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kritisch gespielt: Revolution of 1828

Revolution of 1828 von Stefan Feld – erschienen bei Frosted Games

Revolution of 1828 - Box
Foto: Pega­sus Spiele

Ich gebe es zu: bis­her war mir das Jahr 1828 nicht unbe­dingt als geschichts­träch­tig im Gedächt­nis. Ein schnel­ler Blick auf Wiki­pe­dia zeigt mir auch war­um. So rich­tig was los war nicht unbe­dingt. Kas­par Hau­ser wur­de in die­sem Jahr auf­ge­grif­fen. Und (ich zitie­re Wiki­pe­dia) "der Fran­zo­se René Cail­lié erreicht als Ara­ber ver­klei­det das in Euro­pa geheim­nis­um­wit­ter­te Tim­buk­tu am Niger. Die Stadt ent­puppt sich als klein, unbe­deu­tend und arm." Nun wird mir mit REVOLUTION OF 1828 aber gleich eine ganz Revo­lu­ti­on ange­kün­digt. Kein Wun­der, dass mein Inter­es­se geweckt war.

The­ma... ist dann aber weni­ger revo­lu­tio­när, als anfangs gedacht. Denn im Mit­tel­punkt steht die Prä­si­dent­schafts­wahl in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten von 1828. In die­ser trat Amts­in­ha­ber John Quin­cy Adams gegen Andrew Jack­son an, der in den Jah­ren vor­her maß­geb­lich an der Grün­dung der Demo­kra­ti­schen Par­tei betei­ligt war. Unter His­to­ri­kern besteht schein­bar Einig­keit, dass sich der Wahl­kampf im Vor­feld die­ser Wahl um einen der "schmut­zigs­ten" Wahl­kämp­fe in der ame­ri­ka­ni­schen Geschich­te han­del­te. Und genau die­ser Wahl­kampf wird in REVOLUTION OF 1828 nachgespielt.

Illus­tra­tio­nen… sind von Alex­an­der Jung und gefal­len mir durch die vor­herr­schen­den Sepia-Farb­tö­ne recht gut. Die Zeich­nun­gen der ein­zel­nen Prot­ago­nis­ten fol­gen bekann­ten Por­trait­bil­dern – zumin­dest wenn ich hier wie­der Wiki­pe­dia glau­ben darf. Ins­ge­samt folgt Alex­an­der Jung sei­nem eige­nen Stil, was ich gut finde.

Ausstattung
alles auf einem Blick

Aus­stat­tung… wird domi­niert von dicken Papp­schei­ben, die in einen etwas zu klei­nen Beu­tel gesteckt wer­den. Die Papp­schei­ben sind in ver­schie­de­nen Far­ben vor­han­den, wobei dabei ledig­lich die brau­nen Kam­pa­gnen­ak­tio­nen unter­schied­li­che Funk­tio­nen haben. Der Rest steht für ein­zel­ne Dele­gier­te aus den Staa­ten­be­rei­chen bzw. auch für Schmutz­kam­pa­gnen. Stim­mi­ger­wei­se wei­sen die­se einen schwar­zen Rand auf.

Aufbau zum Start
der Auf­bau ist erle­digt, es kann los gehen

Zu Beginn einer Run­de wer­den pro Abschnitt zufäl­lig drei Schei­ben aus­ge­legt. Damit die­se Schei­ben sinn­voll ver­teilt wer­den kön­nen, gibt es einen Spiel­plan. Die­ses zeigt wie­der die fünf Staa­ten­be­rei­che sowie einen geson­der­ten Bereich für die Pres­se. Jeweils in der Mit­te die­ser Abschnit­te befin­den sich ent­spre­chend far­bi­ge Holzfiguren.

Als Sieg­punk­te für die fina­le Abrech­nung die­nen übri­gens so genann­te Stim­men­plätt­chen, die eben­falls in sehr dicker Pap­pe daher kommen.

Ablauf… ist recht ein­fach. Nach und nach wird eine Papp­schei­be aus einem Spiel­plan­ab­schnitt genom­men und auf der eige­nen zuge­hö­ri­gen Sei­te neben den Plan abge­legt. War dies die letz­te Schei­be eines Abschnitts, dann wird die Holz­fi­gur auf die Sei­te des Neh­mers gescho­ben und man darf zusätz­lich einen wei­te­ren Zug durch­füh­ren. Die brau­nen Schei­ben brin­gen zusätz­lich ein­zel­ne Son­der­funk­tio­nen ins Spiel, die die­se ansons­ten recht star­re Abfol­ge aufbrechen.

Revolution of 1828 - Spannung
span­nen­de Kämp­fe um die Wahlmänner

Am Ende jeder der vier Run­den wer­den dann den Spie­lern Stimm­chips abhän­gig von Mehr­hei­ten aus­ge­hän­digt. Dabei wird man zusätz­lich belohnt, wenn der höl­zer­ne Wahl­mann auf der eige­nen Sei­te steht. Es sei denn, es ist die schwar­ze Figur der Pres­se (der Redak­teur). Denn nun muss man für jede bereits genutz­te Schwarz­stim­me dem Geg­ner ent­spre­chend vie­le Stim­men aus dem eige­nen Fun­dus abgeben.

Das gefällt mir nicht so gut: Lei­der spielt sich REVOLUTION OF 1828 sehr mecha­nisch. Das eigent­lich inter­es­san­te The­ma wird zwar durch die Mehr­hei­ten­bil­dung an für sich ein­ge­fan­gen, trotz­dem bleibt das Spiel als sol­ches staub­tro­cken. Es wird haupt­säch­lich dar­um tak­tiert, wel­che Schei­ben man in wel­cher Rei­hen­fol­ge nimmt. Pas­sio­nier­te Den­ker neh­men sich ger­ne direkt am Anfang eini­ge Minu­ten Zeit, um alle mög­li­chen Kom­bi­na­tio­nen durch­zu­ge­hen – schließ­lich will man nicht direkt beim ers­ten Zug einen Feh­ler machen. Die­se lan­ge Denk­zei­ten tun dem Spiel aber nicht gut, da es sich somit schwer wie Blei anfühlt.

Begüns­tigt wer­den die lan­ge Denk­zei­ten durch die jeder­zeit offe­nen Infor­ma­tio­nen. Lei­der gibt es kei­ne Mög­lich­kei­ten zum Bluf­fen, was ich sehr scha­de fin­de. Gera­de in die­sem The­men­kom­plex hät­te sich das mei­ner Mei­nung nach ange­bo­ten. So macht jeder Spie­ler den Zug, der für ihn am ziel­füh­rends­ten ist. Ledig­lich bei den Son­der­funk­tio­nen der brau­nen Schei­ben kön­nen etwas über­ra­schen­de Züge ent­ste­hen, weil der Gegen­spie­ler etwas ande­res macht, als man viel­leicht selbst erwar­tet hat.

Übersicht
die Erklä­run­gen sind lei­der nicht auf sepa­ra­ten Über­sich­ten aufgeführt

Die­se Son­der­funk­tio­nen sind also das Salz in der Sup­pe. Lei­der kom­men sie recht umständ­lich daher. Denn anstatt eine halb­wegs selbst­er­klä­ren­de Sym­bo­lik zu ver­wen­den, wird jede Son­der­funk­ti­on mit eine Illus­tra­ti­on ver­se­hen. Was die­se Illus­tra­ti­on aus­sa­gen will, kann man sich aber schwer her­lei­ten und muss in der Regel nach­ge­le­sen wer­den. Glück­li­cher­wei­se sind die Funk­tio­nen noch­mals in einer Art Über­sicht auf der letz­ten Sei­te auf­ge­führt. Noch bes­ser wären aber mei­ner Mei­nung nach klei­ne Spiel­hil­fen auf Papp­ta­bleaus gewe­sen – oder eben eine Umstel­lung auf eine ver­nünf­ti­ge Sym­bo­lik. Denn so müs­sen die Funk­tio­nen wie Voka­beln gelernt wer­den. Und Voka­bel ler­nen habe ich schon in der Schu­le gehasst.

Beutel
ziem­lich prall gefüllt

Den Beu­tel zum Zie­hen der Papp­schei­ben emp­fin­de ich übri­gens als etwas zu klein. Vor allem des­we­gen, weil zu Beginn einer Par­tie die Schei­ben dort gut durch­mischt wer­den soll­ten. Ich hat­te näm­lich die ein oder ande­re blö­de Par­tie, als man­che Schei­ben sehr gebün­delt auf­tra­ten. Für den Spiel­spaß ist es aber alles ande­re als för­der­lich, wenn man­che Dele­gier­te gar nicht in einer Run­de auftauchen.

Das gefällt mir gut: REVOLUTION OF 1828 ist ein tak­ti­sches Hau­en und Ste­chen. Der Glücks­an­teil ist mini­mal und besteht nur dar­in, wel­che Schei­ben zu Beginn der Run­de her­aus­ge­zo­gen und wohin gelegt wer­den. Alles ande­re ist bere­chen­bar. Somit ist die Aus­gangs­si­tua­ti­on für jeden Spie­ler ver­gleich­bar. Der Start­spie­ler muss aber etwas anders den­ken, da er den ers­ten Zug macht und damit die Wahl des Geg­ners beein­flus­sen kann. Vor allem im Mit­tel­spiel ergibt das schö­ne Zwick­müh­len, da man ver­hin­dern will, dass der Geg­ner die letz­te Schei­be aus einem Abschnitt nimmt. Denn das Sichern der ein­zel­nen Wahl­män­ner ist von gro­ßer Bedeu­tung und für mich das Herz­stück von REVOLUTION OF 1828. Das ist rich­tig span­nend – beson­ders wenn es um den Redak­teur geht, den natür­lich kei­ner auf sei­ner Sei­te wis­sen möchte.

Revolution of 1828 - Seitenansicht
auf der Jagd nach Stim­men – und vor allem nach Wahlmännern

Auf­fäl­lig ist das wer­ti­ge Mate­ri­al. Zwar han­delt es sich größ­ten­teils "nur" um Pap­pe. Aller­dings kommt die­se in beein­dru­cken­de Stär­ke daher, so dass das Han­tie­ren mit den Schei­ben ange­nehm von der Hand geht. Die ein­zel­nen Far­ben las­sen sich bei Farb­fehl­sich­tig­keit zwar nicht gut unter­schei­den, aller­dings wird über eine durch­ge­hen­de Namens­ge­bung die not­wen­di­ge Zuord­nung noch ermöglicht.

Wirk­lich toll ist übri­gens der umfang­rei­che geschicht­li­che Abriss als Teil der Anlei­tung. Bret­t­ago­ge Nico hat die­sen geschrie­ben und klärt dabei auch auf, war­um eine Revo­lu­ti­on nicht zwangs­läu­fig mit blu­ti­gen Umstür­zen gleich zu set­zen ist.

Revolution of 1828 - Detail

Fazit: Bei REVOLUTION OF 1828 dient der his­to­ri­sche Hin­ter­grund eher als Kulis­se und die Mecha­nik ist lei­der damit kaum in Ver­bin­dung zu brin­gen. Alles funk­tio­niert, aber es spielt sich recht unspek­ta­ku­lär und bei mir springt der Fun­ke nicht über. In mei­nen Augen wäre da ins­be­son­de­re mit die­sem recht span­nen­den The­ma mehr mög­lich gewe­sen. Aber so spie­le ich lie­ber ein HANAMIKOJI als ein REVOLUTION OF 1828.

TitelRevo­lu­ti­on of 1828
AutorSte­fan Feld
Illus­tra­tio­nenAlex­an­der Jung
Dau­er30 bis 45 Minuten
Spie­ler­an­zahl2 Spie­ler
Ziel­grup­petak­ti­sche Ken­ner­spie­ler
Ver­lagFros­ted Games (Ver­trieb durch Pega­sus Spiele)
Jahr2019

Ich bedan­ke mich bei Pega­sus für die Bereit­stel­lung eines Rezen­si­ons­exem­plars. Ich bin mir sicher, dass durch die­se Bereit­stel­lung mei­ne Mei­nung nicht beein­flusst wur­de. Die Bespre­chung spie­gelt mei­ne gemach­te Erfah­rung wider.

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