Village von Inka und Markus Brand – erschienen bei eggertspiele
Wie schon letzte Woche bei der Top-Liste zu Spielen von Inka und Markus Brand angekündigt, heute ein paar ausführlichere Worte zur dortigen Nummer 1: VILLAGE. Dass darin mein Lieblingscharakter von Terry Pratchett eine zentrale Rolle spielt, verleitet mich nicht dazu, diesen Blogbeitrag nun IN GROSSBUCHSTABEN ZU SETZEN – dieses Stilmittel überlasse ich dem Gevatter (und wende es nur an, wenn ich Spieltitel ausschreibe).
Thema... Jeder Spieler lenkt die Geschicke einer Familie – über mehrere Generationen hinweg! Dabei werden die Familienmitglieder vom eigenen Hof entweder ins benachbarte Dorf oder sogar in die Ferne geschickt. Dort sollen sie für Ruhm und Ehre sorgen. Doch eines gilt es bei allem zu bedenken: der Mensch ist nicht unsterblich und kann nicht unendlich arbeiten. Wohl dem, der während seines Lebens für so viel Anerkennung gesorgt hat, dass er schlussendlich in der gemeinsamen Dorfchronik erwähnt wird.
Grafik... ist von Dennis Lohausen, den ich hier im Blog schon oft genug überschwänglich gelobt habe. Bei VILLAGE kann ich damit weitermachen, denn wiederum fühle ich mich als Spieler perfekt durch das Spiel geleitet. Die Symbolsprache ist klar und verständlich, die Illustrationen sind natürlich Geschmackssache. Mir gefallen sie aber sehr gut.
Ausstattung... ist so, wie man es glücklicherweise von eggertspiele gewohnt ist: Holzmarker und Papp-Plättchen im Überfluss. Dazu noch persönliche Spielertableaus und Aufbauhilfen sowie Übersichtskärtchen. Auffallend sind zwei Leinenbeutel sowie der Aufkleberbogen für die Spielfiguren. Denn anfangs gilt es, die 11 Spielfiguren mit Generationen-Aufkleber zu bekleben. Somit wird deutlich, welche Figur welcher Generation angehört (die Generationsfolge geht dabei von 1 bis 4).
Ebenfalls in gewohnt sehr guter Qualität ist die Spielregel. Diese führt einen sehr anschaulich und deutlich durch das Spielgeschehen. Die unterschiedlichen Farbgebungen von Sinneinheiten sind für mich ein Markenzeichen von eggertspiele geworden – auch wenn immer mehr Verlage glücklicherweise dieser Kenntlich-Machung folgen.
Ablauf... wird hauptsächlich durch verschieden farbige Einflussteine gelenkt. Zu Beginn einer jeden Runde werden eine Menge Aktionsfelder mit diesen Einflussteinen (bzw. Peststeinen) zufällig aus einem der Leinenbeutel bestückt. Will man das entsprechende Aktionsfeld nutzen, muss man einen dieser Steine in seinen Vorrat nehmen. Anschließend kann man dann die Aktion nutzen. Liegen am Aktionsfeld keine Steine mehr, kann man die Aktion in der Regel auch nicht mehr nutzen. Die einzelnen Aktionen sind sehr vielfältig und eine ausführliche Regelerklärung überlasse ich gerne anderen. Zwei-drei Punkte will ich dabei aber hervorheben.
In VILLAGE existiert die Währung Zeit! Immer wenn man eine Aktion durchführt, die Zeit kostet, muss man einen Marker auf der eigenen Zeitleiste voran schreiten lassen. Überschreitet dieser Marker einen bestimmten Punkt, stirbt eine der ältesten Spielfiguren. Erst sind das Spielfiguren der ersten Generation, dann der zweiten usw. – allerdings kann der Spieler selbst festlegen, welche Figur der "tödlichen" Generation stirbt. Man begeht also äußerst aktive Sterbehilfe. Warum? Es hat eine große Bedeutung, auf welchem Ort diese Figur gerade stand. Denn die Dorfchronik hat nur eine bestimmte Anzahl an freien Plätzen für verstorbene Mitglieder, die in der Ratsstube oder der Kirche gestorben sind. Und je mehr eigene Figuren in dieser Dorfchronik vorhanden sind, umso mehr Siegpunkte erhält man am Spielende.
Die gesammelten Einflusssteine benutzt man zum Durchführen der Aktionen oder um zusätzliche Aktionen möglich zu machen. Es ist also durchaus von Belang, welche Einflusssteine wo von welcher Farbe liegen. Die zusätzlich ausliegenden Peststeine ermöglichen zwar das Durchführen der Aktion, man muss aber zusätzlich seinen Zeitmarker um zwei Plätze in Richtung Tod verschieben.
Der zweite Leinenbeutel wird im Laufe des Spiel mit Spielfiguren bestückt. Am Ende einer Runde werden daraus dann Figuren gezogen und in die Kirche versetzt. Die kirchliche Laufbahn ist also nicht ganz so genau zu planen, wie andere Berufe.
Fast alle Aktionsfelder betreffen nur den Spieler, der dafür einen Stein genommen hat. Ausnahme ist der Markt, da nun alle Spieler am Markttag teilnehmen können. Hier werden nun Kundenwünsche erfüllt, was am Spielende natürlich auch wieder Punkte erzeugt. Aber gerade der Zeitpunkt des Marktauslösens kann manche Mitspieler hart treffen, wenn diese noch nicht die Waren beieinander haben, die sie gerne an die Kunden verkaufen hätte.
Die Chance auf einen Zweiteindruck... ist sehr hoch! VILLAGE hat nicht grundlos 2012 den Titel Kennerspiel des Jahres gewonnen. Wieder einmal zeigt sich, dass dieser Preis Spiele in den Fokus rückt, die auch eine Geschichte erzählen. Meist gewinnen aber dann die Spiele den Preis, die den geringsten Themenbezug haben. Bei VILLAGE war das glücklicherweise anders. Denn zumindest ich habe beim Spielen immer das Gefühl, dass hierbei wirklich Dorfgeschichte geschrieben wird. Mein Familienmitglied in der Schreibstube lebt meist länger als mein Schmied – letzterer muss körperlich auch schwerer arbeiten.
Trotzdem bin ich nicht ganz wunschlos glücklich mit der Einbindung der Sterben-Thematik. Mir ist das noch zu berechnend. Ich finde es unglücklich, dass ich als Spieler auswählen darf, welcher meiner Familienmitglieder nun sterben wird. Natürlich ist mir klar, dass dadurch das Spiel strategischer ist und viele Spieler einen zu großen Glücksanteil im Kennerspielsegment eher verabscheuen. Mir wäre es aber trotzdem lieber, wenn man hier z.B. einen weiteren Beutel-Mechanismus wie bei der Kirche oder dem Ziehen der Einflussteine angewandt hätte (für jede aktive Aktion meiner Figuren müsste man persönliche Zeitsteine dieser Dorfmitglieder in den Beutel werfen – und später wird dann aus dem Beutel gezogen, welche Person sterben muss). Das würde für mich besser die Unwägbarkeiten des Lebens abbilden. Aber ich bin eben auch ein Spieler, der mit einem der Thematik zuzusprechenden Glücksanteil sehr gut leben kann.
Nichtsdestotrotz ist VILLAGE für mich nach den ersten Eindrücken ein herausragendes Spiel. Für tiefer gehende Aussagen müsste ich es aber noch öfters spielen. Zumindest in den wenigen gespielten Partien konnte ich verschiedene unterschiedliche Strategien ähnlich erfolgreich spielen. Durch die zufällige Verteilung der Einflussteine sollte sich auch eine Strategie nicht unbedingt als "die eine Sieg bringende" herausbilden – zumal ja auch immer die Frage ist, welche Strategien die Mitspieler wählen. Hier ist also noch viel Raum für mich zum Erkunden gegeben – auch ohne die mittlerweile zwei erschienenen Erweiterungen.
Außerdem fände ich folgendes wünschenswert: wenn jemand mal auf die Idee kommt, typische Eurogames mit einem Legacy-Prinzip zu verbinden, dann sollte dieser bitte ein VILLAGE LEGACY entwickeln. Da könnte bestimmt was sehr interessantes dabei herauskommen!
Wichtiger Hinweis: Dies ist ein Ersteindruck nach wenigen gespielten Partien! Sehr subjektiv und durchaus auch abhängig von Tageslaune, Mitspielern und sonstigen Einflüssen. Bei grundsätzlichem Interesse empfehle das Lesen "richtiger" Rezensionen oder noch besser: ausprobieren!
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