Bastille von Christoph Behre – erschienen bei Queen Games

Wahrscheinlich jeder erwartet nun eine Einleitung, in der ich irgendeinen Bezug zur Französischen Revolution bzw. direkt zur Bastille herstelle. Dann erkläre ich, dass diese früher eine besonders befestigte Stadttorburg war, die später als Gefängnis genutzt wurde. Alles bekannt, oder? Aber wer kennt dahingegen die britische Band Bastille? Die wird wahrscheinlich nur ein One-Hit-Wonder bleiben. Obwohl man deren Song "Pompeii" sicherlich genauso gut als Themengrundlage für das Spiel BASTILLE hätte nehmen können. Denn das vorgegebene...
Thema... ist ziemlich dünn. Der Text auf der Rückseite der Schachtel fabuliert zwar etwas von den heißen Tagen vor der Französischen Revolution. Aber davon fühlen wir im Spiel nichts. Das Thema ist mehr ein Aufhänger, um Abläufe besser erklären zu können. Ein Sturm auf die Bastille gibt es im Spiel ebenso wenig wie damals, da dieses Ereignis historisch um einiges überhöht wurde.
Illustrationen… sind von David Cochard und Markus Erdt und gefallen mir sehr gut. Man merkt der Grafik an, dass beide schon öfters Brettspiele gestaltet haben. Die Symbolsprache ist eindeutig und man findet sich sehr schnell in allem zurecht. Zusätzlich gefällt mir der recht schnörkellose Stil, da dieser nicht langweilig oder bieder daher kommt, sondern eher klar und aufgeräumt.
Ausstattung… ist auf gewohnt hohem Queen Games Niveau. Da ist alles durchdacht und der Funktion angemessen. So ist die Box mit vielen Pappplättchen, Karten und persönlichem Material für die Spieler gefüllt. Dabei sind die großformatigen Wappen (bzw. "Einflussplättchen") der Spieler auffällig, da diese verschiedene Werte aufweisen.

Die Karten unterscheiden sich in Auftragskarten und Charakterkarten. Wobei ich Charakterkarten für einen unglücklichen Begriff halte. Fraktionen würde es besser treffen, stellen diese Karten doch Bauern, Soldaten, Adlige und Mönche dar.

Bei den Pappteilen gibt es die obligatorischen Münzen – aber auch Waffenplättchen, um damit später einzelne Mitglieder der Fraktionen spezifisch bewaffnen zu können (wobei Fackeln ganz pragmatisch für alle zählen). Zusätzlich sind manche Spielelemente auf Plättchen aufgedruckt, damit man eine größere Flexibilität beim Aufbau und damit beim Spielverlauf hat. Ach, und ein Beutel spielt auch noch eine wichtige Rolle.

Ablauf… im Grunde genommen ist BASTILLE ein Worker-Placement-Spiel. Statt Arbeiter werden nun aber die Wappen eingesetzt. Da die Wappen mit verschiedenen Werten versehen sind, liegt es nahe, dass diese eine besondere Bedeutung haben. Stimmt, denn je höher der dort aufgezeigte Einflusswert ist, desto eher darf man die Eigenschaft nutzen (bei Gleichstand wird das Wappen bevorzugt, dass zuerst gelegt wurde). Meistens ist das dann auch noch mit einem Bonus versehen.
Die einzelnen Orte sind recht konventionell gestaltet. Mal bekommt man Geld, mal besorgt man sich Aufträge oder neue Personenkarten. Natürlich gibt es auch noch einen Ort, bei dem man die eigenen Wappen aufwertet. Ein besonderer Ort sind auch die Katakomben. Wer diese besucht, wirft eigene Gefolgsleute (= Holzwürfel) in einen Beutel. Aus diesem wird dann zur Halbzeit und am Spielende eine bestimmte Anzahl gezogen und somit noch zusätzliche Boni an die Glücklicheren verteilt.
Wofür macht man das Ganze? Im Prinzip will man ganz viele Personen hinter sich scharen. Denn diese sorgen direkt und indirekt für die sagenumwobenen Siegpunkte. Indirekt deswegen, weil man u.a. über Auftragskarten für bestimmte Kombinationen mit zusätzlichen Punkten belohnt wird. Allerdings gilt es, die Personen auch zielgruppengerecht zu bewaffnen, da man ansonsten mit Punktverlust bestraft wird. Hier kommt nun die namensgebende Bastille ins Spiel. Denn dort liegen die Waffen, die man für die Revolution benötigt. Also sollte man dort als erstes Zugriff haben, was über eine eigene Leiste markiert wird.
Das gefällt mir nicht so gut: Ein dünnes Thema muss nicht schlecht sein. Wenn mich die Mechaniken überzeugen, dann benötige ich kein exotisches Thema. Mir reicht es, wenn das Thema nur begleitet und somit manche Sachen durch das zu benutzende Vokabular leichter zu erklären sind (hey, ich bin bekennender "Würfelschubser"). So ist das auch bei BASTILLE. Das Thema ist zwar aufgesetzt, aber jetzt nicht in irgendeiner Weise störend – bis auf die Katakomben. Wobei mich hier nicht nur die thematischen Fragen stören: Sind die Katakomben wirklich so gefährlich, dass sie wie schwarze Löcher fungieren? Ich schicke dort meine Gefolgsleute rein und hoffe, dass sie eines Tages wieder auftauchen – und wenn nicht, dann können deren Knochen zumindest in späteren Zeiten Abenteurer erschrecken? Mich stört viel mehr der damit verbundene Mechanismus, der meiner Ansicht dem Zufall zu viel Raum gibt. BASTILLE ist ein sehr taktisch geprägtes Spiel, bei dem es am Ende meist recht knappe Punktunterschiede zu verzeichnen gibt. Somit ist dann meist ausschlaggebend, wer mehr Glück beim Aus-dem-Beutel-Ziehen hatte. Diese zusätzliche Glückselement hätte es meiner Meinung nach überhaupt nicht gebraucht – zumal es eben auch thematisch nicht auf der Hand liegt. So kann ich nur feststellen, dass meiner Meinung nach der Katakomben-Beutel sowohl mechanisch als auch thematisch unnötig ist.
Auch frage ich mich, ob eine andere thematische Einbindung nicht noch etwas mehr Emotionen aus BASTILLE herausgekitzelt hätte. Denn so nett es sich spielen lässt, es fehlen etwas die Aha-Momente, die Situationen, an denen man sich vielleicht ein paar Tage später noch erinnert. Etwas respektlos gesagt plätschert BASTILLE lediglich vor sich hin. Ja, es unterhält, aber es fehlt der bleibende Eindruck, das besondere Etwas, was es von anderen Spielen abhebt. Hier hätte vielleicht eine etwas mutigere Themenwahl oder Gestaltung helfen können. So bleibt einem BASTILLE als grundsolide im Gedächtnis – aber reicht das heutzutage?

Für das Grundspiel gibt es noch eine kleine Variante. Normalerweise werden die Auftragskarten (für die es am Ende eine Menge Punkte gibt) aus einem verdeckten Stapel ausgesucht. Dabei ist das Angebot aber grundsätzlich bekannt (alle Aufträge sind auf einer Spielerhilfe sogar extra aufgeführt). So kann man im Laufe des Spiels auf bestimmte Aufträge hinspielen, wobei immer ein wenig die Spannung vorhanden ist, ob der gewünschte Auftrag noch vorhanden ist. Denn einerseits bekommt jeder zu Anfang des Spiels einen Auftrag zufällig zugelost, andererseits wird sich natürlich während des Spiels kräftig aus dem Angebot bedient. Wobei man schon ganz gut abschätzen kann, auf was für Aufträge die Mitspieler aus sind. Das System funktioniert recht gut, weil es genau die richtige Mischung aus Planung und Unwägbarkeit besitzt. In der Variante werden nun aber diese Auftragskarten in zwei zufällige Stapel unterteilt und man darf dann nur noch aus einem sich einen Auftrag aussuchen. Nun benötigt man also noch Glück, den richtigen Stapel zu greifen, wenn man auf einen bestimmten Auftrag aus ist (oder eben ein gutes Gedächtnis, was bei mir bei aber bei 20 Karten an die Grenzen stößt). Dieses Element gefällt mir weniger gut und ich bin zufrieden, dass es lediglich als Variante angeboten wird – auf die von uns gerne verzichtet wird.
Das gefällt mir gut: BASTILLE ist ein schönes Einsteigerspiel im Worker-Placement-Bereich. Ich bin mir allerdings etwas unsicher, ob ich es nun eher in den Familien- oder den Kennerspielbereich einordnen soll. Letztendlich habe mich für die Einordnung als Kennerspiel entschieden, da doch eine Vielzahl von kleinteiligen Regeln besteht. Allerdings sind diese durch die wieder einmal vorbildliche Regel und die klare Gestaltung des Spielplans sehr leicht zu vermitteln und zu begreifen. BASTILLE ist eingängig und hat deswegen keine große Zugangshürde. Zusätzlich sorgen die variablen Bonusplättchen neben den zufälligen Kartenverteilungen für eine ausreichende Varianz, so dass man nicht das Gefühl hat, dass sich eine Partie der anderen gleicht.

Während des Spiels gilt es dann, viele kleine taktische Entscheidungen zu treffen. Da gilt es, Prioritäten zu setzen. Denn natürlich wäre man gerne Startspieler, um dann vielleicht als erstes bei der Auswahl der Personenkarten zugreifen zu können. Aber genauso braucht man auch Geld, das wie immer knapp ist. Aber am Ende benötigt man auch Waffen und Aufträge. Zusätzlich ist es natürlich unabdingbar, seine Wappen aufzuwerten. Dieses Element der stärker werdenden Arbeiter kennt man gut aus LANCASTER, was ebenfalls bei Queen Games erschienen ist. Dort überzeugt es mich sogar noch ein wenig mehr, wenn es auch bei BASTILLE seinen speziellen Reiz ausübt. Denn hohe Wappenwerte haben natürlich ein gewisses Drohpotential. Allerdings benötigt man auch ein paar Runden, damit man diese hohen Werte zur Verfügung hat. Und wären dann nicht andere Aktionen zielführender gewesen?
Eine große Stärke von BASTILLE ist sicherlich die Schnelligkeit der vielen kleinen Züge. Man ist eigentlich immer involviert und hat auch noch ausreichend Möglichkeiten, selbst wenn man am Ende der Zugreihenfolge sitzt. Denn mehrere Wege führen zum Ziel. Die Auftragskarten aber auch die verschiedenen Zwischenwertungen lassen unterschiedliche Schwerpunkte zu – ohne diese allerdings all zu kompliziert werden zu lassen. Trotzdem geben diese unterschiedlichen Schwerpunkte den notwendigen Raum, um sich eigenständig im Spiel zu entwickeln.
Fazit: BASTILLE hat ein wenig das Problem, dass es bei mir zu wenig Emotionen auslöst. Es ist grundsolide entwickelt und umgesetzt – fühlt sich dadurch aber auch etwas belanglos an. Es fehlt ein wenig an Würze, um wirklich herausstechen zu können. Das alles klingt nun negativer, als es gemeint ist (und ist wahrscheinlich auch deswegen ein wenig zugespitzt, da ich doch viele unterschiedliche Spiele in kurzer Zeit auf den Tisch bekomme). Vor allem Einsteiger in das Hobby wissen allerdings BASTILLE zu schätzen. Es überfordert nicht und bietet genug Möglichkeiten, das Spiel zu entdecken.
Titel | Bastille |
Autor | Christoph Behre |
Illustrationen | David Cochard und Markus Erdt |
Dauer | ca. 60 Minuten |
Spieleranzahl | 3 bis 4 Spieler |
Zielgruppe | Heraldik liebende Kennerspieler? |
Verlag | Queen Games |
Jahr | 2018 |
Ich bedanke mich bei Queen Games für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars. Ich bin mir sicher, dass durch diese Bereitstellung meine Meinung nicht beeinflusst wurde. Die Besprechung spiegelt meine gemachte Erfahrung wider.
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