Fungi von Brent Povis – erschienen bei Pegasus Spiele

Da ich in Hessen beheimatet bin, sollte ich eigentlich großer Fan des hiesigen Apfelweins sein – insbesondere deswegen, weil ich direkt an großen Apfel-Steuobstwiesen wohne. Allerdings schmeckt mir Cidre oder Cider wesentlich besser als die hessische Variante des Äpfelweins (auch wenn zum Glück hiesige Kelterer auch regionalen Cider anbieten). Trotzdem freue ich mich immer, wenn es anstatt Wein oder Bier auch einmal Apfelwein in die Spielewelt schafft (wie z.B. bei OBEN UND UNTEN). Bei FUNGI ist es aber noch besser, denn hier wird stilecht ein leckerer Cidre als Veredelung jeden Pilzgerichts empfohlen. Wobei die alten Gallier um Asterix und Obelix sich ja nicht einig waren, wie man Champignons am leckersten zubereitet...
Thema... ist schon außergewöhnlich. Die Spieler konkurrieren darum, wer die leckerste Pilzpfanne brät. Dafür werden unterschiedliche Pilzarten im Wald gesammelt. Wer dabei einen größeren Korb hat, kann auch mehr zwischendurch sammeln. Allerdings soll der Geschmack der einzelnen Sorten auch zur Geltung kommen, weswegen Mischungen in den Pfannen verpönt sind – es muss schon sortenrein gebraten werden! Und wer noch Butter und Cidre dazu gibt, der wird mit extra Geschmackspunkten belohnt.

Grafik... ist von Jarek Nocon – und ist wunderschön! Wenn man die Illustrationen so sieht, dann bekommt man direkt Lust darauf, selbst zum Pilzsammler zu werden – insbesondere bei Vollmond. Allerdings haben die toll gestalteten Karten auch einen großen Nachteil: man muss an den Illustrationen die Karten unterscheiden. Es fehlt eine eindeutige Symbolik am oberen Rand, um die Karten im aufgefächerten Zustand schon erkennen zu können. So werden dauernd im Spiel die Karten auf der Hand hin und her geschoben und die Illustrationen verglichen, denn die dargestellten Werte sind sich zu ähnlich, um daran schnell die Karten unterscheiden zu können. Auch die Benennung der Pilze hilft nicht viel, da diese konsequent auf lateinisch erfolgt. Das ist bei Profi-Pilzsammlern scheinbar wirklich auch Usus, da es viele regional unterschiedliche Benennungen gibt – für Otto-Normal-Spieler aber eher hinderlich, da sich diese Namen nicht wirklich einprägen und schnell erfassen lassen.
Ausstattung... besteht nur aus Karten. Die größte Fraktion davon machen die sogenannten Waldkarten aus (alle Pilzsorten und die weiteren Spielkarten). Für die Verwaltung gibt es noch Stockkarten und Übersichtskarten. Zusätzlich sind auch noch Nachtkarten von den meisten Pilzsorten im Spiel, die im Spielverlauf andere Karten ersetzen.
Ablauf... aus acht Waldkarten wird der sogenannte Waldbereich gebildet. Die ersten zwei Karten bilden den Waldbereich zu unseren Füßen (was auch konsequent mit einer Füße-Karte dargestellt wird), aus dem wir immer problemlos Karten aufnehmen können. Die weiteren sechs Karten liegen im tiefen Wald. Um an diese Karten zu gelangen, muss man erst dort hin wandern, wofür man aber (Wander-)Stöcke braucht.

Neben dieser Auslage wird ein besonderer Ablagestapel gebildet: der sogenannte Verwesungsstapel. Dort werden nicht genommene Karten zwischengelagert. Erst wenn darauf eine fünfte Karte gelegt wird, kommen die untersten vier Karten auf den eigentlichen Ablagestapel und aus dem Spiel.

Ziel des Spieles ist es, gleiche Pilze zu sammeln und später auch zu braten. Dabei muss man immer mindestens drei gleiche Pilze und eine Pfanne parat haben, um diese entsprechend zu braten. Will man noch siegpunkträchtige Butter und Cidre dazugeben, dann benötigt man sogar mindestens vier bzw. fünf Pilze. Dummerweise gibt es aber auch ein Handkartenlimit von anfangs acht Karten, so dass man nicht unendlich sammeln kann – zumal man Handkarten nicht einfach abwerfen kann. Hat man nämlich sein Handkartenlimit erreicht und kann keine Karten ausspielen, dann muss man so lange aussetzen, bis man wieder handlungsfähig wird. Dies geschieht entweder durch eine Korbkarte, die das Handkartenlimit erhöht, oder durch das Nehmen der Fliegenpilzkarte. Durch den Fliegenpilz verringertes sich zwar kurzfristig das Handkartenlimit, aber man kann damit Karten abwerfen und ist später wieder aufnahmefähig.
Eine letzte Besonderheit sind noch die Mondkarten. Nimmt man eine solche auf, dann ersetzt man diese sofort durch eine Nachtkarte, auf denen wiederum Pilze abgebildet sind (die dann sogar wie zwei Pilze beim Braten bzw. der Endwertung zählen).

Ist man am Zug, dann kann man Karten aus dem Wald nehmen. Problemlos ist das aus dem nahen Bereich, schwierig wird es erst, wenn man Karten aus dem hinteren Bereich haben will. Dafür muss man Stockkarten abgeben, die es vorher zu erwerben gilt. Denn anstatt Pilze für Genusspunkte zu verbraten, kann man diese auch gegen Stockkarten tauschen, um später flexibler zu sein. Zusätzlich reicht es beim Stöcke erwerben aus, wenn man nur zwei Plize einer Art abgibt. Statt Karten aus dem Wald zu nehmen, kann man sich übrigens auch an dem Verwesungsstapel bedienen (sofern das Handkartenlimit das zulässt).
Am Ende des Spielzugs wird die dem Verwesungsstapel am nächsten gelegene Karte des Waldes auf den Verwesungsstapel gelegt und die Karten des Waldes in dessen Richtung nachgeschoben. Außerdem wird der Wald dann wieder auf acht Karten aufgefüllt.
Das Spielende erfolgt sofort, sobald die letzte Karte aus dem Wald genommen wurde. Dann werden die Siegpunkte gezählt, die durch das Braten der Pilze (Anzahl mal Genusswert) gewonnen wurde. Dabei besitzen manche Pilzsorten höhere Genusswerte als andere (und diese Sorten sind natürlich mit weniger Karten im Spiel vertreten).

Die Chance auf einen Zweiteindruck... ist eher gering. Das unverbrauchte Thema gefällt mir mit noch am Besten – auch wenn es natürlich etwas hinkt (bspw. wieso benötige ich mehrere Stöcke, um tiefer in den Wald zu wandern?). Mich stört der relativ hohe Verwaltungsaufwand (dauernd ist man am Karten nachziehen und verschieben) und die schlechte Übersicht der Karten. Diese sind zwar wunderschön gestaltet, aber durch die fehlenden eindeutigen Symbole leider unpraktisch im Gebrauch.
Spielmechanisch ist FUNGI natürlich ein reines Set-Collection-Spiel. Dieses Mal mit dem Kniff, dass es ein sehr restriktives Handkartenlimit gibt. Man sollte sich also schon genau überlegen, welche Karten man aufnimmt und welche nicht. Allerdings weiß man am Anfang noch nicht genau, wo die Reise hingeht und da will man sich auch gerne Optionen offen halten. Die offene Auslage der nächsten Karten lässt ein wenig taktieren, doch meist ist die Auswahl recht eindeutig – auch wenn man mal zockt und Karten absichtlich in den Verwesungsstapel gleiten lässt. Die Nachtkarten bringen neben der natürlichen ungewissen Kartenverteilung eine weitere Zufallskomponente ins Spiel, die allerdings am Spielende kaum noch wahrgenommen wird (es sei denn, man hofft auf einen Glückstreffer). Die Körbe sind oftmals das erste Ziel der Begierde, da sie einem im Spielverlauf einen größeren Handlungsspielraum ermöglichen. Gut gefällt mir das Element mit dem Fliegenpilz, um seine Karten wieder gezielt reduzieren zu können.
Alles in allem ein nettes und solides Spiel, was aber bis auf das ungewöhnliche Thema und die schöne grafische Gestaltung mir etwas zu wenig bietet. Wenn ich ein 2‑Personen-Spiel mit Set-Collection spielen will, dann greife ich immer noch lieber zum Klassiker LOST CITIES. Oder aber in Verknüpfung mit einem interessanten Worker-Placement-Element aktuell zu HOLMES – SHERLOCK GEGEN MORIARTY. Und dazu trinke ich dann einen leckeren Cidre!
Titel | Fungi |
Autor | Brent Povis |
Illustrationen | Jarek Nocon |
Dauer | 15 – 20 Minuten |
Spieleranzahl | 2 Spieler |
Zielgruppe | Familienspiel |
Verlag | Pegasus |
Jahr | 2014 |
Wichtiger Hinweis: Dies ist ein Ersteindruck nach wenigen gespielten Partien! Sehr subjektiv und durchaus auch abhängig von Tageslaune, Mitspielern und sonstigen Einflüssen. Bei grundsätzlichem Interesse empfehle das Lesen "richtiger" Rezensionen oder noch besser: ausprobieren!
2 Anmerkungen:
– Um das Handling mit dem Verschieben zu vermeiden, empfiehlt die Anleitung eine alternative Auslage, quasi im Kreis anstatt in einer geraden Reihe. Ist eine Geschmacksfrage, was man lieber mag, deshalb stehen beide Versionen in der Anleitung.
– Ich widerspreche deiner Meinung, die Kartenwerte seien zu ähnlich, um daran schnell die Karten unterscheiden zu können. Die Karten lassen sich auf der Hand ganz leicht nach den Werten sortieren. Hat eine Karte die beiden Werte 1/2 und eine andere Karte hat ebenfalls 1/2, dann sind es auch zwei identische Pilze, da unterschiedliche Pilze unterschiedliche Werte haben. Du musst also nicht die Illustrationen vergleichen, sondern nur die Werte, die du in den Kartenecken siehst.
Argh, ersteinmal muss ich mich entschuldigen, dass der Kommentar so lange nicht veröffentlicht wurde. Der ist grundlos im SPAM gelandet und dort leider untergegangen. Denn so oft schaue ich in den Ordner nicht rein (und das nicht grundlos).
Zu zweiten Anmerkung: das mag stimmen (nein, es stimmt sogar!) – leider kommt das aber nicht sofort bei den Spielern an. Es ist meiner Meinung nach etwas um die Ecke gedacht, dass ich hier das Ausschlussprinzip anwenden muss. Da hätte vielleicht ein kleines eindeutiges Symbol einfach die bessere Wirkung haben können. Formal hast du also völlig recht – aber es muss doch zu denken geben, warum das so nicht sofort bei den Spielern ankommt.
Die Kreisauslage habe ich auch zur Kenntnis genommen. Die war dann allerdings wegen der Platzproblematik (u.a. spielen im Zug) nicht möglich.
Und wie immer: danke für die Kommentierung! Wie auch beim Pilze essen, ist eben vieles Geschmackssache.