Crown of Emara von Benjamin Schwer – erschienen bei Pegasus Spiele
In der heutigen Zeit haben es Königshäuser nicht leicht. Man darf ein bisschen aus der offenen Kutsche winken, muss dafür aber auch die Boulevardpresse ertragen. Privatleben ist eigentlich keines mehr gegeben, aber was zu sagen hat man auch nicht. Denn aus realpolitischen Dingen müssen sich die Monarchen heutzutage heraus halten. Schade eigentlich, denn ich würde z.B. schon ganz gerne wissen, was im Buckingham Palace über den Brexit gedacht wird. Wer sollte also heutzutage noch eine Krone anstreben? Früher war das natürlich anders. Da wäre jeder gerne König gewesen – auch von so einem unbedeutenden Reich wie Emara. Emara? Nie gehört? Kein Wunder, schließlich ist es ein eigene Wortschöpfung. Interessanterweise assoziieren aber damit fast alle von mir Befragten das gleiche. Vielleicht sollte man also Emara wirklich mal gründen. Die Frage ist dann nur, wer erhält the CROWN OF EMARA?
Thema... zur Abwechslung wird mal wieder spielerisch die Thronfolge geregelt. Allerdings reichen dafür in Emara keine schnöden Siegpunkte aus, sondern es zählen zugewanderte Bürger (die werden allerdings wie Siegpunkte generiert). Zusätzlich gibt es aber einen Clou: es werden nur die Bürger gezählt, die auch ein Dach über dem Kopf haben. Demnach sollte man nicht vergessen, auch Häuser zu bauen (das ist dann die zweite Art verkappter Siegpunkte). Und wie so oft gilt: Adelstitel haben es leichter bei der Thronfolge.

Illustrationen… sind von Dennis Lohausen und sind – wie so oft – großartig. Wie eigentlich immer bei seinen Arbeiten, ist die gewählte Symbolsprache eindeutig und leicht zu erlernen. Hinzu kommen noch die vielen kleinen Anspielungen bei den einzelnen Illustrationen. Dennis Lohausen ist einfach ein Meister seines Fachs. Und so wundert es nicht, dass in diesem Fall auch das Brot aussieht wie in Brot (das ist leider nicht in allen Spielen so gegeben).
Was mir bei der grafischen Gestaltung auch sehr gut gefallen hat, sind die unterschiedlichen Vor- und Rückseiten der einzelnen Spielplanteile. Auf der einen Seite wird sehr detailliert und farbenfroh der Hintergrund gezeigt. Dreht man den Plan jedoch um, so sind nur die Symbole in aller Deutlichkeit zu sehen, der Hintergrund ist hinter einem transparenten Sepia-Schleier versteckt. Damit kann man sich vom wimmeligen Hintergrund befreien und sich voll und ganz auf die jeweiligen Symbole konzentrieren.
Ausstattung… ist ebenso wie die Grafik erstklassig. In der vergleichsweise schmalen Box ist eine Menge Material verstaut – welches dann auch noch liebevoll gestaltet ist: schöne Holzteile für Figuren und Rohstoffe, vernünftige Pappteile sowie doppelseitige Spielertableaus und Spielplanteile. Außerdem sind auch noch eine Menge Karten im Spiel (Aktionskarten, Ereigniskarten, Adelskarten, Beraterkarten und sogar Spielzugübersichten).

Ablauf… die Besonderheit von CROWN OF EMARA sind die beiden Spielpläne "Stadt" und "Land", die wiederum aus jeweils vier Unter-Orten zusammen gepuzzelt werden. Auf jedem dieser beiden Pläne läuft jeweils eine eigene Spielfigur im Uhrzeigersinn von Ort zu Ort. Auf dem Land werden dabei Rohstoffe produziert, in der Stadt werden diese dann gegen Punkte eingetauscht (unterschieden in Bürgerpunkte und Baupunkte). Natürlich gibt es dafür jeweils eigene Sonderregeln, die ich aber gar nicht im Detail besprechen will.
Erwähnenswerter ist eher, wie die einzelnen Spielfiguren bewegt werden. Denn dafür werden Aktionskarten gespielt, die je nach Lage auf dem eigenen Tableau dafür sorgen, dass eine Spielfigur um einen, zwei oder drei Schritte voran zieht. Zusätzlich wird über die Karte an sich noch eine Aktion frei geschaltet. Man hat neun Aktionskarten auf der Hand und spielt diese zweimal in jeweils drei Runden aus. Dann ist eine Partie beendet und es werden für jeden Spieler die Bügerpunkte mit den Baupunkten verglichen. Die niedrigere Wert von beiden ist das erreichte Endergebnis und kürt den Sieger.
Zu Beginn der sechs Spielrunden wird übrigens noch ein Ereignis abgehandelt, was eigentlich immer positive Auswirkungen hat. Außerdem gibt es noch einen brauchbaren Solo-Modus sowie die ein oder andere Variante beim Spielaufbau bzw. Benutzung der Aktionskarten.
Das gefällt mir nicht so gut: bei CROWN OF EMARA wurde an alles gedacht. Das Spiel sieht sensationell aus, hat tolle Komponenten und eine sehr gute verständliche Regel (mit sinnvollen Varianten). Kurz: die Redaktion hat wirklich gute Arbeit geleistet. Es gibt nur ein Problem: ich suche bei allem den Spielspaß. Vor zehn Jahren hätte ich CROWN OF EMARA sicherlich ziemlich abgefeiert, aber nun muss ich mich zu weiteren Partien überwinden. Je öfter ich es gespielt habe, umso seelenloser erschien es mir. Es ist handwerklich einwandfrei konzipiert, aber bei mir kommen keine Emotionen auf.

Wobei, das stimmt nicht ganz. Denn es gab immer wieder kleine Momente, bei denen ich mich geärgert habe. So stoßen mir immer mal wieder die Ereignisse zu Rundenbeginn sauer auf. Warum? Habe ich nicht geschrieben, dass die fast nur positiver Art sind? Doch, sind sie – aber trotzdem kann man sich darüber ärgern. Denn das ein oder andere Mal hatte ich das Gefühl, dass ich benachteiligt werde. Nämlich immer dann, wenn man für eine Aktion mehr Siegpunkt als gewöhnlich bekommt (oder man weniger bezahlen muss). Denn dann war es meist so, dass ich diese Aktion in der Runde davor genutzt habe – und ich mich dann ärgerte, dass ich damit nicht gewartet habe. Aufgrund der notwendigen Planung, kann man nämlich selten so eine Aktion in der darauf folgenden Runde nochmals machen. Oder auch anders betrachtet: ich hätte diese Aktion auch aufsparen für die aktuelle Runde können, wenn ich von dem nahenden Ereignis gewusst hätte. Allerdings wenn man ehrlich zu sich selbst ist, muss man anerkennen, dass diese "verlorenen" Punkte am Ende selten ins Gewicht fallen – aber ich empfand das in den Momenten trotzdem als total unpassend. So geben mir die Ereigniskarten einen fahlen Beigeschmack.
Ich finde die Ereignisse auch deswegen unpassend, da das Spiel recht deutlich auf die Optimierung der wenigen Aktionen ausgerichtet ist. Dieser dann auftretende und nicht planbarer Zufallsfaktor stört mich somit ziemlich. Die einzelnen Aktionen der Mitspieler machen das übrigens weniger – was aber auch nicht für das Spiel spricht. Die gut funktionierende Solo-Variante ist deswegen so brauchbar, da man auch mit mehreren Spielern das Gefühl hat, dass man eigentlich nur für sich spielt. Ein wenig geht es darum, an der ein oder anderen Stelle schneller als seine Mitspieler zu sein. Aber im Grund genommen hat man wenig Interaktion mit seinen Mitspielern.

Ach, ein klein wenig kann ich doch noch die Gestaltung kritisieren: mit der Zählleiste wurden wir nicht glücklich. Diese ist etwas unglücklich gestaltet, da wir vor insbesondere im 4‑Personen-Spiel öfters das Problemchen hatten, dass sich am Ende ziemlich viele Zählsteine auf überschaubar kleinem Platz getummelt haben.
Das gefällt mir gut: CROWN OF EMARA ist fordernd – ohne dabei aber eine Fülle von Regeln zu benötigen. Im Grunde ist es schnell zu lernen und auch zu spielen. Die Aktionsmöglichkeiten sind klar und deutlich – allerdings ist es schwer, diese Optionen dann auch in viele Punkte zu übertragen. Bei jeder Partie hat mich der Ehrgeiz gepackt, mich zu verbessern. Dabei merkte ich auch recht schnell, wie die Lernkurve nach oben ging.
Zusätzlich gibt es auch mehrere zu spielende Strategieansätze. Man kann sich auf das eine Element fokussieren, hat dann aber natürlich weder Zeit noch Ressourcen, sich um alternative Elemente zu kümmern. Somit muss man schon recht klar eingegangene Wege fortsetzen. Über allem steht dabei der schöne Ansatz, mit den beiden konkurrierenden Landschaften. Will ich mich auf die Stadt konzentrieren oder aufs Land. Eigentlich müsste ich nun unbedingt die Kirche betreten, aber ich benötige auch den Einer-Schritt, um mein benötigtes Tuch zu erlangen. Hier sind schöne knackige Entscheidungen zu treffen.
Die Ausstattung und die grafische Gestaltung habe ich schon ausreichend gelobt. Trotzdem möchte ich das an dieser Stelle auch nochmals explizit wiederholen. Ich habe in diesem Jahr wieder so einige Spiele auf den Tisch gebracht, die entweder grafisch nicht überzeugt haben oder noch mehr redaktionelle Arbeit erfordert hätten. Beides kann man CROWN OF EMARA auf keinen Fall vorwerfen. Hieran sollten sich vielmehr andere Verlage orientieren.
Fazit: Man kann CROWN OF EMARA eigentlich nichts vorwerfen. Das Spiel ist blitzsauber konstruiert. Es sieht wunderbar aus, hat eine gute Regel und ist rund zu spielen. Allerdings suche ich das gewisse Etwas – und finde es nicht. Nach einem anfänglichen Reiz spricht es mich leider immer weniger an. Das klingt hart und ist auch ein wenig unfair. Denn wenn ich es spiele, dann fühle ich mich durchaus gefordert und bin voll im Geschehen dabei. Aber ich habe nicht das Gefühl, es so schnell wie möglich nochmals spielen zu wollen. Bei CROWN OF EMARA kommt eben deutlich zum Vorschein, dass es konstruiert ist und nicht irgendwie aus einem Thema entwickelt wurde. Das stört mich bei einem Spiel mehr (so hier), bei einem anderen weniger (bspw. bei CARPE DIEM). Insgesamt muss ich somit leider feststellen: mich lässt CROWN OF EMARA kalt und ich bleibe lieber schnöder Bürger als dass ich Herrscher dieses Königreichs werden will.
Titel | Crown of Emara |
Autor | Benjamin Schwer |
Illustrationen | Dennis Lohausen |
Dauer | 45 bis 90 Minuten |
Spieleranzahl | 1 bis 4 Spieler |
Zielgruppe | wechselhafte Kennerspieler |
Verlag | Pegasus |
Jahr | 2018 |
Ich bedanke mich bei Pegasus für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars. Ich bin mir sicher, dass durch diese Bereitstellung meine Meinung nicht beeinflusst wurde. Die Besprechung spiegelt meine gemachte Erfahrung wider.
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