Der Kartograph von Jordy Adan – erschienen bei Pegasus Spiele
Wer meinen Blog ein wenig verfolgt, der wird gemerkt haben, dass ich ganz gerne Themen-Blöcke bilde. Dabei ist mir aufgefallen, dass ich insbesondere bei Roll-and-Write-Spielen einen Hang zu Besprechungs-Trilogien habe. Um diese Tradition gebührend fortzusetzen steht heute DER KARTOGRAPH auf dem Programm. Ähnlich wie WELCOME TO... ist dies aber kein reinrassiger Vertreter dieser Zunft, da nun wieder Karten statt Würfel zum Einsatz kommen. Es ist formal demnach ein Flip-and-Write-Spiel. Das Spielgefühl ist allerdings schon sehr ähnlich, so dass mein Trilogie-Gedanke schon zum Tragen kommt.
Thema... habe ich bis heute noch nicht wirklich verstanden. Der Einführungstext der Regel spricht irgendwas von einem unbekannten Land, dass einem Königreich angeschlossen werden soll. Dabei sind Dekrete der Königin zu beachten, um den eigenen Ruhm zu mehren. Aber ganz ehrlich: das ist alles unnötiges Geplänkel. Zumal das Wichtigste dabei gar nicht erwähnt wird: es gibt Monster!
Illustrationen... sind von Lucas Ribeiro und erstaunlich stimmungsvoll, wenn man bedenkt, dass das Thema überhaupt nicht relevant ist. Aber anstatt sich lediglich auf die eindeutige Symbolsprache zu beschränken, sind alle Karten wunderschön illustriert worden. Das einzige Problem dabei ist, dass dadurch Standards gesetzt werden, die man selbst zu keiner Zeit auf den eigenen Zetteln erreichen wird.
Ausstattung... kommt klassisch daher: ein Block mit doppelseitigen Landkarten-Plänen, vier Bleistifte und etliche Karten. Letztere werden hauptsächlich unterteilt in "Erkundungen" (zeigen Landschaften in Tetris-Formen), "Wertungen" (geben verschiedene Wertungsoptionen vor) und "Hinterhalt" (das sind die Monster, die ebenfalls tetrishaft auftreten). Zusätzlich sind noch ein paar Karten für die Organisation dabei sowie dankenswerterweise eine kleine Mini-Erweiterung.
Ablauf... nach und nach wird eine "Erkundungs"-Karte nach der anderen aufgedeckt. Im Anschluss zeichnet man blockweise entsprechende Landschaften in den Plan ein. Der Teufel liegt dabei natürlich im Detail, wobei bei DER KARTOGRAPH die Wertungskarten das Teuflische sind. Diese geben einem vor, was in der aktuellen Partie Punkte bringt. Mal versucht man Wasser-Felder mit Acker-Felder zu verbinden und in einer anderen Partie will man genau das Gegenteil am Ende auf dem Plan sehen. Zusätzlich erinnert die Wertung noch an ISLE OF SKYE. Denn es werden insgesamt viermal im Spiel Wertungen ausgelöst, was geschickt über die Unterteilung in Jahreszeiten organisiert ist. Im Frühjahr zieht man nur die Wertungskategorien A und B heran, danach im Sommer B und C, dann im Herbst C und D und schlussendlich im Winter noch D und A. Jede Wertungskarte wird also genau zweimal in einer Partie abgerechnet. Ist dies erfolgt, spielen deren Wertungsmöglichkeiten keine Rolle mehr.
Eine Besonderheit dabei sind noch die Monster. Denn erscheinen deren Erkundungs-Karten, dann gibt man seinen Landschaftsplan an einen benachbarten Mitspielenden weiter und dieser trägt dann die entsprechenden Felder ein. Am Besten macht man das derart, dass danach noch ganz viel freier Platz drumherum ist. Denn bei jeder Wertung verliert man für leere Felder um Monster herum Siegpunkte. Mit den Monstern kann man also schön gemein sein.
Das gefällt mir nicht so gut: Die Kartenqualität ist leider ziemlich mies. Es passiert selten, dass ich Karten sleeve, da ich der Meinung bin, dass ein Spiel gerne auch gespielt aussehen darf. Allerdings sahen die Karten von DER KARTOGRAPH schon nach einmaligen Mischen derart mitgenommen aus, so dass ich sofort Verhüterlis besorgt und übergestreift habe. Auch die Bleistifte kommen eher in niedriger Qualität daher. Ich bin zwar froh, dass überhaupt an diese gedacht wurden. Allerdings brechen recht schnell die Minen ab, so dass ich mir für den Übergang doch noch andere besorgt habe. Warum Übergang? Weil ich mir vorgenommen habe, zwei-drei Buntstift-Sets in die Box zu legen. Denn wenn man mit unterschiedlichen Farben "arbeitet", erleichtert das doch ziemlich die einzelnen Wertungen.
Bisher gibt es übrigens noch keine Blöcke zum Nachkaufen, wenn der eigene Stapel aufgebraucht ist. Auch fehlt noch eine entsprechende pdf-Vorlage auf der Website von Pegasus (soll aber bald frei geschaltet werden). Wer sofort Hilfe braucht, kann direkt beim Entwickler und Lizenzgeber Thunderworks Games eine entsprechende Vorlage herunterladen.
Bei diesen Landschaftsplänen sehe ich auch noch Erweiterungspotenzial. So fände ich es spannend, wenn unterschiedliche Vorgaben für die Mitspielenden bestehen würde. Denn theoretisch wäre es möglich, dass während einer Partie alle Mitspielenden die gleichen Felder markieren. Das habe ich zwar nie erlebt, aber möglich wäre es. Warum also nicht wie bspw. bei ANUBIXX unterschiedliche Planvorgaben machen? Das könnte ich mir für eine mögliche Erweiterung recht gut vorstellen.
Das gefällt mir gut: Abgesehen vom Material, überzeugt mich aber DER KARTOGRAPH. Die zu fällenden Entscheidungen sind jederzeit reizvoll und keine Partie läuft wie eine andere. Das liegt einerseits an den vielen Kombinationsmöglichkeiten der Wertungskarten sowohl bei der Auswahl wie auch der Verteilung. Andererseits weiß man aber auch nie, welche der 13 Erkundungs-Karten während einer Jahreszeit überhaupt erscheinen? Ich habe Partien erlebt, da kam nicht ein Monster zum Vorschein und am Ende hatte ich einen neuen Punkterekord. In einer anderen Partie war jeweils die erste Karte einer Jahreszeit ein Monster und man musste um jeden einzelnen Punkt kämpfen.
Mit mehr Spielerfahrung kennt man die einzelnen Erkundungs-Karten – was die Sache aber auch riskanter macht. Man weiß, dass eine Karte existiert, die einen langen Wasserstreifen ermöglicht. Also plane ich gerne ein wenig vor und warte sehnsüchtig auf den Moment, wenn diese Karte erscheint. Mit ein wenig Pech erscheint sie aber nie. Diese Spannungskurve wird noch dadurch erhöht, dass im Herbst und im Winter tendenziell weniger Erkundungs-Karten aufgedeckt werden als in den zuerst gespielten Jahreszeiten. Das Tempo zieht also an und die Möglichkeiten auf dem eigenen Spielplan werden zusätzlich immer geringer. Da man mögliche Felder auch zeichnen muss, kann es sogar passieren, dass man gegen den eigentlichen Wunsch Gebiete markieren muss. Werden bspw. viele unterschiedliche Siedlungsgebiete gewertet, dann ärgere ich mich schwarz, wenn ich durch eine nicht mehr anders einzusetzende Erkundungs-Karte auf einmal zwei Gebiete miteinander verbinden muss. Hier hilft natürlich Spielerfahrung ungemein.

Auch das ist ein Grund, warum DER KARTOGRAPH definitiv kein Anfängerspiel ist und ordentlich Spieltiefe im Gepäck hat. Oder sagen wir es einmal verklausuliert: die Radiergummis auf den Bleistiften kommen anfangs öfters zum Einsatz als man das vorher erwartet. Denn gerne vergisst man zukünftige Wertungen und ändert dann doch noch seine Pläne. Die Wertungen sind ohnehin nicht zu verachten. Hier gilt es gut abzuwägen, welche man vertiefend beachtet und welche man eher nur mit nimmt. Dabei sollte man immer beachten, dass bspw. die B‑Wertung nach der Hälfte des Spiele irrelevant ist. Man muss sich dann von dieser Vorgabe lösen können.
Durch die Monster ist auch ein interaktives Element in DER KARTOGRAPH verankert. Die Spieleranzahl wird nicht ohne Grund von 1 bis 100 angegeben, denn theoretisch können unendlich viele Leute mitspielen. Trotz gut funktionierender Solo-Regel ist DER KARTOGRAPH aber nicht ausschließlich solitär. Die Monster zwingen mich oftmals, bestehende Planungen über den Haufen zu werfen. Denn man sollte schon genauer darüber nachdenken, ob es mehr Sinn ergibt, Felder um Monster herum zu besetzen als weiter auf die Wertung zu spielen – in jeder Wertung werden nämlich immer alle Monster gewertet. Dementsprechend "böse" platziert man gerne auch die Monster bei den Nachbarn, was schon den ein oder anderen lockeren Spruch zur Folge haben wird. Aber deswegen spielt man auch gemeinsam.
Die kleine enthaltende Erweiterung ist nett, aber sie verändert das Spielgefühl genauso wenig wie die etwas abgeänderte Rückseite des Landschaftsblockes. Diese finde ich aber trotzdem gut, weil dadurch das Spielmaterial optimal ausgenutzt wird. Der Vollständigkeit halber sei gesagt, dass DER KARTOGRAPH in der Welt von ROLL PLAYER spielt, was ebenfalls ein schönes Spiel ist. So richtig kann man beide Spiele zwar nicht kombinieren, aber eine kleine Verknüpfung ist schon möglich.
Auch wenn das Material von der Qualität zu kritisieren ist, merkt man doch zu jeder Zeit, wie sehr von den Beteiligten auch an Details gedacht wurde. Das fängt bei den Radiergummis auf den Bleistiften an und hört bei der rasterartigen Umrandung des Spielplans auf, um besser Diagonalen bestimmen zu können. Hinzu kommen so Kleinigkeiten wie die Spielerei, neben seinem Namen auch einen Titel und Wappen auf dem Plan zu verewigen.
Fazit: Auf mich übt DER KARTOGRAPH einen sehr großen Spielreiz aus. Ich mag das Tüfteln der Tetris-Landschaften und die vielfältigen Entscheidungsoptionen. Anfangs hatte ich die Befürchtung, dass sich das recht schnell abnutzen würde. Aber glücklicherweise ist das nicht der Fall – so dass ich umso glücklicher bin, dass ich noch zusätzliches Geld in die Kartenhüllen investiert habe.
Titel | DER KARTOGRAPH |
Autor | Jordy Adan |
Illustrationen | Lucas Ribeiro |
Dauer | 30 bis 45 Minuten |
Spieleranzahl | 2 bis 100 Spieler (oder unendlich?) |
Zielgruppe | Tetris liebende Kennerspieler |
Verlag | Pegasus Spiele |
Jahr | 2019 |
Ich bedanke mich bei Pegasus für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars. Ich bin mir sicher, dass durch diese Bereitstellung meine Meinung nicht beeinflusst wurde. Die Besprechung spiegelt meine gemachte Erfahrung wider.
Hi,
danke für diesen ausführlichen Beitrag! Ich bin gerade auf der Suche nach einem neuen Spiel welches zu unserer Sammlung passen könnte und ich denke, ich habe es soeben gefunden.
Ich bin zufällig auf deinen Blog gestoßen und finde es toll wie dein Beitrag gegliedert ist 🙂
Viele liebe Grüße,
Jule von F0x World Blog
Hi, sehr schön geschrieben, welche Kartenhüllengröße benötige ich denn?
Die Karten sind etwas breiter als das normale Euro-Standardformat. Ich habe 66 x 92 mm Hüllen benutzt (die Karten sollten demnach etwa 63,5 x 88 mm groß sein).
Hallo,
Danke für die Rezension. Was sind denn die Regeln zu der Mini-Erweiterung “Fertigkeiten”? Kann ich die irgendwo herunterladen?
Viele Grüße Maddy
Hallo Martin,
ich schicke dir eine Mail mit der dazugehörigen Anleitung. An sich nichts kompliziertes, aber komischerweise hat Pegasus diese nicht zum Download angeboten.
Viele Grüße.
Tobias
Toll, dass Du Dir solche Mühe machst und hier einen tieferen Einblick ins Spiel gibst. Ich habe es schon vor mir liegen und jetzt noch mehr Lust auf die erste Partie!
Dankeschön!
Hallo,
Danke für deine Rezension, wir haben es heute das erste Mal gespielt, und finden die Regeln nicht genau genug erläutert. Wie handhabst du folgendes:
1) Werden jede Runde die Dekrete neu gezählt? Z.B im Frühling Dekret Grenzland, angenommen man hat Reihe A waagrecht füllen können, und im Sommer zusätzlich die erste senkrechte Reihe, bekomme ich dann im Sommer bei der Wertung 12 oder 6 Punkte?
2) Du schreibst ja dass nicht gefüllte Monster-angrenzende Felder jede Runde erneut zählen, entnimmst du das den Regeln?
Vielen Dank schonmal 🙂
Hallo!
Der Reiz besteht wirklich darin, dass bereits beim ersten Mal erfüllte Wertungskriterien auch bei der zweiten Wertung dieses Dekrets noch einmal mit gewertet werden. So kann man sich auch auf nur das ein oder andere Dekret konzentrieren, damit dann aber eine Menge Punkte machen. Um bei deinen Beispiel zu bleiben. Ja, es ist richtig, dass du erst im Frühjahr für das Grenzland die 6 Punkte bekommst und dann im Sommer die 12 Punkte.
Genauso ist es auch mit den Monstern. Die Anleitung schreibt: "Zuletzt verliert ihr 1 Ruhmpunkt für jedes leere Feld eurer Landkarte, das an 1 oder mehrere Monster-Felder angrenzt." Da ist kein zeitlicher Aspekt dabei, dass Felder, die schon einmal negativ gewertet wurden, später nicht mehr gewertet werden. Das ist ja auch die Schwierigkeit an den Monstern, dass man diese doch besser einrahmen sollte.
Außerdem könnte ich mit einer Gegenfrage reagieren. Wenn der zeitliche Aspekt, wann schon mal etwas gewertet wurde und wann nicht, wichtig wäre: wie markierst du, was du im Frühling erschaffen hast und was im Sommer? Dann müsste man doch alle Eintragungen irgendwie mit einem Zeitstempel versehen. Aber das macht man nicht, da sieht die Regel nichts in der Richtung vor. Oder man müsste bei der Wertung die gewerteten Felder markiere Doch auch dazu sagt die Anleitung nichts, weil genau dieses eben nicht passiert.
Ich hoffe, ich habe dir ein wenig helfen können. Viel Spaß mit dem tollen Spiel!
Moin. Ich liebe den Karthographen und auch die Karthographin!
So sehe, dass ich mir auch die Handyversion geholt habe um auch in der Bahn zu spielen.
Dabei irritieren mich die Ranglisten der Spieler: ich verstehe nicht wie man über 70 Punkte erreichen kann, weil doch am Ende-beim Solospiel, und das ist es ja bei der Handyversion- die Punkte auf den Sternchen der Aufgabenkarte vom erspielten Ergebnis abgezogen werden. Ich halte solche Ergebnisse nicht für möglich. Wie ist deine Erfahrung? Was ist an Punktzahl ( als Solospiel) machbar?
Danke und Gruß
Harry
Hallo Harry!
Leider kann ich dir da überhaupt nicht mit Erfahrungen weiterhelfen. Ich kenne die App nicht und habe DER KARTOGRAPH nie intensiv als Solospiel auf den Tisch gebracht. Somit kann ich auch nichts sinnvolles zu Ranglisten oder besondere Sternchen-Aufgaben beitragen. Sorry!