Oh my Goods! – Flucht nach Canyon Brook von Alexander Pfister – erschienen bei Lookout Spiele
Der Sommer ist für den Spielekritiker eine schöne Zeit. Denn dann kann man wunderbar draußen in den Abend hinein spielen – zumindest dann, wenn keine Mücken in der Nähe sind. Außerdem ist nach der Verkündung zum Spiel des Jahres ein wenig die Luft aus der ganzen Neuheitenhatz. Die Herbstneuheiten warten noch ein wenig und man kann sich nun vermehrt den Spielen widmen, die bisher ein wenig zu kurz gekommen sind. So habe ich bspw. den Sommer genutzt, endlich PANDEMIC LEGACY SEASON 2 zu spielen (zumindest fast, der Dezember fehlt noch). Und mit OH MY GOODS! – FLUCHT NACH CANYON BROOK fand ein weiteres Story-basiertes Spiel endlich den Weg auf unseren Spieletisch.
Thema... da will ich gar nicht zu viel verraten. Schließlich ist FLUCHT NACH CANYON BROOK die 2. Story-Erweiterung zu OH MY GOODS! und da will ich lieber nichts spoilern. Die Geschichte knüpft jedenfalls nahtlos an die erste Story-Erweiterung LONGSDALE IN AUFRUHR an, so dass wir uns wieder mit Rebellen, Nordmänner und politischen Intrigen auseinandersetzen müssen.
Illustrationen... sind wie bisher alle Spiele aus dem Longsdale-Kosmos von Klemens Franz und setzen selbstredend seinen bekannten Stil fort. Alles andere wäre auch schlimm gewesen, gefallen mir doch die bisherigen Illustrationen sehr gut.
Ausstattung... wie schon bei LONGSDALE IN AUFRUHR sind die Karten in den unteren rechten Ecken fortlaufend durchnummeriert. Diese Nummerierung ist notwendig, weil man für die einzelnen Kapitel immer nur bestimmte Karten benötigt.
Da FLUCHT NACH CANYON BROOK die Geschichte von LONGSDALE IN AUFRUHR fortsetzt, sind nicht nur die Karten aus dem Basisspiel notwendig, sondern eben auch die Karten aus der ersten Story-Erweiterung. Was jetzt allerdings noch fehlt, ist eine umfassende Box für alle Karten.
Ablauf... ist größtenteils unverändert zum Grundspiel. Einzige Ausnahme ist, dass nun am Anfang einer Runde noch ein Ereignis ausgespielt wird. Über diese Ereignisse wird einerseits die Geschichte erzählt, andererseits beeinflussen sie auch etwas den eigentlichen Ablauf. So gibt es bspw. ein wiederkehrendes Ereignis, bei dem in Phase III so lange Karten aufgedeckt werden, bis drei halbe Sonnen erschienen sind (statt normalerweise zwei Sonnen).
Eine weitere Änderung zum Grundspiel, die man schon aus LONGSDALE IN AUFRUHR kennt, ist die feste Dauer einer Partie. Gespielt werden immer genau acht Runden, in denen alle vorbereiteten Ereignisse auch ausgespielt werden. Im Vergleich zum Grundspiel dauert somit eine Partie meist etwas kürzer.
FLUCHT NACH CANYON BROOK besitzt auch einen Solo-Modus. Der funktioniert auch tadellos und ohne Sonderregeln. Das ist nicht all zu verwunderlich, denn der gegenseitige Einfluss ist eher überschaubar und beschränkt sich größtenteils auf das Wegnehmen der Gehilfen bzw. ein Vergleich der militärischen Stärke.
Das gefällt mir nicht so gut: Bei all den Karten hätte ich mir noch eine Startspielerkarte gewünscht. Natürlich kann man den aktuellen Startspieler dadurch festhalten, dass dieser die Karten der aktuellen Runde managt. Allerdings ist das ist nicht in jeder Konstellation praktikabel und da wäre eine eigene Startspielerkarte schon praktisch.
Der Solo-Modus ist wieder äußerst knackig. Da ich ohnehin nicht der große Solist bin, habe ich den nur mal zum Anspielen genutzt – und bin wieder kläglich gescheitert. Mir ist dabei der Glücksanteil zu hoch. Im Mehrpersonenspiel müssen alle Spieler damit leben, wenn der Tag extrem kurz ist oder manche Karten einfach nicht auf die Hand kommen wollen. Dort spielt man in Relation zueinander um den Sieg. Im Solo muss ich allerdings am Ende eine bestimmte Punktzahl besitzen – unabhängig von manchmal ungünstigen Randbedingungen.
Was mir aber am meisten fehlt, ist ein Ausblick in die Zukunft. Die Geschichte von FLUCHT NACH CANYON BROOK endet wieder mit einem Cliffhanger – und bisher gibt es noch keine verlässlichen Meldungen, ob es zu einer Fortsetzung kommen wird. Diese wünsche ich mir aber sehr – am besten im Zusammenhang mit einer Box, in der alle Karten des Grundspiels und der Erweiterungen ausreichend und geordnet Platz finden. Mein Zipptüten-Management stößt nämlich an die Grenzen und bisher habe ich noch nicht die Zeit und Muse gefunden, mir eine schöne neue Box zu basteln.
Das gefällt mir gut: Wenn ich faul wäre, könnte ich einfach auf meinen Beitrag zu LONGSDALE IN AUFRUHR verweisen. Denn alles, was ich dort geschrieben habe, trifft auch auf FLUCHT NACH CANYON BROOK zu. Da ich aber unnötiges Clickbaiting verhindern möchte, fasse ich nochmals kurz zusammen. Am besten gefällt mir, dass die einzelnen Kapitel der Geschichte den Spielern eine Richtung vorgegeben, an der sie sich orientieren können. Diese Vorgaben sind aber nur ein Kann und kein Muss. Wenn die Kartenhand nicht passt, dann macht man eben sein Ding und lässt die Vorgabe links liegen. Denn weiterhin ist FLUCHT NACH CANYON BROOK ein kompetitives Spiel, dass ich in erster Linie gewinnen will.
Allerdings darf man dabei nicht die Sogwirkung der Geschichte unterschätzen. Denn im Laufe der "Kampagne" ertappt man sich dabei, dass man die Kapitel-Vorgaben gerne erfüllen will, weil man damit die Geschichte in einer bestimmte Richtung lenkt. Denn wie auch bei LONGSDALE IN AUFRUHR kann sich diese Geschichte unterschiedlich entwickeln. So kann Gruppe A eine andere Geschichte als Gruppe B erleben, was auch beim unterschiedlichen Aufbau der Kapitel deutlich wird. Dieser Aufbau ist glücklicherweise nun auch übersichtlicher in der Regel beschrieben.
Großer Pluspunkt: bei der Kampagne werden keine Karten zerstört oder überklebt, sondern alles bleibt reproduzierbar. Wie auch bei der Story-Erweiterung zu PORT ROYAL (DAS ABENTEUER BEGINNT...) können somit unterschiedliche Gruppen mit dem gleichen Spiel ihren Spaß haben.
Neue Gebäudekarten kommen übrigens kaum ins Spiel. Dafür wird nun aber das andere zentrale Element, die Gehilfen, etwas mehr in den Mittelpunkt gerückt. Das erhöht die Konkurrenz um diese Karten, was dem Spiel gut tut – schließlich ist das Ringen um die Gehilfen fast die einzige Interaktion untereinander.
Fazit: Wie auch LONGSDALE IN AUFRUHR hat mir FLUCHT NACH CANYON sehr gut gefallen. Denn aufgrund der interessanten kleinen Geschichte kann man nun dieses pfiffige Kartenspiel ganz anders erleben. Man darf dabei zwar keinen emotionalen Parforceritt wie bei PANDEMIC LEGACY erwarten, aber trotzdem haben wir uns sehr gut unterhalten gefühlt. Wie schon gesagt: gerne mehr davon!
Titel | Oh my Goods! – Flucht nach Canyon Brook |
Autor | Alexander Pfister |
Illustrationen | Klemens Franz |
Dauer | 30 bis 45 Minuten |
Spieleranzahl | 1 bis 4 Spieler |
Zielgruppe | kartenspielende Kennerspieler |
Verlag | Lookout Spiele |
Jahr | 2017 |
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