Crime Story Munich von Peter Prinz – erschienen bei Noris-Spiele
Was verbindet ihr mit der Stadt München? Oktoberfest? Bier? Englischer Garten? Oder die Bussi-Gesellschaft? Fußball wäre mir bei dieser Frage wahrscheinlich so ziemlich als letztes eingefallen, da ich andere Städte viel mehr als Fußballhochburg erlebt habe. Deswegen war ich etwas von der Thematik von CRIME STORY MUNICH überrascht, da ich in München ein anderes Setting erwartet hätte.
Thema... in der Nacht vor dem entscheidenden Relegationsspiel zwischen SC Eintracht München und FC Düsseldorf erleiden einige Spieler der Münchener eine Lebensmittelvergiftung. Das kann kein Zufall sein, weswegen wir als Detektive den Tathintergrund ermitteln sollen. Die Stimmung ist aufgeheizt, da verschiedene Akteure schnelle Ergebnisse fordern. Und dann gibt es noch einen dramatischen Spielverlauf...
Grafische Gestaltung… stammt von Andrea Hofbeck. Den Gesamteindruck würde ich diplomatisch als "funktional" bezeichnen, denn hübsch ist sicherlich etwas anderes. Etwas irritiert haben mich die Fotos der Protagonisten, die irgendwie sehr steif und wenig lebensecht wirken. Gefühlt hat man sich da ohne großen Aufwand an Stockfotos bedient, so dass insgesamt ein etwas liebloser Eindruck entsteht.
Ausstattung… besteht größtenteils aus Karten – 56 Stück, um genau zu sein. Zusätzlich wird noch auf der Rückseite der Anleitung ein kleiner Spielplan präsentiert, der eine Zeitleiste darstellt. Auf dieser wandelt dann stellvertretend für unsere Gruppe eine kleine hölzerne Ermittlerfigur.
Ablauf… funktioniert wie bspw. die KRIMI-COMICS oder die ADVENTURE GAMES. So hangelt man sich von einer Karte zur nächsten. Am Ende jeder Karte gibt es immer eine Abfrage, was man als nächstes zu tun gedenkt und welche Karte man dann in Augenschein nimmt. Dabei kosten manche Befragungen mehr Zeit als andere. Diesen Zeitverlust halten wir mit der Ermittlerfigur auf der Zeitleiste fest.
Über die Zeitleiste kommen auch neue Karten ins Spiel und manche Befragungsmöglichkeiten stehen einem dann nicht mehr zur Verfügung. Um 23:00 Uhr gilt es dann den Fall zu lösen, was relativ unspektakulär passiert: es sind drei Hauptfragen und vier Nebenfragen zu beantworten. Auf eine finale Punktewertung wird dankenswerterweise verzichtet.
Das gefällt mir nicht so gut: Durch den Kartenmechanismus fühlt man sich schon sehr an die Hand genommen. Ein echtes thematisches Abschweifen ist kaum möglich, auch weil man eher zu viel als zu wenig Zeit besitzt. Da es auch keinen Grund gibt, schnell auf die Tube zu drücken, nimmt man somit den Großteil der Karten in Augenschein. Nur wenn man sich dabei ganz unglücklich anstellt, kann man vielleicht die wichtigen Hinweise übersehen.
Wirklich Atmosphäre kommt bei der Art der Gestaltung nicht auf. Okay, das Wichtigste sind die kleinen Texte. Aber ein wenig Flair würde CRIME STORY MUNICH schon gut tun, damit man besser in die Welt der Ermittler eintauchen kann. So versprüht das Gesamtpaket den Charme eines Logikrätsels. Auch die Mechanik unterstützt dieses Gefühl. Da man die Karten immer gemeinsam bespielt, macht es keinen Unterschied ob man alleine oder in der Gruppe spielt. Im Solospiel fehlt zwar der Austausch mit den anderen, aber ansonsten ändert sich nichts.
Das gefällt mir gut: Die eigentliche Idee des Zeitmanagements ist gut gelöst. Wenn bspw. die Spieler schon auf dem Weg ins Stadion sind, kann man sie nicht mehr im Hotel befragen. Diese Zusammenhänge sind ohne großen Aufwand gut und nachvollziehbar gelöst. Dadurch wird einem das Gefühl von Entscheidungen suggeriert, ob einem diese oder jene Aussage wichtiger ist oder nicht. Im Endeffekt zeigt es sich aber, dass diese Entscheidungen weniger bedeutend sind, als man das im Spiel meint. Eventuell lässt sich dadurch möglicherweise eine Nebenfrage nicht beantworten. Der Hauptfall ist aber unabhängig davon – und das ist auch gut so. Denn so ist es nicht dem Zufall überlassen, ob man die wichtigen Hinweise erhält oder nicht. Trotzdem vermittelt einem die Zeitleiste das Gefühl eines Zeitdrucks und spornt zur Eile an.
Der Fall als solches ist schlüssig und es gibt auch mehrere echte Verdächtige. Als Krimi-Profi wird man nicht überfordert sein, trotzdem muss man schon ein gewissen Spürsinn haben, um nicht auf die falschen Fährte gelockt zu werden. Die Geschichte ist etwas stereotyp, aber schon noch stimmig. Leider kommt für mich zu wenig das "typisch münchnerische" durch. Wenn schon der Stadtname so prominent im Titel vermarktet wird, dann hätte ich etwas mehr Lokalkolorit erwartet. Denn die Geschichte von CRIME STORY MUNICH hätte sicherlich problemlos auch in andere Städte gepasst. Fußballexperten werden übrigens der berechtigten Meinung sein, dass die Story nicht wirklich realistisch ist. Aber da CRIME STORY MUNICH eine Geschichte erzählt und keine Simulation sein will, habe ich damit kein Problem.
Gut gefallen hat mir, dass erst gar nicht versucht wird, über eine Punktewertung die eigene Leistung einzuordnen. Ich weiß, dass das manchen wichtig ist. Ich kann darauf verzichten, zu irgendwelchen Punktzahlen mehr oder weniger geglückte Wortspiel zuzuordnen. Entweder habe ich den Fall gelöst oder nicht – was braucht es da noch für eine Bewertung?
Fazit: CRIME STORY MUNICH macht Laune und weiß zu unterhalten. Mechanisch passiert wenig Neues, aber das ist auch nicht der Anspruch der Reihe. Mir persönlich gefallen zwar die ausgefeilten Fälle der SHERLOCK-Reihe etwas besser. Aber ich schaue mir Thriller auch nicht nur im Kino an, sondern schalte gerne auch mal im TV solide Serien ein.
Titel | Crime Story Munich |
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Autor | Peter Prinz |
Illustrationen | Andrea Hofbeck |
Dauer | 60 Minuten |
Personenanzahl | 1 bis 6 Personen |
Zielgruppe | Krimi liebende Familienspielrunden |
Verlag | Noris-Spiele |
Jahr | 2020 |
Hinweis | für die Besprechung wurde vom Verlag ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt |
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