Camel Up Cards von Steffen Bogen erschienen bei eggertspiele

Ein Trend dieses Spielejahres war sicherlich, das von "normalen" Brettspielen eigene Kartenspielableger auf den Markt kamen. Ganz groß an diesem Trend beteiligt war alea. Meiner Meinung nach aber nur mit einem mäßigen Ergebnis, kam doch kein Spiel auch nur ansatzweise an die großen Brüder heran. Anders dahingegen eggertspiele, die mich bspw. mit dem GLÜCK AUF! – DAS GROSSE KARTENSPIEL durchaus positiv überrascht haben. Stellte sich die Frage, ob das mit CAMEL UP CARDS ebenfalls gelang.
Thema... ist vom Brettspiel bekannt. Wieder werden Huckepack-Kamelrennen ausgetragen und wieder gilt es, die richtigen Wetten auf siegreiche und erfolglose Kamele abzugeben. Dieses Mal ist der Parcours aber flexibler – wenn auch nicht unbedingt platzsparender. Und es hat sich nun mit dem Wüstenfuchs ein fieser Geselle auf der Rennstrecke eingefunden, der gerne einmal die Kamele erschreckt!
Grafik... ist wieder von Dennis Lohausen und einfach top! Der gewählte comichafte Stil unterstreicht die spaßige Ausrichtung des Spiels perfekt. Wie immer sind auch kleine Gags in den einzelnen Illustrationen versteckt.

Ausstattung... umfasst eine Menge Karten. Diese unterteilen sich in Streckenkarten, Rennkarten, Geldkarten, Wettkarten und Vorbereitungskarten. Vorbereitungskarten? Ja, denn je nach Spieleranzahl wird die Rennstrecke länger oder kürzer. Außerdem werden auch die Rennkarten (diese ersetzen die Würfel aus dem Basisspiel) bei unterschiedlichen Spieleranzahlen anders verteilt. Zusätzlich gibt es noch die bekannten Stapel-Kamele als Holzfiguren sowie eine Palme und der oben angesprochene Wüstenfuchs.
Ablauf... folgt den bekannten Pfaden. Wieder gilt es, einerseits die Kamele zu bewegen und andererseits auf die Reihenfolge am Ende einer Etappe bzw. an Ende des Rennens zu wetten. CAMEL UP CARDS ist aber mehr als nur eine stumpfe Kartenadaption, sondern verändert an zwei-drei Stellen das Basisspiel deutlich.
Eine erste auffällige Änderung ist die, dass nun eine Streckenaktion durchgeführt werden muss. Zusätzlich kann man noch eine Wettaktion durchführen. Streckenaktionen sind entweder das Bewegen der Kamele durch die Rennkarten oder aber das Platzieren der Palme (beendet ein Kamel dort seine Bewegung, wird es sofort um ein Feld vorwärts gesetzt) bzw. des Fuchses (hier wird das Kamel bei einer Begegnung am Ende der Bewegung ein Feld rückwärts gesetzt) – dabei sind die entsprechenden Karten an sich zu nehmen. Bei den zusätzlich möglichen Wettaktionen kann man sich entweder Etappen-Wettkarten nehmen oder Final-Wettkarten. Erstere werden am Ende der Etappe ausgewertet, letztere am Ende der Partie.

Auch bei diesen Wettkarten gibt es eine Änderung zum Basisspiel. Einerseits ermöglichen die Etappen-Wettkarten nun auch Wetten für die mittleren Plätze und nicht nur auf die beiden ersten Plätze. Andererseits gibt es bei den Final-Wettkarten nur noch eine Karte pro Kamel. Wettet also ein Spieler darauf, dass das weiße Kamel gewinnt, so kann das nun kein anderer Spieler mehr ebenfalls tun.
Am Ende einer Etappe wird nun nicht nur auf die Etappen-Wettkarten geschaut, sondern auch, wer noch eine Palmen- oder Fuchskarte vor sich liegen hat – denn diese Spieler müssen nun ein Pfund Strafe bezahlen. Mit diesen Streckenbeeinflussungskarten (was für ein Wort!) verdient man mittlerweile also nicht mehr Geld, sondern kann schlimmstenfalls Geld verlieren.

Größte Änderung ist aber sicherlich das Fehlen der Würfel und damit die geänderte Beeinflussung der Kamele! Die Fortbewegung der Kamele wird nun über die Rennkarten gesteuert. Von jeder Kamelfarbe gibt es fünf Karten mit einer +1‑Bewegung und eine mit einer +2‑Bewegung. Je nach Spieleranzahl bekommt man anfangs einer Etappe einen bestimmte Anzahl Karten zufällig zur Verfügung gestellt. Davon wird ein Teil auf den Ablagestapel geworfen (stehen nun also nicht mehr für die Etappe zur Verfügung), ein Teil kommt in eine persönliche Reserve und der Rest wird zu einem gemeinsamen Rennstapel zusammengeführt. Dieser Rennstapel wird gemischt und bei Bedarf von oben nach unten abgearbeitet. Die Etappe endet, wenn dieser Rennstapel leer ist – unabhängig davon, ob Spieler noch Rennkarten in ihren persönlichen Vorräten besitzen. Durch diesen Karten-Mechanismus kann man nun aktiver die Kamele steuern – zumindest glaubt man es. Fakt ist, dass sich nun die Kamele innerhalb einer Etappe öfters bewegen. Ob man durch die Handkarten wirklich mehr beeinflussen kann, bin ich mir trotz vieler Partien nicht so sicher.
Das Rennen jedenfalls endet sofort, wenn mindestens ein Kamel die Ziellinie überquert. Dann erfolgt eine letzte Etappenwertung und die finale Endwertung. Gewonnen hat – Überraschung – wer das meiste Geld besitzt.

Ein Wort noch zu der Spieleranzahl. Theoretisch ist das Spiel für zwei bis sechs Spieler möglich – ob sich in allen Konstellationen auch Spielspaß einstellt, kann ich nicht beurteilen. Ich habe CAMEL UP CARDS eigentlich immer nur mit vier bis sechs Mitspielern gespielt. Einmal habe ich es auch zu dritt versucht, aber das kam wenig Spaß auf. Das 2‑Personenspiel hat mich dahingegen überhaupt nicht gereizt. Warum? Ich glaube nicht, dass das Spiel bei zwei Personen wesentlich taktischer wird oder gar ein Duell-Charakter erhält. Von den 30 Rennkarten werden vor der Etappe über die Hälfte (16 von 30) aussortiert. Der Glücksanteil, welche Karten überhaupt im Spiel sind, ist also ähnlich wie beim Mehrpersonenspiel. Dort kommt es dann aber zu wesentlich größeren Konkurrenzsituationen bei den Wetten, was für mich einen Großteil des Spielspaßes ausmacht (nämlich immer in Kombination mit entsprechender Frotzelei). Ich mag mich vielleicht täuschen, aber für mich ergab sich kein Anreiz, CAMEL UP CARDS zu zweit spielen zu wollen.

Das gefällt mir nicht so gut: Im Vergleich zum großen Bruder besitzt CAMEL UP CARDS nicht den hohen Auffordungscharakter – wobei dieser Vergleich nicht ganz fair ist, denn so ein tolles Gimmek wie die Würfelpyramide gibt es selten. So ist das ganze Handling bei CAMEL UP CARDS etwas fummeliger und der Verwaltungsaufwand ist höher. Negativ aufgefallen ist mir noch, dass man recht leicht auf das "ollste" Kamel spielen kann. Nimmt man sich frühzeitig die entsprechende Final-Wettkarte und sortiert dann konsequent die entsprechenden Rennkarten dieser Farbe aus, macht man es den Mitspielern schwer, hier noch etwas zu ändern. Zumal die Mitspieler meist mehr darauf bedacht sind, die Wertungen an der Spitze zu beeinflussen. Dann bin ich mir nicht so sicher, ob das Spiel wirklich besser zu steuern ist – dafür müsste mal ein Stochastiker eine entsprechende Abhandlung verfassen. Gefühlt ist es so! Wobei ich nach den ganzen Partie mittlerweile glaube, dass dies ein Trugschluss ist. Ist dieses falsche Gefühl schlimm? Nein, auf keinen Fall! Aber im finalen Vergleich ist mir das Würfelspiel lieber, da hier die Ergebnisse direkter vorliegen und mir das Abschätzen der Wahrscheinlichkeiten leichter fällt. Beim Kartenspiel kommt zusätzlich noch hinzu, dass man sich Karten merken sollte (welche habe ich gespielt, welche sind als offene Information im Rennstapel) – hier geht ein wenig die Leichtigkeit des Basisspiels verloren.
Das gefällt mir gut: Das Spielgeschehen ist flüssiger und alle Spieler sind immer am Renngeschehen beteiligt. Beim Basisspiel versucht man oft, das Würfeln und damit das Bewegen der Kamele zu verhindern. Hier muss man bei jedem Zug mehr oder weniger eine Bewegung durchführen. Damit einher geht eben auch das positive Empfinden, dass man aktiver in das Spielgeschehen eingreifen kann. Sehr gut gefallen mir auch die Modifikationen zu den Oase- bzw. Fata-Morgana-Plättchen. Insbesondere die Fata-Morgana-Plättchen konnten im Basisspiel unverhältnismäßig erfolgreich sein. Durch die nun eingeführte Palme bzw. den Fuchs und die damit verbundenen Strafzahlungen statt Belohnungen wird dieses Spielelement in der Regel nur noch dosierter eingesetzt – ohne, dass die lustigen chaotischen Ergebnisse durch diese Element aufgegeben werden müssen. Ich bin am Überlegen, ob ich diese Änderung auch dauerhaft in das Basisspiel übertragen werde.
Fazit: CAMEL UP CARDS bleibt ein lustiges leicht chaotischen Familienspiel. Hat es im Vergleich zum großen Bruder leichte Abzüge in der A‑Note wegen der etwas schlechten Haptik (da ist die Messlatte aber auch überragend hoch), weiß es in der B‑Note ebenfalls zu überzeugen. Ich finde es gut, dass sich das Spielgefühl etwas anders anfühlt – ohne aber seine Abstammung dabei zu verleugnen. Man hat sogar das Gefühl, dass man die Kamele etwas besser beeinflussen kann. Zusätzlich nehmen alle Spieler immer aktiv am Spielgeschehen teil. Mir persönlich ist aber das Würfelelement des großen Bruders etwas lieber – hier schätze ich die Direktheit der Würfel sowie die besser absehbaren Wahrscheinlichkeiten. Das ganze Spiel fühlt sich somit etwas fluffiger an, was seinem Charakter entspricht. Die C‑Note für die grafische Gestaltung ist übrigens bei beiden Spielen eine glatte 10,0.
Ich bedanke mich bei Pegasus für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars. Ich bin mir sicher, dass durch diese Bereitstellung meine Meinung nicht beeinflusst wurde. Die Besprechung spiegelt meine gemachte Erfahrung wider.
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