Monster Expedition von Alexander Pfister – erschienen bei AMIGO
Im Leben soll man sich ja immer das Gute sich ins Gedächtnis rufen. Eine Sache, die mir an der aktuellen Covid-19-Situation gefallen hat, war der ungewohnt ruhige Abend an Halloween. Was habe ich es genossen, nicht alle fünf Minuten an die Türe rennen zu müssen und sich dabei mehr oder weniger originell verkleidete Hexen, Zombies und Monster ansehen zu müssen. Wenn schon Monster, dann bitte nur im Spiel und nicht vor der Haustür. Deswegen waren wir froh, dass wie es uns dieses Jahr gemütlich machen konnten – und vielleicht haben wir sogar eine Partie MONSTER EXPEDITION gespielt.
Thema... wie wir schon aus CARNIVAL OF MONSTERS gelernt haben, gibt es da draußen in der Wildnis so einige unbekannte Wesen, die man nachts besser nicht alleine treffen sollte. Nur gut, dass wir echte Jägermeister sind und deswegen furchtlos in den Wald, unter Wasser und in die Wolkenlande ziehen. Zusätzlich kennen wir glücklicherweise auch einen befreundeten Monsterhändler, bei dem wir unter der Hand noch ein paar gefüllte Käfige erwerben können, wenn wir selbst bei der Jagd erfolglos waren. Es wäre irgendwie schon peinlich, mit leeren Händen wieder heimkehren zu müssen...
Illustrationen… da MONSTER EXPEDITION in der Welt von CARNIVAL OF MONSTERS spielt, muss dieses Spiel natürlich auch wieder ähnlich aussehen. Deswegen sind erneut die bekannten Illustratoren mit "ihren" Landschaften am Werk gewesen: Michael Menzel durfte die Waldwesen illustrieren, Oliver Schlemmer die Wesen des tiefen Ozeans und Dennis Lohausen ist in die Lüfte gegangen (und hat sogar noch einen kleinen Cameo-Auftritt). Ihre Arbeiten sind wieder fantastisch, so dass MONSTER EXPEDITION in dieser Hinsicht definitiv punkten kann. Neben der erstaunlich homogenen Gestaltung haben mir besonders die kleinen Anspielungen und Spielereien gefallen. So ist beispielsweise der neben stehende Bufomorph ein echter Verwandlungskünstler, der erst einmal im Wald gefunden sein will.
Ausstattung… steht den Illustrationen in nichts nach. Neben den vielen Monster-Karten gefallen mir die geprägten Würfel sehr gut. Da die farbigen Würfel individuelle Werte besitzen, gibt es sogar noch ein kleines Verwaltungstableau, das über die entsprechende Verteilung aufklärt. Für alle Mitspielenden sind ein Satz Camp-Karten vorhanden, die mich durch ihre Funktionsweise an das gute alte SIEDLER KARTENSPIEL erinnern. Zu guter Letzt sind noch einige Markierungsmarker in der Box.
Fehlen einem aktuell übrigens mitspielende Monsterjäger (Covid-19 sei dank), dann kann man sein Vergnügen in der zusätzlich vorhandenen Solo-Kampagne finden. Nach und nach muss man sich dabei bestimmten Aufgaben stellen.
Ablauf… Um die Monster mit den Würfeln jagen zu können, muss man sich zuerst für ein Jagdgebiet entscheiden. Gehe ich bspw. in den Wald, dann schaue ich auf meinem Waldkärtchen nach, mit wie vielen Würfeln ich mich bewaffnen darf. Ganz sicher ist dann der grüne Würfel mit dabei (unter Wasser nehme ich den blauen Würfel mit und in der Luft bin ich mit dem gelben Würfel bewaffnet). Nun würfel ich mit meinem Sortiment und lege alle Würfel einer Augenzahl zur Seite. Mit dem Rest würfel ich erneut und lege wieder eine Augenzahl heraus – die aber noch nicht beiseite gelegt sein darf. Manch einer erkennt dabei den Mechanismus aus HECKMECK AM BRATWURMECK. Im Prinzip trifft das auch zu, allerdings ist MONSTER EXPEDITION nicht ganz so strafend. Hat man nämlich einen Fehlwurf, dann muss man lediglich ein Würfel mit der höchsten Augenzahl aus der zur Seite gelegten Sammlung entfernen und kann dann weiter das Glück herausfordern.
Das macht man so lange, bis man freiwillig aufhört oder aufhören muss. Dann kann man für die erwürfelte Augensumme Monster aus einer offenen Auslage zu sich nehmen. Diese erbeuteten Monster bringen dann noch kleine Zusatzfunktionen mit. Man kann sich aber auch mit verdeckten Karten vom Nachziehstapel eindecken. Diese Kisten-Monser bringen am Spielende zwar weniger Punkte, allerdings darf man nun die Auslage wieder auffüllen. Dabei werden alle neu ins Spiel gebrachten Monster mit eigenen Markern versehen. Liegen diese Karten am Spielende immer noch in der Auslage, dann bekommt man diese zusätzlich noch gut geschrieben.
Nach der Monsterjagd überprüft man die Würfelauslage übrigens noch nach meist kleinen Augenzahlen. Denn für jede gewürfelte 1, 2 und 3 darf man die Camp-Karten drehen, womit einem dann später mehr Würfel für die Jagd zur Verfügung stehen. Ebenfalls kann man bei manchen Augenwerten auch bei den Würfen der Mitspielenden partizipieren.
Das gefällt mir nicht so gut: Auch wenn der Würfelmechanismus an HECKMECK erinnert, so fühlen sich beide Spiele komplett anders an. HECKMECK ist perfekt auf seinen Kernmechanismus reduziert und weiß daher als kleines Würfelspiel zu überzeugen. MONSTER EXPEDITION versucht neben der Würfelzockerei zusätzliche noch einen Aufbaucharakter zu entwickeln. Dadurch geht aber etwas der Fokus auf das eigentliche Spiel verloren. Durch die vielen kleinen Regeln und Zusatzfunktionen zerfasert die schnelle Zockerei etwas, womit es sich vor allem im 4‑Personen-Spiel ziehen kann. Der zusätzliche Sammelmechanismus bei den Monstern wirkt zudem aufgesetzt und erhöht nochmals die nicht unwesentliche Glückskomponente. Insgesamt bietet MONSTER EXPEDITION wenig Abwechslung und wirkt monoton, da die Karten-Effekte nicht stark genug sind, um neue Situationen zu kreieren.
Übrigens darf man sich nicht von den Informationen auf der Verpackung kirre machen lassen. Der Verlag verortet das Spiel nahe an den Experten und mit einem hohen Strategieanspruch. Das ist natürlich relativ zum Verlagsprogramm zu sehen. Aber selbst mit diesem als Basis habe ich damit so meine Probleme, denn es bringt nichts, sich im Vorfeld eine Strategie vorzunehmen, wenn dann einfach nicht die geworfenen Würfel dazu passen wollen. Deswegen ist es für mich auch müßig darüber zu diskutieren, ob nun die eine Karte im 4‑Personen-Spiel zu stark oder schwach ist. Im Endeffekt entscheidet immer noch das Würfelglück und man sollte MONSTER EXPEDITION nicht einen Anspruch unterstellen, den es gar nicht besitzen will (trotz dieser Verlagseinschätzung).
Das gefällt mir gut: Wie schon bei PORT ROYAL zeigt Alexander Pfister, dass er nicht nur große Strategieklopper entwickeln kann, sondern auch den Push-Your-Luck Mechanismus verstanden hat. Bei MONSTER EXPEDITION kommt dieser recht unscheinbar daher, da die Strafe verhältnismäßig klein ausfällt. Allerdings haben wir schon Kettenreaktionen erlebt, bei der man mit vollem Angebot startend am Ende nur noch einen Würfel vorweisen konnte. Die dadurch entstehenden Emotionen sind die Stärke von MONSTER EXPEDITION. Da freue ich mich noch, dass bei einer Mitspielerin eine 10 ausliegt, weil ich an der partizipieren kann. Dann würfelt sie aber nur Mist und die 10 verschwindet wieder – und zwei Leute ärgern sich. Person 3 wiederum freut sich, da diese durch ein Monster für Fehlwürfe belohnt wird.
Durch dieses Beispiel wird auch deutlich, dass MONSTER EXPEDITION durchaus Interaktion zu bieten hat. Diese beruht nicht nur auf die Würfelbeteiligungen, sondern natürlich auch auf die gemeinsame Auslage, die man immer im Blick haben sollte. Hinzu kommt noch, dass man gegnerische Kisten-Monster stehlen kann. Diese besondere Form der Monster verhindert übrigens, dass die Spielstände ausrechenbar sind. Denn diese liegen verdeckt aus und können sich schon deutlich in den Werten unterscheiden. Hierbei wird auch wieder der vorhandene Glücksanteil sichtbar. Das muss man mögen. Ich kann damit gut leben, da ich MONSTER EXPEDITION als ein aufgemotzes Würfelspiel ansehe, bei dem es eben auch zufallsbetont zugehen darf.
Die beigefügte Solo-Kampagne ist übrigens wieder unterhaltsam geworden. Die Schwierigkeit ist recht überschaubar und zieht erst in den letzten beiden der zehn Expeditionen so richtig an. Aber man bekommt dabei gut die unterschiedlichen Aspekte des Spiels vermittelt. Ich bin jedenfalls immer wieder für ein solches Angebot dankbar.
Fazit: MONSTER EXPEDITION passt perfekt zu CARNIVAL OF MONSTERS – auch, weil beide ein wenig das gleiche Problem haben: es ist nicht so ganz klar, wer die Zielgruppe sein soll. Für ein Familienspiel ist es zu kleinteilig und regellastig, für ein Kennerspiel ist es wieder zu glücksbetont und einseitig. In einer 4er-Runde würde ich es ungern auf den Tisch bringen, da es mir dann zu lange dauert. Aber als 2- oder 3‑Personenspiel macht es mir durchaus Spaß. Für den ganz großen Wurf fehlt es allerdings an Klarheit und Varianz. Atemberaubend schön ist allerdings wieder die äußerst gelungene Gestaltung.
Titel | Monster expedition |
---|---|
Autor | Alexander Pfister |
Illustrationen | Dennis Lohausen, Michael Menzel und Oliver Schlemmer |
Dauer | 30 Minuten |
Personenanzahl | 1 bis 4 Personen |
Zielgruppe | würfelnde Zwitter zwischen Familien- und Kennerspielrunden |
Verlag | AMIGO |
Jahr | 2020 |
Hinweis | für die Besprechung wurde vom Verlag ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt |
Kommentar hinzufügen