fjelfras.de

Ersteindruck: Adventure Games – Das Verlies

Adventure Games – Das Verlies von Phil Walker-Harding und Matthew Dunstan – erschienen im KOSMOS Verlag

Das Verlies - Box
Foto: KOSMOS Verlag

Nach­dem ich schon in der MONOCHROME AG ein span­nen­des Aben­teu­er erlebt habe, war ich guter Din­ge, dass ich auch pro­blem­los aus einem Ver­lies ent­kom­men konn­te. Anstatt mich aber wirk­lich ein­schlie­ßen zu las­sen, habe ich dann doch lie­ber ein wei­te­res ADVENTURE GAMES zur Hand genommen.

The­ma... ein wenig benom­men wachen wir in einem Ver­lies auf – wobei anfangs gar nicht klar ist, wer eigent­lich "wir" ist. Genau­so wenig wis­sen wir, in wel­cher Zeit wir uns befin­den. Recht schnell wird dann aber klar, dass wir uns in einem Fan­ta­sy-Set­ting (also idea­li­sier­tes Mit­tel­al­ter) befin­den. Alles wei­te­re muss man sich dann nach und nach zusam­men reimen.

Das Verlies - Charaktere
Cha­rak­te­re bei bes­ter Gesundheit

Illus­tra­tio­nen… sind in ers­ter Linie von Mar­tin Hoff­mann unter gestal­te­ri­scher Mit­hil­fe des Krea­tiv­bun­kers. So ganz über­zeugt haben mich die Illus­tra­tio­nen aber nicht. Wobei das nicht ganz rich­tig wie­der­ge­ge­ben ist. Sagen wir lie­ber: sie haben mich nicht emo­tio­na­li­siert. Alles wirkt irgend­wie belang­los. Hand­werk­lich ist sicher­lich alles gut und ordent­lich gemacht, aber es fehlt mir eine beson­de­re Note. So hat­te ich das Gefühl, dass der Stil allen Erwar­tun­gen gerecht wer­den will, ohne dabei über­ra­schen zu kön­nen. Viel­leicht habe ich aber nur zu viel die­ser Art gese­hen, so dass ich dies­be­züg­lich etwas abge­stumpft bin.

Aus­stat­tung… ist im Prin­zip ein Kar­ten­spiel. In der Box sind zwar auch vier klei­ne Holz­fi­gu­ren, aber der Groß­teil des Inhalts besteht aus den Aben­teu­er­kar­ten. Von grö­ße­rem For­mat als die­se (dafür aber auch sel­te­ner) sind die Orts­kar­ten. Von denen liegt aber anfangs nur eine ein­zi­ge Kar­te aus: das Namen geben­de Verlies! 

Abenteuerbuch und Regel
Motor und Bedienungsanleitung

Der eigent­li­che Motor des Spiels ist aller­dings das Aben­teu­er­buch aus dem nach und nach ein­zel­ne Abschnit­te vor­ge­le­sen wer­den. Und da ich schon den tech­ni­schen Begriff "Motor" gewählt habe, kann ich auch gleich den neu­es­ten Trend berück­sich­ti­gen: denn alter­na­tiv gibt es auch den "Elek­tro­mo­tor". Das kom­plet­te Aben­teu­er­buch ist auch über eine App abruf­bar – mit dem beson­de­ren Fea­ture, dass einem die Tex­te sogar vor­ge­le­sen wer­den. Hier­zu muss ein­ma­lig die Kos­mos-Erklär-App her­un­ter­ge­la­den wer­den und dann die Daten zu die­sem spe­zi­el­len Spiel. Der Vor­teil dar­an ist: Feh­ler kön­nen so noch nach­träg­lich vom Ver­lag kor­ri­giert werden.

Das Verlies - Start
Nicht gekom­men, um zu bleiben!

Ablauf… folgt den Regeln eines klas­si­schen Point-and-Click-Adven­tures am PC. Ist man an der Rei­he, dann kann man sich einen Ort genau­er anse­hen. Dafür bewegt man sich auf eine Orts­kar­te und unter­sucht dort einen Teil­be­reich genau­er indem man die ent­spre­chen­de Num­mer im Aben­teu­er­buch vorliest.

Dabei kommt es immer wie­der vor, dass man Gegen­stän­de ein­sam­melt. Die­se kann man dann in Bezug zu einen Ort benut­zen (einen gefun­de­nen Schlüs­sel kann man mit einer Tür kom­bi­nie­ren). Das ist ein­deu­tig mit einer kla­ren Struk­tur von Ord­nungs­zah­len gelöst, so dass man sich recht schnell im Aben­teu­er­buch zurecht­fin­det. Zusätz­lich gibt es natür­lich auch die Mög­lich­keit, zwei Gegen­stän­de mit­ein­an­der zu kom­bi­nie­ren. Auch die­se Fäl­le sind mit den Ord­nungs­zah­len im Aben­teu­er­buch abruf­bar – wenn auch die Kom­bi­na­tio­nen natur­ge­mäß ein­ge­schränkt sind. 

Monochrome AG - Katzenfutter
so bekommt man eine geöff­ne­te Dose Kat­zen­fut­ter (abfo­to­gra­fier­te Regel)

Wenn man gar nicht mehr wei­ter weiß, kann man die recht umfang­rei­che Hil­fe benut­zen. Die­se gibt Tipps bzw. manch­mal auch Lösun­gen für Pro­ble­me. Das nimmt viel­leicht ein wenig die Span­nung, ver­mei­det aber auch einen voll­stän­di­gen Stillstand.

Da auch DAS VERLIES kein kur­zes Ver­gnü­gen ist, wur­de die Geschich­te wie­der in drei Kapi­tel ein­ge­teilt. Ist man an einem Ende ange­langt, bie­tet sich eine Pau­se an. Aller­dings kann man auch unab­hän­gig davon die Par­tie unter­bre­chen. Ganz pra­xis­nah wird dafür in der Regel emp­foh­len, ein Foto von der aktu­el­len Spiel­si­tua­ti­on zu machen und mit­hil­fe der bei­geleg­ten Zipp­tü­ten das Mate­ri­al ent­spre­chend zu sortieren. 

Im Ver­gleich zur MONOCHRMOME AG kön­nen sich nun die ein­zel­nen Cha­rak­te­re ver­let­zen. Man erhält Scha­dens­punk­te, wenn man unvor­sich­ti­ger­wei­se von einer Schlan­ge gebis­sen oder von einem Gegen­stand getrof­fen wird. Aller­dings haben die­se Scha­dens­punk­te kei­ne wirk­li­chen Aus­wir­kun­gen. Es ist z.B. aus­ge­schlos­sen, dass ein Cha­rak­ter stirbt und aus­schei­det. Ein­zig ist man leicht im Spiel ein­ge­schränkt und erhält am Spie­len­de weni­ger Punk­te bei einer fina­len Abrechnung.

Die Chan­ce auf einen Zweit­ein­druck… ist hoch, wenn man mit die­ser Fra­ge wei­te­re Titel der ADVENTURE GAMES im Sinn hat. Den eigent­li­chen Fall DAS VERLIES wür­de ich aber im Gegen­satz zur MONOCHRMOME AG nicht noch ein­mal spie­len wol­len. Hat­te ich bei der MONOCHRMOME AG das Gefühl, dass noch wei­te­re par­al­le­le Hand­lungs­strän­ge ent­deckt wer­den kön­nen, fehlt mir die­ses Gefühl bei DAS VERLIES. Viel­leicht lie­ge ich auch falsch, doch besteht bei mir der Glau­be, alles rele­van­te schon erlebt zu haben (auch wenn es alter­na­ti­ve Enden gibt). Denn die Ver­lies-Geschich­te ist mei­ner Ansicht nach wesent­lich strin­gen­ter als die der MONOCHRMOME AG. Dort hat­te ich öfters das Gefühl, dass ich mich an einer Hand­lungs-Wei­che befin­de und ich mich für die eine oder ande­re Sei­te ent­schei­den muss. Sol­che ein­schnei­den­den Ent­schei­dun­gen fehl­ten mir nun im Ver­lies. Aller­dings ist das Kla­gen auf hohem Niveau. Denn die ADVENTURE GAMES sind natür­lich so kon­zi­piert, dass man sie nur ein­mal spielt. Der Wunsch nach einer direk­ten Wie­der­ho­lung wäre nur eine Zuga­be, die so nicht geplant ist. 

Ortskarten
es sind eini­ge Orte zu entdecken

Beim Spie­len merkt man deut­lich, dass der Schwer­punkt bei der Ent­wick­lung der ADVENTURE GAMES auf die Geschich­te gelegt wur­de. Es kommt zwar das ein oder ande­re klei­ne Rät­sel vor, aber haupt­säch­lich soll man eine Hand­lung erle­ben. Dabei ent­deckt man unter­schied­li­che Orte, Per­so­nen und Gegen­stän­de und die­se gilt es dann zu ord­nen und ins Gro­ße und Gan­ze ein­zu­fü­gen. Damit dies umfas­send geschieht, emp­feh­le ich DAS VERLIES auch wirk­lich in einer Grup­pe zu spie­len. Dann kann man sich bespre­chen und klei­ne Stra­te­gien fest­le­gen (der Star­ke müht sich mit der ver­schlos­se­nen Tür ab, der Wiss­be­gie­ri­ge unter­sucht das gefun­de­ne Buch). Natür­lich kann man DAS VERLIES auch solo spie­len. Aller­dings feh­len dann in mei­nen Augen die wich­ti­gen unter­schied­li­chen Blick­win­kel, um auch ohne Benut­zung der Hil­fe weit zu kommen.

Wobei man auch kei­ne Skru­pel haben soll­te, die gute Hil­fe zu benut­zen. Bevor man näm­lich anfängt im Kreis zu lau­fen und wie­der und wie­der das Glei­che zu machen, kann es sich loh­nen, ein­fach mal in der Hil­fe nach­zu­schla­gen. Das wird auch nicht spä­ter in der Wer­tung mit einem Malus behan­delt und kann in ver­zwick­ten Situa­tio­nen defi­ni­tiv hel­fen – und sei es auch nur, um sich im eige­nen Weg bestä­tigt zu fühlen.

App-Screenshot
Screen­shot der her­vor­ra­gen­den App

Noch bes­ser als die Hil­fe ist aber die beglei­ten­de App. Vor allem die Funk­ti­on, dass einem die Abschnit­te aus dem Aben­teu­er­buch vor­ge­le­sen wer­den, ist bei einem über drei­stün­di­gen Spiel nicht zu unter­schät­zen (ins­be­son­de­re dann, wenn es nur einen akti­ven Vor­le­ser in der Grup­pe gibt). Wir haben dies­mal voll auf die App gesetzt und dabei kei­ne feh­ler­haf­te Umset­zun­gen erken­nen können.

Ein wei­te­rer Vor­teil bei der Benut­zung der App ist, dass man gar nicht in die Ver­su­chung gelangt, heim­lich ande­re Abschnit­te des Aben­teu­er­bu­ches zu lesen. Ja, man wür­de sich damit eigent­lich nur selbst betrü­gen. Aber nicht jeder kann sei­ne Neu­gier­de erfolg­reich ein­schrän­ken – da ist es gut, gar nicht erst in Ver­su­chung gebracht zu werden.

Bei der Inter­pre­ta­ti­on der Regel haben wir uns aller­dings durch­aus Frei­hei­ten genom­men. Denn die­se gibt bestimm­te Akti­ons­ab­läu­fe vor, die aber auf Dau­er eher ner­ven und behin­dern. Was mei­ne ich damit? Vor sei­ner Bewe­gung kann man mit Per­so­nen im sel­ben Raum Gegen­stän­de tau­schen. Dann bewegt man sich und führt eine Akti­on aus (und könn­te dann wie­der Gegen­stän­de tau­schen). Danach endet der eige­ne Zug und die ande­ren Mit­spie­ler sind an der Rei­he. Manch­mal wür­de man aber ger­ne sofort eine zwei­te (nahe­lie­gen­de) Akti­on aus­füh­ren. Oder man bräuch­te kurz­fris­tig den Gegen­stand eines Mit­spie­lers, hat den aber nicht vor­her getauscht. Wür­de man nun regel­kon­form spie­len, müss­te man nun eine mehr oder weni­ger untä­ti­ge Run­de spie­len. Oder man setzt sich gleich dar­über hin­weg und macht so wei­ter, als ob man vor­her die Gegen­stän­de getauscht hat. Man nimmt also eine Abkürzung. 

Abenteuerkarten
es besteht genug Zeit, den Groß­teil der Kar­ten zu entdecken

Das ist des­we­gen akzep­ta­bel, da in die­sem Spiel kei­ne Zeit­be­gren­zung besteht. Man wird nicht künst­lich durch einen Timer oder ein zeit­be­gren­zen­des Spiel­sys­tem unter Druck gesetzt, son­dern kann sich Zeit und Ruhe zum Erkun­den las­sen. Das gefällt mir auch sehr gut, da man sich dann tie­fer mit man­chen Sachen aus­ein­an­der set­zen kann. Anders als bspw. bei ADVENTURE ISLAND kann ich mich also voll in die Geschich­te fal­len las­sen und eine Sache in Ruhe auf den Grund gehen. Man wird nicht zur Eile getrie­ben und kann auch mal etwas aus­pro­bie­ren (was dann ger­ne auch mal süf­fi­sant durch das Aben­teu­er­buch kom­men­tiert wird).

So ent­steht dann natür­lich auch die rela­tiv lan­ge Spiel­zeit. Wir haben DAS VERLIES am Stück in etwa 3,5 Stun­den gespielt. Uns war dabei vor­her klar, dass wir kei­ne Pau­se machen wol­len. Ich bin immer noch der Mei­nung, dass dies auch das rich­ti­ge Vor­ge­hen ist. Denn bei der Fül­le an zu ent­de­cken­den Klei­nig­kei­ten stel­le ich mir län­ge­re Pau­sen zwi­schen ein­zel­nen Spie­le­aben­den unbe­frie­di­gend vor. Da wir das so machen woll­ten, hat es auch ein wenig gedau­ert, bis ich DAS VERLIES auf den Tisch brin­gen konn­te. Aber ich glau­be, dass sich die­ses Abwar­ten gelohnt hat.

Nun sind wir gespannt auf wei­te­re ADVENTURE GAMES. Ein neu­es ist für den Herbst schon ange­kün­digt und ich bin mir recht sicher, dass es dabei nicht blei­ben wird. Aller­dings soll­te man nicht einen all zu gro­ßen Out­put erwar­ten. Ich kann nur abschät­zen, wie viel Zeit und Arbeit in die Erstel­lung der Aben­teu­er­bü­cher flie­ßen muss, und habe da den größ­ten Respekt davor. Ich hof­fe jeden­falls, dass noch wei­te­re Aben­teu­er in Pla­nung sind. Denn die bei­den bis­her gespiel­ten haben defi­ni­tiv Lust auf mehr gemacht!

TitelAdven­ture Games – Das Verlies
AutorenPhil Wal­ker-Har­ding und Matthew Dunstan
Illus­tra­tio­nenMar­tin Hoffmann
Dau­er3 mal 60 bis 80 Minuten
Spie­ler­an­zahl1 bis 4 Spieler
Ziel­grup­peana­lo­ge Point-and-Click-Spieler
Ver­lagKOSMOS
Jahr2019

Wich­ti­ger Hin­weis: Dies ist ein Erst­ein­druck nach nur einer gespiel­ten Par­tie (zwangs­läu­fig)! Sehr sub­jek­tiv und durch­aus auch abhän­gig von Tages­lau­ne, Mit­spie­lern und sons­ti­gen Ein­flüs­sen. Bei grund­sätz­li­chem Inter­es­se emp­feh­le das Lesen „rich­ti­ger“ Rezen­sio­nen oder noch bes­ser: ausprobieren! 

Ich bedan­ke mich bei KOSMOS für die Bereit­stel­lung eines Rezen­si­ons­exem­plars. Ich bin mir sicher, dass durch die­se Bereit­stel­lung mei­ne Mei­nung nicht beein­flusst wur­de. Die Bespre­chung spie­gelt mei­ne gemach­te Erfah­rung wider.

3 Kommentare

  • "da in die­sem Spiel Zeit­be­gren­zung besteht."
    Mein­test du viel­leicht "da in die­sem KEINE Spiel Zeit­be­gren­zung besteht." ?
    Dann wür­de es im Kon­text mehr Sinn machen.

    • Hal­lo!

      Da hast du natür­lich völ­lig Recht. Vie­len Dank für den Hin­weis, ich habe das wich­ti­ge Wort nun ergänzt.

      Vie­le Grü­ße, Tobias

  • "Ein wei­te­rer Vor­teil bei der Benut­zung der App ist, dass man gar nicht in die Ver­su­chung gelangt, heim­lich ande­re Abschnit­te des Aben­teu­er­bu­ches zu lesen."
    Das "heim­lich" wür­de ich hier strei­chen – man kann teil­wei­se gar nichts dafür, wenn man ande­re Tei­le als die benö­tig­ten liest. Man muss die pas­sen­de Zahl fin­den und bei der Suche bekommt man auto­ma­tisch das eine oder ande­re vom Text mit, da die Tex­te lei­der viel zu dicht bei­ein­an­der ste­hen. Bes­ser wären grö­ße­re Abstän­de zwi­schen den Text­blö­cken und deut­lich grö­ße­re Zah­len, am Bes­ten auch farb­lich abgesetzt.