Nusfjord von Uwe Rosenberg – erschienen bei Lookout Spiele
Spielen bildet – zumindest rede ich mir das gerne ein. Im Falle von NUSFJORD trifft das allerdings tatsächlich zu. Denn zumindest weiß ich jetzt dank Wikipedia und weiterführenden Links so einiges über das reale Nusfjord. Und so habe nun ein weiteres Reiseziel auf der Liste von Orten, die ich unbedingt einmal in meinem Leben besuchen will. Nur doof, dass man so selten einfach mal in den Norden von Norwegen kommt.
Thema... ist recht flach: "Als Haupteigner an einem Fischereibetrieb auf den Lofoten seid ihr am Aufbau der Hafenlandschaft beteiligt." Wesentlich mehr gibt die Anleitung auch nicht her – anders als die Verlags-Website, die dafür doch wesentlich mehr blumige Worte findet. Aber wie so oft bei den Spielen von Uwe Rosenberg ist das Thema mehr ein Gewand als eine Triebfeder. Dieses Mal sind wir also ganz im Norden unterwegs und müssen kein Gemüse anbauen, sondern Fische fangen. NUSFJORD hätte aber natürlich auch ganz woanders spielen können und dann wären es am Ende irgendwelche Edelsteine, die man ausgraben muss. Finde ich das schlimm? Nein. Denn das gewählte Thema beißt sich nicht mit den Mechanismen. Für manche Mitspieler ist es sogar eine helfende Hand – und mehr soll es wohl in diesem Fall auch nicht sein. Wer allerdings ein packendes Thema sucht und in eine neue Welt eintauchen will, der ist bei NUSFJORD fehl am Platze.
Illustrationen... sind von Patrick Soeder, der bisher eher im Rollenspiel- und Computerspielbereich tätig war (und wohl auch immer noch ist). Ich bin mir bei der Bewertung seiner Arbeit zu NUSFJORD etwas unsicher. Einerseits finde ich die Illustrationen großartig. So gefällt mir z.B. das Cover unglaublich gut (zumal das reale Nusfjord wohl ähnlich aussieht). Auch die einzelnen Spielertableaus sind trickreich gekennzeichnet. Andererseits habe ich öfters das Gefühl, das so manches nicht ganz passt und mit heißer Nadel gestrickt wurde. So finde ich bspw. die Anordnungen der Aktionsfelder sowie die Illustrationen der Ältesten teilweise unpassend. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Patrick Soeder gerne wie ein Dennis Lohausen arbeiten würde, aber noch nicht so ganz seinen eigenen Stil im Brettspielbereich gefunden hat. Aber das kann ja noch werden.
Ausstattung... ist mal wieder üppig, wie man an der sehr vollen Box merkt. In NUSFJORD steckt jedenfalls eine Menge Material. Das meiste Material kommt als Pappplättchen daher, teilweise aber auch als Holzmarker. Und natürlich sind in einem Rosenberg-Werk auch viele unterschiedliche Gebäudekarten im Spiel. Diese sind aufgeteilt in drei Decks mit je 44 verschiedenen Gebäuden. Die Ressourcen im Spiel sind übrigens überschaubar: Holz, Fische und wenn man es genau nimmt auch Münzen (die wiederum später auch eins zu eins als Siegpunkte zählen).
Was allerdings nicht mehr in die Box gepasst hat, ist der entsprechend große Tisch. Denn man benötigt schon einiges an Auslagefläche. Aber auch das kennt man in der Form schon von Uwe Rosenberg (als Beispiele von vielen lassen ARLER ERDE und EIN FEST FÜR ODIN grüßen).

Ablauf... ist gar nicht so komplex, wie es die 16 Seiten Regeln vermuten lassen. Im Grunde genommen ist NUSFJORD ein klassisches Worker-Placement-Spiel. Es stehen Aktionen zur Verfügung, die mittels einer Arbeiter-Scheiben belegt und dann ausgeführt werden. Je nach Spieleranzahl können manche Orte mehrfach genutzt werden, bzw. es gibt Nachahmungsmöglichkeiten. Die zu bauenden Gebäude sind ganz klassisch in drei Kategorien unterteilt: manche bringen sofort einen hilfreichen Effekt, manche verbessern die einzelnen Aktionen und die restlichen bringen am Ende mehr Siegpunkte.
Zwei-drei besondere Kniffe sind aber doch enthalten. So besitzt jeder Spieler Anteile. Diese können verkauft werden, um kurzfristig an Geld zu gelangen. Allerdings sind sie dann auf dem Markt und können somit von den Mitspielern erworben werden. Im weiteren Verlauf partizipieren die Mitspieler dann am eigenen Fischfang – was man natürlich entsprechend doof findet.
Dann sind sogenannte Älteste im Spiel, welche im Endeffekt verbesserte Aktionsfelder darstellen. Diese Ältesten können aus einer Auslage genommen werden und dann exklusiv als eigenes zusätzliches Aktionsfeld genutzt werden – sofern genügend Fisch auf einer gemeinsamen Festtafel zur Verfügung steht. Mit dieser Festtafel hat Uwe Rosenberg wieder ein fein verwobenes Element erfunden. Denn so gibt es Münzen (= Siegpunkte) dafür, die Festtafel zu füllen – man gibt damit aber den Mitspielern auch die Möglichkeit, ihre Ältesten zu aktivieren.
Nach sieben kurzen Runden ist eine Partie NUSFJORD dann schon wieder beendet – und das kann bei geübten NUSFJORD-Spielern schon nach recht kurzer Zeit der Fall sein.
Das gefällt mir nicht so gut: Das Element mit den Anteilen fühlt sich ein wenig gezwungen an. Als ich davon das erste Mal hörte, war ich sehr daran interessiert. Ich dachte: "Wie? Uwe Rosenberg steigt jetzt ins Aktiengeschäft ein?" Ist aber nicht so. Vielmehr sind die Anteile ein recht beiläufiges Element, was aber nicht wirklich den Charakter von NUSFJORD nachhaltig prägt. Da hatte ich etwas mit mehr Gewicht erwartet.
So groß die Varianz bei den Gebäudekarten mal wieder ist, so erstaunlich festgelegt sind die Ältesten. Denn diese variieren überhaupt nicht in den einzelnen Partien. Da ist man von Uwe Rosenberg anderes gewohnt. Sehr wahrscheinlich hat er das nicht ohne guten Grund gemacht, da ansonsten wohl die Balance im Spiel nicht gegeben sein wird. Aber es verwundert und irritiert. Ebenso bin ich über die sieben Runden irritiert. Diese Primzahl sorgt immer dafür, dass der Startspieler der Partie öfters als solcher fungiert als andere Mitspieler. Und es hat schon Vorteile, als Startspieler agieren zu können. Warum also so eine krumme Anzahl an Runden?
Leider bestehen ein paar kleinere redaktionelle Mängel. So sind die viel zu kleinen 1er-Goldmünzen ein echtes Ärgernis. Diese sind so winzig klein geraten, dass man sie eigentlich nur vernünftig mit einer Pinzette greifen kann. Ich habe zum Glück einige andere Spiele mit Metallmünzen ausgestattet. Diese kann ich alternativ für NUSFJORD benutzen, bzw. ich habe die dann überflüssigen Pappmünzen nun in die NUSFJORD-Box mit hinein gelegt. Aber auch die Ablage für den persönlichen Vorrat ist sehr knapp gehalten. Für diese hätte ein größerer Durchmesser viel bewirkt (oder eine Umbenennung in "Holz-Vorrat"). Und wenn ich schon beim Wünschen bin: ein kleiner Wertungsblock für das Zusammenrechnen der Punktestände am Spielende wäre auch sehr hilfreich.

Ziemlich verwirrt haben mich anfangs auch die Gebäudekarten. Denn man hat es versäumt, die Gebäude-Decks zusätzlich zum angezeigten Fisch auch die entsprechenden Namen zu nennen. So wird in der Regel Anfängern empfohlen, das Herings-Deck zu benutzen. Aber woher soll ich Hinterländer wissen, wie ein Hering im Vergleich zu den anderen Fischen aussieht? Glücklicherweise kann man über die nummerische Zuordnung und dem entsprechenden Regel-Anhang doch noch herausfinden, welches Deck gemeint ist. Aber es wird einem unnötig schwer gemacht.
Zu guter Letzt ist die kurze Spielzeit Segen und Fluch zugleich. Ein 2‑Personen-Spiel kann man problemlos in 30 Minuten schaffen. Super! Allerdings ist man ungefähr genauso lange damit beschäftigt, das Spiel aufzubauen. Okay, das ist ein wenig übertrieben und man kann dieses Verhältnis natürlich bessern, wenn man einfach eine zweite Partie an die erste dranhängt. Allerdings fällt schon auf, dass das Verhältnis Aufbau zu effektiver Spielzeit nicht unbedingt optimal ist.
Das gefällt mir gut: NUSFJORD vermittelt ein schönes, wohliges Spielgefühl. Man baut wieder etwas auf, das eigene Anwesen sowie die Flotte wächst und auch die Ältesten kommen gerne zu einem zu Besuch. Natürlich ist ein kleiner Ärgerfaktor dabei, wenn die Mitspieler schon die tollsten Plätze belegt haben. Allerdings gibt es genügend interessante Alternativen, um trotzdem etwas sinnvolles zu tun. Die Interaktion ist nur indirekter Art, aber sie ist gegeben. Nicht selten gehen die einzelnen Partien recht knapp aus, so dass auch immer die Spannung aufrecht erhalten bleibt. Außerdem fehlt glücklicherweise bei NUSFJORD auch der große Ernährungsdruck anderer Rosenberg-Werke, den ich dort manchmal als etwas zu dominierend wahrnehme.

Prunkstück von NUSFJORD ist sicherlich wieder die feine Kombination einzelner Mechanismen. Denn wieder hat es Uwe Rosenberg geschafft, diese stimmig zu einem runden Gesamtwerk zusammenzufügen. Dabei sind es vor allem die kleinen Kniffe, die mir Freude bereiten. Das geschickte Zusammenspiel zwischen den Ältesten und der Festtafel habe ich schon beschrieben. Aber auch die ungewöhnliche Weitergabe des Startspielers ist zu erwähnen. Dieser wird nämlich gegen den Uhrzeigersinn weiter gereicht. Dies bedeutet, dass wenn ich die aktuelle Runde beende, bin ich selbst im Mehrpersonenspiel in der nächsten Runde wieder als erstes an der Reihe. Mit diesem Wissen kann man mächtige Aktionsfolgen planen.
Natürlich bieten einem die Gebäude-Decks wieder eine große Varianz an möglichen Strategien an. Hier gilt es, die ideale Kombination zu entdecken und das eigene Spiel darauf auszulegen. Aufgrund der knackigen Kürze ist das auch eine spannende und zielgerichtete Aufgabe, bei der man sich selten im großen Angebot verheddert. Kurzum: NUSFJORD ist sehr gut auf den Punkt gebracht.
Durchaus gefällig ist auch der Solo-Modus. Ich bin zwar nicht unbedingt der Solo-Highscore-Jäger, aber gerade zum Kennenlernen der einzelnen Gebäudedecks, habe ich schon einige Solopartien gespielt. Der Vorteil daran ist, dass man sich ein wenig den Schwierigkeitsgrad anpassen kann.
Richtig fand ich auch die Entscheidung, die Karten mit Text zu versehen. Es wurde glücklicherweise darauf verzichtet, eine komplizierte Symbolsprache zu entwickeln. Vielleicht ist der Text nicht immer 100prozentig ausreichend, aber bei den wenigen Ausnahmen hilft dann die Regel.
Fazit: NUSFJORD ist kein abendfüllendes Werk – und das ist auch gut so. Denn so füllt es eine etwas unterbesetzte Lücke auf dem Spielemarkt: schnelle, aber fordernde Kennerspiele mit einer hohen Varianz. Auch als 2‑Personen-Spiel ist es zu empfehlen. Wenn die Zeit (und Konzentration/Lust) für ein ARLER ERDE nicht reichen sollte – ein NUSFJORD geht immer. Ich freue mich jedenfalls schon auf die angekündigte Erweiterung – zumal dort dann auch Ersatz für die zu kleinen Münzen mit an Bord sein soll.
Titel | Nusfjord |
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Autor | Uwe Rosenberg |
Illustrationen | Patrick Soeder |
Dauer | 20 Minuten pro Spieler |
Spieleranzahl | 1 bis 5 Spieler |
Zielgruppe | eilige Kennerspieler |
Verlag | Lookout Spiele |
Jahr | 2017 |
Hinweis | für die Besprechung wurde vom Verlag ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt |
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