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Kavango von Matt Brown und Zara Reid – erschienen bei Schmidt Spiele

Kavango - Box
Bild: Schmidt Spiele

Lei­der muss ich zuge­ben, dass es mir im Über­schwang schon pas­siert ist, KAVANGO mit CABANGA! zu ver­wech­seln. Das ist ärger­lich, da sich bei­de Spie­le in vie­len Din­gen unter­schei­den. So ist eine gro­ße Stär­ke von KAVANGO, dass sich das Spiel im Gegen­satz zu CABANGA! auf etwas Rea­les bezieht. Denn das Kavan­go-Zam­be­si-Schutz­ge­biet ist ein grenz­über­schrei­ten­des Natur- und Land­schafts­schutz­ge­biet im süd­li­chen Afri­ka und soll vor allem Ele­fan­ten die freie Bewe­gung in ihrem natür­li­chen Lebens­raum ermög­li­chen. Zusätz­lich lädt uns das Spiel hin­ter­sin­nig dazu ein, über den glo­ba­len Kli­ma­schutz nachzudenken.

The­ma: Wir wol­len den Natur- und Arten­schutz in Afri­ka vor­an­brin­gen. Dazu bau­en wir in unse­ren eige­nen Gebie­ten jeweils ein Öko­sys­tem auf. Um unser Tun finan­zie­ren zu kön­nen, müs­sen wir aus­ge­schrie­be­ne For­schungs­auf­ga­ben best­mög­lich erfül­len. Denn nur dann haben wir die finan­zi­el­len Mit­tel, Habi­tat­schutz und Wild­tier­schutz zu betrei­ben – oder uns am gemein­sa­men Kli­ma­schutz zu beteiligen.

Das Autoren­team hat selbst eini­ge Zeit in Bots­wa­na gelebt. Auf­grund ihrer eige­nen Erleb­nis­se vor Ort wol­len sie mit KAVANGO eine moder­ne und rea­lis­ti­sche Sicht­wei­se auf den Natur­schutz im süd­li­chen Afri­ka vermitteln.

Kavango - Detail
eige­ner Illustrationsstil

Illus­tra­tio­nen: Die ein­zel­nen Illus­tra­tio­nen hat Autor Matt Brown bei der Ent­wick­lung des Spiels gleich mit­ge­lie­fert. Ich fin­de es immer bewun­derns­wert, wenn Men­schen so vie­le unter­schied­li­che Talen­te besit­zen. Viel­leicht sind die ein­zel­nen Illus­tra­tio­nen nicht per­fekt und wir­ken etwas lai­en­haft, aber sie haben somit auch einen eige­nen Charakter.

Kavango - Übersicht
vie­le Kar­ten – und gro­ße Ablagen

Aus­stat­tung: KAVANGO ist im Kern ein Kar­ten­spiel. Ent­spre­chend umfang­reich ist die Aus­wahl: Wild­nis­kar­ten, Akti­ons­kar­ten, For­schungs­kar­ten, Ziel­kar­ten, Rena­tu­rie­rungs­kar­ten usw. All die­se müs­sen zu Beginn umfang­reich sor­tiert und jeweils gründ­lich gemischt wer­den. Der zen­tra­le Spiel­plan dient haupt­säch­lich als ver­wal­ten­de Abla­ge. Eine ähn­li­che Funk­ti­on haben auch die über­di­men­sio­nier­ten per­sön­li­chen Tableaus.

Ablauf: Über drei Durch­gän­ge betrei­ben wir klas­si­sches Draf­ting. Wir spie­len eine Kar­te aus der Hand und geben die rest­li­chen wei­ter. So han­deln wir mit immer klei­ner wer­den­den Aus­wahl in jedem Durch­gang 10 Kar­ten ab. Meist spie­len wir dabei Tie­re in unser Reser­vat, wofür ins­be­son­de­re bei den grö­ße­ren Tie­ren schon pas­sen­de "poten­zi­el­le Nah­rung" aus­lie­gen muss. 

Kavango - Forschungsziele
For­schungs­gel­der wer­den benötigt

Am Ende unse­res Spiel­zu­ges kön­nen wir offen aus­lie­gen­de For­schungs­kar­ten erfül­len, womit wir nicht nur mit Sieg­punk­ten, son­dern auch mit Geld­mar­kern belohnt wer­den. Die­se benö­ti­gen wir, um unter­schied­li­che Schutz­stu­fen aus­zu­lö­sen, die wie­der­um Aus­spiel­be­din­gung für man­che Tie­re sind.

Das gefällt mir nicht so gut: In KAVANGO flutscht alles. Nach und nach wächst unse­re Arten­viel­falt, die meis­ten For­schungs­auf­trä­ge kön­nen wir zumin­dest ansatz­wei­se erfül­len und irgend­wie fin­det sich immer noch ein sich öff­nen­des Akti­ons­tür­chen, durch das wir ele­gant hin­durch schlüp­fen kön­nen. Was fehlt, ist die Rei­bung. Bei den For­schungs­auf­trä­gen ist es egal, wann wir die­se erfül­len, da dort kei­ne Plät­ze von den ande­ren blo­ckiert wer­den. Das alt­be­kann­te Wett­ren­nen um die­se fehlt – und wir mer­ken schnell, war­um die­ses Ele­ment so ger­ne in ande­ren Spie­len ein­ge­setzt wird. Denn dadurch bekom­men mei­ne Aktio­nen mehr Rele­vanz und ich ach­te mehr auf mei­ne Mit­spie­len­den. In KAVANGO aber ist mir ihr Tun größ­ten­teils egal.

Kavango - Klimaschutz
die Last des gemein­sa­men Klimaschutzes

Ich möch­te nicht so weit gehen und behaup­ten, dass KAVANGO kei­ne Inter­ak­ti­on besitzt. Aber sie ist sehr über­schau­bar. Wie wir es aus unzäh­li­gen Draf­ting-Spie­len ken­nen, kön­nen wir manch­mal den Nach­fol­gen­den erfolg­reich eine Kar­te vor­ent­hal­ten. Aber mehr pas­siert zwi­schen uns Spie­len­den eigent­lich nicht. Ein­zi­ge Aus­nah­me: der gemein­sa­me Kli­ma­schutz. Die­ser ist spie­le­risch eine Schwä­che, der aber mög­li­cher­wei­se auch die ent­schei­den­de Stär­ke von KAVANGO dar­stellt. Das Beson­de­re an die­sem Ele­ment ist: Wir zah­len dort gemein­sam ein und alle kön­nen davon pro­fi­tie­ren. Ver­langt eine Aus­spiel­be­din­gung die Kli­ma­schutz­stu­fe 2, dann freue ich mich, wenn die­se durch gemein­sa­mes Ein­zah­len in den ent­spre­chen­den Fonds schon erreicht wur­de. Wenn nicht, kann ich über­le­gen, dort selbst aktiv zu wer­den, um viel­leicht spä­ter das Tier aus­spie­len zu kön­nen. Dabei zeigt sich aller­dings oft: Wer dort sehr aktiv ist, tut den ande­ren einen grö­ße­ren Gefal­len als sich selbst. Denn wenn ich mein Geld in den Kli­ma­schutz ste­cke, fehlt es mir meist an ande­rer Stel­le, womit ich sel­te­ner attrak­ti­ve Tie­re aus­spie­len und weni­ger gut For­schungs­auf­trä­ge erfül­len kann. Das zeigt ein ganz rea­les mora­li­sches Dilem­ma der heu­ti­gen Zeit auf. Natür­lich kann ich dar­auf set­zen, dass die ande­ren schon beim Kli­ma­schutz aktiv wer­den und des­we­gen wahr­schein­li­cher gewin­nen. Aber füh­le ich mich gut dabei? Ich habe die Hoff­nung, dass die­se spie­le­ri­sche Unfair­ness zum Nach­den­ken anregt.

Kavango - Auswahl
kei­ne lebens­na­he Handhabung

Zum Nach­den­ken ande­rer Art regt das Mate­ri­al an. Benö­ti­ge ich wirk­lich die­se über­di­men­sio­nier­ten per­sön­li­chen Abla­gen? Selbst wenn ich dies mög­li­cher­wei­se beja­hen soll­te, habe ich manch­mal schlicht gar nicht aus­rei­chend Platz dafür. Ich las­se das Argu­ment gel­ten, dass die dar­über gege­be­ne Struk­tur hel­fen kann. Doch über­di­men­sio­niert sind sie trotz­dem. Und auch die zu spie­len­den Kar­ten habe ich ande­ren Spie­len schon klei­ner erlebt, was dann viel­leicht auch zu einer bes­se­ren Hand­ha­bung führt. Denn das Foto mit der auf­ge­fä­cher­ten Start­hand ist irre­füh­rend. Im Nor­mal­fall hal­te ich die Kar­ten als Päck­chen in der Hand und sor­tie­re sie dort hin und her. Zumal bei der Metho­de des Auf­fä­cherns ohne­hin man­che wich­ti­ge Infor­ma­tio­nen gar nicht erkenn­bar sind.

Kavango - Experten
Exper­ten­wis­sen hilft

Das gefällt mir gut: Natur­the­men sind aktu­ell bei den Ver­la­gen beliebt. Das hat zur Fol­ge, dass man­che Spie­le uns nicht mehr – wie vor 20 Jah­ren üblich – im Mit­tel­al­ter eine Waren­ket­te auf­bau­en las­sen, son­dern wir nun Öko­bi­lan­zen erstel­len. Oft­mals wirkt dabei das The­ma auf­ge­pfropft. In KAVANGO ist das nicht der Fall. Auch wenn ich mir pro­blem­los den Spaß machen und die Mecha­nik im Gus­to eines Mit­tel­al­ter­spiels erklä­ren kann – wir erhal­ten die­se und jene Roh­stof­fe und "bau­en" uns damit Kar­ten – so fin­de ich mich beim Spie­len gedank­lich doch sehr schnell wie­der im eigent­li­chen The­ma. Wir mer­ken durch vie­le klei­ne Details, dass KAVANGO über das The­ma ent­wi­ckelt wur­de und nicht umge­kehrt. Das hat zur Fol­ge, dass die Exper­ten viel­leicht nicht kom­plett aus­ge­wo­gen sind oder die detail­rei­che Unter­schei­dung zwi­schen Ter­mi­ten und Bie­nen in der Klas­se der Wir­bel­lo­sen das Spiel unnö­tig kom­pli­ziert machen. Aber das ist in sich alles stim­mig – und daher fühlt es sich rich­tig an, wie es ist.

Ent­spre­chend wenig glänzt KAVANGO durch spie­le­ri­sche Inno­va­tio­nen. Das bedeu­tet aber nicht, dass unse­re Ent­schei­dun­gen banal wären. Bei der Aus­wahl der Kar­ten gibt es eini­ges zu beden­ken. Manch­mal wol­len wir den kurz­fris­ti­gen Vor­teil, manch­mal erhof­fen wir uns lang­fris­ti­ge Erfolgs­er­leb­nis­se. Dabei bie­tet vor allem die Auf­fang­sta­ti­on inter­es­san­te tak­ti­sche Erwä­gun­gen. Dort kann ich bis zu drei Tie­re zwi­schen­la­gern. Somit kann ich die Tie­re für spä­te­re Run­den reser­vie­ren – und zei­ge allen Mit­spie­len­den offen, wel­che Vor­aus­set­zun­gen ich noch benö­ti­ge. Ich wer­de angreif­bar. Also doch lie­ber wei­ter­ge­ben und hof­fen, dass die Kar­te in einem spä­te­ren Umlauf noch zur Aus­wahl steht? Oder doch lie­ber sichern und den ande­ren gar nicht erst die Chan­ce geben?

Kavango - Ziele
wert­vol­le Ziele

Die For­schungs­auf­trä­ge kön­nen mal bes­ser pas­sen und mal schlech­ter. Die­se Zufalls­kom­po­nen­te ver­hin­dert einen zu ver­kopf­ten Ablauf und auf­grund der aus­lie­gen­den Men­ge pas­siert es sel­ten, dass wirk­lich gar nichts pas­sen will. Außer­dem emp­feh­le ich, recht schnell die optio­na­len Zie­le ins Spiel­ge­sche­hen zu inte­grie­ren. Ähn­lich wie die zwei anfäng­li­chen Tie­re in der Auf­fang­sta­ti­on geben die­se Leit­li­ni­en für das eige­ne Spiel vor. An die­sen kön­nen wir uns ori­en­tie­ren, zumal deren Punk­te­be­loh­nun­gen nicht zu unter­schät­zen sind.

Kavango - Ordnung
Ord­nung, die tat­säch­lich hilft

Ein wenig habe ich das aus­ufern­de Mate­ri­al schon infra­ge gestellt. Unab­hän­gig davon ist es lobens­wert, dass – wie auch schon bei E‑MISSION – auf eine umwelt­freund­li­che Pro­duk­ti­on geach­tet wird. Anders als bei E‑MISSION über­zeugt bei KAVANGO neben der guten Spiel­hil­fe auch das Insert, bei dem die Kar­ten an Ort uns Stel­le blei­ben und das wei­te­re Mate­ri­al sich gut orga­ni­sie­ren lässt. Bleibt nur noch die Fra­ge, ob die Kle­be­punk­te am Rand ein Fluch oder eine gute Tat dar­stel­len. Die­ses The­ma ist in der Sze­ne heiß umstrit­ten und es gibt ver­schie­de­ne Stand­punk­te. Für mich als Ver­brau­cher wäre zumin­dest die Infor­ma­ti­on hilf­reich, ob ich die­se Kle­be­punk­te abzie­hen oder durch­schnei­den soll.

Kavango - Reservat
unser Reser­vat wächst

Fazit: KAVANGO über­zeugt durch die stim­mi­ge Wie­der­ga­be eines rea­len The­mas. Die spiel­me­cha­ni­schen Knif­fe sind nicht inno­va­tiv, das Gesamt­pro­dukt weiß aber gut zu unter­hal­ten. Es fehlt ledig­lich die ein oder ande­re Kan­te, an der wir uns rei­ben könn­ten und wodurch auch mehr Emo­tio­nen frei­ge­setzt wür­den. Ande­rer­seits prä­sen­tiert uns KAVANGO eher neben­bei das Dilem­ma des gemein­sa­men Kli­ma­schut­zes, ohne dabei den mora­li­schen Zei­ge­fin­ger erhe­ben zu müssen.

TitelKavan­go
AutorenMatt Brown und Zara Reid
Illus­tra­tio­nenMatt Brown
Dau­er60 Minu­ten
Per­so­nen­an­zahl1 bis 4 Personen
Ziel­grup­pedraf­ten­de Kennerspielrunden
Ver­lagSchmidt Spie­le
Jahr2025
Hin­weisVie­len Dank an den Ver­lag für die Bereit­stel­lung
eines Rezen­si­ons­exem­plars!

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