Essen naht, die Verlage stellen ihre Neuheiten vor. Am letzten Freitag war der Pegasus Verlag an der Reihe und lud zum Pegasus Presse-Event 2017 – und ich bin der Einladung dorthin sehr gerne gefolgt. Noch hat die Veranstaltung vielleicht nicht die ganz große Tradition, trotzdem wächst die Teilnehmerzahl kontinuierlich. So war das für mich eine Art "Klassentreffen", da man endlich die "(Blogger-)Kollegen" mal wieder gesehen hat – fernab stressiger Messehallen.
Doch abgesehen von vielen netten Gesprächen, wurde natürlich auch viel gespielt. Folgende Neuheiten konnte ich dabei anspielen...
NORIA von Sophie Wagner – erscheint bei Edition Spielwiese
Pegasus stuft NORIA als "Expertenspiel" ein – und das wohl zurecht. Nach einer etwas 45-minütigen Regelerklärung kamen wir nur noch dazu, etwa fünf bis sechs Runden zu spielen. In dieser Zeit wurde angedeutet, was für eine Spieltiefe in NORIA stecken kann. Laut Redakteur Julian Steindorfer wurde dabei das eigentliche Konzept schon vereinfacht – schwer vorstellbar bei den vielen vorliegenden Stellschrauben. Interessant daran ist aber, dass es nur auf eine Art und Weise spielentscheidende Siegpunkte zu erwerben gibt: über Politik-Leisten, die an die Tempel aus TZOLK'IN oder die Kult-Leisten aus TERRA MYSTICA erinnern. Das besondere daran ist, dass die Spieler selbst im Laufe des Spiels bestimmen, welche Leiste wie viele Siegpunkte generiert. Es reicht also nicht aus, die Leisten hoch zu laufen, sie müssen auch noch entsprechend gepäppelt werden. Um dafür die notwendigen Waren bzw. Rohstoffe zu besitzen, müssen verschiedene Luftinseln besucht und in gewisser Weise ausgebeutet werden. Das alles wäre vielleicht noch relativ problemlos zu händeln, wenn sich Sophie Wagner nicht etwas besonderes für die Aktionsauswahl ausgedacht hätte. Denn die verschiedenen Handlungsmöglichkeiten werden über ein Aktionsrad ausgesucht, auf das ein Uwe Rosenberg sicherlich etwas neidvoll blickt. Wieder vergleichbar mit TZOLK'IN wird dieses Rad pro Runde gedreht. Doch es werden darauf keine "Worker" gesetzt, sondern Aktionsscheiben, die eben unterschiedlichen Handlungen zur Folge haben.
Ergebnis: die Köpfe werden rauchen! NORIA ist definitiv ein forderndes Brettspiel und das erste Anschnuppern hat schon große Lust auf mehr gemacht. Hier bin ich sehr auf das fertige Endprodukt gespannt (in Friedberg lagen lediglich zwei Handmuster vor). Von diesem Spiel wird man definitiv in der nächsten Zeit noch einiges hören.
Zur kurzen Erholung wurden dann von mir ein paar Kinderspiele gespielt. Hier habe ich natürlich gewisse Schwierigkeiten, den Spielspaß richtig einzuordnen. Schließlich spielen Erwachsene anders als Kinder. Alles was ich nun also schreibe ist mit dem Makel behaftet, dass keine "echten" Kindern mit am Tisch saßen (nur viele Spielkinder)
FUCHS DU HAST DAS HUHN GESTOHLEN von Inka & Markus Brand
Erinnerte mich an das Kinderspiel des Jahres 2005 DAS KLEINE GESPENST. Mithilfe eines an einer Kette gehängten Schlüssel müssen Türen geöffnet werden. Dahinter befinden sich dann verdächtige Füchse. Allerdings hat man zum Öffnen der Tür nur so lange Zeit, bis ein Nachbar eine bestimmte Anzahl an Hühneraugen auf einem Würfel erwürfelt hat. Mehr ist es dann eigentlich nicht, denn ob man den richtigen Fuchs gefangen hat, bestimmt nur der Zufall. Der eigene Einfluss ist also lediglich durch die Geschicklichkeit beim Türen anheben gefragt. Der Rest ist Glück oder Pech. Hier hätte ich mir etwas mehr eigene Entscheidungen der Kinder gewünscht. Das Spiel an sich ist aber schön gestaltet und weiß bestimmt jüngere Kinder zu fesseln, da immer wieder Handicaps beim Öffnen der Türen für Überraschungen sorgen können.

DR. MICROBE von Robert Fraga
Nach DR. EUREKA besuchen die Spieler nun seine Kollegin DR. MICROBE. Diese hantiert nicht mit Reagenzgläsern, sondern mit Petrischalen. Darin werden nun mittels kleiner Pinzetten bunte Mikroben verteilt – immer nach einer vorher aufgedeckten Aufgabenkarte. Das ganze machen alle Spieler gleichzeitig, weswegen entsprechend Hektik am Spieletisch ausbricht. Macht Spaß und ist wirklich vergleichbar mit dem Spielgefühl von DR. EUREKA. Ein dritter Teil dieser Reihe wird wohl im nächsten Jahr erscheinen.

zusätzlich wurden noch weitere Kinderspiele im kleinen (Reise-)Format gezeigt. Am besten davon hat mir KATZ & SCHMAUS von Anja Wrede und Christoph Cantzler gefallen. Ein schnelles kleines Geschicklichkeitsspiel mit cleveren Schachteleinsatz.

Aber auch Reiner Knizias SABRINA STACHELWEIN kommt nicht nur im kleinen Format daher, sondern bekommt noch eine Sonderedition als PUMMELEINHORN KEKFEMARATON. Wem es gefällt (ich habe mich aber geweigert, es zu fotografieren 😉 )...
ASTERIX & OBELIX – MISSION ZAUBERTRANK von Michael Palm & Lukas Zach
Pegasus versucht weiter, die erworbene Asterix-Lizenz für Familienspiele zu nutzen. Die Zielgruppe wurde in der Vergangenheit mit bekannten Spielmechanismen angelockt (MAU MAU und ein Laufspiel), nun darf sie den nächsten Schritt machen. Helfen soll dabei dieses kooperative Spiel von Michael Palm & Lukas Zach (die letztes Jahr das sehr schöne und ebenfalls kooperative Kinderspiel ZAUBEREI HOCH DREI bei Pegasus veröffentlicht haben).
Bei dieser MISSION ZAUBERTRANK müssen verschiedene kleine Tränke gebraut werden. Die entsprechenden Zutaten (Mistelzweige, Fische und Erdbeeren) müssen von den Mitspielern gesammelt und abgeliefert werden. Dabei hat jeder der vier Comic-Helden Asterix, Obelix, Miraculix und Idefix eine Sonderfähigkeit und damit es nicht zu einfach wird, gilt es Schicksalsmarker zu managen. Auch wenn wir das Spiel nicht ganz richtig gespielt haben, war das Potenzial schon erkennbar. Ich kann mir gut vorstellen, dass dieses Spiel die anvisierte Zielgruppe erreicht und diese Spaß damit haben wird. Das wird sicherlich bei uns in der Brettspiel-AG mal auf den Tisch gebracht. Schade nur, dass der Römer nicht verprügelt werden darf (ansonsten stimmen aber viele nette Details).

OKIYA von Bruno Cathala
Ein schönes schnelles 2‑Personen-Spiel, was mich sehr an meinen Liebling BUTTON UP! erinnerte (das leider viel zu wenige Leute kennen). Dieses Mal spielen wir eine Art 4 GEWINNT mit einer Auslage von 4×4 Karten. Der Startspieler nimmt sich eine Karte vom Rand und legt stattdessen eine Geisha-Karte der eigenen Farbe hin. Die somit heraus gelegte Karte gibt nun an, welche Karten vom Mitspieler ausgewechselt werden (dazu besitzt jede Karte zwei unterschiedliche Merkmale). Wer es so schafft, ein 4er-Raster zu bilden oder den Mitspieler handlungsunfähig zu machen, gewinnt dieses schöne Spiel. Schön ist allerdings nur der Mechanismus. Mit der Grafik konnte ich mich nicht so anfreunden. Da diese allerdings schon 2012 im Original von Blue Orange benutzt wurde, hatte Pegasus möglicherweise keinen Einfluss darauf. Trotz der Grafik kann ich OKIYA definitiv empfehlen. Das war eine positive kleine Überraschung (ähnlich wie letztes Jahr BRAVE RATS).

QUEENDOMINO von Bruno Cathala
Ist so eine Art große Schwester von KINGDOMINO. Nun kommen ein paar neue Elemente ins Spiel, wie z.B. die Bauwerke. Diese müssen auf einem neuen Landschaftstyp (rote Bauplätze) platziert werden und geben am Spielende Siegpunkte in verschiedenen Bereichen. Um Bauwerke zu bauen, benötigt man allerdings Geld. Und um Geld zu verdienen, benötigt man wieder Ritter. So wird die grundsätzlich schlanke Idee von KINGDOMINO also ziemlich aufgebläht, was den schnellen Spielfluss hemmt. Zugeben, es sind nun mehr Optionen möglich und der tolle Plättchen-Turm macht aus was her. Ich bin aber noch nicht sicher, ob ich das alles wirklich brauche und auch will. KINGDOMINO ist elegant schlank – das kann ich von QUEENDOMINO nicht sagen. Doch wenn ich eben keinen Quickie à la KINGDOMINO will, greife ich dann zu QUEENDOMNO? Ich kann mir aber vorstellen, dass QUEENDOMINO in der 2er-Variante reizvoller ist (natürlich wieder mit der 7*7‑Auslage). Auch eine Kombination aus KINGDOMINO und QUEENDOMNIO würde ich gerne mal versuchen.
AZUL von Michael Kiesling – erscheint bei Plan B
Bei AZUL konnte ich leider nur zuschauen, da insgesamt nur ein Exemplar zur Verfügung stand. Was ich gesehen habe, hat mir aber sehr gut gefallen. Schönes (im wahrsten Sinne des Wortes) abstraktes Spiel, was durchaus auch Spieltiefe zu haben scheint. Das wird auf der Messe angespielt!
PORT ROYAL: DAS ABENTEUER BEGINNT (Story-Erweiterung) von Alexander Pfister
Ähnlich wie bei ROYAL GOODS und AUFBRUCH NACH LONGSDALE (wozu ich wirklich bald etwas schreibe), hat Alexander Pfister nun auch für PORT ROYAL eine Story-Erweiterung entwickelt. Damit wird den Spielern nun ein wenig ein Ziel vorgegeben. Berechtigte Einwände meinten, dass das Ganze recht aufgesetzt wirkte. Beim ersten Spielen kam es auch in meinen Augen nicht an AUFBRUCH NACH LONGSDALE heran – auch, weil die sogenannten Ereignisse sich dauernd wiederholten. Allerdings muss man für einen fundierten Einblick sicherlich mehr als nur eine Partie spielen. Und der Reiz, mehr zu erfahren, war bei mir durchaus gegeben. Sicherlich kommt damit PORT ROYAL wieder öfters auf den Tisch. Auch die Solo-Variante bzw. die kooperative Variante möchte ich dann gerne ausprobieren.

HEAVEN & ALE von Michael Kiesling und Andreas Schmidt – erscheint bei Eggertspiele
Auch HEAVEN & ALE lag nur als Handmuster vor. Die Grafiken waren zwar schon final, aber fertig produziert ist es noch nicht. Innerhalb von sechs Runden versuchen die Spieler Rohstoffe für das Bierbrauen zu erwerben und den Bierbrauer fortzubilden. Dummerweise kostet das ganz schön viel Geld, weswegen man sich immer auch um ein Einkommen bemühen muss. Das klingt jetzt nach 08–15 – und das ist es thematisch auch. Die Spielmechanik dahinter hat mir allerdings ganz gut gefallen. Über einen Rundkurs bzw. Rondell schreitet man voran und erwirbt Rohstoffplättchen oder Mönche. Diese muss man dann auf seinem Spielplan platzieren. Dabei muss man entscheiden, ob man damit nun Geld verdienen will (um später neue Plättchen erwerben zu können) oder eben Rohstoffe produziert. Das Ganze ist recht tricky und läuft auf eine große Endwertung am Ende hinaus. Auf den erste Blick ist HEAVEN & ALE mehr ein von der Taktik getriebenes Spiel denn ein großer Srategiehammer. Trotzdem (oder gerade deshalb) fand ich das Gebotene recht ansprechend – was auch an der schönen Grafik lag. Bin gespannt, ob das Spiel auf Dauer trägt oder ob es nicht zu eintönig ist. Der Spannungsbogen wird jedenfalls trotz gewisser Wiederholungen durch den gemeinsamen Rundkurs gehalten, der (für mich zum Glück) nicht so funktioniert wie bei GLEN MORE oder KRAFTWAGEN. Denn bei HEAVEN & ALE wird trotz unterschiedlicher Positionen die Spielerreihenfolge beibehalten.
ISTANBUL – DAS WÜRFELSPIEL von Rüdiger Dorn
Mit großer Spannung erwartet – und die Erwartung voll erfüllt. Das ISTANBUL WÜRFELSPIEL wusste zu überzeugen. Die Optik ist vertraut, die Siegbedingung auch. Weiterhin müssen Rubine gesammelt werden. Diese bekommt man gegen Abgabe von Waren oder von Geld. Beides erhält man durch glückliches geschicktes Würfeln. Außerdem mit im Spiel sind mächtige Moscheenplättchen und Bonuskarten. Kennt man alles irgendwie von ISTANBUL, aber nicht in diesem Mix – und der ist gut! Doch, doch, ISTANBUL – DAS WÜRFELSPIEL ist definitiv eine Empfehlung.
CAPTAIN SONAR von Roberto Fraga und Yohan Lemonnier
Zum Abschluss konnte ich endlich mal eine Partie CAPTAIN SONAR mitspielen. Das gab es als Großspiel – leider ohne den Score von Klaus Doldinger. Viel wurde dazu schon geschrieben, deswegen mache ich es kurz. Mir hat es gut gefallen, auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob wir alles richtig gemacht haben. So etwas hätte ich gerne früher auf Jugendfreizeiten gespielt. Ob ich dafür in meinem Umkreis eine Gruppe finden würde, ist dahingegen leider fraglich.

Wie schon im letzten Jahr kann ich mich abschließend nur bei Pegasus Spiele für den toll organisierten Tag bedanken! Wieder gab es beim Pegasus Presse-Event 2017 genügend Zeit und Raum zum Spielen, aber auch zum Fachsimpeln und Spaß haben. Auch wenn es sich wieder einmal gezeigt hat, dass Redakteure nicht automatisch auch gute Erklärbären sind (dafür aber gute Redakteure), war ich dankbar dafür, die Neuheiten live und in Farbe ausprobieren zu dürfen. Ich freue mich jedenfalls schon wieder auf das nächste Jahr – bin nun aber erst einmal heiß darauf, die jetzigen Neuheiten spielen zu können.
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