Spiele-Comic Krimi: Sherlock Holmes – Die vier Fälle von CED – erschienen bei Pegasus Spiele

Was ist der Unterschied zwischen "Krimi" und "Abenteuer"? Keine Angst, ich will jetzt keine Definitionen hören. Vielmehr versuche ich eine Einleitung zu schreiben, bei der ich die Unterscheidungen zwischen den beiden bei Pegasus erschienen SPIELE-COMICS hervorhebe. Denn SHERLOCK HOLMES – DIE VIER FÄLLE ist als "Krimi" deklariert, der SPIELE-COMIC RITTER dahingegen als ein "Abenteuer". Und fürwahr, sie unterscheiden sich durchaus. Natürlich thematisch, aber auch ein wenig im Ablauf.
Thema... wer schon immer davon träumte als Sherlock Holmes oder Dr. Watson knifflige Fälle zu lösen, hat nun eine weitere Möglichkeit, diesen Wunsch auszuleben. Dabei fangen wir ganz klein an und müssen zuerst die Katze unserer Vermieterin suchen. Die folgenden drei Fälle werden aber spannender.

Illustrationen... leider habe ich nicht heraus finden können, von wem die Illustrationen dieses Comics gezeichnet wurden. Sie erinnern an den Stil des SPIELE-COMICS RITTER, wo man zumindest während des Spiels den Namen des Illustrators herausfinden konnte. Dem ist hier nicht so. Oder ist es am Ende gar der fünfte (und geheime) Fall dieses Comics, den ich aber leider nicht lösen konnte? Den gewählten Stil würde ich als Nicht-Comic-Experte mit kindlich umschreiben. Alles ist knuffig gezeichnet – und lenkt dabei ziemlich vom eigentlichen Schwierigkeitsgrad ab. [Mittlerweile weiß ich auch die Lösung: der Autor Cédric Asna (=CED) ist auch der Illustrator]
Ausstattung... ist nun einmal Buch (wie schon bei den RITTERN kommt somit meine selbst gewählte Rezensions-Struktur an ihre Grenzen). Ein Ermittlungsbogen ist im Vorderteil des Buches abgedruckt und kann dort ausgefüllt werden. Ich empfehle aber, die Downloadmöglichkeit bei Pegasus zu nutzen. Denn zumindest ich habe doch recht viele Notizen gemacht und wollte die gerne auf der aktuellen Seite parat haben – man blättert auch so schon genug in diesem Comic. Somit wird übrigens neben dem Buch auch dringend ein Stift benötigt.

Ablauf... wie in früheren Rollenspiel-Solo-Abenteuern oder bspw. in der Jugendbuchreihe 1000 GEFAHREN von Ravensburger erlebt man bei den Spiele-Comics einen Ausschnitt aus einer Story und muss sich dann entscheiden, wie diese weiter gehen soll. Gesteuert wird das über die Zahlen, mit denen die einzelnen Comic-Ausschnitte versehen sind. In SHERLOCK HOLMES – DIE VIER FÄLLE ist die Story aber ein wenig eingeschränkter. Meist sieht man sich erst an einem Tatort um und beginnt dann mit den Befragungen von Zeugen. Die Geschichte ist recht stringent und man folgt eher einem festen Drehbuch. Am Ende eines Falles legt man sich auf einen Verdächtigen fest und beginnt dann mit einem neuen Fall. Zwischendurch trifft man immer wieder auf kleine Sonderrätsel von Holmes Erzfeind Moriarty.
Während des "Spielens" sollte man immer genau die Bilder absuchen. Einerseits natürlich nach Indizien und versteckten Hinweisen, andererseits aber auch nach einzelnen Tasten einer Schreibmaschine – diese haben am Ende eine wichtige Bedeutung.
Das gefällt mir nicht so gut: Vor Beginn der Ermittlungen kann man sich aussuchen, ob man Holmes oder Watson spielen will. Watson ist etwas leichter zu spielen (z.B. bekommt er Hinweise von Holmes oder aber darf bei der Befragung der Zeugen eine Frage mehr stellen), aber tiefgreifend unterscheiden sich die beiden Charaktere kaum. Es gibt also keine alternativen Handlungsstränge oder ähnliches.
Aus diesem Grund wird man den Charakter nur wechseln, wenn man bei der finalen Aufklärung nicht erfolgreich war. Bei erfolgreicher Aufklärung gibt es zwar eine Skala (nach welcher der eigene Erfolg gemessen werden kann) mit dem Hinweis, es für einen größeren Erfolg nochmals zu versuchen. Aber ganz ehrlich: selbst wenn ich die Fälle auch nur so mehr schlecht als recht aufgeklärt habe: mit dem Wissen der Auflösung macht ein nochmaliges Durchspielen kaum Spaß.

Was auch daran liegt, dass die Handhabung durchaus Arbeit macht. Ständig ist man am vor und zurück blättern. Anders als bei den meisten anderen Abenteuerbüchern kehrt man bei SHERLOCK HOLMES – DIE VIER FÄLLE oftmals an bestimmte Ausgangsorte zurück. Ich habe wohl mit etwa drei Lesezeichen gespielt und war trotzdem manchmal genervt von den gefühlten Wiederholungen.
Als Altersempfehlung wird "ab 8 Jahren" angegeben und der gewählte Zeichen-Stil passt sich dieser Altersangabe an. Allerdings halte ich sie für viel zu niedrig gegriffen. Insbesondere die Zusatz-Rätsel von Moriarty halte ich schlichtweg zu schwer für dieses Alter. Somit ist in meinen Augen bei dieser Zielgruppe Frust vorprogrammiert. Zumal man auch wirklich an den Fällen dran bleiben muss. Mal schnell so 10 Minuten spielen und in zwei Tagen dort weitermachen – das wird schwierig. Also am Besten immer die einzelnen Fälle abschließen, was durchaus so 30 Minuten für einen Fall in Anspruch nimmt.

Wie immer bei diesem Format gilt: man muss schon ehrlich zu sich selbst sein. Denn natürlich kann man spicken und einfach mal quer blättern – in der Hoffnung so einen geheimen Hinweis zu erlangen. Aber dann nimmt man sich selbst den Spaß. Vorzuwerfen ist es dem Format aber nicht – die Auflösung der Fälle ist so gut es geht "gesichert".
Das gefällt mir gut: Wie schon beim anderen SPIELE-COMIC RITTER bekommt das Prinzip Abenteuerbuch durch die Bilder eine neue Dimension. So muss man nicht nur auf den Text achten, sondern sich auch intensiv mit der Umgebung der Charaktere auseinander setzen. Dabei wird meiner Meinung nach gut die Waage gehalten. Man braucht einerseits die Optik für die erfolgreiche Lösung, aber man muss auch auf das gesprochene Wort achten – wie es sich für gute Detektive gehört.
Die Fälle sind durchaus knackig. Trotzdem hatte ich nicht das Gefühl, dass etwas an den Haaren herbei gezogen ist, sondern sie waren in sich schlüssig. Wie immer bei Rätseln gilt es: ein zweiter Geist ist hilfreich. So haben wir durchaus gemeinsam über dem SPIELE-COMIC gehangen und die weiteren Schritte diskutiert. Notwendig ist das aber nicht. SHERLOCK HOLMES – DIE VIER FÄLLE lässt sich natürlich auch problemlos alleine spielen.
Die Macher von SHERLOCK HOLMES – DIE VIER FÄLLE waren scheinbar schon sehr von ihrer Idee überzeugt (nicht zu unrecht). Denn es gibt einen schönen geheimen Cliffhanger zu TEIL 2 – DIE MORIARTY-AKTE, der auch schon bei Pegasus auf deutsch erschienen ist. Ich bin gespannt, ob darin vielleicht ein paar Anspielungen auf diesen ersten Teil zu finden sind.
Fazit: In der Einleitung wies ich schon darauf hin, dass mit SHERLOCK HOLMES – DIE VIER FÄLLE nun kein Abenteuer, sondern ein Krimi in Comicform vorliegt. Wie es sich für einen Krimi gehört, will man selbst die Fälle aufklären. Dabei wird auch deutlich, dass das nicht durchgehend spannend ist und auch Arbeit machen kann – wahrscheinlich sind echte Kommissare auch von den vielen Befragungen genervt. Trotz einiger Schwächen in der Handhabung kann ich allerdings auch diesen SPIELE-COMIC durchaus empfehlen.
Titel | Spiele-Comic Sherlock Holmes – Die vier Fälle |
Autor | CED |
Illustrationen | ? |
Dauer | 30 bis 45 Minuten pro Fall |
Spieleranzahl | 1 Spieler |
Zielgruppe | Rätselfreunde |
Verlag | Pegasus |
Jahr | 2017 |
Howdy,
kann deinen Eindruck bestätigen: das Rumblättern war teilweise ganz schön nervig und hat mir irgendwie den Spaß genommen. An sich eine nette Idee, nur etwas unsauber in der Handhabung.
Gruß
Bandida