Uns Medienschaffenden wird gerne vorgeworfen, dass wir keine Qualität liefern, nur auf den schnellen Klick aus sind und wenn wir gar nicht mehr weiter wissen, einfach mal eine Top-Liste raus hauen. Diese sind bekanntlich schnell gemacht: lediglich ein paar Spieletitel runter rattern und fertig! Schön wäre es. Weil dann hätte ich ganz sicher nicht ein ganzes Jahr gebraucht, um endlich diese Reihe wieder fortzusetzen. Doch aufgrund der morgen stattfindenden Nominierungen für das Spiel des Jahres habe ich mich nun etwas unter Druck gesetzt gefühlt, endlich in den 2000er Jahren anzukommen. Und ich muss zugeben, die Qual der Wahl ist größer geworden. Wahrscheinlich auch deswegen, weil nun mehr persönliche Erinnerungen mit den einzelnen Spielen verbunden sind – oder die Erinnerung daran frischer ist. Was ist also meiner Meinung nach gut gealtert? Kommen diese Spiele immer noch auf den Tisch? Oder sind es einfach nur noch nostalgische Regalhüter? Und vor allem: wie lautet denn nun meine Top 5?
- Carcassonne von Klaus-Jürgen Wrede (erschienen im Hans im Glück Verlag)
- Dominion von Donald X. Vaccarino (erschienen im Hans im Glück Verlag)
- Niagara von Thomas Liesching (erschienen bei Zoch)
- Thurn und Taxis von Andreas und Karen Seyfarth (erschienen im Hans im Glück Verlag)
- Alhambra von Dirk Henn (erschienen bei Queen Games)
CARCASSONNE (Preisträger 2001) ist für mich das, was bei vielen anderen DIE SIEDLER VON CATAN darstellt: der Türöffner in dieses Hobby! Ich habe auch schon vorher ganz gerne gespielt, aber CARCASSONNE entwickelte einen Sog, dem ich nicht widerstehen konnte. Ich habe erstmals Brettspiel-Webseiten besucht, eigene Plättchen gebastelt, einen Nachziehsack genäht, die Spielbox abonniert, Spiele in den Urlaub mitgenommen und vor allem auf Erweiterungen gehofft. Diese kamen reichlich und lange Zeit habe ich auch mitgenommen, was geht. Um das alles zu verstauen habe ich mir auf einer SPIEL (die ich nun auch besuchte) einen eigens angefertigten Sammelkoffer geleistet, der immer noch seine Dienste tut. Mittlerweile ist die Begeisterung vielleicht nicht mehr ganz so groß, aber trotzdem spiele ich immer wieder gerne neue Partien. Wahrscheinlich bin ich sogar einer der Wenigen, der die STAR WARS EDITION als richtig gelungen empfindet. Somit kann für mich nur CARCASSONNE auf Platz 1 dieser Liste stehen.
Als DOMINION (Preisträger 2009) auf den Tisch kam, war ich schon deutlich tiefer im Hobby gefangen. Recht routiniert besorgte ich mir auch ein Exemplar in Essen, da ich vorher schon viele gute Meinungen gehört hatte. Die erste Partie verlief aber etwas holprig, so dass ich mir unsicher war, ob ich nicht vielleicht auf die falschen Stimmen gehört habe. Allerdings war das auch eine Partie unter ungünstigen Voraussetzungen (zu viert, alle hatten reichlich Dörfer und noch keinen Plan, wie man eine Partie schnell machen muss). Nach und nach entdeckte ich dann aber die Tiefe von DOMINION und kann somit dem Untertitel voll zustimmen: Was für eine Welt! Nach CARCASSONNE habe ich bestimmt für DOMINION die meisten Erweiterungen – nur der exklusive Sammelkoffer fehlt mir noch.
Von NIAGARA (Preisträger 2005) war ich von Anfang an fasziniert. Wie clever ist denn dabei die Box in das Spiel eingebunden! Und auch das weitere Material fand ich atemberaubend schön. Was dabei aber gerne vergessen wird: auch das Spiel als solches ist ungemein reizvoll. Denn wenn es nur aufgrund der Äußerlichkeiten spielenswert wäre, hätte ich bestimmt nicht diese Vielzahl von Online-Partien hinter mir, die bekanntlich ohne besondere Haptik funktionieren. Ich mag das Zocken um die pinken Edelsteine, das Fluchen meiner Mitspielenden beim Wetterwechsel und die Ernüchterung, wenn man selbst gerade den Wasserfall nach unten fällt. NIAGARA ist immer wieder großes Kino!
THURN UND TAXIS (Preisträger 2006) hat mittlerweile einen etwas zweifelhaften Ruf – meiner Ansicht nach aber völlig unverdient. Ja, die Optik wirkt auf den ersten Blick vielleicht etwas fad und trist. Aber wenn man sich die Details genauer ansieht, dann sind die Illustrationen in meinen Augen ein frühes Meisterwerk von Michael Menzel. Aber auch spielerisch wird THURN UND TAXIS gerne etwas unterschätzt. Denn darin stecken doch einige Möglichkeiten, die lieben Mitspielenden erfolgreich zu ärgern. Und ganz nebenbei habe ich durch häufiges Spielen meine geografischen Kenntnisse in Süddeutschland deutlich verbessern können.
ALHAMBRA (Preisträger 2003) war mein zweites Sog-Spiel nach CARCASSONNE. Nachdem ich CARCASSONNE zwei Jahre mehr oder weniger rauf und runter gespielt habe, kam nun auf einmal mit ALHAMBRA ein gleichwertiger Konkurrent daher. Auf einmal musste man die Plättchen, die man legen will, auch noch bezahlen – und das am besten passend. Sachen gibt es... Im Gegensatz zu Carcassonne habe ich die Alhambra leider noch nicht besuchen können. Aber spätestens seit 2002 habe ich den Wunsch, dieses unbedingt mal tun zu wollen.
Doch auch die anderen fünf Preisträger möchte ich nicht unerwähnt lassen. Denn manche sind nur sehr knapp nicht in meine Top‑5 gerutscht. Allen voran ist ZOOLORETTO (2007) zu nennen. Das fand ich zwar durch die niedlichen Tiere putzig, aber da ich ohnehin schon viel COLORETTO gespielt hatte leider nur mäßig innovativ. Trotzdem wird ZOOLORETTO immer mal wieder auf den Tisch gebracht – im Gegensatz übrigens zu COLORETTO. Das kann ich von KELTIS (2008) nicht behaupten, da ich immer noch viel lieber LOST CITIES spiele. Aber für Reiner Knizia hat es mich dennoch gefreut, dass er damit endlich diesen Preis entgegen nehmen durfte. ZUG UM ZUG (2004) hatte mich nie ganz vom Hocker gerissen. Erst durch die Europa-Edition habe ich mit diesem Spiel meinen Frieden geschlossen und spiele es mittlerweile eigentlich in allen Varianten ganz gerne mit. VILLA PALETTI (2002) fand ich lange Zeit besser als sein Ruf und habe damit einige lustige Stunden erlebt. Mittlerweile würde ich aber immer zu MENARA greifen, wenn ich eine solche Art Spiel auf den Tisch bringen will. Bleibt noch TORRES (2000) zu erwähnen. Das fand ich damals unheimlich sperrig. Außerdem fand ich die Plastik-Türmchen total nervig und hässlich, weswegen ich immer einen weiten Bogen um das Spiel gemacht habe – und auch immer noch mache. Zugegebenermaßen will ich aber gar nicht mehr davon überzeugt werden, ob dies vielleicht trotzdem ein gutes Spiel ist.
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