Mit Erschrecken habe ich festgestellt, dass ich schon lange keine Top-Liste mehr erstellt habe. Da das so nicht sein kann, hier nun meine Bestenliste rund um das Thema Ägypten.
"Warum gerade Ägypten, es gibt doch viel aktuellere Trend-Themen?" Kann man so sehen, aber das spricht in meinen Augen eher dafür als dagegen. Unabhängig davon, dass ich im Moment (außer dem Pummeleinhorn vielleicht) gar kein echtes Trend-Thema sehe, hat eine solche unaktuelle Top-Liste auch länger Bestand, da eben keine große Menge an Top-Spielen mit diesem Thema angekündigt sind. Somit also meine Liste:
- EGIZIA von Acchittocca bzw. Flaminia Brasini, Virginio Gigli, Stefano Luperto und Antonio Tinto (erschienen im Hans im Glück Verlag)
- IMHOTEP von Phil Walker-Harding (erschienen im KOSMOS Verlag)
- CAMEL UP von Steffen Bogen (erschienen bei eggertspiele)
- CAESAR & CLEOPATRA von von Wolfgang Lüdtke (erschienen im KOSMOS Verlag)
- DURCH DIE WÜSTE von Reiner Knizia (erschienen im KOSMOS Verlag)
- KLEOPATRA UND DIE BAUMEISTER von Bruno Cathala und Ludovic Maublanc (erschienen bei Days of Wonder)
EGIZIA ist in meinen Augen ein viel zu unterschätztes Spiel. Ja, es hat einen großen Glücksanteil und ist nicht komplett planbar. Aber dem kann man zumindest ansatzweise entgegen wirken. So spiele ich bspw. immer ohne zwei Karten (die Nilkarte "+ 2 Sphinxkarten ansehen" und die Sphinx-Karte "Am Ende der Schlusswertung bekommst du 1 P. für je 10 P."), da sich diese in der Summe als unausgewogen heraus gestellt haben. Das Besondere an EGIZIA ist sicherlich der Zugmechanismus. Alle Spiele fahren den Nil abwärts und können am Wegesrand eine Aktion durchführen. Problem daran ist: man kann nur in eine Richtung fahren. Fährt man an einem Aktionsfeld vorbei, dann hat man gewöhnlich keine Chance mehr, es noch zu nutzen. Somit beginnt das große Abwägen: ich will unbedingt die Aktion B machen, aber Aktion A ist auch schön. Kann ich es wagen, erst Aktion A auszuführen – mit der Gefahr, dass dann in der Zwischenzeit Aktion B von meinem Mitspieler durchgeführt wurde? Denn das böse an EGIZIA ist: jedes Aktionsfeld steht nur einem Spieler zur Verfügung. Die anderen schauen dann in die Röhre. Einfach ein tolles Spiel mit vielen interessanten Entscheidungen. So sind unbedingt Arbeiter anzuwerben – aber die wollen ernährt werden. Dabei ist die Möglichkeit der Ernährung auch noch vom aktiv veränderbaren Wasserstand des Nils abhängig. Der Nil hat somit in mehrfacher Hinsicht eine zentrale Bedeutung. Da auch noch an Pyramiden, Obelisken und Tempeln gebaut wird, ist EGIZIA in meinen Augen das Ägyptenspiel schlecht hin.
IMHOTEP steht aber nicht weit dahinter. Auch hier wird fleißig gebaut – und das sogar ganz real mit wunderschönen großen Holzsteinen. Neben dieser haptischen Komponente besitzt das Spiel aber auch viele schöne Entscheidungszwänge. Wie es sich für die Ägypten-Top-Liste gehört, spielt auch bei IMHOTEP der Nil eine große Rolle. Denn auf diesem fahren die mit Bausteinen beladenen Schiffe. Nur nicht immer dorthin, wohin die Belader des Schiffes sich das wünschen. Somit habe ich schon die ein oder andere legendäre Partie gespielt, bei dem die Emotionen richtig an die Decke gingen. Aber genau so etwas will ich beim Spielen erleben. Dafür braucht es dann auch keine Unmengen an Regeln.
CAMEL UP hat es als einziges Spiel dieser Top-Liste zu Spiel des Jahres Ehren geschafft – wobei es erstaunlicherweise viele andere Titel zumindest auf die Auswahlliste geschafft haben (wahrscheinlich gibt es in der Jury Ägypten-Liebhaber). Gebaut wird hier wenig und auch der Nil hat nur eine untergeordnete Rolle. Dafür ist die Pyramide ein sehr dominierendes Element. Ganz entgegen der aktuellen Forschung beinhaltet die im Spiel befindliche Pyramide jedoch Würfel. Durch einen cleveren Mechanismus spuckt sie diese sogar aus und sorgt somit dafür, dass sich Kamele in einem Wettlauf fortbewegen – teilweise sogar gemeinsam auf dem Rücken tragend. Das eigentliche Spiel ist dann ein unterhaltsames Wettspiel. Viel Chaos, aber trotzdem hat man immer das Gefühl, man könne etwas aktiv beeinflussen. Auch das zugehörige Kartenspiel macht Laune.
CAESAR & CLEOPATRA hat es schon an anderer Stelle in eine Top-Liste geschafft. Bei diesem Kartenspiel spielen allerdings weder der Nil noch irgendwelche Bauten eine zentrale Rolle (und auch keine Kamele). Dafür ist aber die namensgebende Königin Cleopatra ("was für eine Nase") sehr präsent. Diese schmiedet Ränke gegen ihren Widersacher Caesar – und wir spielen eine der beiden Seiten. Es werden dabei EInflusskarten offen bzw. verdeckt gespielt und mit viel Intuition sollte man erraten, was sein Gegenspieler so vorhat. Ich scheitere meistens kläglich daran. Trotzdem ist CAESAR & CLEOPATRA ein sehr empfehlenswertes 2‑Personen-Spiel. Auch wenn ich das neue Cover zeige, zu Hause steht natürlich noch die alte Ausgabe im Regal.
DURCH DIE WÜSTE ist nur mit einem gewissen Bauchgrummeln auf der Liste gelandet. Denn ehrlicherweise spielt es wohl nicht wirklich in Ägypten. Das ist mir aber egal, da es ein super Spiel ist und die knuffigsten Spielfiguren ever besitzt – man darf dabei nur keine Katjes Yoghurt-Gumes am Tisch essen. Dieses taktische Meisterwerk von Reiner Knizia möchte ich jedenfalls nicht unerwähnt lassen. Denn interessanterweise war DURCH DIE WÜSTE ausschlaggebend für die Erstellung dieser Liste. In meiner Vorstellung war diese Wüste nämlich schon immer in Ägypten beheimatet, davon lasse ich mich nicht von Fakten abbringen. In diesem Spiel versuchen wir Spieler als Karawanenbesitzer Wasserlöcher zu besetzen und Oasen anzusteuern. Am Ende geht es dann wieder einmal um den die längste Karawane. Interessant finde ich, dass damit schon das dritte Spiel des KOSMOS Verlages in dieser Top-Liste vertreten ist. Ob da ein Redakteur ein Lieblingsthema hat?
An KLEOPATRA UND DIE BAUMEISTER kann man auch nur schwer vorbei kommen. Normalerweise mache ich ja nur Top-5-Listen. Aber da mit DURCH DIE WÜSTE ein themenfremdes Spiel auf die Liste gerutscht ist, mache ich heute einmal eine Ausnahme. KLEOPATRA UND DIE BAUMEISTER ist schon ein sehr besonderes Spiel. Einerseits wegen des opulenten Materials, andererseits aber auch wegen den knallharten Siegbedingungen. Denn der Spieler, der zuviel in die eigene Tasche gewirtschaftet hat, ist komplett aus der Endwertung draußen (wie ich seit Asterix weiß, wurde er den Krokodilen zum Fraß vorgeworfen). Aus spielerischer Sicht überzeugt mich das Spiel nicht ganz, aber aufgrund der Ausstattung und der netten Details, rutscht es doch noch so auf die Liste.
Was habe ich ansonsten noch in Erwägung gezogen? TARGI nicht, zumal das schon an anderer Stelle den ersten Platz einer Top-Liste belegt. Außerdem habe ich dieses Spiel im Gegensatz zu DURCH DIE WÜSTE nie wirklich mit Ägypten in Verbindung gebracht – was auch nur richtig ist, liegt das Stammesgebiet der Tuarag doch viel weiter westlich. Zu den Knizia-Spielen AMUN-RE und RA habe ich keine innige Beziehung aufbauen können. Das KOSMOS 2‑Personene-Spiel SAKKARA hat mich auch zu wenig überzeugt, um hier gelistet zu werden und KEMET ist auch nicht so mein Ding. Vielleicht hat aber die bald erscheinende Neuheit von Queen-Games LUXOR das Potenzial, in diese exklusive Liste aufgenommen zu werden.
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