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kritisch gespielt: Istanbul – Das Würfelspiel

Istanbul – Das Würfelspiel von Rüdiger Dorn erschienen bei Pegasus Spiele

Istanbul - Das Würfelspiel - Box
Foto: Pega­sus Spiele

Die Zeit, als "Ver­wür­fe­lun­gen" bekann­ter Titel ein gro­ßer Trend war, ist mitt­ler­wei­le vor­bei. Natür­lich gibt es auch im aktu­el­len Jahr­gang wei­ter­hin Wür­fel­spie­le mit bekann­ten The­ma (wie bspw. DIE BURGEN VON BURGUND – DAS WÜRFELSPIEL). Aber das Gefühl, dass jeder Ver­lag glaubt, min­des­tens ein Spiel sei­ner Rei­he zum Wür­fel­spiel umwan­deln zu müs­sen, ist nicht mehr vor­han­den. Das ist auch ganz gut so, weil sich somit mehr Zeit gelas­sen wird mit sol­chen Adap­tio­nen – in der Hoff­nung, dass die­se dann auch qua­li­ta­tiv bes­ser sind. Ich habe kei­ne Ahnung, wie lan­ge die Ent­wick­lungs­zeit bei der Ver­wür­fe­lung von ISTANBUL war. Das Ergeb­nis kann sich jeden­falls sehen lassen.

The­ma... wei­ter­hin sind wir Kauf­leu­te in Istan­bul – und noch immer gibt es ein Wett­ren­nen unter den Kauf­leu­ten, wer am schnells­ten die wert­vol­len Rubi­ne ein­sam­melt. ISTANBUL – DAS WÜRFELSPIEL bleibt sich also in die­ser Hin­sicht treu.

Illus­tra­tio­nen... sind wei­ter­hin von Andre­as Resch und erin­nern völ­lig zurecht an den gro­ßen Bru­der. Ehr­li­cher­wei­se muss man zuge­ben, dass er dabei nicht wirk­lich viel neu gestal­ten muss­te. Aller­dings hat er dann die Sachen, die neu zu illus­trie­ren waren, sehr schön hin­be­kom­men. So gefällt mir bspw. das Cover mit den Wür­feln und Rubi­nen sehr gut – wenn man auch das Gefühl hat, dass dem dor­ti­gen Hüt­chen­spie­ler die Hüt­chen fehlen. 🙂

Istanbul - Das Würfelspiel - Übersicht
(fast) alles auf einen Blick

Aus­stat­tung... na ja, es sind wider Erwar­ten Wür­fel in der Box – und Rubi­ne! Sehr erstaun­lich das Gan­ze. Aber es sind auch wei­te­re neue Ele­men­te zu fin­den, die man noch nicht aus dem Grund­spiel kennt. So sind auf ein­mal klei­ne ein­zel­ne Waren­plätt­chen und Kris­tal­le mit im Spiel. Basar­kar­ten und Moschee­plätt­chen kennt man dahin­ge­gen aus dem Grund­spiel – wenn die­se nun auch ande­res gehand­habt werden.

Istanbul - Das Würfelspiel - Würfel
die ver­schie­de­nen Wür­fel­sei­ten und das zuge­hö­ri­ge Material

Die Wür­fel sind übri­gens alle mit den glei­chen Sym­bo­len ver­se­hen. Die­se zei­gen die vier unter­schied­li­chen Waren­sor­ten sowie das Kar­ten- und das Geld­sym­bol. Sehr hilf­reich sind dar­über hin­aus die ein­zel­nen Akti­ons­über­sich­ten für die Spie­ler, an denen sich wun­der­bar die Regeln erklä­ren lassen.

Ablauf... wie schon bei ISTANBUL ist nun auch ISTANBUL – DAS WÜRFELSPIEL ein Wett­ren­nen um die Rubi­ne. Wer zuerst sechs davon besitzt, gewinnt das Spiel sofort (im Spiel zu viert rei­chen schon fünf Rubi­ne aus). Wie kommt man an die­se Rubi­ne? Recht ein­fach: in dem man die ent­spre­chen­den Waren abgibt (sor­ten­rein oder aber als fes­te Kom­bi­na­ti­on). Dabei fun­gie­ren die Wür­fel als ein­zel­ne Waren. Da man aber sel­ten das wirft, was man benö­tigt, kann man über Zwi­schen­schrit­te ein­zel­ne Waren­plätt­chen sam­meln, die dann zusam­men mit den Wür­feln abge­ge­ben wer­den kön­nen, um die Rubin-Vor­aus­set­zung zu erfül­len. Über die Wür­fel kann man auch Geld sam­meln, um damit Rubi­ne zu kau­fen. Das alles kommt einem sehr ver­traut vor.

Eben­falls kennt man auch die Basar­kar­ten und Moschee­plätt­chen. Letz­te­re erhält man, wenn man vor­ge­schrie­be­ne Kom­bi­na­ti­on an Waren abgibt (bzw. die ent­spre­chen­den Wür­fel vor­zeigt). Die­se geben dann ein regel­mä­ßi­ges Ein­kom­men oder eine dau­er­haf­te Hil­fe. Basar­kar­ten wer­den dahin­ge­gen im Wür­fel­spiel nicht gesam­melt, son­dern müs­sen sofort benutzt wer­den. Hier bekommt man Beloh­nun­gen und manch­mal par­ti­zi­pie­ren dabei die Mit­spie­ler in abge­schwäch­ter Form.

Istanbul - Das Würfelspiel - Spielzug
die ver­schie­de­nen Akti­ons­mög­lich­kei­ten aus den ent­spre­chen­den Wür­fel/­Wa­ren-Kom­bi­na­tio­nen

Jetzt habe ich zwar beschrie­ben, was man alles mit den Wür­feln machen kann, aber ich habe noch kein Wort zum Wür­feln an sich geschrie­ben. Dies geschieht am Anfang des Zuges. Ein­ma­lig wirft man sei­ne fünf Wür­fel (mit den ent­spre­chen­den Moschee­plätt­chen kön­nen es auch mehr sein) und bil­det dann Kom­bi­na­tio­nen aus die­sen: so genann­te Aktio­nen. Davon darf man pro Spiel­zug zwei durch­füh­ren (wie­der kann sich der Wert mit einem ent­spre­chen­den Moschee­plätt­chen erhö­hen). Meist läuft es dar­auf hin­aus, sich ein bis zwei Waren zu neh­men oder alter­na­tiv auch einen Rubin zu bean­spru­chen. Ist man mit sei­nem Wür­fel­wurf übri­gens unzu­frie­den, darf man gegen Abga­be eines Kris­talls noch ein­mal sein Glück versuchen.

Istanbul - Das Würfelspiel - Moscheeplättchen
brin­gen tol­le Effek­te, die man auf­grund der gerin­gen Spiel­zeit aber kaum aus­gie­big nut­zen kann

Das gefällt mir nicht so gut: ISTANBUL – DAS WÜRFELSPIEL lässt sich schnell spie­len – meist hat man dabei sogar das Gefühl, dass es zu schnell geht. Die Moschee­plätt­chen sind durch ihre Lang­zweit­wir­kung natür­lich recht stark, aber man geht schon ein sehr gro­ßes Risi­ko ein, wenn man sei­ne Stra­te­gie auf die­se aus­legt. Denn meist gewinnt der­je­ni­ge, der ein­fach ganz dar­auf ver­zich­tet und immer wenn es geht, sich einen Rubin abgreift. Das fühlt sich für stra­te­gisch ori­en­tier­te Spie­ler doof an. Da hilft es auch nicht, dass man für fünf erwor­be­ne Moschee­plätt­chen noch einen zusätz­li­chen Rubin erhält. Der damit ver­bun­de­ne Tem­po­ver­lust lässt sich sel­ten damit aus­glei­chen. Wir sind mitt­ler­wei­le dazu über­gan­gen, in stra­te­gisch ori­en­tier­ten Run­den, als Sieg­be­din­gung die Anzahl der Rubi­ne zu erhöhen.

Natür­lich ist der Glücks­ein­fluss bei ISTANBUL – DAS WÜRFELSPIEL groß. Das bedingt sich einer­seits durch die Wür­fel an sich, wird aber noch durch die Basar­kar­ten ver­stärkt. Die kön­nen per­fekt pas­sen, oder gar nicht. Aber ist das schlimm? In einem so kur­zen Wür­fel­spiel auf kei­nen Fall. Man darf sich eben nur nicht ein­bil­den, dass man wirk­lich etwas unter Kon­trol­le hat. So gese­hen hat es bis auf den Namen wenig mit dem Basis­spiel zu tun. Das hier ist eine wil­de Zocke­rei, das ande­re ist ein tol­les Ken­ner­spiel mit inter­es­san­ten stra­te­gi­schen und tak­ti­schen Ent­schei­dun­gen. Trotzdem...

Das gefällt mir gut: ...bleibt ISTANBUL – DAS WÜRFELSPIEL ein Spiel der Rei­he. Denn die Quer­ver­wei­se sind schon immens. Auch wenn der stra­te­gi­sche Über­bau fehlt, so fühlt es es sich doch nach ISTANBUL an. Fast alle Ele­ment des Basis­spiel las­sen sich wie­der­fin­den – ledig­lich das Rei­sen ent­fällt. Aber es macht schon Spaß zu sehen, wie man wie­der Waren sam­melt, um die­se dann gegen Rubi­ne zu tauschen.

Istanbul - Das Würfelspiel - Karten
die Basar­kar­ten ver­stär­ken die Zocke­rei erheblich

Auch fühlt sich die Akti­ons­aus­wahl frisch und bedeu­tend an. Ja, man hat in der Regel nur einen Wurf. Aber dar­aus lässt sich doch meist eine Viel­zahl an mög­li­chen Aktio­nen ablei­ten. Dabei muss dann abge­wägt wer­den, ob man auf Num­mer sicher geht (Waren neh­men), oder ob man lie­ber zocken will (Basar­kar­ten nehmen).

Das Basis­spiel ist ein ver­kapp­tes Renn­spiel. Das "ver­kappt" kann man bei ISTANBUL – DAS WÜRFELSPIEL getrost strei­chen. Denn hier fühlt es sich genau als sol­ches an. Es wird gewett­ei­fert, wer denn nun am schnells­ten die Rubi­ne ein­streicht. Dabei gehen dann die Emo­tio­nen hoch, wenn man selbst auf einen Rubin schielt, den der Mit­spie­ler mit gefühlt unmensch­lich hohem Glück durch einen per­fek­ten Wür­fel­wurf doch noch vor der Nase weg­schnappt. Das macht wirk­lich Laune.

Istanbul - Das Würfelspiel - Detail
das WÜRFELSPIEL bleibt Istan­bul – und ist doch ganz anders

Fazit: Auch wenn die anfäng­li­che Begeis­te­rung sich recht schnell gelegt hat, bleibt doch ISTANBUL – DAS WÜRFELSPIEL ein Ver­tre­ter der gelun­ge­nen Ver­wür­fe­lun­gen erfolg­rei­cher Titel. Ein wesent­li­che Kern von ISTANBUL bleibt erhal­ten und alles sieht so schön ver­traut aus. Nur die Stra­te­gen erle­ben recht schnell eine Ernüch­te­rung, wenn sie mer­ken, dass für Stra­te­gien eigent­lich kei­ne Zeit ist. Für eine schnel­le Zocke­rei kann aber ISTANBUL – DAS WÜRFELSPIEL sehr gut in Betracht gezo­gen werden.

TitelIstan­bul – Das Würfelspiel
AutorRüdi­ger Dorn
Illus­tra­tio­nenAndre­as Resch
Dau­er15 bis 25 Minuten
Spie­ler­an­zahl2 bis 4 Spieler
Ziel­grup­peschnel­le Würfelfreunde
Ver­lagPega­sus Spiele
Jahr2017

 

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