Hexenhaus von Phil Walker-Harding – erschienen bei Lookout Spiele
"Knusper, knusper knäuschen, wer blogt über mein Häuschen?" "Der Wind, der Wind ... sag ich mal geschwind!" Stop! Bevor sich die Gebrüder Grimm noch im Grabe herum drehen müssen, schreibe ich lieber etwas über HEXENHAUS, als dass ich weiter alte Märchen-Klassiker verunstalte.
Thema... ist etwas durchgeknallt und wandelt ebenfalls die Grimmschen Märchen um. Denn unabhängig von der Frage, ob wir Spieler nun wirklich Hexen sind oder nicht, bauen wir am Namen gebenden Hexenhaus. Dazu schichten wir einzelne Bauplatten übereinander und werden dafür mit unterschiedlichen Lebkuchen belohnt. Diese nutzen wir, um bekannte Märchen- und Sagenwesen anzulocken. Doch anstatt diese dann in einen Ofen zu werfen, werden wir stattdessen mit den ebenfalls sagenumwobenen Siegpunkten belohnt. Abschließend möchte ich nur noch wissen, ob man Lebkuchen auch rauchen kann...
Illustrationen… sind von Andy Elkerton und fangen geschickt dieses besondere Thema ein. Die auf den Spielkarten abgebildeten Märchenwesen kommen einem dabei wunderbar bekannt vor. Aber auch die restliche Gestaltung ist handwerklich einwandfrei und unterstützt sehr gut das eigentliche Spielen. Für ein Brettspiel-Debüt ist das schon eine reife Leistung.
Ausstattung… die Bausteine für das Hexenhaus erinnern durch ihre zweiteilige Gestaltung an Dominosteine. Glücklicherweise sind sie auch aus ganz dicker Pappe, so dass man sie gerne in die Hand nimmt und übereinander stapelt. Als Bonus-Steine gibt es auch "halbe" Bauplatten sowie Treppen, die durch ihre Loch-Stanzung den Blick nach unten zulassen. Bei den Karten unterscheidet man zwischen den anzulockenden Fabelwesen und den Belohnungskarten. Diese sind doppelseitig bedruckt: die eine Seite ist für das leichte Einsteigerspiel und die zweite Seite gibt verschiedene Siegpunktbedingungen für die Endabrechnung vor. Die wie eine Währung funktionierenden Lebkuchen lassen sich zwar gut unterscheiden, schmecken allerdings etwas nach Pappe. 😉
Ablauf… aus der Auswahl von drei Bausteinen sucht man sich einen aus und baut diesen auf die 3*3‑Felder umfassende Bodenplatte. Dabei werden dann zwei Symbole überdeckt. Meist sind das Lebkuchen-Symbole, welche man dann auch sofort bekommt. Gelingt es einem beim Bauen, zwei gleiche Symbole zu überdecken, bekommt man als Bonus dessen Funktion noch ein drittes Mal. Funktion? Ja, denn man erhält somit nicht nur Lebkuchen, sondern kann auch bestehende Lebkuchen tauschen, sich Fabelwesen reservieren oder Treppen erhalten. Diese sind recht praktisch, denn wie soll man ansonsten vernünftig die Grundfläche füllen? Mit den Treppen kann man also die verbleibende 1er-Lücke füllen (und aufgrund des Loches, erhält man sogar den Bonus unter der Treppe). Somit baut man verschiedene Ebenen.
Dies ist aus zweierlei Gründen wichtig. Erstens besagt die Bauregel, dass man niemals eine Bauplatte passgenau auf eine zweite legen darf (man benötigt immer Überlappungen). Zweitens darf man sich eine der ausliegenden Belohnungkarten nehmen, wenn man eine Ebene fertig erstellt hat – und diese generieren eine stattliche Siegpunktanzahl.
Siegpunkte erhält man auch, wenn man Fabelwesen zu sich anlockt. Dafür muss man einfach die aufgezeigten Lebkuchen abgeben und schon hat man Besuch in seinem Haus. Dafür gibt es eine offene Auslage an Fabelwesen, aus der sich alle bedienen können. Oder man hat sich schon ein Wesen reserviert, das dann nur noch von einem selbst bedient werden kann.
Die Partie endet, wenn jeder Spieler seine 15 Bauplatten aufgebraucht hat. Dann zählt man seine Siegpunkte auf den eingefangenen Fabelwesen und die Punkte der Belohnungskarten (und restliche Lebkuchen geben noch ein paar Siegpunkt-Krümel).
Das gefällt mir nicht so gut: Das Einsteigerspiel mit den bedingungslosen Belohnungskarten ist mir etwas zu flach – zumal in dieser Variante der ohnehin vorhandene Startspielervorteil noch mehr ins Auge sticht. Denn der Schnellere wird mit mehr Punkten belohnt – und das kann immer der Startspieler sein. Allerdings hat das Einsteigerspiel durchaus seine Berechtigung. Vor allem unerfahrene Spieler sind sehr dankbar, wenn sie sich nicht auch noch um irgendwelche Endbedingungen kümmern müssen. Für mich bringen aber genau diese Bedingungen die notwendige Würze ins Spiel. Aus diesem Grund finde ich es sehr schade, dass man nicht beide Elemente kombinieren kann. Also bspw. in der Form, dass die Belohnungskarte einerseits eine feste Punktzahl garantiert (eine Art bedingungsloses Siegpunkt-Grundeinkommen), aber andererseits zusätzlich noch eine Kann-Bedingung enthält. So könnte ich mich z.B. beim Nehmen der Karte entscheiden, ob ich sicher die X Punkte bekomme oder ob ich eine Bedingung für das Spiel-Ende aktiviere. In eine solche Richtung hätte man vielleicht noch mehr Entwicklungsarbeit stecken können, damit man Einsteiger mit Fortgeschrittenen kombinieren kann. So muss man sich für die eine oder andere Art entscheiden, das Spiel zu spielen.
Vor allem im 2‑Personen-Spiel kann es vorkommen, dass die zur Auswahl stehenden Fabelwesen so überhaupt nicht zu den offenen Lebkuchen-Symbolen der Hexenhäuser passen. Da die Regel keinen Mechanismus vorsieht, wie man diese Reihe leeren und neu auffüllen kann, entsteht dann eine ziemlich unbefriedigende Situation. Man kann zwar durch ein Baustein-Symbol sich Fabelwesen auch vom Nachziehstapel reservieren, aber trotzdem wird HEXENHAUS dann unnötig zäh. Hierfür lohnt sich die Hausregel, dass bei erzielter Einstimmigkeit die Auswahl neu gefüllt werden darf.
Den Startspielervorteil habe ich schon angesprochen. Dieser zieht sich durch das gesamte Spiel durch, einfach deswegen, weil der Startspieler früher eine Auswahl hat. Die Belohnungskarten sind nicht wirklich gleichwertig und ein früherer Zugriff ist immer von Vorteil. Aus diesem Grund ist es auch sinnvoll, schnell die ersten drei Ebenen zu vervollständigen, damit man am Ende nicht in die Verlegenheit kommt, eine wenig erträgliche Belohnungskarte abzubekommen.
Mich hat ein wenig verwundert, dass das Spielmaterial einerseits als begrenzt gilt, andererseits aber keine Anpassung an die Spieleranzahl erfolgt. So können die Bonus-Bausteine im Spiel zu viert knapp werden, während das in einer 2‑Personen-Partie nie der Fall sein wird. In diesem Punkt hätte ich dann erwartet, dass die zur Verfügung stehenden Treppen und Bonus-Bausteine bei weniger Spielern reduziert werden.
Da HEXENHAUS ein Familienspiel ist, darf gerne auch ein gewisser Glücksanteil vorhanden sein. So kann es einem passieren, dass die Fabelwesen so überhaupt nicht zu den eigenen Bausteinen passen. Man kann sich zwar über das Tauschen irgendwie über Wasser halten, aber man schaut dann schon neidisch zu den Mitspielern, bei denen irgendwie alles zu passen scheint. Aufgrund der überschaubaren Spieldauer kann ich damit aber recht gut leben. Nichtsdestotrotz ist es einigen Mitspielern übel aufgestoßen, dass die Zuordnung der eigenen Bausteine komplett zufällig ist. Ich verstehe auch nicht, warum nicht jeder Spieler einen gleichen Satz an Bausteinen bekommt. Das wäre fairer und aufgrund der weiterhin bestehenden Zufälligkeiten (Wann zieht man die Bausteine? Welche Fabelwesen liegen aus? usw.) wäre immer noch eine hohe Varianz im Spielablauf vorhanden.
Das gefällt mir gut: HEXENHAUS spielt sich absolut rund. Die Bauregeln sind schnell verinnerlicht und der Kniff mit der zusätzlichen Belohnung bei doppeltem Symbol lässt nur ein wenig die Köpfe rauchen. Dieses dann allerdings auf eine sehr angenehmen Art und Weise. Denn das Prinzip ist so direkt und leicht zu verstehen, dass problemlos auch Kinder mit ihren Eltern mithalten können.
Das eigentliche Spiel ist durchaus reizvoll. Wie kann ich meine 15 Bausteine optimal einsetzen? Welche Belohnungskarten liegen aus und welche Fabelwesen muss ich deswegen vermehrt anlocken? Das sind die relevanten Fragen, die sich in der überschaubaren Spielzeit stellen. Davon wird keiner überfordert. Wer dann noch Spaß am Bauen und Puzzlen hat, der ist bei HEXENHAUS gut aufgehoben.
Aber nicht nur das Spielprinzip überzeugt, sondern auch die Aufmachung. Die äußerst gelungene Grafik gefällt bringt Witz ins Hexenhaus. Zusätzlich hat man bei Lookout auch an die Kleinigkeiten gedacht und HEXENHAUS mit einem sinnvollen Inlay und einem Wertungsblock ausgestattet.
Fazit: Wieder einmal hat Phil Walker-Harding ein pfiffiges Familienspiel entwickelt. Trotz einfachem Mechanismus sind die vielen kleinen Entscheidungen immer reizvoll. Die frische Aufmachung rundet dann ein überzeugendes Gesamtpaket ab. Und jetzt kann ich es auch zugeben: im wahren Leben finde ich Lebkuchen doof!
Titel | Hexenhaus |
Autor | Phil Walker-Harding |
Illustrationen | Andy Elkerton |
Dauer | 30 – 45 Minuten |
Spieleranzahl | 2 bis 4 Spieler |
Zielgruppe | bauaffine Familienspieler |
Verlag | Lookout Spiele |
Jahr | 2018 |
Ich bedanke mich bei Lookout Spiele für die Möglichkeit, das Spiel zu einem vergünstigten Preis zu erwerben. Ich bin mir sicher, dass durch diesen Rabatt meine Meinung nicht beeinflusst wurde. Die Besprechung spiegelt meine gemachte Erfahrung wider.
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