Caylus 1303 von William Attia – erschienen bei Huch!
2005 erschien CAYLUS – und dieses bahnbrechende Spiel verschaffte dem Worker-Placement-Mechanismus den Durchbruch. Im Jahr 2019 erschien mit CAYLUS 1303 eine Runderneuerung. Anfangs irritierte mich dieses 1303. Aber ich glaube, dass ich den Schlüssel dazu gefunden habe. Das erste CAYLUS spielte im Jahr 1289 – und vierzehn Jahre später ist es nun einmal 1303. Nur gut, dass sich die Space Cowboys auch an die Neuauflage von SHERLOCK HOLMES CRIMINAL-CABINET gewagt haben. Wie ihr seht, bin ich dafür gerüstet.
Was bleibt unverändert? Wie nicht anders zu erwarten, bleiben die grundlegenden Regeln bestehen. Weiterhin gibt es einzelne Gebäude, deren Funktionen durch das Besetzen unserer Arbeiter aktiviert werden. Für den Start gibt es eine erste Auswahl an Gebäuden, die weiteren werden von uns im Spielverlauf auf den Plan gebracht. Benutzt man dann ein Gebäude, welches jemand anderes erbaut hat, wird diese Person mit einem Siegpunkt belohnt (und manchmal auch mit Waren). Weiterhin gilt auch, dass jedes Gebäude innerhalb einer Spielrunde nur einmal besetzt werden darf. Zusätzlich sind auch nur die Gebäude aktivierbar, die sich im Rücken des Vogts befinden, der sich kontinuierlich Richtung Schloss fortbewegt.
Im weiteren Spielverlauf kann man dann diese Gebäude aufwerten, was aber zeitgleich wieder eine Verknappung der Aktionsmöglichkeiten zur Folge hat. Außerdem wird gemeinsam an einem Schloss gebaut, was mit Siegpunkten, aber auch mit einer Gunstgewährung belohnt wird. Am Ende entscheiden dann die schnöden Siegpunkte über Sieg oder Niederlage. Diese erhält man nicht nur über das Bauen am Schloss, sondern auch über die Herstellung von Monumenten, die einem reichlich bekannt vorkommen.
Was ist neu? Am auffälligsten war für mich tatsächlich die neue grafische Gestaltung von Andrew Bosley. Die ist einladend frisch und kommt nicht so verstaubt daher, wie das mir in Erinnerung verbliebene Design der Erstausgabe. Auffällig wird die moderne Gestaltung auch am Cover. Statt eines recht griesgrämig schauenden Herrschers hat es nun sogar eine Frau auf selbiges geschafft.
Aber auch spielerisch wurde einiges entstaubt. In der früheren Version musste man noch neben den ganzen Ressourcen und Arbeitern das Geld managen. Dieses ist nun komplett eliminiert. Statt höhere Kosten beim Einsetzen der Arbeiter bezahlen zu müssen, werden nun ganz einfach mehr Arbeiter notwendig. Das ist sehr elegant gelöst und vereinfacht die Handhabung deutlich. Doch nicht nur das Geld wurde wegrationalisiert, sondern auch der Seneschall, der in der ursprünglichen Version die Aufgabe inne hatte, immer wieder den Vogt einzufangen. Dieses Spiel-Element ist nun einfacher gelöst. Im Zuge dieser Rationalisierungen hat es übrigens auch die Bestimmung der Zugreihenfolge nicht mehr in CAYLUS 1303 geschafft. Und das Bauen am Schloss ist nun ebenfalls nicht mehr limitiert und weniger komplex. In diesem Zusammenhang ist das Spielende auch nicht mehr durch den Fertigbau des Schlosses bestimmt , sondern findet fest nach neun gespielten Runden statt.
Aber es sind nicht nur Elemente verschwunden, sondern es sind auch welche bei CAYLUS 1303 neu hinzu gekommen: die Charaktere! Diese erlauben den einzelnen Mitspielenden besondere Fähigkeiten. So bekommt man beispielsweise mit dem entsprechenden Charakter zusätzliche Siegpunkte beim Bau des Schlosses oder aber darf den Vogt zusätzlich bewegen. Das Besondere daran ist allerdings, dass die Charaktere nicht dauerhaft einem Spielenden zugeordnet sind, sondern innerhalb einer Partie wild wechseln können. Zusätzlich ist nun auch das ganze Gunst-System wesentlich einfacher gehalten.
Wie gefällt mir der neue Anstrich? Überraschend gut. Das "gut" daran überrascht wenig, da ich schon ewig ein großer Fan von CAYLUS bin. Dieses Spiel hat damals bei mir einen regelrechten Sog entwickelt, der allerdings mit der Zeit und den vielen anderen Worker Placement Spielen etwas abgeflacht ist. Nichtsdestotrotz habe ich es weiterhin regelmäßig gespielt – auch begünstigt durch die Online-Implementierung in der Board Game Arena. Überrascht bin ich nun aber deswegen, da das Spielgefühl trotz der Verschlankung ziemlich ähnlich geblieben ist. Natürlich fehlen in der entschlackten Neufassung manche Feinheiten und mögliche taktische Finessen, aber dafür ist CAYLUS 1303 nun auch wesentlich zugänglicher.
Allerdings darf man nicht den Fehler begehen und erwarten, dass CAYLUS 1303 nun auch harmonischer ist. Denn es bleibt ein bösartiges Spiel. Der Kampf um die einzelnen Aktionsfelder ist hart. Der Vogt kann immer noch ungeplant Richtung Dorf laufen und geplante Aktionen verhindern. Selbst die Fähigkeiten der eigenen Charaktere sollte man nicht zu fest einplanen, denn diese können ganz schnell bei jemand anderem liegen. Man kann schon böse auf die Schnauze fallen und die Planungen können schnell ad absurdum geführt sein, bloß weil ein mickriger Stein oder ein Holz fehlt. CAYLUS 1303 ist also durchaus interaktiv, da man den Mitspielenden ziemlich in die Suppe spucken kann.
Aus diesem Grund gefällt mir allerdings eine kleine Regelanpassung in CAYLUS 1303 nicht. Bisher wurde die Zugreihenfolge über die eigene Position in den Ställen bestimmt. Dieses Element fehlt nun leider. Man kann sich zwar das Startrecht der Runde sichern, aber danach wird in Sitzreihenfolge weiter gespielt. Wenn man also einen Plan für die nächste Runde hat, kann dieser schon dadurch zum Scheitern verurteilt sein, weil jemand anderes recht unmotiviert passt. Ähnlich schlimm kann es einem ergehen, wenn der Charakter des Frühaufstehers im Spiel ist. Dieser ist noch vor dem eigentlichen Startspieler an der Reihe. Da passt man bspw. ganz früh, um eine wichtige Funktion in der nächsten Runde ausführen zu können – und wenn man Pech hat, kommt man doch nicht an diese Aktion ran. Das ist dann äußerst unbefriedigend. Auch deswegen hat es der Frühaufsteher schwer in meiner Gunst (und auch aus Prinzip). Glücklicherweise kann man sich aber darauf einigen, ohne diesen zu spielen, da ohnehin mehr Charaktere im Grundangebot vorhanden sind als diese alle im Spiel teilnehmen können.
Richtig toll dahingegen ist die Ausstattung. Die Ressourcen-Holzteile sind eine Augenweide! Das Insert ist absolut durchdacht und auch das restliche Material braucht sich keinesfalls hinter irgendwelchen Kickstarter-Editionen verstecken. Im Gegensatz zu CAYLUS besitzt die Neuauflage somit einen echten Aufforderungscharakter – aber dazwischen liegen auch 14 Jahre, in denen sich einiges geändert hat.
Abschließend lässt sich also feststellen, dass CAYLUS 1303 zwar nun leichtgewichtiger daherkommt, aber immer noch ein fieses Spiel sein kann. Das ist sicherlich nicht jedermanns Sache, aber somit hat es immer noch seine Daseinsberechtigung im mittlerweile riesigen Worker-Placement-Segment – zumal es nun auch deutlich ansprechender aussieht.
Titel | Caylus 1303 |
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Autor | William Attia |
Illustrationen | Andrew Bosley |
Dauer | 60 bis 90 Minuten |
Personenanzahl | 2 bis 5 Personen |
Zielgruppe | austeilende Kennerspielrunden |
Verlag | Huch! |
Jahr | 2020 |
Hinweis | für die Besprechung wurde vom Verlag ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt |
Hallo,
wundert mich, dass Leute, denen das Original schon so gut gefallen hatte, das neue Caylus nicht zu 'rundgeschliffen' ist.
Ein Sache zum Frühaufsteher. Ich hatte den in einer Partie und fand ihn recht teuer, da er immer auch einen Arbeiter ins Camp schicken muss -> habe ihn, da Arbeiter gerne mal knapp sind, sehr 'spärlich' eingesetzt und wegnehmen wollte mir den auch keiner :-).
Gruß Tournesol
Hier noch ein paar (vermeintliche) Schreibfehler:
Worker-Placement-Meachnismus -> Mechanismus
Regelpassung -> du meinst vermutlich Regelanpassung
den Fertigbau des Schlossen bestimmt -> .... des SchlosseS ..
mit dem entsprechendem Charakter -> mit dem entsprechendeN Charakter (bin mir aber nich 100% sicher, hört sich nur besser an)
leichtgewichtiger/wunderschön daher kommt -> vermutlich eher "daherkommt" – auseinandergeschrieben ist es meines Wissens eher der Grund -> daher kommt, dass mir das Spiel gefällt 🙂
Hallo Tournesol,
vielen Dank für dein Kommentar und den vielen hilfreichen Anmerkungen zur Rechtschreibung. Du willst nicht zufällig als Lektor anfangen? Natürlich passieren Rechtschreibfehler – mal mehr und mal weniger. Aber so viele am Stück, da war ich wohl doch etwas zu unkonzentriert beim Schreiben. Danke auf alle Fälle!
Zu deinen Anmerkungen: es reicht nun einmal aus, wenn der Frühaufsteher einmal gezielt eingesetzt wird. Der muss gar nicht in allen neun Runden aktiviert werden. Einmal clever in Runde 7 eingesetzt und man hat eine Person erfolgreich vom Sieg ausgeschlossen. Da reicht teilweise auch schon das Drohpotenzial, dass sich manche dann keine gewagte Aktion mehr trauen. Nee, der gefällt mir als Element wirklich nicht.
Mir gefiel CAYLUS früher besser – wir hatten damals ja nichts besseres! Aber ernsthaft, ich finde schon, dass man CAYLUS sein Alter anmerkt. Da gibt es einiges Sachen, die man heutzutage eleganter lösen kann. Ein Beispiel dafür ist doch die Einsparung des Geldes. Nur mit den Arbeitern klappt die Idee der Verknappung auch wunderbar. Zusätzlich bleibt der Geist des Spiels trotz Rundschliff gut erhalten – und um den geht es mir meistens. Wenn ich heutzutage etwas "verkopfteres" spielen möchte, dann greife ich bspw. lieber zu WASSERKRAFT. Das ist auf andere Art fies, bietet für mich aber das interessantere Thema.
Hallo Tobias,
danke für die ausführliche Antwort und sorry dass ich so 'pingelig' war (war einmal zu viel 'gestolpert', beim Lesen).
Du schreibst dem Frühaufsteher ja geradezu magische Fähigkeiten zu. Das Feld, mit dem man sowas bewirkt, musst du mir zeigen. Man muss ja auch sehen, dass die anderen Charaktere auch 'ihre Stärken' haben (sonst würd' man sie ja nicht nehmen). Wenn ich pro Runde ohne weiteren Aufwand Boni einsacken kann (SP fürs Bauen, Liefern, dass andere sich bei mir einsetzen etc.).Mal sehen was die nächsten Partien da noch so aufzeigen (oder andere Leser meinen ...).
Auch wenn das hier nicht im Dialog ausartet soll, trotzdem noch ein kurzer Einwurf von mir: Erstens musst du dich nicht für deine Pingeligkeit entschuldigen. Ich habe da vielmehr zu danken, denn ich will ja nicht, dass andere auch noch zu viel beim Lesen über Fehler stolpern.
Magische Fähigkeiten besitzt der Frühaufsteher nicht! Aber es gab doch öfters echten Unmut gegenüber dessen Funktion. Manche Funktionen sind schlicht nur einmal nutzbar – und wenn man genau darauf spielt, tut das Wegfallen ziemlich weh. Wenn man dann flexibel darauf reagiert, kann man sicherlich auch noch etwas vernünftiges machen. Manchmal ist man dann aber ob der gefühlten Ungerechtigkeit so heiß gelaufen, dass einem dafür der kühle Kopf fehlt – zumindest habe ich das ein paar mal so erlebt. Ich bin da eher pragmatisch und denke mir: es gibt noch genügend andere Charaktere, dann kann ich auch darauf verzichten. Vielleicht liegt meine Abneigung aber auch in der Form begründet, weil gerade der Kampf um die Reihenfolge immer ein schönes Scheingefecht bei CAYLUS war.
So, nun aber gut von meiner Seite. Mal schauen, was andere so denken...