Targi – Die Erweiterung von Andreas Steiger – erschienen im KOSMOS Verlag
Wie kürzlich in meinem Beitrag zu TARGI schon angekündigt, habe ich mich als bekennender Liebhaber des Spiels auch mit der Erweiterung beschäftigt. Das ist nicht unbedingt selbstverständlich, da ich mittlerweile eher eine Abneigung gegen Erweiterungen entwickelt habe. Warum also nun trotzdem bei TARGI? Ich sehe es als ein gutes Zeichen an, wenn sich Verlag und Autor Zeit nehmen für eine Erweiterung und nicht einfach nur schnell den bestehenden Markt bedienen wollen (in diesem Fall gute vier Jahre).
Thema... natürlich sind die Spieler weiterhin Anführer eines Tuareg-Stammes. Nun bekommt aber das Gold der Wüste – das Wasser – eine zusätzliche Bedeutung. Auch entfernen wir und mit einer Wanderdüne vom austauschbaren Thema zu mehr Besonderheiten der Wüste. Zusätzlich kommen nun auch Genderaspekte zu tragen und eine Targia hilft den Spielern.
Grafik... ist wieder von Imelda und Franz Vohwinkel. Glücklicherweise haben sie wieder ein grandioses Cover gestaltet. Auch die weiteren Illustrationen orientieren sich natürlich am Basisspiel und sind funktional und schön.
Ausstattung... besteht aus mehr neuen Karten, als ich das anfangs erwartet habe. Denn neben neuen Stammeskarten und Warenkarten sind auch 10 neue Randkarten enthalten – so dass aus dem Basisspiel nur noch die 6 Randkarten mit einer Ware zum Einsatz kommen und alle anderen auszutauschen sind.
Auffällig sind auch die neuen Karten der Wanderdüne sowie die lila Targia-Figur und kleine Aktionsmarker. Neben den neuen Wasserplättchen sind auch zusätzliche Warenplättchen enthalten – und insbesondere Siegpunktplättchen. Denn diese konnten im Grundspiel schon einmal knapp werden. Sehr schön also, das Kosmos über diesen Weg nachbessert.
Ablauf... ist einerseits vertraut und doch ganz neu. Das Grundspiel ist im Grund reinstes Worker-Placement mit der Besonderheit der Schnittpunkte durch die außenstehenden Targi-Figuren. Daran hat sich auch nichts grundlegendes geändert. Aber es sind neue Aktionsmöglichkeiten hinzugekommen. Was ist neu?
- die Ressource Wasser: Wasser ist ebenso wie Gold keine Ware (und zählt somit nicht fürs Warenlimit – auch wenn Wasser selbst auf den Besitz von 10 Wasserplättchen beschränkt ist). Mit Wasser wird man im Spiel flexibler, da man jederzeit 3 Wasser in 1 Gold bzw. 2 Wasser in 1 beliebige Ware tauschen kann. Zusätzlich ist bei den manchen Stammeskarten Wasser eine Kostenalternative.
- die Targia-Figur: diese läuft wie der Räuber entlang der Randfiguren – allerdings dem Räuber entgegengesetzt (sie beginnt auf Feld 15 und wird dann gegen den Uhrzeigersinn weitergesetzt). Anders als der Räuber blockiert die Targia aber kein Feld, sondern belohnt den Spieler, der seine Targi-Fgur zu ihr setzt (die Wüste scheint einsam zu machen). So bekommt man entweder eine 1 Ware aus dem Vorrat oder man gibt eine Ware ab und zieht die oberste neue Warenkarte.
- die Wanderdüne: anstatt auf ein Randfeld kann nun eine Targifigur auch auf eine Karte der Wanderdüne gesetzt werden. Dadurch verliert man logischerweise einen Schnittpunkt bei den Innenkarten und kann somit keinen Stammesmarker legen. Dieser "Verlust" wird dadurch ausgeglichen, dass die Vorteile der Wanderdünen verhältnismäßig groß sind. Außerdem sind die Karten begrenzt. Jede ist nur einmal nutzbar und die Wanderdüne wird erst bei einem Überfall wieder auf drei Karten aufgefüllt (wobei immer mindestens eine Wanderdünen-Karte zur Auswahl steht).
- Symbole auf den Stammeskarten: die meisten neuen Stammeskarten haben nun Symbole abgebildet, die aufzeigen, ob eine Stammeskarte dauerhaft, sofort und einmalig oder am Spieleende wirkt. Zusätzlich gibt es nun noch Karten, die man einmal nutzen kann, diesen Zeitpunkt aber frei wählt. Dafür liegen die kleinen Aktionsmarker aus. Eine weitere Besonderheit sind Stammeskarten mit "(...)". Bezahlt man dabei zusätzlich die Kosten in der Klammer, dann erhält man auch die Siegpunkte in der Klammer (diese bekommt man dann sofort ausgezahlt, da man am Ende natürlich nicht mehr prüfen kann, mit welchen Kosten die Karte bezahlt wurde)
- die Überfälle geben nun eindeutig vor, welche Waren abgegeben werden müssen (also nicht einfach nur die Anzahl, sondern bspw. 1 x Salz und 1 x Datteln beim zweiten Überfall). Man muss demnach noch genauer planen.
Das klingt jetzt alles recht überschaubar, aber diese neuen Elemente verändern das Spielgefühl schon deutlich. TARGI ist nun wesentlich komplexer, da mehr Aktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.
Das gefällt mir nicht so gut: Als geübter TARGI-Spieler war ich verwundert, wie schwer ich mich anfangs tat, da gefühlt doch alles neu war. Ist es natürlich nicht, aber wenn man nun wieder jeden Text auf den Stammeskarten lesen muss, merkt man doch erst, wie gut man schon das Basisspiel kennt (dort reicht meist ein Blick). Man muss also wieder viel lernen, um annähernd schnell spielen zu können.
Gold bleibt weiterhin ein rares Gut, auch wenn die Abhängigkeit durch die Tauschmöglichkeiten aufgrund der Wasserplättchen etwas kleiner ist. Somit stellt sich nicht ganz so stark das Gefühl des "gespielt werdens" ein. Nichtsdestotrotz bleibt man weiterhin Goldsucher. Positiv ausgedrückt: in diesem Punkt ändert sich das Spielgefühl nicht. Gold ist weiterhin meistens die erste Option – aber eben auch nicht immer.
Fluch und Segen zugleich sind die neu hinzugewonnen Aktionsmöglichkeiten. Den Segen erkläre ich gleich. Der Fluch ist, dass ich meinen Gegenspieler weniger gut in die Ecke drängen kann. Das ist schon ein großer Reiz im Basisspiel. Wenn ich meine Figuren so setze, dass mein Gegenspieler nur noch die Wahl zwischen Pest und Cholera hat, dann habe ich etwas richtig gemacht. Bei der Erweiterung fehlt dieses destruktive Element und es geht mehr um eigene Optimierung, da ich den Gegenspieler schlechter in Zwickmühlen drängen kann.
Das gefällt mir gut: Durch die Wanderdüne ergeben sich nun mehr Wahlmöglichkeiten. Insbesondere am Rundenende bestand für die letzte zu setzende Targi-Figur oftmals keine vernünftige Wahl. Nun gibt es aber eine starke alternative Aktion. Somit fühle ich mich auch mehr eingebunden und mache nicht nur einfach etwas, um eben etwas zu machen.
Die Targia ist ebenfalls ein sehr schönes Element, da nun ein starker Anreiz geschaffen wird, auf den ersten Blick unliebsame Randkarten zu besetzen. Durch die Belohnung kommt man schon sehr ins Grübeln, ob man diese wirklich dem Mitspieler überlassen will oder nicht doch dorthin zieht. Dieses Element ist gut vergleichbar mit dem Schmuggler und Gouverneur bei ISTANBUL.
Auch die angepassten Randfelder gefallen mir sehr gut. Die Fata Morgana ist nun etwas abgeschwächt, da nur noch benachbarte Felder von einem Stammesmarker neu besetzt werden dürfen. Auch die eindeutigen Vorgaben bei den Überfällen finde ich reizvoll, da nun hier noch mehr Druck entsteht.
Bei den Stammeskarten war ich mir erst unsicher, ob ich die neuen Möglichkeiten positiv bewerte. Natürlich fällt es schwer, den Überblick über die möglichen Vorteile des Mitspielers zu behalten. Doch das ist Übungssache und im Basisspiel nicht anders. Hier helfen die Symbole sehr bei der Orientierung. Und die Einmalaktionen zum beliebigen Zeitpunkt sind auch eine sehr schöne Sache.
Fazit: Das lange Feilen an einer Erweiterung zu TARGI hat sich gelohnt. Ich war überrascht, wie groß die Änderungen zum Basisspiel sind, denn zugegebenermaßen hatte ich eigentlich nur ein paar neue Stammeskarten erwartet. Stattdessen hat man nun eine Art TARGI 2.0 vorliegen – wahrscheinlich hätte ich es konsequenterweise sogar "TARGIA" benannt, um deutlich zu machen, dass nun eigentlich ein neues Spiel dieser Spielefamilie vorliegt. Neueinsteiger würde ich aber immer zuerst mit dem Basisspiel vertraut machen, denn TARGI – DIE ERWEITERUNG ist schon noch ein wesentliches Stück komplexer als das Basisspiel. Grund dafür sind die vielen zusätzlichen Aktionsmöglichkeiten und ein Mehr an zu treffenden Entscheidungen. Eingefleischte TARGI-Fans werden zukünftig aber wohl lieber diese Erweiterung spielen – oder eben eine Kombination aus beiden Spielen.
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