Ein neues alea-Spiel war für mich eine Zeitlang immer eines der Höhepunkte im Spielejahr. In den letzten Jahren hat man allerdings das Gefühl, dass nur noch Neuauflagen bzw. Adaptionen bestehender Spiele auf den Markt kommen. Das kann dann auch mal etwas Gutes hervorbringen (BROOM SERVICE), im Großen und Ganzen hat man aber das miese Gefühl der Stagnation. Statt einer fünften Neuauflage von PUERTO RICO und einer x‑ten Kartenspieladaption bestehender Titel hätte ich gerne mal wieder etwas neues, frisches. Sehr gerne auch in einer "mittleren" alea-Box.
Aber da ich ja nicht weiß, warum es scheint, dass bei alea aktuell eher auf Sparflamme gekocht wird (Stephan Brück ist ja weiterhin ein fleißiger Redakteur bei Ravensburger), schwelge ich lieber im nostalgischen Blick zurück. So nun also meine Top-Liste der "mittleren" alea-Boxen. Früher gab es ja die schöne Aufteilung große, mittlere und kleine Boxen. Die kleinen Boxen sind aber recht schnell wieder eingestellt worden, dafür sind seit 2016 aber die sehr kleinen Kartenspielboxen hinzugekommen.
- LAS VEGAS von Rüdiger Dorn
- SAN JUAN von Andreas Seyfarth
- LOUIS XIV von Rüdiger Dorn
- ALEA IACTA EST von Bernd Eisenstein und Jeffrey D. Allers
- LA ISLA von Stefan Feld
LAS VEGAS war hier im Blog schon eine Meldung wert, als ich verkündete, dass dieses Spiel nun bei Yucata online zu spielen ist. Am realen Spieletisch macht das Spiel aber bei weitem mehr Spaß. Denn zumindest wenn ich dabei bin, wird jeder Würfelwurf lautstark kommentiert. Da LAS VEGAS im Grund ein reines Zockerspiel ist, störe ich damit auch keinerlei Konzentration. Vielmehr helfe ich ganz selbstlos über die rauen Klippen der Wahrscheinlichkeitsrechnung hinweg.
Die thematische Einkleidung mit den Casinos ins Las Vegas ist äußerst gut gelungen. Etwas taktischer wird das Spiel über verschiedene zusätzliche Elemente, die größtenteils in der Erweiterung LAS VEGAS BOULEVARD enthalten sind. Wer aber auf der Suche nach einem kleinen komplexen Hirnverzwirbler ist, der ist bei LAS VEGAS völlig fehl am Platze. Dafür bekommt man aber ein Würfelspiel mit hohem Spaßanteil. Zündet eigentlich in jeder Runde und lockt selbst Spielemuffel aus der Ecke.
SAN JUAN bedient ein ganz anderes Publikum. Eigentlich ist es "nur" das Kartenspiel zum großen Bruder PUERTO RICO (eines meiner absoluten Lieblingsspiele). Jedoch ist SAN JUAN definitiv eigenständig genug, um nicht lediglich als "Abklatsch" wahrgenommen zu werden. Durch die wesentlich kürzere Spielzeit und einen ganz anderen Rhythmus spielt es sich lockerer als der große Bruder.
Ich habe SAN JUAN gerne im Reisegepäck dabei, da es schön kompakt ist (es wurde ursprünglich auch in der kleinen alea-Box vertrieben) und es auch gut zu zweit gespielt werden kann. Zusätzlich lässt es sich auch gut mit Neulingen spielen, die dann ganz fasziniert sind, wie multipel man Karten nutzen kann. Und wer es nicht kennt und gerne einmal ausprobieren will, der kann dies ebenfalls bei Yucata machen.
LOUIS XIV ist sicherlich das komplexeste Spiel in dieser Liste – was sich auch dadurch zeigt, dass es 2005 den Deutschen Spielepreis gewann. Ganz aktuell sind die Planungen an einer leicht veränderte Wiederauflage mit verändertem Thema (MAFIOZOO).
Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob mir diese Wiederauflage genauso gut gefallen wird wie LOUIS XIV. Denn hier überzeugt mich insbesondere die stimmungsvolle Grafik von Franz Vohwinkel und ich finde auch die thematische Einbindung der Spielmechanik an den Hofe des Sonnenkönigs äußerst gelungen. Dabei wird versucht den Einfluss über wichtige Personen des Hofstaats zu gewinnen, die einem dann wieder bestimmte Privilegien gewähren. Vorbildlich gibt einem die Spielregel auch einen kleinen historischen Abriss zu den im Spiel beteiligten Persönlichkeiten. Eigentlich bin ich kein großer Fan von Mehrheitenbildungen – aber wenn sie so spannend umgesetzt sind, wie in LOUIS XIV, dann springe ich gerne über diese Hürde und spiele begeistert mit.
Bei ALEA IACTA EST fällt einem als erstes die grafische Aufmachung auf. Man könnte meinen, Albert Uderzo wäre der Grafiker dieses Spiels gewesen.
Ganz dem Namen gerecht werdend, sind hier die Würfel am Werke. Neben dem notwendigen Glück ist auch die ein oder andere taktische Entscheidung zu treffen und man kann auch ganz gut seine Mitspieler ärgern. Mit gefällt es als nicht zu komplexes Würfelspiel sehr gut. Auch hier arbeiten die Autoren schon seit längerer Zeit an einer modifizierten Neuauflage. Immer mal wieder schreibt Bernd Eisenstein in seinem Blog dazu etwas. Ich bin mal gespannt, wie sich diese dann final spielen wird.
[Nachtrag: hier ist mir ein Fehler unterlaufen (siehe unten im Kommentar): Die Neuauflage ist schon erhältlich. Unter ORDER OF THE GILDED COMPASS ist die Neuauflage in Essen 2016 bei Grey Fox Games erschienen.]
LA ISLA ist meiner Meinung nach ein Spiel, was aufgrund der hohen Erwartungshaltung bei vielen Spielern gefloppt ist – auch wenn der dahinter liegende Mechanismus eingängig ist und Spielspaß vermittelt. Allerdings hat die Spieleszene aufgrund der Kombination Stefan Feld und alea wohl ein wesentlich komplexeres Spiel erwartet und somit über LA ISLA etwas die Nase gerümpft. Hinzu kommt noch eine etwas fragwürdige thematische Einkleidung, die auch ich eher störend als hilfreich empfinde.
Das Spiel als solches macht aber Spaß und funktioniert als schnelles Familienspiel sehr gut. Es sind interessante Entscheidungen zu treffen und es kann auch gut aus dem Bauch heraus gespielt werden – wobei man durchaus auch eine Portion Glück zum Spielsieg benötigt. Doch, doch, mir gefällt es als das, was es ist, ganz gut. Man kann aber berechtigterweise fragen, ob das Spiel unbedingt unter dem Label alea geführt werden musste, oder ob es nicht besser ein "echtes" Ravensburger-Spiel gewesen wäre.
Der ein oder anderen vermisst in dieser Liste sicherlich ein GLEN MORE von Matthias Cramer. Das war auch ein echter Härtefall. Die Spielmechanik finde ich schon klasse. Wenn ich aber ehrlich bin, würde ich im Zweifelsfalle immer die oben aufgeführten Spiele lieber spielen als GLEN MORE. Einerseits weil ich das Material bei GLEN MORE als zu klein und fuddelig empfinde, andererseits weil ich etwas unglücklich über die Mächtigkeit einzelner Plättchen bin. Hier wäre ich wahrscheinlich wirklich mal an einer Neuauflage interessiert (und nein, ich meine damit nicht KRAFTWAGEN).
Ebenfalls knapp vorbei an den Top‑5 schlitterte AUGSBURG 1520 von Karsten Hartwig. Dieses Versteigerungsspiel hat schon das gewisse Etwas, was es ihm zumindest ermöglicht, weiterhin in meinem Spieleregal zu verbleiben. Es muss aber damit leben, dass es ein Versteigerungsspiel ist, die bei uns eher selten auf den Tisch gelangen. Hat aber sicherlich auch etwas.
Schöne Übersicht. Die Neuauflage von Alea iacta gibt es aber schon länger als Order of the Gilded Compass. Schau in Bernds Blog/Shop.
Ah, super! Danke für den Hinweis zu ALEA IACTA EST – da habe ich wohl den Wald vor lauter Bäumen nicht gesehen. Das Setting ist nun natürlich ein ganz anders. Und sooo viel "länger" ist Essen 2016 nun auch nicht – irgendwie hatte ich da nur PHALANXX von Bernd auf dem Schirm.
Hier auch noch die Links zum Spiel auf Bernds Website bzw. zum BGG-Eintrag:
http://www.irongames.de/order_of.php
https://boardgamegeek.com/boardgame/200924/order-gilded-compass