Kuala von Shuky – erschienen bei Pegasus Spiele
Achtung, Achtung: trotz nahezu vollständiger Namensgleichheit kommen in KUALA keine Koalas vor! Da kann die eigene Tochter noch so oft davon sprechen, dass sie dieses Koala-Spiel spielen will und einen dann verwundert anschauen, wenn man ZOOLORETTO aus dem Regal nimmt (denn dort gibt es definitiv Koalas): KUALA ≠ Koala!
Thema... vier Geschwister müssen so viel wertvolle Schätze wie möglich herbeischaffen, um einen fiesen Schuldeneintreiber ruhig zu stellen. Da KUALA aber kein modernes Drücker-Märchen ist, spielt die Rahmenhandlung nicht in Fußgängerzonen, sondern in einer fantastisch angehauchten Inselwelt. Außerdem geht es "nur" darum, Rätsel zu lösen, so dass Gewalt keine Lösung ist (wie gesagt, es geht nicht um moderne Drücker-Milieus).
Illustrationen... sind natürlich von einem Comic-Zeichner, denn schließlich ist KUALA ein Spiele-Comic-Abenteuer-Spiel im Stile der Ritter- oder Sherlock Holmes – Reihe. Als Künstler wurde dieses Mal Gorobai (Emmanuel Martin) hinzugezogen, der seinen eigenen Stil pflegt und somit eine neue Stimmung aufkommen lässt.
Ausstattung... im Gegensatz zu den bisher bei Pegasus erschienenen Spiele-Comics kommt KUALA als pfiffig konstruierte Bücherbox mit Magnetverschluss und "Raushohlbändchen" daher. Der Inhalt dieser Box sind vier einzelne Taschenbücher sowie die Anleitung und eine Landkarte.
Für jedes Mitglied der Viererbande gibt es somit ein eigenes Taschenbuch. Der Inhalt dieser Bücher stimmt größtenteils überein, da man die Abenteuer gemeinsam erlebt. Allerdings hat jeder der vier Protagonisten besondere Fähigkeiten, die sich auch im Spiel wiederfinden. Eika kann bspw. mit Tieren sprechen und Max hat mehr Kraft als die anderen. Deswegen ergeben sich je nach Charakter andere Möglichkeiten und jedes Buch ist deswegen in Details doch unterschiedlich.
Ablauf... wie man es auch aus den anderen Spiele-Comics kennt, entsteht von Bild zu Bild eine Geschichte und die Spieler können selbst entscheiden, wie die Geschichte weitergehen soll. Dafür werden Zahlen angezeigt, die wiederum auf die entsprechenden Bilder verweisen (ich habe das früher mal deutlich gemacht). Das Besondere an KUALA ist, dass manche Charaktere auf einmal Zahlen sehen, die bei den anderen Büchern nicht vorhanden sind. Eika kann mit Tieren sprechen und deswegen steht dann vielleicht bei einem Vogel eine Zahl, die im Buch von Felix nicht zu erkennen ist. So zweigt die Geschichte für jeden Charakter etwas von der gemeinsamen Geschichte ab. Trotzdem laufen am Ende natürlich alle Stränge wieder zusammen.
Inhaltlich untersucht man verschiedene Inseln und sammelt dabei Schätze ein. Damit das gelingt, müssen eine Menge kleiner Rätsel gelöst werden. Dafür hat man eine bestimmte Spanne Zeit, was durch bestimmte Markierungen innerhalb der Bücher kenntlich gemacht wird. Neu ist, dass alle Rätsel ein individuelles Symbol aufzeigen und man anhand dieser Symbole überprüfen kann, ob man das Rätsel richtig gelöst hat.
Am Ende einer Spielrunde soll man dann die gesammelten Schätze zusammen zählen, woraus sich eine Punkzahl ableitet. Diese ist allerdings nur dafür da, um mit daraus generierten Goldmünzen sich beim Händler für ein nächstes Abenteuer in KUALA eindecken zu können. Eine wertende Punktetafel fehlt zum Glück, so dass eindeutig der Spaß am Spielen und Rätseln im Vordergrund steht.
Das gefällt mir nicht so gut: KUALA richtet sich an Familien mit durchaus auch jüngeren Kindern. Diese sollten aber schon recht sicher lesen können, denn es kommen immer Handlungsstränge vor, bei denen sie sich ohne fremde Hilfe durch das Buch arbeiten sollen. Meiner Erfahrung nach sollte auch darauf geachtet werden, dass sich die Kinder sicher im System auskennen. Man vermeidet Streit und Genervtheit, wenn alle Beteiligten sich halbwegs gleich schnell im Buch bewegen. Es spricht natürlich für die Geschichte, dass alle so schnell wie möglich weiterkommen wollen. Aber nichts ist anstrengender, als alle wieder zu sammeln ("Ich bin schon bei Bild 162." "Hä, ich bin noch bei 82. Wie kommst du denn zu 162?" "Da bin ich schon längst darüber hinweg. Ich bin nun bei 21!"). Wer sich an sein eigenes schnelles Tempo bei den Solo-Büchern gewöhnt hat, der muss hier manchmal ein ganz schön dickes Fell haben. Bei reinen Kindergruppen sollten deswegen idealerweise alle in etwa einem Alter sein. Bei gemischten Gruppen müssen die älteren oftmals Moderatoren sein. Diese sind auch bei der finalen Abrechnung am Ende eines Abenteuers notwendig. Solche Tabellen und Modifikatoren kenne ich noch aus meiner damaligen Rollenspiel-Zeit. Allerdings finde ich diese in einem solchen Familienspiel als unnötig und lästig. Das hätte man meiner Meinung nach wesentlich einfacher und unkomplizierter regeln sollen.
So gut mir die Illustrationen auch gefallen, manchmal sind sie fast schon etwas zu verspielt. Denn uns ist es öfters passiert, dass wir an Stellen Zahlen erkannt haben, die doch gar keine waren. Da erkennt man ein Muster in einer Kiste, das vielleicht eine 143 darstellen könnte – aber im Endeffekt waren es nur Kratzer. So kann dann der Eindruck entstehen, dass im Buch einige Sackgassen vorhanden sind. Meiner Meinung nach werden diese aber eher durch die übermäßige Vorstellungskraft der Rätselnden ausgelöst.
Nicht ganz glücklich bin ich auch mit der Zeiteinteilung. Ich kann verstehen, dass man eine zeitliche Begrenzung einbaut, um einen gewissen spielerischen Druck auszuüben (der Spiele-Comic DIE TRÄNEN EINER GÖTTIN macht das recht extrem). Allerdings hätte man diese zeitliche Segmentierung meiner Meinung nach darauf beschränken sollen, dass man pro Abenteuer eine Insel erkundet und gut ist. Dann müsste man nicht mittendrin aufhören und hätte auch eher in sich geschlossene Geschichten. Denn es ist schon nervig, mitten bei einer Inseluntersuchung abzubrechen und ein anderes Mal dort wieder anfangen zu müssen. Auf der anderen Seite muss man sich klar machen, dass gerade bei jüngeren Kindern die Aufmerksamkeitsspanne für konzentriertes Spielen (und das ist notwendig) beschränkt ist.
Das gefällt mir gut: Man darf nicht von der falschen Erwartungshaltung ausgehen, dass bei KUALA eine durchgehende Abenteuergeschichte erzählt wird. Das ist definitiv nicht der Fall. Vielmehr ist es eine Art Rätselsammlung, die in eine schön illustrierte Geschichte eingekleidet ist. Wenn man KUALA als das ansieht, dann wird man gemeinsam als Gruppe seinen Spaß haben. Die Rätsel sind in meinen Augen recht ausgewogen und sind hauptsächlich Logik-Knobeleien. Dankenswerterweise liefert Pegasus mittlerweile auch eine Art Auflösung mit, so dass man sich nicht mehr allein gelassen fühlt, wenn man nicht mehr weiterkommen sollte.
Wie schon bei den bekannten Spiele-Comics kommt auch bei KUALA der Humor nicht zu kurz. In den einzelnen Comics sind oftmals schöne kleine Anspielungen und Wendungen enthalten, die ungemein zur Auflockerung beitragen. Das ist ein Aspekt, den man nicht unterschätzen sollte. Zusätzlich ist zu loben, dass vor allem Kinder voll in ihren Rollen aufgehen können. Sie fühlen sich von den einzelnen zu spielenden Kindern angesprochen und schlüpfen gerne in deren Haut.
Der größte Reiz von KUALA geht sicherlich davon aus, dass alle vier Protagonisten ihre eigenen Fähigkeiten haben. Diese gilt es mit Bedacht einzusetzen und lösen ein schönes Gruppengefühl aus. Dabei wird deutlich, wie viel Arbeit im Herausarbeiten dieser Unterschiede geflossen sein muss. Denn diese Unterscheidungen wirken nicht irgendwie aufgesetzt, sondern sind sehr harmonisch in den Spielverlauf eingearbeitet. Das zeigt sich schon an so ganz banalen Sachen wie der unterschiedlichen Cover-Gestaltung der Bücher und setzt sich natürlich auch innerhalb der einzelnen Comics fort.
Fazit: Als Fan der Spiele-Comics habe ich mich sehr auf KUALA gefreut und wurde auch nicht enttäuscht. Allerdings bin ich der Meinung, dass noch nicht das volle Potential aus diesen unterschiedlichen Blickwinkeln herausgearbeitet wurde. Als Familienrätselsammlung funktioniert KUALA, aber für mich persönlich hätte die Rahmenhandlung gerne etwas spannender und mit mehr zusammenhängender Story sein dürfen. Aus diesem Grund bin ich doch sehr gespannt auf das angekündigte SHERLOCK HOLMES – DIE NACHWUCHS-INVESTIGATOREN. Vielleicht weiß das noch besser als durchgehende Geschichte zu tragen.
Titel | KUALA |
Autor | Shuky |
Illustrationen | Gorobai |
Dauer | ca. 60 Minuten (mehrmals) |
Spieleranzahl | 1 bis 4 Spieler |
Zielgruppe | Comic liebende Abenteurer |
Verlag | Pegasus Spiele |
Jahr | 2019 |
Ich bedanke mich bei Pegasus für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars. Ich bin mir sicher, dass durch diese Bereitstellung meine Meinung nicht beeinflusst wurde. Die Besprechung spiegelt meine gemachte Erfahrung wider.
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