicht immer ist der Spannungsbogen optimal, so dass die letzte Runde ein wenig abfallen kann. Denn möglicherweise habe ich frühzeitig schon alles Wichtige gemacht und die letzten zwei-drei Karten interessieren mich gar nicht mehr, weil ich damit keine weiteren Punkte sammeln kann. Zusätzlich ist man durchaus von der Kartenverteilung abhängig, womit eine gewisse Glückskomponente zu beachten ist. Mit einer gewissen Spielerfahrung kennt man die Fallstricke und kann sich darauf einstellen. Aber anfangs kann das schon für schlechte Laune sorgen.
So schön die griffigen Ressourcenmarker auch sind, einen direkten Bezug baut man nicht dazu auf. Ich kann mir gerade noch merken, dass die gelbe Ressource Weizen darstellen soll. Aber im Spiel selbst spreche ich eigentlich durchgängig von "grün", "braun" und "orange". Ich müsste nun nachschauen, was darunter zu verstehen ist. In diesem Zusammenhang muss ich auch beichten, dass wir ganz oft vergessen, die Äcker am Anfang eines neuen Jahres wieder aufzufüllen. Warum auch immer, will das bei uns nicht zur festen Routine werden.
Bei BEER & BREAD erlebt Deep Print Games übrigens den Fluch der guten Tat. Denn irgendwie habe ich mich schon an die praktischen Papp-Schachteln zum Verstauen des Materials gewöhnt, so dass mir diese nun fehlen. Dahingegen darf man sich fragen, ob es unbedingt den Wertungsblock gebraucht hätte. So viele unterschiedliche Zahlen sind sich schließlich nicht zu merken. Aber das sehe ich als angenehmen Service, auch wenn ich mittlerweile auf die allgemeine Wertungsapp des Verlages umgestiegen bin, die ich definitiv empfehlen kann.
Das gefällt mir gut: Der Wechsel zwischen den einzelnen Jahren macht den größten Reiz aus, da sich dadurch auch immer die Mechanik ändert. Es kommt zu Rhythmuswechseln, weswegen das Spiel nicht gleichförmig, sondern als Wellenbewegung wahrgenommen wird. In den ertragreichen Jahren bereite ich hauptsächlich die folgenden Schritte vor. Ich fülle meine Lager und überlege, welche Karten ich durch das Ernten in das nächste Jahr überführe, um sie dann als Bier oder Brot zu verarbeiten. Doch selbst dieser Schritt will gut eingetaktet sein, schließlich darf in meiner Brauerei bzw. Bäckerei immer nur eine verarbeitete Karte liegen. Um diese wieder frei zu räumen, muss ich vorher einen Ausbau spielen – womit alle drei Aktionsmöglichkeiten im Einklang stehen. Ich kann nicht auf einen dieser Teile verzichten. Aber die Reihenfolge kann ich bestimmen – und diese Entscheidungen sind reizvoll.
BEER & BREAD ist nicht nur durch den Drafting-Mechanismus interaktiv. Dessen Wirkung liegt auf der Hand, denn natürlich sollte ich immer gut überlegen, welche Karten ich wann weitergebe. Kann ich es mir erlauben die letzte Brotkarte in meiner Hand weiterzugeben, weil ich glaube, dass sie wieder zurück kommt? Oder sollte ich lieber auf Nummer sicher gehen, weil auf der anderen Seite bisher auch nur Bierkarten liegen? Und kann ich dann diese Brotkarte sinnvoll für die Ernte nutzen? Zusätzlich ist auch die Lagerhaltung immer ein Abwägen. Bekomme ich nämlich mehr Rohstoffe, als ich in meinem Lager unterbringen kann, verfällt nicht etwa der Rest. Vielmehr kann nun die andere Seite zugreifen und sich bei freien Lagerplätzen die überzähligen Rohstoffe nehmen. Und das will man natürlich nicht! Somit ist BEER & BREAD im Idealfall ein ständiges Belauern und Abwägen, was die andere Person vorhat und wie ich darauf reagiere. Allerdings ist diese Interaktion niemals bösartig, da ich nichts zerstöre oder etwas weg nehme. Für kleine Gemeinheiten kann man aber trotzdem sorgen.
Aufgrund der durchaus unterschiedlichen Wertigkeiten der Karten ist übrigens nicht immer klar, wo ich zwischenzeitlich mit meinen Punkten stehe. Ich habe vielleicht nur drei Brotkarten und dafür fünf Bierkarten ausgespielt. Wenn das aber drei teure Brote waren, kann ich damit trotzdem mehr Punkte gemacht haben. Damit kommt auch eine kleine Bluff-Komponente ins Spiel – zumindest bei mir, weil ich mir nie merken kann, welche Wertigkeiten schon gespielt wurden. Ich sehe nur die Anzahl der Karten und denke dann, dass ich nun lieber die eine oder die andere Kartenart zurückhalten sollte. Dabei kann ich mich aber auch ganz schön irren. Zusätzlich geben manche Ausbauten noch einen Twist, wenn darüber wenige, aber durchaus entscheidende Zusatzpünktchen vergeben werden. Insgesamt sorgt die Wertung somit für einen spannenden Verlauf.
Die Ausstattung und die Gestaltung muss sich nicht hinter der überzeugenden Spielmechanik verstecken – ganz im Gegenteil. Der Spielplan ist eine Augenweide, lediglich eine Ablage für die verkauften und geräumten Karten fehlt ein wenig. Die Anleitung ist klar strukturiert und lässt keine Fragen offen – und gibt auf der Rückseite nicht nur noch einmal eine hilfreiche Kurzzusammenfassung, sondern erklärt auch, was die grüne oder braune Zutat darstellt. Wenn ich nur nicht so ignorant wäre...
Fazit: Mit BEER & BREAD liegt das erste Spiel der neuen 2‑Personen-Reihe von Deep Print Games vor. Wenn dieses Niveau gehalten wird, dann wird das eine sehr spannende Reihe. Denn BEER & BREAD überzeugt auf spielerischer und optischer Linie auf ganzer Linie.
Titel | Beer & Bread |
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Autor | Scott Almes |
Illustrationen | Michael Menzel |
Dauer | 30 bis 45 Minuten |
Personenanzahl | 2 Personen |
Zielgruppe | flexibel denkende Kennerspielrunden |
Verlag | Deep Print Games |
Jahr | 2022 |
Hinweis | für die Besprechung wurde vom Vertreib Pegasus ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt |
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