Auch dieses Jahr wieder: meine positiven Überraschungen auf der SPIEL 2018 als Top-Liste
Bevor ich mich die nächsten Tage an das allgemeine Fazit zur SPIEL in Essen setze (die Meta-Ebene will betrachtet werden), möchte ich vorher noch eine kleine Nachschau auf einzelne Spiele bieten. Gemeint sind dabei die positiven Überraschungen auf der SPIEL 2018. Auch wenn ich dieses Jahr trotz längeren Aufenthalt das Gefühl hatte, weniger gespielt zu haben, gab es trotzdem noch genügend Raum zum Entdecken.
Vornehmlich habe ich dabei versucht, die Spiele meiner Vorfreude-Liste näher kennen zu lernen. Einen Großteil davon konnte ich anspielen bzw. habe ich einiges davon blind gekauft. Dabei hat sich glücklicherweise gezeigt, dass mein Bauchgefühl wieder größtenteils richtig lag und sich meine positiven Erwartungen bestätigen konnten. Dazu dann aber in den nächsten Wochen mehr.
Heute möchte ich die Spiele in den Vordergrund stellen, die mich außerhalb meines vorherigen Radars positiv überrascht haben. Dabei wandele ich auf alt bekannten Pfaden der Top-Listen-Kategorie und so habe ich mich auf die folgenden fünf Spiele beschränkt.
Auch an dieser Stelle möchte ich noch einmal betonen, dass ich bekennender "Würfelschubser" bin. Ich suche nicht das exotische Spiel mit ausgefallen Spielmaterial und einer Regel in einer Sprache, die ich nicht verstehe. Nein, ich will ausgereifte Spiele, die ich in meinen Gruppen problemlos spielen kann. Trotzdem finden sich sogar eher ungewöhnliche Projekte auf der Liste...
PLANET von Urtis Šulinskas (erschienen bei Blue Orange bzw. Asmodee Germany)
Es soll Spiele geben, die zwar spielerisch sehr ansprechend sind, die aber aufgrund einer unglücklichen Grafik bzw. ungenügendem Material nicht nachhaltig begeistern konnten. PLANET könnte den umgekehrten Weg gehen. Denn spielerisch war die eine gespielte Partie vielleicht nicht der ganz große Aha-Effekt – dafür hatte das Material aber einen ungeheuren Aufforderungscharakter.
Denn anfangs ist man als Spieler lediglich mit einem blanken zwölfseitigen Würfel ausgestattet, auf dessen jeweiligen Seite ein blanker Magneten uns anlächelt. Im Verlaufe einer Partie werden dann die Seiten mit sechseckigen Landschaftsplättchen gefüllt. Diese Plättchen werden im Drafting ausgewählt und man spielt um verschiedene "Aufträge" (bspw. um das größte Wassergebiet neben einer Wüste). Das ist recht schnell gemacht, hat dabei aber eine gewisse Eleganz. Zusätzlich soll es noch eine fortgeschrittene Wertungs-Variante geben, die ich aber nicht antesten konnte.
Grund dafür war auch die immens hohe Nachfrage nach dem Titel. Insbesondere viele Familien konnte ich beobachten, die unbedingt eine Partie PLANET spielen wollten – und danach auch sehr zufrieden mit dem Spiel waren. Hier könnte Blue Orange Game wieder ein echter Familienspiel-Kracher gelungen sein. Ich bin gespannt, wie nachhaltig PLANET ist. Die erste Partie wusste jedenfalls zu überzeugen!
VALPARAISO von Louis und Stefan Malz (erschienen bei dlp games)
War das erste gespielte Spiel auf der SPIEL (wie kann ich noch das Wort Spiel in diesen Satz einbauen?) und im Nachhinein eines der interessantesten. Zumindest dann, wenn man auf klassische Eurospiele im Kennerspielbereich steht – was bei mir definitiv der Fall ist.
Besonders gut gefallen hat mir die indirekte Interaktion mit den Mitspielern. Denn die bestehenden Marktauslagen sind recht wechselhaft und so kommt es in VALPARAISO oftmals auf das richtige Timing an. Planung ist wichtig, allerdings geschieht die Planung verdeckt und synchron. Gut, wer nun noch Geld übrig hat, um die eigenen Aktionen vorziehen zu können. Hier spielt man definitiv nicht nur brütend vor sich hin.
Darüber hinaus ist ein kleines Deckbulidung-Element integriert, so dass sich bestimmt verschiedene Strategie-Ansätze verwirklichen lassen. VALPARAISO ist somit ein klassischer Euro geworden – mit einer entsprechend schönen Gestaltung von Michael Menzel. Da fühlt man sich gleich wohl und gut aufgehoben.
BARRAGE von Tommaso Battista und Simone Luciani (erscheint 2019 bei Cranio Creations)
Eine (Stau-)Stufe mehr Komplexität erlebt man in BARRAGE. Dieses Spiel ist allerdings noch gar nicht erschienen, sondern konnte nur in einer Demoversion gespielt werden. Aktuell läuft dazu eine Kickstarter-Kampagne, die sicher "gefundet" wird, so dass dort nun die Strechgoals purzeln. In der Kampagne werden zwar recht happige Preise aufgerufen, allerdings hat mich das Spiel durchaus zu begeistern gewusst, so dass ich wohl in irgendeiner Form dort mit einsteigen werde (vor allem wenn noch manche Strechtgoals Verbesserungen im Material zur Folge haben).
Das Besondere an BARRAGE ist sicherlich das Thema. Denn es gilt, Wasserkraft zur Energie-Gewinnung nutzbar zu machen. Dafür müssen Staudämme, Generatoren und Kraftwerke gebaut werden. Das spricht mein Ingenieur-Herz an. Das Ganze ist dabei ein Ressourcen-Management-Spiel mit einem Worker-Placement-Mechanismus. Alles schön verzahnt und verzwickt. Die düstere Optik ist sicherlich nicht jedermanns Sache, gefällt mir aber recht gut.
SHADOWS: AMSTERDAM von Mathieu Aubert (erschienen bei Libellud bzw. Asmodee Germany)
Sollte man SHADOWS: AMSTERDAM kurz charakterisieren, dann würde ich es als Kombination zwischen CODENAMES und MYSTERIUM bezeichnen.
Zwei konkurrierende Teams hetzen durch Amsterdam. Angeleitet von einem mysteriösen Tippgeber sollen dabei verschiedene Orte aufgesucht werden. Diese sind in typischer Libellud-Tradition (ich sage nur DIXIT) reichlich uneindeutig illustriert – genauso wie die Tippkarten. Diese werden von einem Teamleiter den übrigen Teammitglieder in der Hoffnung vorgelegt, dass diese richtig gedeutet und somit die erhofften Orte aufgesucht werden. Erschwert wird das dadurch, dass das andere Team zeitgleich(!) auch durch Amsterdam tourt. Somit werden all zu lange Grübelpausen vermieden und SHADOWS: AMSTERDAM ist eher ein rasantes denn ein ruhiges Spiel. Mir hat es genau aus diesem Aspekt so gut gefallen.
CITY EXPLORER: KYOTO von ゆお (Yuo) (erschienen bei Moaideas Game Design)
Jetzt kommt also doch noch der Exot. Eigentlich war ich beim Stand von Moaideas Game Design um mir das Spiel SYMPHONY NO.9 anzusehen. Das habe ich auch gespielt, allerdings hatte es mich nicht nachhaltig überzeugt (zumal ich mir auch thematisch etwas anderes vorgestellt hatte).
Nebenan war dann aber dieses kleine Kartenspiel aufgebaut, was mich durch die besonderen Illustrationen ansprach. Da ich zusätzlich auch noch einen Freund habe, der schon das ein oder andere Mal in Kyoto war, sprach mich dieses Spiel irgendwie an und ich habe mich auf das Wagnis eingelassen.
Kurz zusammengefasst ist CITY EXPLORER: KYOTO ein Set-Collection-Spiel mit kleinem Memo-Effekt und einem Kartengeschiebe, das an DAS VERRÜCKTE LABYRINTH erinnert. Alles ein wenig crazy – aber genau das wünscht man sich doch von Exoten, oder? Außerdem habe ich schon manch anderes Werbe-Städte-Spiel spielen dürfen/müssen und hinter diesen muss sich CITY EXPLORER: KYOTO auf keinen Fall verstecken. Ich glaube zwar nicht, dass es bald die Version einer deutschen Stadt geben wird. Aber wer einen Bezug zu Japan hat, der sollte sich das Spiel mal genauer ansehen.
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