Little Town von Shun und Aya Taguchi – erschienen bei iello

Kleine Stadt, kleines Spiel, kleine Einleitung? Aber fühlt sich LITTLE TOWN dann nicht benachteiligt? Dürfen wir das denn kleinen Spielen zumuten? Bekommen die davon nicht einen Knacks? Ich will es trotzdem mal wagen...
Thema... Überraschung: es wird eine Stadt gebaut! Wobei eigentlich sind es nur einzelne Häuser, die vielleicht zufällig mal zu einer Siedlung zusammen wachsen werden. Aber da LITTLE TOWN schon unter der kurzen Einleitung leiden könnte, will ich diesbezüglich nicht länger darauf rumhacken.
Illustrationen… sind von Sabrina Miramon und mal wieder herzallerliebst. Schon das Cover lässt mich ins Schwärmen geraten, aber auch bei den einzelnen Häuserplättchen lohnt sich noch ein zweiter und dritter Blick. Ohnehin lädt die gesamte Gestaltung zum Spielen ein. Nur mit der gewählten Symbolsprache bin ich nicht ganz glücklich. Die hätte gerne noch etwas eindeutiger sein dürfen (bspw. hätte ich richtige Pfeile anstatt das > Zeichens gut gefunden).
Ausstattung… trotz kompakten Formats kommt LITTLE TOWN absolut vollwertig daher: ein ausreichend großer doppelseitiger Spielplan, keinesfalls zu kleine Materialklötzchen, schön geformte Holzfiguren für Häuser, Arbeiter sowie zur Verwaltung, dicke Hausbau-Plättchen in großer Anzahl und viele unterschiedliche Auftragskarten. Etwas überrascht ist man nur, dass die Geldmünzen aus profaner Pappe daher kommen. Aber ein Blick auf die Website von iello offenbart: es gäbe auch entsprechende Metallmünzen. Hätte mich irgendwie auch gewundert, wenn iello diesbezüglich nicht noch ein Ass im Ärmel gehabt hätte.
Ablauf… LITTLE TOWN is a little Worker-Placement-Game. Nein, keine Angst, ich wechsel jetzt nicht die Sprache. Aber das passte einfach zu gut. Konkret hat man für den Städtebau eine Handvoll Arbeiter zur Verfügung. Meistens setzt man diese auf ein freies Feld auf dem Spielplan und grast die umliegenden Felder ab. Sind das Rohstoff-Felder bekommt man überraschenderweise entsprechende Rohstoffe. Grenzen dahingegen Gebäude an, dann kann man deren Funktion nutzen – übrigens auch, wenn es fremde Gebäude sind. Dafür wird allerdings eine Nutzungsgebühr an den eigentlichen Besitzer fällig.
Statt die Arbeiter auf dem Spielplan abzulegen, kann man sie auch auf das Baufeld schicken. Dann tauscht man Rohstoffe gegen ein Gebäude aus einer offen liegenden Auslage und platziert dieses Gebäude anschließend auf dem Spielplan. Dafür gibt es einerseits Siegpunkte, andererseits werden somit weitere Funktionen auf dem Spielplan ermöglicht.
Ansonsten gilt es noch darauf zu achten, dass man die anfangs erhaltenen Auftragskarten erfüllt, da dies ebenfalls noch Siegpunkte generiert. Mehr wesentliche Regeln besitzt LITTLE TOWN nicht. Wobei, eine Sache hätte ich fast vergessen: am Ende jeder Runde muss man zusätzlich noch die eigenen Arbeiter ernähren. Kennt man so ja auch aus anderen Worker-Placement-Spielen (ich werfe mal STONE AGE und AGRICOLA in den Raum).
Das gefällt mir nicht so gut: Die Auftragskarten sind teilweise etwas uneindeutig formuliert. Außerdem schlägt bei diesem Spielelement die Glückskeule etwas über Gebühr zu. Läuft es gut, passen alle Aufträge optimal zueinander und man hat leicht ein paar Punkte einkassiert, die am Ende den Ausschlag geben können. Wenn es allerdings doof läuft, hat man keine Chance, alle erhaltenen Auftragskarten auch zu erfüllen. Denn wenn die Auslage der Gebäude zufällig erfolgt, dann kann es zu einer ungünstigen Verteilung einzelner Funktionen kommen, womit wiederum manche Aufträge komplett unmöglich werden. Auf der anderen Seite stellen die Aufträge aber auch eine Orientierungshilfe dar. Vor allem Neulinge bekommen somit ein Gefühl vermittelt, in welche Gebäude sie investieren sollten. Das wird dann als sehr hilfreich empfunden und die damit einhergehende Glückskomponente wird klaglos hingenommen.
Trotzdem bin ich der Meinung, dass man die Auswahl der Gebäude besser regeln müsste. Es gibt zwar noch Vorschläge für ein Drafting oder eine persönliche Bestückung, trotzdem wird mir in dieser Sache vom System zu viel Freiraum gelassen. Mit bestimmten Vorgaben (bspw. verschiedenen Decks) könnte man "krumme" Partien vermeiden, was eigentlich auch das Hauptanliegen einer redaktionellen Bearbeitung sein sollte. Aber vielleicht ist das auch zu "deutsch" gedacht und ich sollte diesen Aspekt lieber locker-luftig "französisch" sehen.
Am liebsten spiele ich LITTLE TOWN übrigens zu dritt. Zu zweit ist mir etwas zu wenig los und zu viert hat man gefühlt doch recht wenig Einfluss: im ganzen Spiel hat man dann lediglich 12 Arbeiter zur Verfügung. Das ist dann schon etwas wenig, zumal sich der Spielplan doch recht schnell füllt. Wahrscheinlich hätte mir sogar ein modularer Spielplan, der mit der Spieleranzahl skaliert, besser gefallen.
Das gefällt mir gut: LITTLE TOWN ist das perfekte Spiel, um Neulinge an den Worker-Placement-Mechanismus heranzuführen. Bisher hat STONE AGE diese Aufgabe zuverlässig übernommen, was aber teilweise etwas zu lange dauern kann und außerdem ist mir die dortige tolerierte Hungerstrategie ein wenig ein Dorn im Auge. Doch nun gibt es mit LITTLE TOWN starke Konkurrenz. Die kompakte Box und die moderate Spielzeit schrecken schon einmal nicht ab. Das schnell erklärte Spielprinzip ist leicht verstanden und schon können alle loslegen: Arbeiter ablegen, Rohstoffe nehmen und später Gebäude bauen.
Allerdings wird man auch recht schnell lernen, dass nicht alle Pläne so aufgehen, wie man sich das vorstellt. Da wird einem doch glatt das anvisierte Gebäude vor der Nase weggeschnappt! Oder aber es wird der Platz auf dem Spielplan belegt, den man doch selbst nutzen wollte. Gemeinheit, schließlich habe ich da doch all meine schönen Gebäude stehen! Allerdings gibt es meist auch noch genügend andere Möglichkeiten, so dass der Ärger nicht all zu groß ist. Meiner Erfahrung nach erlebt man mit LITTLE TOWN ein sehr positives Spielgefühl. Selbst erfahrene Spieler weisen eine schnelle Partie nicht zurück, da LITTLE TOWN keinesfalls trivial ist. Insgesamt ist es sehr gut auf das Wesentliche komprimiert, was insbesondere in aktuellen Zeiten eine echte Wohltat ist.
Die Ausstattung tut noch das Übrige, um Neulinge anzulocken. Das Material ist ein Wonne und die grafische Gestaltung überzeugt größtenteils. Die putzigen Arbeiter und Häuschen kommen nicht als öde Standard-Holzteile daher und die Rohstoffwürfel sind von einer Größe, die sowohl kleine wie auch alte Finger gut greifen können. Außerdem ist der Spielplan doppelseitig bedruckt, so dass zwei unterschiedliche Landschaftsanordnungen für zusätzliche Abwechslung sorgen.
Fazit: Da ich schon ein kurze Einleitung hatte, halte ich auch das Fazit kurz. LITTLE TOWN ist im wahrsten Sinne der Wortes ein schönes Familienspiel: schnell verstanden, schnell gespielt – und dabei hat man eine Menge Spaß!
| Titel | Little Town |
| Autor | Shun und Aya Taguchi |
| Illustrationen | Sabrina Miramon |
| Dauer | ca. 30 bis 45 Minuten |
| Spieleranzahl | 2 bis 4 Spieler |
| Zielgruppe | Familienspieler |
| Verlag | iello (im Vertrieb von Hutter Trade) |
| Jahr | 2019 |
Ich bedanke mich bei Hutter Trade als deutschen Vertriebspartner von iello für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars. Ich bin mir sicher, dass durch diese Bereitstellung meine Meinung nicht beeinflusst wurde. Die Besprechung spiegelt meine gemachte Erfahrung wider.
















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