Rapa Nui von Klaus-Jürgen Wrede – erschienen im KOSMOS Verlag
Irgendwie ist es doof, ein Spiel (DIE BAUMEISTER DES COLOSSEUM) mit einem anderen (RAPA NUI) zu vergleichen, zu man selbst noch gar nichts geschrieben hat und somit auch nur über Umwegen etwas zu finden ist. Gut an einem eigenen Blog ist, dass man das leicht ändern kann.
Thema... Die Spieler übernehmen die Rolle eines mächtigen Stammeshäuptlings auf den Osterinseln. Diese holen sich Runde für Runde neue Personen ins Dorf oder bauen Moais (= Steinstatuen). Kämen dann nicht noch Opfergaben ins Spiel, dann hätte man das Spiel natürlich auch problemlos ins europäische Mittelalter verlegen können. So erfreuen wir uns über ein exotisches Setting. Allerdings wird dann im Spielverlauf am Tisch aus der Süßkartoffel doch die Rübe und aus der Papiermaulbeere eine Blume. Und über das Thema die Spielabläufe zu erklären, das wird schwierig.
Illustrationen... sind von Katja Miller, deren Mitwirken bei anderen Spielen mir nicht bekannt ist. So richtig gefallen mir die Illustrationen nicht, denn ich empfinde die gezeichneten Personen irgendwie künstlich und fahl. Ist natürlich nur Geschmackssache, aber schade finde ich es trotzdem. Die verwendete Symbolsprache ist aber schlüssig, so dass es an der Grafik objektiv nichts zu meckern gibt.
Ausstattung... besteht aus einer Menge Karten. Diese sind unterteilt in Rapa-Nui-Karten (Personenkarten bzw. Moais) und kleinere Opferkarten der vier Sorten Fisch, Papiermaulbeere, Süßkartoffel und Getreide. Zusätzlich sind noch kleine Pappmarker für Siegpunkte und Holz im Spiel – und nicht zu vergessen ist der Opferstein (allerdings nur aus Pappe).
Ablauf... ist an sich recht einfach, wenn, ja wenn, nicht die ganzen Sonderregeln wären. Nachdem man eine Rapa-Nui-Karte ausgespielt hat (meistens ohne direkte Konsequenz) wird aus einer anfänglichen Auslage von 4×4 gefächert ausgelegten Rapa-Nui-Karten wieder auf drei Handkarten ergänzt. Das Besondere daran ist, dass die somit letzte frei gewordene Karte eine Wertung auslöst. Erst wenn eine Spalte in der Auslage komplett leer ist, wird diese wieder auf vier Karten aufgefüllt. Meistens weiß man also, welche Wertung durchgeführt wird – manchmal muss man sich aber auch überraschen lassen.
Die Sonderregeln lassen die Erklärung des Spiels leider etwas ausufern, so dass viele Mitspieler ersteinmal geschockt sind, was für ein komplexes Biest ihnen da zugemutet wird – da hilft auch nicht der Hinweis auf die sehr guten Übersichten. Hat man das Spiel dahingehend schon eins-zwei Mal gespielt, fragt man sich, was denn daran so kompliziert sein soll.
Beispiele? Das Ausspielen der Karten kostet nichts – es sei denn, man spielt eine Moai-Karte aus (das hat Baukosten von 7 Holz zur Folge). Oder aber, man spielt zweimal die gleiche Jäger-und-Sammler-Karte aus, dann kostet es ein Holz (bzw. zwei Holz, wenn man drei gleiche Karten ausspielt). Mit Holzsammlern und Priestern darf man das aber nicht. Oder die Wertung: bei Holzsammlern, Priester und Moais ist die Höhe der Wertung abhängig von den ausgelegten Karten – bei den Jägern und Sammlern bekommt man aber immer nur maximal zwei zugehörige Opferkarten.
Den großen Reiz erlangt das Spiel durch die Opferungen. Immer wenn ein Moai gebaut wird, wird auch den Göttern gedacht. Dafür spielt jeder Spieler Opferkarte aus seiner Hand aus. Über die geopferten Karten wird beeinflusst, welche Opferkartensorte am Spielende mehr oder weniger wert ist (die am häufigsten geopferte Sorte ist am meisten wert usw.). So entsteht das Dilemma, dass man einerseits eine bestimmte Sorten pushen will, damit diese Karten am Ende viele Punkte bringen. Um aber die Sorte pushen zu können, muss man entsprechende Karten opfern. Zusätzlich wird hierbei noch der Reiz dadurch erhöht, dass nicht alle Opferkarten offen ausgespielt werden. Man weiß also nicht die genaue Verteilung der Opferkarten. Bedenkt man dabei, dass die am wenigsten geopferte Sorte am Ende überhaupt keine Punkte bringt, dann wird ersichtlich, dass hier schon aufmerksam gespielt werden muss. Zumal eigentlich immer nur die oberste Karte sichtbar sein soll. Da wir aber nicht akkurat ablegen, haben wir uns angewöhnt, die Karten zwar offen auszuspielen, dann aber gleich verdeckt abzulegen. Dann werden auch keine Informationen sichtbar, wenn man ungeschickt seine Karten ablegt.
Zusätzlich zu den Siegpunkten aus der Opferung am Spielende erhält man während der Partie auch noch Punkte über die Priester und evtl. über die Moais. Am Spielende (wenn der Nachziehstapel der Rapa-Nui-Karten leer ist) erhält man auch noch weitere Punkte für gebaute Moais und für nicht verbautes Holz.
Das gefällt mir nicht so gut: Eingängig ist etwas anderes. Neulinge haben ganz schon zu knabbern an den ganzen Spezialfällen. Somit ziehen sich erste Partien dann etwas in die Länge, was dem Spiel nicht gut tut. Hier kann man nur hoffen, dass sich diese Neulinge nicht zu sehr abgeschreckt fühlen vor weiteren Partien. An sich ist alles gut erklärt. Die Regel ist eindeutig und die Symbolik auch. Es lässt sich nur beobachten, dass das Spielprinzip nicht immer sofort auch in den Köpfen verankert ist. Deswegen mein Tipp: eine kurze Runde spielen (mit mehr Holz am Anfang, dass man auch ein Moai bauen kann) und mal eine Endwertung durchführen. Dann das Spiel neu und richtig beginnen.
Man darf den Glücksfaktor nicht unterschätzen – es ist eben ein Kartenspiel, bei dem es auch zu unwahrscheinlichen Kartenverteilungen kommen kann. Und je größer die Spieleranzahl ist, um so mehr ist man dem Glück ausgesetzt, weil sich zwischen den eigenen Zügen in der Auslage viel verändern kann. Allerdings ist das Spiel jetzt nicht komplett glücksgesteuert. Gute Spieler werden immer erfolgreicher sein als weniger gute. Bei gleicher Spielstärke ist aber eine Niederlage eher der Kartenverteilung und der damit falsch gewählten Strategie als dem eigentlichen Spielkönnen zuzuordnen.
Das gefällt mir gut: Die Verschachtelung der verschiedenen Element erschwert zwar den Einstieg, lässt dafür aber auch viele unterschiedliche Spielverläufe zu. Es gibt nicht die eine Strategie, die man stumpf spielen muss. Vielmehr gilt es die Auslage richtig zu lesen und auf die Entscheidungen der Mitspieler richtig zu reagieren. Die Wege zum Ziel sind dabei vielfältig.
Das Spiel ist ausgesprochen spannend, da die Endwertung der Opfergaben in der Regel nicht hundertprozentig vorhersehbar ist. Hier kann mächtig bei den verdeckten Opfergaben geblufft werden, so dass sich andere Ergebnisse einstellen, als von manchen Mitspielern erwartet werden. Auch das Auffüllen der Auslage-Spalten ist spannend, da man nicht weiß, welche Wertung dann durchgeführt werden wird. Kommt die notwendige Holzwertung oder die Wertung eine Opfergabe, für die ich gar keinen Jäger und Sammler habe? Hier wird mitgefiebert und es werden Emotionen geweckt. Somit hat RAPA NUI eine sehr schöne Spannungskurve die durch die Auswertung der Opfergaben am Ende ihren Höhepunkt erreicht.
Fazit: Mit RAPA NUI hat Klaus-Jürgen Wrede gezeigt, dass er nicht nur CARCASSONNE kann. Es ist zwar "nur" ein Kartenspiel, kann aber vom Spielreiz mit vielen größeren Artgenossen problemlos mithalten. Gut gefällt mir auch, dass RAPA NUI mit jeder Spieleranzahl gut spielbar ist.
Titel | Rapa Nui |
Autor | Klaus-Jürgen Wrede |
Illustrationen | Katja Miller |
Dauer | 30 bis 45 Minuten |
Spieleranzahl | 2 bis 4 Spieler |
Zielgruppe | Kennerspiel |
Verlag | KOSMOS |
Jahr | 2011 |
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