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kritisch gespielt: Das Hochbeet von Schalottenburg

Das Hochbeet von Schalottenburg von Dirk Barsuhn – erschienen bei Piatnik

Das Hochbeet von Schalottenburg - Box
Bild: Piat­nik

Es war inter­es­sant zu sehen, wie sehr unse­re Nomi­nie­run­gen für das Spiel des Jah­res die Hot­ness-Lis­te bei BGG beein­flusst hat. Aber völ­lig anti­kli­ma­tisch bespre­che ich kei­nes davon und wid­me mich statt­des­sen einem eher unbe­kann­ten Spiel. Denn in mei­ner Wahr­neh­mung wird DAS HOCHBEET VON SCHALOTTENBURG kaum in der Sze­ne bespro­chen. So kann es durch­aus exem­pla­risch dafür ste­hen, mit wie vie­len unter­schied­li­chen Neu­erschei­nun­gen wir uns in der Jury auseinandersetzen.

The­ma: Char­lot­ten­burg ist ein durch­aus gebräuch­li­cher Name für diver­se Orte (am bekann­tes­ten sicher­lich als Orts­teil in Ber­lin). Aber Scha­lot­ten­burg? Und dann soll dort noch jähr­lich ein Gemü­se­schau­kampf in der erdi­gen Hoch­beet-Are­na statt­fin­den? Ich weiß nicht, ob mich das über­zeugt. Aber zumin­dest kön­nen wir am Ende tat­säch­lich einen Pokal gewinnen!

Illus­tra­tio­nen: Lars Bes­ten scheint sich lang­sam aber sicher als Haus­il­lus­tra­tor für Piat­nik zu eta­blie­ren. Zumin­dest die aktu­el­len Neu­hei­ten stam­men über­wie­gend von ihm. Muss­te er in APE TOWN noch haupt­säch­lich Bana­nen zeich­nen, konn­te er sich in DAS HOCHBEET VON SCHALOTTENBURG gemü­se­tech­nisch fle­xi­bler ausleben.

Das Hochbeet von Schalottenburg - Übersicht
alles Not­wen­di­ge vorhanden

Aus­stat­tung: Der Inhalt der Box spie­gelt per­fekt den Regel­um­fang die­ses Fami­li­en­spiels wider: ein gemein­sa­mer Spiel­plan, ganz vie­le run­de Gemü­se­plätt­chen, ein paar bun­te Holz­schei­ben, abwisch­ba­re Zähl-Tableaus sowie die zuge­hö­ri­gen Stif­te. Mehr bie­tet DAS HOCHBEET VON SCHALOTTENBURG nicht und mehr benö­tigt es auch nicht. Wobei der klei­ne Papp-Pokal zuge­ge­be­ner­ma­ßen unnö­tig, aber wun­der­bar ver­spielt ist.

Das Hochbeet von Schalottenburg - Start
Der Gemü­se­schau­kampf kann beginnen!

Ablauf: Erin­ne­run­gen an DAS VERRÜCKTE LABYRINTH wer­den wach. Anfangs wird die Flä­che des Spiel­plans mit ver­deck­ten und offe­nen Gemü­se­plätt­chen gefüllt. Dann wird reih­um gescho­ben und am Ende jeden Durch­gangs erfolgt eine Wer­tung. Bin ich an der Rei­he, neh­me ich mein vor mir lie­gen­des Gemü­se­plätt­chen, mar­kie­re es mit mei­ner Spiel­far­be und schie­be es in eine Spal­te oder Zei­le des Spiel­plans. Auf der ande­ren Sei­te fällt dann ein Plätt­chen aus dem Ras­ter, wel­ches ich dann für mei­nen nächs­ten Zug nut­zen werde.

Das Hochbeet von Schalottenburg - Abrechnung
Punk­te­fül­lung von links nach rechts

Haben wir so all unse­re Mar­ker auf dem Spiel­plan ver­teilt, folgt eine ganz ein­fa­che Zwi­schen­wer­tung. Wir erhal­ten nun Punk­te für die Gemü­se­sor­ten, auf denen unse­re Holz­schei­ben lie­gen. Dazu mar­kie­ren wir uns auf unse­ren Wer­tungs­ta­feln so vie­le
Fel­der, wie die jewei­li­gen Plätt­chen mit glei­cher Gemü­se­sor­te direkt senk­recht oder waag­recht mit­ein­an­der ver­bun­den sind. Aller­dings ist dabei zu beach­ten, dass ich immer erst bei der 1 anfan­gen und sich nach­fol­gend die Anzahl erhö­hen muss. Habe ich gleich zu Beginn eine Schei­be auf einer 4‑Kar­tof­fel-Kolo­nie, dann darf ich trotz­dem erst nur die 1 ankreu­zen. Habe ich spä­ter schon 2 Kar­tof­feln ange­kreuzt, visie­re ich in der nächs­ten Run­de min­des­tens eine 3er-Grup­pe an.

Das gefällt mir nicht so gut: DAS HOCHBEET VON SCHALOTTENBURG endet, wenn nur noch 3 oder weni­ger ver­deck­te Gemü­se­plätt­chen auf dem Spiel­plan lie­gen. Wann die­ses Ende ein­tritt, hängt sehr von unse­rer Spiel­wei­se ab. Die nicht fest­ge­leg­te Run­den­an­zahl ist aller­dings etwas unglück­lich, weil es schon einen gro­ßen Unter­schied macht, ob ich eine Run­de begin­nen muss oder mit dem letz­ten Plätt­chen die Anord­nung der Aus­la­ge fina­li­sie­re. Denn: Wer die Run­de beginnt, hat kaum Ein­fluss auf das Ergeb­nis am Ende. Ins­be­son­de­re in Hob­by-Spiel­run­den hat die­se Unaus­ge­wo­gen­heit ein wenig Unmut aus­ge­löst. In Run­den mit Wenig­spie­len­den war das meis­tens kein Thema.

Das Hochbeet von Schalottenburg - Spielsituation
gegen die Regel

Lei­der ist auch das gewähl­te Lay­out der Anlei­tung unglück­lich. Die mit uns spre­chen­de Scha­lot­te Char­lot­te könn­te die klei­ne Schwes­ter von Karl Klam­mer sein. Meis­tens will sie nur unter­hal­ten, manch­mal sagt sie uns aber auch etwas Wich­ti­ges, was wir dann aber über­se­hen. So wird häu­fig nicht wahr­ge­nom­men, dass im 4- und 5‑Personenspiel nur mit zwei Holz­schei­ben pro Per­son gespielt wird. Damit soll wohl ver­mie­den wer­den, dass eine Par­tie been­det ist, bevor alle auch mal star­ten muss­ten. Aller­dings wird dann eine Par­tie auch sehr klein­tei­lig, weil gefühlt stän­dig die Zwi­schen­wer­tun­gen statt­fin­den. Somit will kein rech­ter Spiel­fluss auf­kom­men. Wir haben des­we­gen des Öfte­ren aus dem anfäng­li­chen Feh­ler eine Haus­re­gel gemacht und auch zu viert mit drei Wer­tungs­schei­ben pro Per­son gespielt.

Wie so oft stellt sich die Fra­ge, ob ein im Kern abs­trak­tes Spiel durch ein auf­ge­setz­tes The­ma mehr Zuspruch gewinnt oder ob ein sol­ches The­ma abschreckt? Dazu wird sich die Redak­ti­on sicher­lich aus­gie­big ihre Gedan­ken gemacht haben. Ich kann nur fest­stel­len, dass die bestehen­de Auf­ma­chung in mei­nen beob­ach­te­ten Run­den eher abschre­ckend wirkt. Wenn ich nicht aktiv Wer­bung für das Mit­spie­len gemacht hät­te, wäre DAS HOCHBEET VON SCHALOTTENBURG wohl eher ver­staubt. Lus­ti­ge Gemü­se-Illus­tra­tio­nen auf brau­nem Grund sind nun ein­mal nicht unbe­dingt sexy.

Das Hochbeet von Schalottenburg - Pokal
Wer erringt den Pokal?

Das gefällt mir gut: Mit dem The­ma konn­te ich nicht wer­ben. Das mach­te ich haupt­säch­lich mit der Mecha­nik. Denn die­se gefällt mir in DAS HOCHBEET VON SCHALOTTENBURG aus­ge­spro­chen gut. Das Ver­schie­ben von Plätt­chen macht mir schon seit der Kind­heit gro­ßen Spaß! DAS VERRÜCKTE LABYRINTH hat mir früh bei­gebracht, dass ich auch immer dar­auf ach­ten muss, wel­ches Plätt­chen nach dem Schie­ben wie­der her­aus­fällt. Die­ses Wis­sen ist auch in Scha­lot­ten­burg wert­voll. Denn ich soll­te mir durch­aus Gedan­ken machen, was ich im Durch­gang errei­chen will und wel­che Schrit­te ich dafür pla­nen muss. Das ist nicht banal, wes­we­gen ich auch über die Alters­an­ga­be von 7+ ein wenig ver­wun­dert bin. Ja, der Spiel­ab­lauf ist leicht ver­ständ­lich und auch die Wer­tung ist trick­reich, ohne kom­pli­ziert zu sein. Aber der Pla­nungs­aspekt ist nicht zu unterschätzen.

Denn mir soll­te immer klar sein, was mein Schie­ben für Aus­wir­kun­gen auf die Mit­spie­len­den hat. Durch mein Tun kann ich ande­re schon sehr gezielt ärgern, was wie­der­um eine gewis­se Frust­to­le­ranz benö­tigt. Ich kann mit die­ser Form der manch­mal destruk­ti­ven Inter­ak­ti­on gut leben – zumal die­se auch Alli­an­zen för­dert: Lass uns doch gemein­sam eine gro­ße Pilz­flä­che erschaf­fen, dann haben wir alles was davon! Die­ses Vor­ha­ben wird dann meist von Mit­spie­len­den tor­pe­diert, die selbst kei­ne Pilz­plätt­chen besetzt haben. Somit ist aber meis­tens Stim­mung am Tisch. Die Spiel­zü­ge der ande­ren wer­den kom­men­tiert, es wird gejamm­mert, geflucht, aber auch geju­belt und geklatscht. Und all­zu bös­ar­tig ist die Inter­ak­ti­on auch nicht. So darf ich bei­spiels­wei­se kein Plätt­chen mit Mar­kie­rung ins Aus schie­ben – ein Umstand, den ich wie­der­um gezielt als Blo­cka­de nut­zen kann.

Das Hochbeet von Schalottenburg - Detail

Fazit: In DAS HOCHBEET VON SCHALOTTENBURG steckt mehr Spiel drin, als man anfangs durch die bun­ten Gemü­se-Clip­arts auf dem Cover viel­leicht erwar­tet. Der alt­be­kann­te Schie­be-Mecha­nis­mus wird neu vari­iert und stellt uns immer wie­der vor beson­de­re Herausforderungen.

Titel Das Hoch­beet von Schalottenburg
AutorDirk Bar­s­uhn
Illus­tra­tio­nenLars Bes­ten
Dau­er30 Minu­ten
Per­so­nen­an­zahl2 bis 5 Personen
Ziel­grup­peschie­ben­de Familienspielrunden
Ver­lagPiat­nik
Jahr2025
Hin­weisVie­len Dank an den Ver­lag für die Bereit­stel­lung
eines Rezen­si­ons­exem­plars!

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