Rune Stones von Rüdiger Dorn – erschienen bei Queen Games
Für Runen habe ich mich schon in frühen Jahren interessiert, weswegen mich eine auch schon ziemlich lange begleitet. Aus diesem Grund war ich schon bei der Ankündigung zu RUNE STONES sehr an dem Spiel interessiert – um nun enttäuscht festzustellen, dass keine einzige Rune auf dem Material zu sehen ist (geschweige denn auf den Namen gebenden Steinen). Irgendwie unglücklich das Ganze...
Thema... wir Spieler schlüpfen in die Rolle von Druiden, die im gegenseitigen Wettstreit ihr Können im Umgang mit Runensteinen aufzeigen sollen, um dann den Druiden-Thron besteigen zu können. Dafür müssen mit Hilfe von magischen Kreaturen Edelsteine eingesammelt werden, mit deren Hilfe man Amulette herstellt, mit deren Hilfe man Runensteine erschafft, mit deren Hilfe man Machtpunkte erlangt. Klingt alles thematisch ziemlich gezwungen – und ist es auch. Also stellen wir fest: das Thema ist lediglich dazu geeignet, um die Spielmechanik leichter zu vermitteln. Zu mehr taugt es nicht, weswegen man es auch ganz schnell wieder vergisst und sich klar wird, dass hier ein astreines Eurospiel vorliegt.
Illustrationen… sind von Dennis Lohausen und machen noch das Beste aus dem Thema. In seinem vertrauten Stil erschafft er eine keltisch inspirierte Sagenwelt mit viel Liebe zum Detail – bis eben auf die fehlende Runen. Aber alleine die Gestaltung des Spielplans lässt mich dieses Manko verzeihen, denn der ist schlicht atemberaubend schön.
Ausstattung… natürlich sind in RUNE STONES einige Runensteine in der Box. 24 Stück sind es an der Zahl, wobei diese sich gleichmäßig auf acht unterschiedliche Exemplare aufteilen. Noch mehr ins Auge fallen allerdings die kleinen Plastik-Edelsteine und die pappigen Artefakte bzw. Erze. Ein echter Hingucker wäre der Thron, wenn dieser nach erstmaligen Zusammenbauen auch stabil halten würde. So fällt er aber immer in sich zusammen und wird spätestens bei der dritten Partie eher nicht mehr aufgebaut (zumal er keine wirkliche Funktion hat).
Das alles ist aber nur Beiwerk für die eigentlichen Stars: denn die Kreaturenkarten sind das Herzstück von RUNE STONES, da sie den spielerischen Motor darstellen. Aus diesem Grund erhält man anfangs schon ein eigenes kleines Kartendeck zum restlichen spielerbezogenen Material (Tableau, Übersichtskarte und Zählstein).
Ablauf… im Kern ist RUNE STONES ein Deckbau-Spiel – allerdings eines, mit einem besonderen Kniff. Denn meist werden immer zwei Karten zusammen ausgespielt und einzeln abgehandelt. Die Karte mit der höheren Nummer fliegt dann allerdings aus dem Spiel und ist somit nicht mehr für einen verfügbar, während die Karte mit der kleineren Nummer in die eigene Ablage wandert.
Damit man nicht nach kurzer Zeit gänzlich ohne Karten dasteht, kann man sich anstatt des Ausspielens auch für den Kauf neuer Karten entscheiden ("Beschwörung"). Dafür spielt man ebenfalls Karten aus und zählt die gleichfarbigen Kaufpunkte zusammen – allerdings darf man glücklicherweise alle benutzten Karten weiterhin behalten, weswegen sie danach nur in die eigene Ablage wandern.
Eine weitere Option ist das Schmieden von farbigen Amuletten, wofür man vorher eingesammelte Edelsteine farbenrein oder als Alternative auch Erz abgeben muss. Später tauscht man diese Amulette in Siegpunkte ein und bekommt zusätzlich noch einen Runenstein. Diese modifizieren die Regeln zum eigenen Gunsten und sind deshalb heiß begehrt. Allerdings bekommt man wesentlich mehr Siegpunkte beim Amuletttausch, wenn diese in größerer Zahl vorhanden sind.
Nebenbei ist RUNE STONES auch noch ein Siegpunkt-Wettrennen. Denn sobald jemand 65 Siegpunkte erreicht hat, endet nach dieser Runde die Partie – und meist ist der Auslöser dieses Kriteriums auch der Gewinner.
Das gefällt mir nicht so gut: Über den ziemlich wackeligen Thron habe ich mich schon lustig gemacht. Aber der ist nicht nur aufgrund seine Instabilität ein missglücktes Gimmick, sondern er verwirrt auch ein wenig. Ich habe das ein oder andere Mal erlebt, dass gegen Ende die Zwischenfrage gestellt wurde, ob man denn nun diesen Thron direkt treffen müsse oder nicht? Dann erkläre ich, dass dieser zwar an der 65 stehe, aber keine tiefere Bedeutung hat. Die 65 Siegpunkte sind lediglich der Auslöser für das Spielende. Wobei ich dieses ohnehin als ein wenig unglücklich geregelt ansehe. Ich fände es spannender, wenn das Spielende tatsächlich sofort dann eintritt, wenn jemand die 65 Punkte erreicht und der Startspielervorteil über eine andere Weise aufgehoben wird. Stattdessen wird nun noch die aktuelle Runde zu Ende gespielt und man erhält sogar noch Punkte für die bisher gesammelten Artefakte. Das kann den unschönen Effekt haben, dass die Siegpunktleiste am Ende gesprengt wird, da diese nicht durchlaufend ist. Ich habe schon Diskussionen erlebt, bei denen darum gestritten wurde, ob diese Leiste nun beschränkt ist oder nicht. Allerdings wäre RUNE STONES meiner Meinung nach spannender, wenn ein echtes Siegpunkt-Wettrennen stattfände. Dann müsste man noch mehr auf die Mitspielenden achten und das richtige Timing beim Einlösen der Artefakte wäre noch wichtiger.
Manchmal ist der "Markt" mit der Kartenauslage sehr träge. Vor allem dann, wenn dort nur Karten angeboten werden, für deren Effekte man Edelsteine ausgeben muss. Diese Karten sind oftmals unbeliebt, weswegen sie gerne verschmäht werden. Machen das aber alle, dann stockt der Markt, da es keine Möglichkeit gibt, diese Karten auf andere Art und Weise abzuräumen als durch den Kauf. Mir fehlt demnach eine Stellschraube, mit der dieser Markt etwas dynamischer wird. In diesem Zusammenhang kann man auf die Erweiterungen hoffen. Die werden RUNE STONES sicherlich auch aus anderen Gründen gut tun. Denn mir fehlt ein wenig die Variabilität – insbesondere hinsichtlich der Runensteine. Von denen sind immer die gleichen acht Gruppen im Spiel, so dass man von sich aus entscheiden muss, ob man nun diesen oder diesen Strategieweg wählen will. Durch die Erweiterungen kommen aber neue Runensteine ins Spiel und sollten somit auch das Entdecken neuer Kombinationen fördern.
Für Farbfehlsichtige ist RUNE STONES übrigens nicht unbedingt ein Vergnügen. Auslöser dafür sind die eigentlich gut gemeinten individuellen Start-Handkarten. Denn während man die Farben der Kreaturenkarten eben anhand der Kreaturen erkennen kann, ist das bei den anfänglichen Druidenkarten nicht möglich. Die sind zwar schön an das Druiden-Tableau angepasst, aber leider leidet die Praktikabilität. Man kann nämlich nicht über die Illustrationen auf die Farben der Einkaufspunkte schließen. Im Spielverlauf ist dann die Hilfe von Mitspielenden vonnöten, damit man beim Einkauf die richtigen Sets bilden kann. Hier wären unterschiedliche Symbole bei den Einkaufspunkten sicherlich der bessere Weg gewesen.
Das gefällt mir gut: Wie auch schon bei LUXOR überrascht Rüdiger Dorn uns mit einem cleveren Kartenmechanismus. Denn in RUNE STONES wird klassischer Deckbau betrieben – das allerdings nur zu dem Zweck, um dann geschickt die Karten wieder los zu werden. Natürlich muss dabei das Ziel sein, am Spielende nur noch mit ganz wenigen Karten durch das Ziel zu kommen. Hat man von denen noch viele übrig, dann hat man sehr wahrscheinlich ineffizient gespielt – schließlich kostet der Kartenkauf wertvolle Aktionsmöglichkeiten. Zusätzlich wird man durch diesen Mechanismus ständig in Versuchung gebracht. Eigentlich wollte man nun jetzt neue Karten einkaufen gehen, aber wenn ich schon diese gute Karte als kleineren Wert ausspielen kann, dann ist sie zu einem späteren Zeitpunkt nochmals nutzbar. Und vielleicht liegen in der nächsten Runde immer noch die gleichen Karten zum Kauf aus. Aber ob ich dann noch die notwendigen Einkaufspunkte zusammen bekomme? Schnell wird man so von seinem eigentlichen Weg abgebracht. Aber dadurch sind auch immer viele kleine taktische Entscheidungen zu treffen.
Ohnehin sollte man im Spiel recht flexibel sein. Die ausliegenden Amulett-Farben ändern sich manchmal schneller als das einem lieb ist. Das passiert natürlich bei voller Kapelle öfters als im 2‑Personen-Spiel, weswegen ich RUNE STONES auch am liebsten zu viert spiele. Aber auch nur mit zwei Spielern funktioniert RUNE STONES gut, zumal man dann mehr Kontrolle ausüben kann und entsprechend effizienter spielt.
Anfangs dachte ich, dass manche Runensteine doch wesentlich wertvoller sind als andere. Aber mit der Zeit habe ich gelernt, dass dem nicht so ist – man muss nur die eigene Spielweise entsprechend darauf einstellen. Natürlich gibt es Kombinationen, die besser zueinander passen. Diese unterschiedlichen Zusammenhänge zu entdecken macht den Reiz von RUNE STONES aus. Ein wenig kann man dem Spiel vorwerfen, dass diese Variabilität in der Strategiewahl aus einem selbst heraus kommen muss. So wäre es bestimmt auch möglich gewesen über geheime Ziele oder Spieler-Sonderfähigkeiten diesen Strategie-Weg mehr vorzugeben. Das ist bei RUNE STONES allerdings nicht der Fall. Wer will, kann immer die gleiche Strategie spielen. Dieser Meinung kann man entgegen halten, dass diese Freiheit doch schön ist, weil einem das Spiel dann nicht die Richtung vorgibt. Ich vertrete zwar eher die zweite Meinung, fände aber optionale "Strategie-Schubser" auch spannend.
Abgesehen vom wackeligen Thron möchte ich das Material und insbesondere die Illustrationen aber nochmals loben. Überall gibt es kleine schöne Details zu entdecken. Die Tiergefährten der Druiden habe es mir dabei besonders angetan. Das ist eine an für sich unscheinbare Sache, die mir aber zeigt, mit wie viel Herzblut gearbeitet wird. Ebenfalls nie zu oft kann man die Regel von Queen Games loben. Als jemand, der unzählige Regeln lesen darf/muss, freue ich mich immer wieder über die klaren Strukturen und guten Beispiele.
Fazit: RUNE STONES ist ein gefälliges Kennerspiel. Die neue Art, das eigene Deck zu kontrollieren, ist reizvoll und wird von den Beteiligten im bekannten Maße hochwertig präsentiert. Die thematische Umsetzung ist zwar recht flach, stört aber auch nicht. In meinen Augen hätte RUNE STONES allerdings gerne noch etwas mehr Pep haben dürfen. Vielleicht kommt dieser noch durch die schon erschienen und auch angekündigten Erweiterungen ins Spiel.
Titel | Rune Stones |
Autor | Rüdiger Dorn |
Illustrationen | Dennis Lohausen |
Dauer | ca. 60 bis 90 Minuten |
Spieleranzahl | 2 bis 4 Spieler |
Zielgruppe | sich trennen könnende Kennerspieler |
Verlag | Queen Games |
Jahr | 2019 |
Ich bedanke mich bei Queen Games für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars. Ich bin mir sicher, dass durch diese Bereitstellung meine Meinung nicht beeinflusst wurde. Die Besprechung spiegelt meine gemachte Erfahrung wider.
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