The Game von Steffen Benndorf – erschienen im Nürnberger-Spielkarten-Verlag

Es gibt Spieletitel, die haben das gewisse Etwas! THE GAME gehört sicherlich dazu. Ich finde es bewundernswert unverfroren, ein kleines Kartenspiel einfach mal so als DAS SPIEL zu bezeichnen. Zusammen mit der sehr eigenen Cover-Gestaltung hat man damit erfolgreich einen ersten Reizpunkt gesetzt. Also aus Gründen des Marketing alles richtig gemacht, wenn man an die jährlicher Neuheitenflut denkt. Im Alltag macht dieser Titel aber Probleme – wahrscheinlich noch mehr im englischsprachigen Raum. Als Selbstversuch sollte man einfach mal THE GAME in die Suchmaske von BoardGameGeek oder Luding eingeben.
Thema... Besiege das Spiel! Punkt, Ende, Aus!

Illustrationen... sind natürlich von Oliver Freudenreich – schließlich handelt es sich bei THE GAME um ein Spiel vom Nürnberger-Spielkarten-Verlag. Aber richtig viel Arbeit hatte der Illustrator dieses Mal wahrscheinlich nicht, wird doch seine Cover-Grafik auch für die Karten verwendet. So müssen wir uns dauerhaft mit diesem Horror-Gesicht herumschlagen. Der gewählte Stil ist dabei ähnlich mutig wie der Titel. Ich kenne einige Mitspieler, die diesen Stil aus Prinzip ablehnen jedoch bei einer Gestaltung wie bspw. 6 NIMMT! mitgespielt hätten. Das muss der Redaktion bekannt sein – und trotzdem haben sie sich bewusst für den aktuellen Stil entschieden. Chapeau!

Ausstattung... 102 Karten in bewährter Qualität. 98 davon sind mit den Zahlenwerten 2 bis 99 bedruckt, die restlichen vier Karten zeigen mit Pfeilen die einzelnen Ablegereihen an. Es fehlt der USB-Stick mit entsprechender Grusel-Musik. 😉
Ablauf... ist denkbar leicht zu erklären: THE GAME ist ein kooperativen Spiel – besiegt das Spiel, in dem ihr alle Karten ablegt!
In zwei Reihen darf man aufsteigend ablegen (also auf eine 15 bspw. eine 23) und in zwei weiteren Reihen absteigend (bspw. eine 54 auf eine 72). Dabei gibt es allerdings einen Clou: man kann entgegen die Richtung ablegen, wenn der Kartenwert genau um 10 kleiner oder größer ist. Wenn man also auf den aufsteigenden Stapel erst eine 33 auf eine 28 legt, kann man dann mit einer 23 den Stapel wieder nach unten leveln.

Das Ganze klingt einfacher, als es sich dann in der Realität spielt. Denn natürlich gibt es noch kleine Gemeinheiten. So ist THE GAME zwar kooperativ, aber natürlich darf man nicht über einzelne Kartenwerte reden, die man auf der Hand hält. Außerdem muss man in seinem Zug mindestens zwei seiner Handkarten spielen (die Handkartenanzahl ist abhängig von der Spielerzahl). Ohne Wenn und Aber. Da können die Mitspieler stöhnen und fluchen wie sie wollen: zwei Karten sind mindestens zu spielen!
Das gefällt mir nicht so gut: Gutes Mischen ist schon eine Grundvoraussetzung in der Spielvorbereitung. Der Spielreiz fällt doch sehr ab, wenn zu oft einzelne Zahlenreihen auf der Hand sind. Dabei muss man dann akzeptieren, dass die Kartenverteilung mal glücklich und mal unglücklich sein kann. Manchmal hat man von Anfang an kaum eine Chance. Aber so etwas ist nicht wirklich zu vermeiden und letztlich zu akzeptieren.
Ansonsten hängt natürlich viel von den einzelnen Gruppen ab. Wenn man sich nicht auf diese Art von Spiel einlassen will/kann, dann ist der Spielspaß nicht sehr ausgeprägt. Für manche Mitspieler ist die Art der Gestaltung ein No-Go, was ich so zwar nicht empfinde, aber trotzdem nachvollziehen kann. Zusätzlich hängt vieles davon ab, wie die Kommunikation zwischen den Spielern abläuft. Wenn gegen die Regel eindeutige Zahlenwerte genannt werden, dann ist THE GAME zu einfach und relativ belanglos. Erst durch die Zwänge des Ablegens bei Ungewissheit der Zahlenwerte kann THE GAME seinen Reiz entfalten.

Das gefällt mir gut: Im besten Fall zieht einen THE GAME richtig in den Bann. Es ist erstaunlich, wie man sich wirklich dem Spiel ausgesetzt fühlen kann. Wenn dann von jedem Mitspieler durch Zurufen ein oder zwei Reihen für deren Karten blockiert werden ("da nicht anlegen, da habe ich eine super Karte für"), dann fühlt man sich schon verzweifelt: und wo soll ich nun meine Karten ablegen? Schließlich muss ich doch auch meine Karten loswerden!
Natürlich entscheidet man sich dann für den falschen Stapel – und schon kochen die Emotionen hoch! Es ist faszinierend zu beobachten, wie man sich von einzelnen Zahlenkarten so emotional berühren lassen kann. Natürlich ist es nur ein Spiel – es ist aber eben auch DAS SPIEL. 😉
Wichtig ist es, dass die Gruppe das richtige Maß an Kommunikation findet. Da kann die Regel in Ausnahmefällen vielleicht auch mal arg gedehnt werden ("meine Karte ist nah an der 58 dran, sehr sehr nah"). So lange das nicht der Normalzustand ist und alle daran ihren Spaß haben, dann ist das meiner Meinung nach schon in Ordnung. Zumal sich recht schnell der Ehrgeiz einstellen wird, das Spiel auch ohne solche Regelbeugungen zu besiegen.
Das Spiel skaliert auch gut zwischen den einzelnen Spieleranzahlen. Je mehr mitspielen, desto weniger Handkarten haben diese zur Verfügung – und müssen trotzdem zwei dieser spielen. So macht THE GAME in jeder Konstellation Spaß. Auch als Solospiel ist es durchaus geeignet.

Fazit: Manchmal hört man gerne den Vorwurf: man wird von dem Spiel gespielt. Bei THE GAME ist dies das Konzept! Allerdings will man sich nicht vom Spiel besiegen lassen, weswegen meist die Emotionen hoch kochen. Für mich ist es vielleicht nicht DAS kooperative Spiel, aber auf alle Fälle ein sehr gutes!
Titel | The Game |
Autor | Steffen Benndorf |
Illustrationen | Oliver Freudenreich |
Dauer | 20 Minuten |
Spieleranzahl | 1 bis 4 Spieler |
Zielgruppe | Familienspiel |
Verlag | Nürnberger-Spielkarten-Verlag |
Jahr | 2015 |
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