Calico von Kevin Russ – erschienen bei Ravensburger
Bei dem niedlichen Cover von CALICO würde sich nun eine Einleitung anbieten, in der man bspw. darüber spekuliert, ob ein Produkt in der heutigen Zeit erfolgreicher ist als andere, wenn dadurch Cat Content geschaffen werden kann. Wenn man die vielen Bilder von CALICO in den sozialen Medien sieht, dann wäre das keine all zu steile These. Allerdings interessierte mich vielmehr die Frage, woher eigentlich der Begriff 'Calico' kommt. Natürlich wurde ich auch dazu in den Tiefen des Internet fündig. Denn 'Calico' ist eine besondere Form des Schildpattmusters, einer besonderen Fellfärbung bei Katzen.
Thema... Wir nähen im Wettbewerb zueinander jeweils einen farbenfrohen und kuscheligen Quilt. Allerdings nicht in erster Linie dazu, um uns selbst darin einzumummeln, sondern vielmehr wollen wir ganz viele Katzen anlocken. Die dadurch notwendige Fusselbürste ist jedoch noch nicht Bestandteil des Spiels.
Illustrationen… wurden von Beth Sobel erstellt und sind herzallerliebst. Zugegeben, ich bin eher Katzen- als Hundefreund und somit auch leichte Beute. Aber die farbenfrohe Gestaltung macht schon Laune, zumal auch dabei an die Farbfehlsichtigen gedacht wurde. Manche Katzen lassen sich vielleicht schlecht voneinander unterscheiden, doch ist das zweitrangig, da im Endeffekt ohnehin nur die deutlich abgebildeten Punkte zu zählen sind.
Ausstattung… kommt anfangs etwas erschlagend daher, da man erst einmal massenweise massive Pappteile auspöppeln muss. Dann hat man über 100 sechseckige "Stoffteile" in der Box, unzählige Katzen- und Knopfmarker, Muster- und Aufgabenplättchen und auch noch doppelseitige Katzen-Tableaus. Zum Nachziehen der Stoffteile ist ein angemessen großer Beutel im Angebot und während des Spiels werden die dicken Stoffteile in noch dickere Tableaus eingesetzt.
Ablauf… CALICO kann man auf zwei Arten spielen. Dabei wird ganz gegen den Trend auf eine stufenweise Erhöhung der Komplexität verzichtet, denn die etwas komplexere Version ist als Standardversion ausgewiesen und die deutlich zugänglicher Version bildet lediglich eine Familienvariante.
In dieser Familienvariante versucht man für Siegpunkte einerseits viele gleichfarbige Flächen von mindestens drei Stoffteilen zu bilden und andererseits auch noch bestimmte Stoffmuster als zusammenhängende Flächen auszulegen. Welche jeweiligen Stoffmuster das sind, geben die einzelnen Katzen vor. Von den Katzen sind immer drei im Spiel und diese zeigen dann an, welche Voraussetzungen erfüllt werden müssen. Mal reicht es, eine bestimmte Anzahl vorweisen zu können, ein anderes Mal müssen bestimmte Formen aus diesen Stoffmustern gebildet werden.
Wenn einem das noch nicht knobelig genug ist, spielt man die Standardversion. Dafür liegen dann noch drei unterschiedliche Aufgabenplättchen an zentralen Ablagestellen im eigenen Tableau. Diese zeigen an, wie die Verteilung von Farben bzw. Mustern um diese Plättchen idealerweise aussehen sollten – denn das wird mit zusätzlichen Siegpunkten belohnt. Bei einer Aufgabe müssen bspw. sechs unterschiedliche Farben/Muster um ein Plättchen liegen, bei einer anderen Aufgabe nur zwei Farben/Mustern mit genau drei Plättchen. Theoretisch kann man das alles im Optimum auch erreichen, nur muss dann auch alles ideal laufen.
Denn die Auswahl der zu puzzelnden Stoffteile ist ziemlich begrenzt. Man hat lediglich zwei Stoffteile auf der Hand und muss eines davon in das eigene Tableau legen. Danach zieht man wieder ein Stoffteil nach – aus einer offenen Auswahl von lediglich drei Plättchen. Selbstredend liegt dort dann selten genau dieses eine Stoffteil, was man unbedingt noch bräuchte...
Für die wahren CALICO-Fans stehen dann noch Herausforderungen im Angebot. Diese verwenden bestimmte Regelbeschränkungen und Szenarien, die das Spiel noch ... herausfordender machen.
Das gefällt mir nicht so gut: mit der anspruchsvollen Standardversion verlässt CALICO meine Wohlfühlzone für diese Art Spiel. Denn dann fühlt sich CALICO für mich wie Arbeit an. Dauernd muss ich Pläne schmieden, abwägen, neu justieren und dabei am besten auch noch die Tableaus meiner Mitspielenden im Auge behalten. Das ist fordernd und für viele sicherlich auch spannend. Mir ist das ein Ticken zu viel, weswegen ich deutlich lieber die etwas entspanntere Familienversion spiele.
Dann bin ich auch nicht mehr so extrem von der sehr beschränkten Auslage abhängig. Die ist mir nämlich etwas zu unflexibel. Immer wieder kommt es vor, dass zwei der drei Plättchen von keiner Person gewollt sind, weswegen im Endeffekt immer das neu nachgezogene Plättchen genommen wird – bis auch ein drittes ungeliebtes Plättchen erscheint und dann jemand in den sauren Apfel beißen muss. Hier fehlt mir eine Möglichkeit, bspw. einmal im Spiel die Auslage neu zu bilden. Oder die Erlaubnis, ein Plättchen auch blind ziehen zu dürfen. Natürlich könnte man auch einfach die Auslage vergrößern oder die Plättchenanzahl auf der eigenen Hand erhöhen. Aber damit verändert sich auch das Spielgefühl deutlich. Diese Eingeschränktheit ist sicherlich gewollt und fördert auch die Spannung. Man bibbert mit beim Aufdecken des neuen Plättchen, man hofft und freut sich wie Bolle oder flucht wie ein Rohrspatz, wenn das Spielende immer näher kommt. Mir persönlich ist das aber etwas zu willkürlich. Da ist mir ein Auswahlsystem wie bspw. bei AZUL lieber. Warum nicht am Anfang bspw. 12 Plättchen offen auslegen und diese erst wieder auffüllen, wenn nur noch zwei oder drei Plättchen übrig sind? So etwas gefällt mir besser.
Zumal die schiere Menge an Plättchen auch schlecht eine Risikoabwägung zulassen. Man kann nicht wirklich damit rechnen, ob nun noch diese oder jene Farbe erscheinen wird. Wenn es unrund läuft, dann kommen bspw. überproportional viele Streifenmuster zum Vorschein und kaum gepunktete Plättchen. Das war bei uns anfangs noch verschärft, da sich in die Box scheinbar zwei-drei Stanzbögen zu viel eingeschmuggelt hatten und beim fünften Plättchen einer speziellen Farb-Muster-Kombination kritisch in der Anleitung nachgeschaut wurde – mit der Erkenntnis, dass jede Kombination eigentlich nur dreimal vorhanden sein sollte. Als wir dann die überzähligen Plättchen aussortiert hatten, lief das Ganze auch deutlich runder.
Das gefällt mir gut: Sowohl die Gestaltung wie auch die Ausstattung von CALICO sind schon sehr überzeugend. Die Tableaus mit Rand sorgen bspw. dafür, dass nichts verrutschen kann. Die Plättchen und auch der Sack fühlen sich wertig an und die Katzen sind nicht nur für Katzenliebhaber ein Hingucker. Das gesamte Spielmaterial ruft laut: spiel mit mir!
Allerdings ist das Spiel dann in der Standardversion kratzbürstiger, als es die niedliche Verpackung erwarten lässt. Ich finde es unglücklich, dass die Familienvariante nicht das eigentliche Standardspiel ist und die Aufgabenplättchen dann explizit als Modul genannt werden. Meiner Meinung nach wurde somit ein leichterer Einstieg verhindert und vielleicht unnötig manch interessierte Person abgeschreckt. Denn somit wird dann nicht erlebt, dass man problemlos auch innerhalb einer Gruppe beide Versionen mischen kann. Oder anders gesagt: ich kann in der Standardversion komplett auf die Aufgaben verzichten und mich nur auf die Farben und Katzen konzentrieren. Verzetteln sich die anderen dann mit den Aufgaben, habe ich sogar eine Siegchance.
Fazit: Wenn man sich frei davon macht, unbedingt das Optimum an Punkten holen zu wollen, dann kann CALICO ein entspanntes Legespiel sein, bei dem man sich an der wundervollen Gestaltung erfreuen kann. Möchte man allerdings voll auf Sieg spielen, dann beginnt das Gehirn zu rauchen und man wünscht sich eine andere Art der Plättchen-Auswahl. Aber warum dieser Stress? Machen wir es doch so wie die Katzen und nehmen CALICO lässig.
Titel | Calico |
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Autor | Kevin Russ |
Illustrationen | Beth Sobel |
Dauer | etwa 30 bis 60 Minuten |
Personenanzahl | 1 bis 4 Personen |
Zielgruppe | denklastige Familienspielrunden |
Verlag | Ravensburger |
Jahr | 2021 |
Hinweis | für die Besprechung wurde vom Verlag ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt |
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