Claim Kingdoms von Scott Almes – erschienen bei Game Factory
Ich habe es schon an anderer Stelle geschrieben: für mich war CARCASSONNE der Eintritt in das Brettspiel-Hobby. Das habe ich damals ganz oft zu zweit gespielt und dabei meine Liebe zu Legespielen entdeckt. Dieses Genre habe ich somit seitdem eigentlich immer im Blick. Aus diesem Grund war ich auch neugierig, wie aus dem empfehlenswerten 2‑Personen-Stichspiel CLAIM mit CLAIM KINGDOMS ein entsprechendes 2‑Personen-Legespiel geformt wurde.
Thema... mal wieder gilt es, einen verwaisten Thron zu besetzen... Moment mal, das habe ich schon bei CLAIM geschrieben. Aber bei CLAIM KINGDOMS wird diese thematische Einbettung nun zumindest sichtbarer, da das Reich Plättchen um Plättchen größer wird. Allerdings ist das nur bedingt unser Land, schließlich leben dort unterschiedliche Fraktionen. Deren Eigenarten gilt es nun für den eigenen Vorteil und den Machtzuwachs zu nutzen.
Illustrationen… sind von The Micu (Mihajlo Dimitrievski) und kennt man größtenteils schon von den CLAIM-Karten. Bei CLAIM KINGDOMS ist die Vielfalt zwar nicht ganz so groß, aber dadurch bleibt auch die wichtige Übersicht gewahrt. Dahingegen völlig missglückt ist meiner Meinung nach aber die Cover-Gestaltung. Dieses weckt bei mir keinerlei Interesse und sieht eher nach einer verunglückten Praktikanten-Arbeit aus.
Ausstattung… 70 Gelände-Pappplättchen, jeweils 16 hölzerne Spielfiguren, 2 Fraktionenübersichten, 2 kleine Wertungsplättchen, 1 Wertungstafel ... und ganz viel Luft in der Box. Aber wenn ich mich zurück erinnere, war auch das ursprüngliche CARCASSONNE in ähnlicher Box mit vergleichbarem Luftanteil versehen. Trotzdem stößt das bei mir immer ärgerlicher auf und ich hoffe, das da bald mal ein Umdenken – auch bei der Kundschaft!
Die 70 Gelände-Pappplättchen werden übrigens als Fraktionenkarten beschrieben, was auch besser passt, da nicht wirklich Gelände zu sehen ist – bei dieser Sache assoziiere ich CLAIM KINGDOMS zu stark mit anderen Legespielen. Da 10 unterschiedliche Fraktionen in gleicher Stärke als Angebot bereit stehen, kann man sich nun leicht ausrechnen, wie viele Plättchen pro Fraktion vorhanden sind. Für eine Partie sortiert man allerdings anfangs alle Plättchen von drei Fraktionen aus. Welche das sind, kann man selbst entscheiden.
Ablauf… beide Partein bekommen zwei Plättchen verdeckt auf die Hand. Zusätzlich wird eine offene Nachzieh-Auslage von drei Plättchen gebildet und ein Plättchen zum Start offen ausgelegt. Nun legt man nach und nach jeweils ein Plättchen angrenzend an, stellt eine Figur auf das Plättchen und führt die Aktion aus, die mit der Fraktion auf diesem Plättchen einher geht. Manchmal wird man direkt mit Punkten belohnt, manchmal kann man aber auch die Auslage der Figuren verändern. Das ist deswegen von Belang, da am Spielende geschaut wird, welche der beiden Parteien die jeweiligen Mehrheiten der Fraktionen besitzt, was ebenfalls mit nicht zu wenig Siegpunkten belohnt wird. Die Partie endet, wenn eine Partei keine Figuren mehr vor sich stehen hat oder wenn alle Plättchen ausgelegt sind – was eher selten passiert.
Das gefällt mir nicht so gut: Nicht alle Fraktionen sind gleich interessant zu spielen. Dabei möchte ich gar nicht so weit gehen und behaupten, dass sie nicht gleichwertig sind. Es gibt zwar leichte Schwankungen in den Effekten, aber insgesamt passt das schon gut zusammen. Allerdings bestehen Fraktionen, deren Funktionen schlicht weniger Spaß machen. Erst dachte ich, dass das nur mir so geht, aber selbst die wechselnden Mitspielenden haben manche Fraktionen deutlich lieber gespielt als andere. Das Problem daran ist, dass diese Plättchen dann nicht genommen werden und darunter auch ein wenig der Spannungsverlauf leidet, weil hinten heraus die Wahrscheinlichkeit immer größer wird, dass genau diese Plättchen nur noch im Angebot sind. Das Gute an der Sache ist aber: man kann sich den Pool, mit welchen Fraktionen man spielen will, selbst zusammen stellen. So bleiben bei uns nun die Seher und die Kobolde eher in der Box als die anderen Fraktionen – und eine Partie ohne die Ritter will ich nicht mehr spielen.
Ich habe festgestellt, dass die Illustrationen eher negativ wahrgenommen werden. Der Großteil der Mitspielenden fand den Stil mehr abschreckend als ansprechend. Diese ablehnende Haltung hatte ich bei CLAIM weniger oft vernommen. Vielleicht wird dort die Gestaltung anders wahrgenommen, da auf den Karten mehr Abwechslung besteht und die einzelnen Duelle kleine Geschichten in sich erzählen, die durch die Illustrationen unterstützt werden. CLAIM KINGDOMS wiederum besitzt einen sehr abstrakten Kern und die dargestellten Fraktionen hätte man auch durch simple Symbole ersetzen können. Der Name der Fraktion spiegelt sich zu selten in den zugehörigen Aktionen wieder, um wirklich eine Verbindung aufzubauen. Bei manchen Fraktionen klappt das gut (z.B. die Doppelgänger), bei anderen überhaupt nicht (z.B. die Riesen).
Das gefällt mir gut: CLAIM KINGDOMS ist ein klassisches Legespiel bei dem man sehr taktisch agieren muss. Es gilt immer abzuwägen, welches der nachzuziehenden Plättchen am besten in das eigene Konzept passt. Dabei kann man keiner allumfassenden Strategie folgen, sondern lebt von der Hand auf den Tisch. Wobei ich andere Legespiele kenne, bei denen mal viel abhängiger von den nachgezogenen Plättchen ist. Aber man muss schon akzeptieren, dass hier Glück und Pech nahe beieinander liegen. Das ist für mich jedoch auch durchaus ein klassisches Element des Genre. Man konnte schon immer bei QWIRKLE und CARCASSONNE von Fortuna geküsst werden – oder eben nicht.
CLAIM KINGDOMS erinnert mich aber gar nicht so sehr an diese beiden Klassiker, sondern viel mehr an VÖLUPSÁ – wobei auch das kein reines 2‑Personen-Spiel ist. Dort gibt es aber ebenfalls verschiedene Helden-Funktionen, die den bekannten Plättchen-Lege-Mechanismus individualisiert haben. Allerdings fehlen dort die finalen Mehrheitenwertungen der einzelnen Fraktionen. Aber genau diese bringen die entscheidende Würze in CLAIM KINGDOMS. Denn ständig muss man abwägen, was einem mehr bringt. Kurzfristig ein paar Punkte mitnehmen oder lieber langfristig Punkte auf die Endabrechnung schielen?
Da man allerdings nicht genau wissen kann, wie lange eine Partie dauert, kann man auch nicht alles voraus berechnen. Reichen drei besetzte Ritter schon für die Mehrheit oder sollte ich mich lieber absichern? Allerdings wäre dieser Zwerg nun ebenfalls ziemlich punkteträchtig, auch wenn ich dort nicht mehr die Mehrheit erringen kann. Ich habe selten Partien erlebt, bei denen man früh genau wusste, wer am Ende gewinnen wird. Oftmals rennt eine Zähl-Figur auf der Wertungstafel weg, deren Abstand dann aber bei der Mehrheiten-Auswertung immer kleiner wird. Und reicht dann der Vorsprung aus?
Die große Stärke von CLAIM KINGDOMS liegt aber vor allem in der Kürze der Spielzeit. Für die angedachten 20 bis 30 Minuten trägt das Spielprinzip und der Spannungsbogen. Man kann gut eine Revanche folgen lassen, bei der man dann sogar durch ausgetauschte Fraktionen eine Varianz berücksichtigen kann (bspw. darf die verlierende Seite dann entscheiden, welche Fraktionen verbannt werden und welche nachrücken dürfen). Auch der Einstig in das Spiel gelingt schnell. Die Grundregeln sind fast sofort erfasst und die Sonderregeln der Fraktionen übersichtlich auf einer Übersicht zusammen gestellt. Zusätzlich gibt die Anleitung genug Raum und Platz für erklärende Beispiele, so dass kaum Nachfragen entstehen.
Fazit: CLAIM KINGDOMS besetzt eine Lücke, dir mir vorher noch gar nicht bewusst gewesen war. Denn die klassischen Legespiel-Veteranen lassen sich oftmals auch gut zu zweit spielen, so dass in mir noch nie der Wunsch aufkam, dass dafür ein reines 2‑Personen-Spiel entwickelt werden müsste. Aber CLAIM KINGDOMS macht das gut und clever und darf somit gerne bleiben. Allerdings würde ich mir noch ein wenig Nachschub an neuen Fraktionen wünschen – Platz genug wäre dafür in der Box.
Titel | Claim Kingdoms |
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Autor | Scott Almes |
Illustrationen | The Micu (Mihajlo Dimitrievski) |
Dauer | 20 bis 30 Minuten |
Personenanzahl | 2 Personen |
Zielgruppe | Plättchen legende Duellanten |
Verlag | Game Factory |
Jahr | 2021 |
Hinweis | für die Besprechung wurde vom Verlag ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt |
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