fjelfras.de

kritisch gespielt: Tiny Turbo Cars

Tiny Turbo Cars von 4Brains4Games und Hjalmar Hach – erschienen bei Horrible Guild

Tiny Turbo Cars - Box
Bild: Hei­del­BÄR Games

Ein aktu­el­ler Trend sol­len Tiny Hou­ses sein, auch wenn ich die­se bis­her kaum in frei­er Wild­bahn wahr­ge­nom­men habe. Ganz sicher sind dahin­ge­gen Tiny Cars lei­der kein Trend – statt­des­sen ver­stop­fen viel zu vie­le SUV die Stra­ßen. Wahr­schein­lich liegt in die­sem Fall mal wie­der in der Erzie­hung der Feh­ler, weil wir alle noch zu sehr auf das Auto fixiert sind. Aber ob die hier nun vor­lie­gen­den TINY TURBO CARS da einen ech­ten Wen­de­punkt definieren?

The­ma... eher nicht. Denn wir dür­fen mal wie­der Kind sein. Wir lie­fern uns mit auf­ge­motz­ten fern­ge­steu­er­ten Autos ein Ren­nen in der unauf­ge­räum­ten Woh­nung. So müs­sen wir schnit­tig den Couch-Tisch umkur­ven und über einen Sta­pel Comics sprin­gen, wol­len wir als Ers­tes am Ziel sein. Dabei gilt es immer die Bat­te­rien zu über­prü­fen. Sind die­se näm­lich leer, müs­sen wir dum­mer­wei­se eine Zwangs­pau­se einlegen.

Illus­tra­tio­nen… wur­den von Edu­ard Valls erstellt, einem spa­ni­schen Künst­ler, der so lang­sam in der Sze­ne anzu­kom­men scheint. Denn vor kur­zem hat er mit sei­nen Arbei­ten zu BITOKU für eini­ge Auf­merk­sam­keit gesorgt. Bei TINY TURBO CARS lebt er hin­ge­gen sei­ne Erfah­run­gen aus dem Comic-Bereich aus und schafft rasan­te Renn­stre­cken in hei­mat­li­chen Gefilden.

Tiny Turbo Cars - Übersicht
bun­te hei­le Kinderzimmer-Welt

Aus­stat­tung… bie­tet ech­te Hin­gu­cker! Nein, damit mei­ne ich nicht die indi­vi­du­el­len Holz­fi­gu­ren für die acht unter­schied­li­chen Fahr­zeu­ge. Viel mehr ins Auge fal­len näm­lich die Con­trol­ler der Autos, die ein Schie­be­puz­zle inte­griert haben!

Dann gibt es noch modu­la­re Spiel­plä­ne für ver­schie­de­ne Stre­cken sowie ein paar Papp-Plätt­chen für die Orga­ni­sa­ti­on der Ren­nen. Außer­dem wer­den die Spe­zi­al-Fähig­kei­ten der ein­zel­nen Autos noch auf eige­nen Über­sich­ten far­ben­froh vorgestellt.

Tiny Turbo Cars - Start
Elek­tro­mo­to­ren an...

Ablauf… der Spiel­ab­lauf unter­teilt sich in drei Pha­sen: Pro­gram­mie­ren, Ren­nen fah­ren und das Run­den­en­de. Soll­te danach ein Auto über die Ziel­li­nie gefah­ren sein, ist das Ren­nen logi­scher­wei­se been­det. Ansons­ten beginnt man wie­der von vor­ne mit dem Programmieren.

Tiny Turbo Cars - persönlicher Bereich
mein per­sön­li­cher Bereich

Die­ses erfolgt simul­tan und durch­aus auch mit Zeit­druck. Nach­dem das Schie­be­puz­zle von einer benach­bar­ten Per­son durch wahl­lo­ses hin- und her­schie­ben der Puz­zle­tei­le zurück­ge­setzt wur­de , macht man das selbst hof­fent­lich plan­vol­ler. Sobald jemand mit dem Resul­tat auf dem eige­nen Con­trol­ler zufrie­den ist, haben alle ande­ren nur noch zehn Sekun­den Zeit, die eige­ne Pla­nung eben­falls zu been­den. Dann wer­den die­se Pla­nun­gen auf der Renn­stre­cke umge­setzt. Dabei führt man aller­dings nur die Befeh­le der zwei­ten und drit­ten Rei­he der Schie­be­puz­zle aus.

Die­se Befeh­le sind recht ein­gän­gig: vor­wärts, rück­wärts oder schräg nach vor­ne fah­ren. Zusätz­lich kann man noch so Sachen machen, wie einen Sprung wagen, die Bat­te­rie auf­la­den oder zusätz­lich zur Bewe­gung noch eine Rake­te abschie­ßen, um Scha­den zu ver­tei­len. Hat man näm­lich dadurch oder durch Fahr­feh­ler drei Scha­den ange­häuft, wird man sofort in eine kur­ze Pau­se geschickt und es wer­den die nächs­ten drei Befeh­le igno­riert, bevor es wie­der weitergeht.

Tiny Turbo Cars - Controller
ana­log nicht digital

Das gefällt mir nicht so gut: Wie so oft bei Renn­spie­len gilt die Regel: je mehr Leu­te mit­spie­len, des­to mehr Spaß macht es – ein­fach weil mehr los ist! Ich muss nicht immer um den Sieg mit­fah­ren, aber dann will ich zumin­dest noch ein span­nen­des Ren­nen um die Plat­zie­run­gen. Aus die­sem Grund ist die Begren­zung auf ledig­lich vier Per­so­nen etwas scha­de. Ich kann schon ver­ste­hen, dass aus Kos­ten­grün­den vor allem die Anzahl der Con­trol­ler nicht aus­ufern durf­te. Aber sechs davon wären schon schö­ner gewe­sen. Aller­dings gibt es einen Trick, mit dem man die Anzahl der Teil­neh­men­den erhö­hen kann. Denn es gibt eine digi­ta­le Con­trol­ler-App, mit der man sich von den bestehen­den Plas­tik-Din­gern unab­hän­gig machen kann.

Tiny Turbo Cars - Fahrzeuge
Wel­ches Fahr­zeug hätten's denn ger­ne? Das größte!

Das ist nicht nur wegen der Per­so­nen­an­zahl inter­es­sant, son­dern auch des­we­gen, weil die bestehen­den Schie­be-Puz­zle lei­der nicht ganz so leicht­gän­gig flut­schen, wie man sich das in der Hek­tik des Gesche­hens wünscht. Ja, das ist wohl durch­aus so gewollt. Aber es gäbe auch ohne die sich ver­kei­len­den Schie­ber genü­gend Grund, sich auf­zu­re­gen und hek­tisch zu wer­den. So flucht man in der Hit­ze des Gefechts auch über das Mate­ri­al. Und wenn ich schon bei die­sem bin: mit den Holz-Fahr­zeu­ge bin ich nicht voll­stän­dig glück­lich. Man hat einer­seits das Gefühl, dass die Pro­por­tio­nen nicht so ganz pas­sen und ande­rer­seits kann man die fla­chen Din­ger manch­mal schlecht grei­fen. Wahr­schein­lich bin ich aber ein­fach nur von den Figu­ren aus FLAMME ROUGE verwöhnt...

Außer­dem wären Refe­renz­kar­ten für die Teil­neh­men­den för­der­lich, auf denen dann alle Sym­bo­le des Con­trol­lers und des Spiel­plans noch­mals kurz erklärt wer­den. Bis man die näm­lich alle ver­in­ner­licht hat, dau­ert es ein wenig. Auf­grund der Hek­tik nimmt man sich wäh­rend der Par­tie sel­ten die Zeit, um in Ruhe noch­mals in die Anlei­tung zu schau­en. Wenn man das alles dahin­ge­gen auf einen Blick hät­te, wäre das ein ech­ter Gewinn. 

Das größ­te Pro­blem von TINY TURBO CARS ist aller­dings, dass man schlecht Mit­spie­len­de fin­det. Viel zu vie­le Leu­te wer­den anschei­nend von den Schie­be-Con­tol­lern abge­schreckt! Ich habe die­se Schie­be­puz­zle als Kind geliebt und mich damit stun­den­lang auf Auto­fah­ren beschäf­tigt. Ich mag dabei die­ses um die Ecke den­ken, um dar­über die rich­ti­ge Rei­hen­fol­ge ein­zu­stel­len. Aber inter­es­san­ter­wei­se ste­he ich mit die­ser Mei­nung ziem­lich allei­ne auf wei­ter Flur. Ich habe eine Men­ge Abwin­ker gese­hen, als ich das Spiel ange­prie­sen haben. Auf die­se Art Pla­nung hat­ten die wenigs­ten Lust und Lau­ne. TINY TURBO CARS scheint ein ech­tes Nischen­pro­dukt zu sein.

Tiny Turbo Cars - Rennsituation
AUS DEM WEEEEGGGG!!!!

Das gefällt mir gut: Das ist scha­de, da TINY TURBO CARS Action mit Span­nung ver­eint. Auf­grund des Zeit­drucks oder einer ein­schla­gen­den Rake­te im Heck macht man schon mal Feh­ler – und dann bricht das Cha­os aus und die Emo­tio­nen kochen hoch. Auf ein­mal wech­seln die Rich­tun­gen und man fährt sich im tie­fen Tep­pich fest. Das ist wie bei ROBO RALLY: wenn alles nach Plan ver­läuft, ist das Spiel nur halb so witzig!

Aller­dings passt bei TINY TURBO CARS das The­ma deut­lich bes­ser als bei ROBO RALLY. Dort habe ich nie ver­stan­den, war­um Robo­ter durch Fabrik­hal­len rol­len. Bei TINY TURBO CARS ist das Mate­ri­al stim­mig mit dem The­ma ver­eint. Der Con­trol­ler zeigt auf, dass wir fern­ge­steu­er­te Fahr­zeu­ge durch die Woh­nung schleu­sen. Wenn ich einen Scha­den abbe­kom­me, geht die Bat­te­rie leer und um die­se wie­der auf­zu­la­den, muss ich eben pau­sie­ren. Durch das pas­sen­de The­ma lässt sich auch viel intui­tiv ver­ste­hen. Star­tet man im tie­fen Tep­pich, dann braucht man mehr Kraft. Fährt man gegen ande­re Fahr­zeu­ge oder Hin­der­nis­se, erlei­det man Scha­den. Das ist schnell ver­in­ner­licht. Viel­leicht sind ein Ticken zu viel unter­schied­li­che Sym­bo­le im Spiel, aber mit einer gut gemach­ten Refe­renz­kar­te wäre die anfäng­li­che Unsi­cher­heit auch gut zu lösen.

Tiny Turbo Cars - Spielpläne
damit kann man schon eini­ge unter­schied­li­che Stre­cken auslegen

Ansons­ten ist noch die Varia­bi­li­tät zu loben. Die unter­schied­li­chen Spiel­plä­ne las­sen vie­le ver­schie­de­ne Stre­cken zu – von ein­fach bis hunds­ge­mein. Hin­zu kom­men auch noch die unter­schied­li­chen Son­der­fä­hig­kei­ten der ein­zel­nen Fahr­zeu­ge, bei dem man bestimmt schnell einen eige­nen Lieb­ling fin­den wird.

Fazit: TINY TURBO CARS ist ein tol­les Renn­spiel für die­je­ni­gen, die ger­ne Schie­be­puz­zle mögen. Erstaun­li­cher­wei­se ist die­se Ziel­grup­pe aber eher über­schau­bar, so dass es gar nicht so ein­fach ist, eine vol­le Run­de zusam­men zu bekom­men – was aber wich­tig ist, denn nur mit vie­len Autos macht ein Ren­nen rich­tig Spaß.

TitelTiny Tur­bo Cars
Autoren4Brains4Games und Hjal­mar Hach
Illus­tra­tio­nenEdu­ard Valls
Dau­er30 bis 45 Minuten
Per­so­nen­an­zahl2 bis 4 Personen
Ziel­grup­peSchie­be­puz­zle lie­ben­de Familienspielrunden
Ver­lagHor­ri­ble Guild (im deut­schen Ver­trieb bei Hei­del­Bär Games)
Jahr2021
Hin­weisfür die Bespre­chung wur­de vom Ver­trieb ein
Rezen­si­ons­exem­plar zur Ver­fü­gung gestellt

Kommentar hinzufügen