Stadt Land Fluss Extrem von Peer Sylvester – erschienen bei Schmidt Spiele
Peer Sylvester ist nicht nur einer meiner Lieblings-Blogger (unter spielbar.com), sondern ich schätze auch seine Leistungen als Spieleautor sehr. WIR SIND DAS VOLK ist ein empfehlenswertes komplexes 2‑Personen-Spiel (mit einem seit Pegida leider unglücklichen Titel). Schon etwas älter aber trotzdem sehr reizvoll ist KÖNIG VON SIAM. Beide Spiele haben eher eine eingeschränkte Zielgruppe – was man von STADT LAND FLUSS EXTREM sicherlich nicht sagen kann. Hier wird das breite Publikum mit einem bekannten Titel und einem günstigen Preis angesprochen.
Thema... existiert und braucht es auch nicht. Dem bekannten Spielprinzip folgend, gilt es Begriffe für bestimmte Kategorien zu finden. Hierzu eine hanebüchene Hintergrundgeschichte zu konstruieren wäre lächerlich.
Illustrationen... sind nur ein wenig auf dem Cover vorhanden – dementsprechend wenig gibt es dazu zu sagen. Also auch hier konsequente Umsetzung: kein Thema, keine große Grafik – der Spielmechanismus ist der Star.
Ausstattung... ist schlicht und funktional. In der schönen Blechbox befinden sich ein Spielblock, doppelseitige Kategorien-Karten sowie eine Sanduhr. Etwas verwundert sucht man auf dem ersten Blick die Spielregel, die sich dann aber auf den ersten drei Seiten des Spielblocks befindet. Das ist wirklich mal spartanisch ausgestattet – entspricht aber eben auch dem günstigen Kaufpreis. Und wirklich gestört hat es auch nicht. Zusätzlich benötigt man die Regel eigentlich auch nur beim ersten Mal, da das Spiel als solches sehr eingängig ist. Eher ärgerlich sind dahingegen die fehlenden Stifte. Die kann man zwar problemlos später in der Box unterbringen, aber ohne diese kann man STADT LAND FLUSS EXTREM nun einmal nicht spielen.
Ablauf... ist schnell erklärt. Man legt jeweils drei Kategorien-Karten nebeneinander als Kopfzeile aus und drei Kategorien-Karten untereinander als Kopf-Spalte. Somit entsteht eine Begriffsmatrix von 3*3‑Feldern, die es nun von den Spielern auf ihren Blockseiten zu füllen gilt.
Die Spieler müssen nun Begriffe finden, die jeweils zu den zwei Kategorien-Karten passen, die im Raster einen Schnittpunkt bilden. Um hierbei noch ein wenig Druck aufzubauen, liegt die Sanduhr bei. Ist diese nach etwa zwei Minuten abgelaufen, dann endet die Raterunde. Natürlich gibt es noch eine Punktewertung für die Begriffe, bei der Exklusivität belohnt wird.
Was auf den ersten Blick so leicht aussieht, kann einem manchmal ganz schön einen Knoten im Hirn erzeugen. Ich hatte mir das Spiel anfangs bei der Erklärung wesentlich leichter vorgestellt, als es sich dann tatsächlich gespielt hat. Klassisches Stadt-Land-Fluss-Feeling kommt dann noch auf, wenn manche Kategorien-Karten Vorgaben zu Buchstaben in den Begriffen machen (z.B. "muss eu oder au enthalten").
Das gefällt mir nicht so gut: Manchmal kann es vorkommen, dass sich Kategorien gegenseitig ausschließen. Die Regel empfiehlt dann, in diesem Fall einfach nichts einzutragen – wir tauschen dahingegen dann einfach eine Kategorien-Karte aus. Ist zwar unschön, aber auch kein wirkliches Drama.
Wesentlich unglücklicher bin ich mit der Altersangabe "ab 8 Jahre". Mit einigen Kategorien konnten meine Testkinder aus der Grundschule nichts anfangen. Und ein faires Spiel zwischen Erwachsene und Kindern ist eigentlich auch nicht möglich, da Kinder erfahrungsgemäß einen zu geringen Wortschatz besitzen. Hinzu kommt noch das Stress-Element mit der Sanduhr. Meine Erfahrungen sind, dass schon Erwachsene sehr häufig Probleme haben, in der vorgegebenen Zeit alle Begriffe zu finden. Kinder haben das eigentlich nie geschafft, was zu Frusterlebnissen führte. Also bei Kindern die Sanduhr weglassen, sie nur untereinander spielen lassen und vielleicht eine Kategorien-Karte weglassen.
Das gefällt mir gut: Die Auswahl der Kriterien-Karten empfinde ich als sehr gut gelungen. Da sind einerseits Buchstabenvorgaben dabei, größtenteils ganz gewöhnliche Sachen aber auch mal skurilles. Aufgrund der vielen möglichen Kombinationen gab es bei uns in allen Partien auch keine Dopplung von Kombinationen. Insgesamt ist das Spiel fordernder, als man zunächst annehmen mag. Mit dem Basiswissen von STADT LAND FLUSS (Nürnberg, Nicaragua, Nidda, Nelke, Nilpferd, Notar...) kommt man nicht sehr weit.
Ansonsten muss man natürlich Spaß an Sprache haben, um Gefallen am Spiel zu finden. Bei mir ist das der Fall – ansonsten würde ich auch keinen Blog betreiben. Insbesondere in größeren Gruppen wird dann mehr über die Lösungen gelacht, geflachst und diskutiert als eigentlich gespielt. Das finde ich aber nicht störend, sondern macht einen großen Reiz des Spiels aus. Dementsprechend ist das Spiel zwar auch zu zweit spielbar, aber das Potenzial zündet erst mit mehr Mitspielern. Für mich ist es eher Partyspiel als Denk- oder Wissensspiel.
Fazit: Wenn man das Spiel nicht zu ernst nimmt, kann es viele lustige Meta-Diskussionen geben. Wir haben die Punktevergabe ganz schnell sein lassen und uns eher auf nicht immer ganz ernst gemeinte Antworten beschränkt. So ist der Schnittpunkt bei "hat man Angst vor" und "gibt es im Zug" natürlich der Schaffner beim Schwarzfahren. Den Schaffner gab es aber auch mal bei den Kategorien "gibt es im Zug" und "gibt es nur in Geschichten, aber nicht in der Wirklichkeit". Wer das nun nicht gelten lassen will, der will Recht und nicht Spaß haben – und hätte mich nicht mehr als Mitspieler. Aber man sollte halbwegs gleichgesinnte Mitspieler haben. Für gemischte Gruppen (insbesondere beim Spielen mit Kindern) würde ich eher bspw. auf die Pegasus-Neuheit BÜCHERWURM zurückgreifen, da dort besser einzelne Schwierigkeiten skaliert werden können (dazu schreibe ich die nächsten Tage auch noch etwas ausführlicher).
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