Sommer, Sonne, Sonnenschein. Da man zusätzlich fast überall auch wieder an den See oder ins Freibad gehen darf, möchte ich heute mal ein paar Familienspiele vorstellen, die man gut in die Schwimmbadtasche einpacken kann und dann schnell zwischen zwei Badegängen gespielt hat. Schnelligkeit ist dabei vor allem bei CRASH TEST BUNNIES und ELFMETER das Zauberwort. Etwas ruhiger geht es dahingegen bei MEMORINTH und TREELINGS zu, die durch andere Aspekte glänzen wollen.
Crash Test Bunnies von Florian Nadler – erschienen im moses. Verlag
Immer wieder wird versucht versucht bekannte Computerspiele auch als Brettspiele umsetzen. Meist geht das nicht gut aus. Umso überraschter ist man dann, wenn man ein Kartenspiel in die Hände bekommt, welches zwar ganz ohne Lizenz daher kommt, aber trotzdem sofort Erinnerungen an einen Konsolen-Klassiker aufleben lassen. Die Rede ist von CRASH TEST BUNNIES, der inoffiziellen Adaption von Mario Kart!
Okay, das ist jetzt natürlich leicht übertrieben. Denn die 44 Karten können nicht ansatzweise der Vielfalt des Mario-Kosmos gerecht werden und auch keine unterschiedliche Rennstrecken nachstellen. Trotzdem kommt beim Spielen typisches Mario-Kart-Feeling auf. Man versucht Bananenschalen auszuweichen, Bunny-Coins einzusammeln und manchmal werden dabei auch ganz real die Ellenbogen ausgefahren – vom typischen Trash-Talk ganz zu schweigen.
Wie funktioniert CRASH TEST BUNNIES? Alle haben 10 Karten auf der Hand und versuchen simultan diese so schnell wie möglich abzuwerfen. Dafür wird eine gemeinsame Ablage in der Mitte gebildet und nach und nach schmeißt man seine Karten mit der Rückseite nach oben ab. Warum Rückseite? Die Karten zeigen auf der Vorderseite in welche Richtung man fährt. Auf der Rückseite wird dahingegen dargestellt, wie die Rennstrecke weitergeht – durchaus mit einigen Handicaps. So steuert man durch die Stadt und bildet damit automatisch auch die Rennstrecke. Sobald das Rennen durch fehlende Handkarten beendet ist, wird abschließend die Auslage ausgewertet. Dabei wird man für richtiges Fahren mit eingesammelten Münzen belohnt, Unfallkosten müssen dahingegen bezahlt werden. Diese Auflösung wird noch durch einen Bonus-Würfel aufgepeppt, so dass nicht immer der schnellste Hase am Ende auch die meisten Münzen besitzt. Nach drei gefahrenen Runden wird abgerechnet – und natürlich gewinnt man dann mit den meisten Bunny-Coins im eigenen Besitz.
CRASH TEST BUNNIES ist somit ein rasantes Kartenspiel, bei dem alle gleichzeitig ihre Karten versuchen abzuwerfen. Das kann für manch verknackte Finger und zerknickte Karten sorgen (KRASSE KACKE lässt grüßen). Außerdem ist das Gezeter groß, wenn man die eigene Karte nicht in die Schachtel geworfen hat, sondern diese daneben landete. Natürlich wird dann ausgiebig lamentiert, wie unfair das doch ist und überhaupt. Allerdings sollte schon klar sein, dass sich CRASH TEST BUNNIES selbst nicht all zu ernst nimmt und dementsprechend sollte man auch mal 5 gerade sein lassen. Außerdem ist es ratsam, nebeneinander zu sitzen – was aber bei vier möglichen Rennhasen nur bedingt funktionieren kann, da die Karten ja auch noch in der Schachtel landen sollen. Bei unterschiedlichen Talenten kann somit diese Sitzfolge ausgleichend wirken, ansonsten kann man Chancengleichheit durch ständigen Sitzplatztausch erzeugen. Denn eines muss klar sein: es wird nicht bei einer Partie bleiben.
Mich überzeugt an CRASH TEST BUNNIES das Gesamtpaket. Da sind die liebevollen Illustrationen von Monika Suska mit vielen kleinen Details. Da ist die Kompaktheit, um es immer mal schnell und überall hin mitzunehmen. Und da ist die Rasanz, die sich automatisch beim Spielen ergibt und der man sich nicht entziehen kann.





Elfmeter! – erschienen im KOSMOS Verlag
Lasst mich schnell mal nachsehen ... wann wäre das Finale der diesjährigen Fußball-EM gewesen? Ach ja, letzten Sonntag. Das ist mal wieder ein gutes Beispiel dafür, wie verrückt das Jahr 2020 ist. Allerdings ist diese Absage nicht nur für diverse Süßigkeitenhersteller lästig, die scheinbar trotzdem Produkte mit den Konterfeis potentieller deutscher Nationalspieler vertreiben müssen. Auch der ein oder andere Spieleverlag wäre gerne auf der prognostizierten Fußballeuphoriewelle mit geschwommen. Beispielsweise ELFMETER!, denn was gibt es spannenderes als ein Elfmeterschießen in einem Viertel- oder Halbfinale?
Okay, es ist bekanntlich anders gekommen. Allerdings sollte das nicht das Problem von ELFMETER! sein, denn es werden sicherlich auch noch in Zukunft einige Entscheidungen vom Punkt getroffen werden müssen. Elfmeter bleiben universeller Bestandteil des Fußballs. Zumal das Zielpublikum von ELFMETER! auch ziemlich lange von Bestand bleiben wird. Es kommt nämlich als reines Kartenspiel lediglich in einer kleinen Schachtel daher, ist für 2 Personen konzipiert und insgesamt ein perfektes Mitbringsel oder Geschenk für den Kindergeburtstag.
Allerdings wird hier keineswegs der nervenaufreibende Ablauf eines Elfmeterschießens simuliert, sondern ELFMETER! kommt ähnlich hektisch daher wie CRASH TEST BUNNIES. Das liegt daran, dass es recht ähnlich gespielt wird. Der Angreifer schmeißt eine Karte in den Schachtelboden. Diese zeigt an, in welches von 6 Feldern eines Rasters der Ball gespielt wird. Nun versucht er eine passende Anschlusskarte darauf zu werfen, die einen Spieler in diesem Feld anzeigt. Die verteidigende Seite schaut dabei aber nicht untätig zu, sondern versucht schneller eine eigene Karte abzuschmeißen, die einen Verteidiger in diesem Segment anzeigt. Ist die Abwehr in diesem simultanen Karten-Abwerf-Kampf schneller, dann wechselt sofort das Angriffsrecht – und beide Seiten drehen blitzschnell die Karten um und werden ihrer neuen Rolle gerecht. Die Seite, die zuerst drei Angriffskarten am Stück abwerfen konnte, bekommt einen Elfmeter zugesprochen. Dieser wird ebenfalls im Kartenduell entschieden und erinnert etwas an Stein-Papier-Schere. Übersetzt in den Fußball bedeutet das: knalle ich den Ball nach links, nach rechts oder in die Mitte. Der gegnerische Torwart erahnt entweder das Vorgehen oder muss hinter sich greifen. In beiden Fällen gibt es danach einen Anstoß und die Kartenhetzerei geht von vorne los, bis eine bestimmte Anzahl an Angriffen erfolgt ist.
ELFMETER! ist eher ein Spielchen zum Aufwärmen oder für eine Halbzeitpause. Nichts abendfüllendes, sondern ein schneller Zock für zwischendurch um wieder wach zu werden. Da nur zwei Parteien gegeneinander spielen, werden die Karten nicht so in Mitleidenschaft gezogen wie bei CRASH TEST BUNNIES. Außerdem ist der Trash Talk direkter, ohne den ELFMETER! nur halb so schön wäre.


Memorinth von Richard Haarhoff – erschienen bei Edition Spielwiese
Wesentlich ruhiger geht es dahingegen bei MEMORINTH zu. Wobei, wenn ich es genau bedenke, wird doch ganz schön oft lauthals am Tisch gejammert. Natürlich nur darüber, wie unfair doch alles ist, weil wie bitte schön soll man sich den ganzen Kram merken können?!!
Merken? Ja, merken! Bei dem Titel dürfte es doch keine Überraschung sein, dass ein gewisser Memory-Effekt zu beachten ist. Aber in MEMORINTH steckt nicht nur ein Memo, sondern auch ein Labyrinth. Aus selbiges versuchen wir uns zu befreien, wozu wir allerdings unsere Memo-Fähigkeiten benötigen. Alle am Spiel beteiligten Figuren beginnen in der Mitte eines ausliegenden 5*5‑Rasters und wollen aus diesem ausbrechen (nur gut, dass die Welt keine Scheibe ist). Um sich auf den vorgegebenen Pfaden fortbewegen zu können, muss man allerdings eine andere Karte aufdecken, auf der dann ein Fabelwesen abgebildet sind. Diese Gestalten findet man zusätzlich auch als einzelne Karten am Rand. Der Clou ist nun folgender: meine Figur bewegt sich immer in Richtung des Fabelwesens, welches ich gerade aufgedeckt habe (und auch nur dann, wenn ein Weg dorthin führt).
Die Gemeinheiten fallen auch schnell auf: durch das dauernde Drehen muss man sich ziemlich viel merken. Nicht nur die Fabelwesen sind von Belang, sondern auch die Wege. Erschwert wird das Ganze noch dadurch, dass man eine Runde lang nur helle Karten und in der folgenden Runde nur dunkle Karten aufdecken darf. Damit kann man auch gezielt andere Ausreißer blockieren, wenn man deren anvisierten Fluchtkarten immer auf die falsche Seite flippt.
Trotzdem geht eine Partie MEMORINTH recht schnell. Gefühlt sogar zu schnell. Denn ich hatte dabei nie das Gefühl, wirklich langsam ein Wissen aufzubauen. Am Anfang stochert man natürlich im Nebel. Dabei haben einige mehr Glück und nähern sich dem Rand an, andere müssen in der Mitte verbleiben. Wenn sich dann aber ein gemeinsames Wissen gebildet hat, sind die Rahmenbedingungen nicht mehr gleich, sondern die Glücklichen haben nun den kürzeren Weg. Nein, so richtig ist bei uns der Funke nie über gesprungen. MEMORINTH fühlte sich immer arg zufällig an. Das ist per se nicht schlimm, wenn man denn dabei gut unterhalten wird. GAME OVER ist sicherlich ähnlich glücksabhänig, weiß dabei aber trotzdem besser einen Spannungsbogen aufzubauen.
Das ganz große Vorbild von MEMORINTH ist aber sicherlich MEMOARRR! aus dem gleichen Hause. Ein tolles kleines forderndes Memo-Spiel. In diesem Windschatten möchte gerne auch MEMORINTH daher kommen, weswegen wohl auch wieder Hombre SUK den Pinsel schwingen durfte (und wieder überzeugen konnte). Aber das Erfolgsrezept lässt sich nicht so einfach kopieren. MEMORINTH fühlt sich wesentlich beliebiger an. Man wächst nicht mit der Zeit. Statt das es immer prickelnder wird, hat man eher das Gefühl, dass man durch Verwaltung der Plättchen aufgehalten wird. Da war man kurz davor, zu entfliehen und nun muss man eine weitere Sonnenphase abwarten, bis sich wieder die Chance ergibt. Nein, bei uns hat MEMORINTH nicht MEMOARRR! ablösen können – aber das wird ohnehin ein schweres Unterfangen.
Richtig ärgerlich ist aber die Anleitung von MEMORINTH. Da widersprechen sich Text und Abbildungen. Reichlich verwirrt stellt man aber später fest, dass es sowieso egal ist. Manche Sachen werden im Text angesprochen, die es dann aber nicht ins finale Spiel geschafft zu haben scheinen. Zusätzlich werden wichtige Regeln an falscher Stelle nur unscheinbar wiedergegeben. Die Regel ist somit eher ein Lehrstück, wie man es nicht macht.
MEMORINTH kommt übrigens noch mit zwei weiteren kleinen Varianten daher, die das Spiel aber nur noch komplizierter machen. Manche mögen auch fordernder sagen. Aber bei so einer Art Spiel will ich lieber Spaß haben, als durch weitere Knüppel zwischen den Beinen verlangsamt zu werden – zumal sich dann eine Partie noch mehr zieht. Wenn MEMORINTH, dann spiele ich wesentlich lieber die einfachere Einstiegsvariante. Aber eigentlich spiele ich lieber etwas anderes.




Treelings von Paul Schulz – erschienen bei Edition Spielwiese
Auch TREELINGS weiß eher äußerlich zu überzeugen. Denn die wunderschönen Illustrationen von Michael Menzel wissen sofort in den Bann zu schlagen. Wie der Titel schon vermuten lässt, hat TREELINGS irgendwas mit Bäumen zu tun. Konkret schießen einzelne Bäume in die Höhe und am mächtigen Stamm lassen Baumhäuser regelrechte Dörfer entstehen.
Spielmechanisch ist TREELINGS ein Farbsammelspiel. Aus der Auslage nimmt man sich entweder alle Karten einer Farbe, oder alle Karten, die nur einmal in der Auslage vorhanden sind. Die so erworbenen Karten schichtet man vor sich übereinander, wobei eine begonnene Farb-Reihe immer weiter gefüllt werden muss. Der besondere Clou ist die Endabrechnung. Diese ist an für sich ganz einfach, denn jede Karte eines Baumes entspricht einem Punkt. Allerdings gibt es da ein kleines Problem. Es werden nur die Bäume gezählt, die höher oder gleich hoch sind wie die direkt benachbarten Bäume – und das geht über die eigene Auslage hinaus. So wird mein rechter Baum nur dann gewertet, wenn er nicht kleiner ist als der linke Baum in des Nachbars Garten ... äh Wald. Somit konzentriert man sich nicht nur auf die eigene Auslage, sondern schaut immer auch eifrig nach links und nach rechts.
Das ist für sich genommen auch ganz spannend und nicht ohne Reiz. Denn man spielt beim Nehmen der Karten immer eins-zwei Szenarien durch. Problematisch wird es nur am Ende. Denn kommen dann die falschen Karten in die Auslage, kann es sein, dass alle vorher ausgemalten Pläne zerstört werden. Da man Karten nehmen muss, gibt es dann vielleicht nur noch eine Pest- oder Cholera-Entscheidung und man fühlt sich dann gespielt. Je öfters ich TREELINGS gespielt habe, desto weniger hatte ich das Gefühl, wirklich aktiv das Spielgeschehen beeinflussen zu können. Alles hängt davon ab, welche Karten in der Auslage erscheinen – und das kann man bekanntlich recht wenig steuern.
Vielleicht wäre ein anderes Thema somit passender gewesen. Bspw. Zen-Gärtnern, bei dem man schicksalsergeben die Karten abhandelt. Dann wäre vielleicht auch die Gestaltung eindeutiger. So schön die wachsenden Bäume auch sind, wirklich praktisch ist das Design nämlich nicht. Denn man erkennt eben nicht auf dem ersten Blick, ob im angrenzenden Wald nun sechs oder doch nur fünf Karten liegen. Da diese Information aber wichtig ist, hätte das meiner Meinung nach wesentlich deutlicher kenntlich gemacht werden sollen.
Trotzdem bin ich mir sicher, dass TREELINGS seine Anhänger finden wird. Das Spiel ist durch die beiden Übersichtskarten in weniger als fünf Minuten erklärt und besitzt zudem einen hohen Aufforderungscharakter. Außerdem hat das Gesamtpaket auch seinen eigenen Charme. Ein Beispiel dafür sind die Geschenkkarten, die man ... verschenken soll. Einfach mal so, um jemanden eine Freude zu machen. Diese Idee hat mir richtig gut gefallen. Man hätte auf den überzähligen Karten natürlich auch Werbung für andere Spiele drucken können. Aber dieser besondere Ansatz zeigt den etwas anderen Weg der Edition Spielwiese.





Ich bedanke mich beim moses. Verlag, KOSMOS und Pegasus Spiele für die Bereitstellung von Rezensionsexemplaren. Ich bin mir sicher, dass durch diese Bereitstellung meine Meinung nicht beeinflusst wurde. Die Besprechung spiegelt meine gemachte Erfahrung wider.












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