Brettspielminister Johannes hat mit seiner Trend-Datenanalyse zu SPIEL-Neuheiten aufgezeigt, dass der Anteil an 2‑Personen-Spielen in den letzten Jahren stark zugenommen hat. Danke für diesen Nachweis meines Gefühls. Diesem Trend muss Rechnung getragen werden. Auf die Bildung einer eigenen Blog- Kategorie verzichte ich vorerst noch. Aber als Sofortmaßnahme wiederhole ich meine Tête-a-Tête Sonderausgabe eines Speed-Dating. Um die heißbegehrten Rosen als Zeichen meiner Anerkennung bewerben sich heute somit EVERDELL DUO, INSTINKT, NAISHI und zusätzlich noch PLAYBALL.
Everdell Duo von James A. Wilson und Clarissa A. Wilson – erschienen bei Pegasus Spiele
Nun besitzt EVERDELL auch seine eigene 2‑Personen-Variante. Und wie so oft frage ich mich in diesem Zusammenhang, ob das notwendig war. Schließlich hatte ich nie das Gefühl, dass sich EVERDELL zu zweit deutlich schlechter spielt als etwa zu dritt oder viert. Mir ist aber durchaus bewusst, dass Verlage ohnehin eher andere Gründe im Hinterkopf haben, wenn sie eine solche Version herauszubringen. Dabei ist es schon bezeichnend, dass als Titel EVERDELL DUO genutzt wird und nicht etwa ein Duell propagiert wird. Denn ein Kernelement dieser Version ist eine äußerst umfangreiche kooperative Kampagne. Ganz dem heimeligen Bild dieser Spielwelt entsprechend, spielen wir dabei zusammen und nicht gegeneinander.
Gleich vorweg: mich hat diese Spielart nicht überzeugt, auch wenn ich anerkenne, wie viel Liebe in diese Kampagne geflossen ist. Doch die Art und Weise, wie wir bei diesen Szenarien vorgehen müssen, spricht mich nicht an. Mir wird dabei zu oft das Gefühl vermittelt, eine Denksportaufgabe zu absolvieren, bei der wir optimal unsere Spielzüge ausführen müssen. Für manche mag das reizvoll sein, ich bevorzuge eine andere Art Spiel.
Glücklicherweise bietet mir die Basisversion von EVERDELL DUO genau das an – und diese hätte durchaus auch als Duell bezeichnet werden können. Durch einen geschickten Twist bin ich dabei nämlich immer davon abhängig, was die andere Person macht. Im Kern ist EVERDELL ein Worker-Placement Spiel und das trifft auch auf die DUO-Version zu. Wir besitzen drei Figuren, die wir als Aktion entweder auf dem Spielplan oder auf vorher ausgespielte Karten einsetzen können, um meist Rohstoffe zu erlangen. Jedes Mal, wenn wir das tun, müssen wir den Sonnenmarker auf dem Spielplan vorziehen. Steht dieser am Ende, kann ich somit keine Figuren mehr setzen. Ähnlich verhält es sich mit dem Mondmarker. Dieser zieht immer voran, wenn ich eine Karte aus meiner Hand in meine Auslage baue. Zusätzlich gibt es aber noch eine dritte mögliche Aktion: Wir können Karten auf die Hand nehmen. Wenn ich diese Aktion ausführe, muss ich ebenfalls einen der beiden Marker vorsetzen – kann mir dann aber aussuchen, welchen von beiden ich laufen lasse. Und damit lässt sich wunderbar taktieren! Einerseits kann ich so das Ausspielen von Karten bzw. das Entsenden von Figuren sabotieren, andererseits ist die Position der Marker auch für den Zugriff auf die offenen Karten des Spielbretts zuständig. Mit diesem trickreichen Mechanismus erhält EVERDELL DUO eine unerwartete Tiefe, die auch dem Grundspiel guttäte. Zusätzlich sorgt das Ankommen beider Marker dafür, dass für beide die Runde endet, womit ein weiterer Malus des Grundspiels ausgemerzt wird. Ohnehin sind noch ein paar Kleinigkeiten geändert, die in meinen Augen alle das Spielgefühl verbessern.
Unverändert bleibt die herzallerliebste Gestaltung. Die Illustrationen sind zum Verlieben und man wünscht sich ein größeres Kartenformat, damit die ganzen kleinen Details gewürdigt werden können. Allerdings bin ich froh, dass dieser Versuchung widerstanden wurde. Somit ist EVERDELL DUO nämlich erstaunlich kompakt (Bäume werden überschätzt), ohne dass an der Ausstattung gespart wurde. Die Ressourcenkomponenten sind weiterhin ein optische und haptische Augenweide.
Ich bin wahrlich nicht der große Fan der bisherigen EVERDELL Reihe. Aber EVERDELL DUO hat sich eine Rose verdient – und beantwortet damit auch die Frage, ob die Duo-Version notwendig war. Für mich nämlich schon, um mit dieser Spielewelt meinen Frieden zu machen.




Evderdell Duo | James A. Wilson und Clarissa A. Wilson | Andrew Bosley und Enggar Adirasa| 20 bis 40 Minuten | 1 bis 2 Personen | Pegasus Spiele
Instinkt: Duell der Tiere von Udo Peise – erschienen bei Board Game Circus
Die Covergestaltung von INSTINKT musste ich erst auf mich wirken lassen. Auf den ersten Blick springt uns nicht ins Auge, was uns gezeigt werden soll. Ich empfinde das clever, weil somit bei mir Interesse erzeugt wird. Unglücklich ist jedoch, dass sich dieses Prinzip der Uneindeutigkeit auch bei der gewählten Symbolsprache fortsetzt.
In INSTINKT bilden wir gemeinsam ein 4*4‑Raster aus unseren Tieren. Insgesamt besitzen wir beide das gleiche Dutzend unterschiedlicher Tierplättchen im Vorrat, wobei wir allerdings davon nur drei zufällig auf unserer Hand halten. Aus diesem begrenzten Angebot suchen wir ein Plättchen aus und legen dieses verdeckt vor uns ab. Haben wir das beide gemacht, werden diese aufgedeckt und das Tier mit der höheren Zahl darf zuerst in das Raster gelegt werden. Meistens haben die Tiere keinen direkten Effekt, sondern erzeugen lediglich am Ende Siegpunkte, wenn sie auf bestimmten Positionen im Raster liegen. Drei Ausnahmen sorgen aber für direkte Interaktion und besitzen entsprechendes Drohpotenzial.
Die einzelnen Plättchen sind stilvoll von Dana Peter illustriert, sodass INSTINKT durch seine besondere Optik hervorsticht. Leider passt sich die gewählte Symbolsprache der geheimnisvollen Grundstimmung an. Ich habe lange gebraucht, bis ich verstanden habe, dass die Farbe der Symbole nicht mit den jeweiligen Karten korrespondieren. Das ist bei dem gewählten binären Farbkonzept äußerst verwirrend. Und meinen Beobachtungen zur Folge ging das nicht nur mir so. Es ist durchaus nicht ungewöhnlich, dass in Erstpartien immer mal wieder in der Anleitung nachgeschaut werden muss. Dieses Unsicherheitsgefühl sollte sich aber schnell legen, damit wir das Gefühl haben ein Spiel zu erleben und nicht gemeinsam eine Anleitung durchzublättern. Bedauerlicherweise dominiert letzteres bei INSTINKT.
Das ist ärgerlich, weil INSTINKT spielerisch durchaus überzeugen kann. Die einzelnen Abhängigkeiten der Karten sind fein zueinander austariert und gibt Raum für Bluffs. Der Zufallsanteil bei der anfänglichen Auswahl sorgt zudem für überraschende Spielverläufe: Nicht immer kann ich das machen, was im Moment vielleicht am zielführendsten wäre. Dieses Element besitzt aber auch seine Schattenseiten und kann für unschöne Situationen sorgen, wenn meine aktuelle Auswahl nur mäßig zum aktuellen Spielgeschehen passt. Und spiele ich dann endlich ein lange Zeit heiß ersehntes Plättchen aus, kann es mir passieren, dass es durch die gegnerische Schlange aus dem Spiel genommen wird. Das ist dann frustrierend.
INSTINKT besitzt Potenzial, leidet aber an einer undeutlichen Symbolsprache und verliert dadurch seine Zugänglichkeit. Aufgrund der großen Konkurrenz in diesem Segment ist das ein erheblicher Startnachteil, der nachfolgend nicht restlos aufgeholt werden kann. In der Summe reicht es somit nicht für eine Rose.



Instinkt: Duell der Tiere | Udo Peise | Dana Peter | 20 Minuten | 2 Personen | Board Game Circus
Naishi von Mathieu Bieri und Alex Fortineau – erschienen bei Board Game Circus
Im Vergleich zu INSTINKT besitzt NAISHI nicht nur eine klarere Covergestaltung. Auch die gewählte Symbolsprache nimmt uns besser an die Hand und führt sicher durch das Spiel. Die Komplexität beider Spiele ist durchaus vergleichbar, doch in Sachen Zugänglichkeit hat NAISHI klar die Nase vorn – obwohl das Spielprinzip erst einmal komplizierter wirkt.
Auch NAISHI ist ein Rasterspiel. Am Ende werten wir die Karten unseres eigenen 2×5 Raster und erhalten Punkte für deren Lage – meist in Abhängigkeit von benachbarten Karten. Die Besonderheit daran ist, dass wir die eine Hälfte des Rasters erst am Ende offenbaren. Bis dahin haben wir nämlich 5 Karten verdeckt auf der Hand und nur die anderen 5 Karten liegen offen aus.
Unser Aktionsspielraum ist dabei sehr leicht zu überschauen. Wir werfen eine Karte von unserer Hand oder aus unserer offenen Auslage ab. Zum Auffüllen nutzen wir nun die offen liegende Karte aus der mittleren Auslage an derselben Position. Damit ich etwas Einfluss habe, können wir noch eine Bonusaktion in unserem Zug machen: Entweder werfe ich zwei oberste Karten aus der Auslage ab oder ich vertausche zwei Karten, wobei ich auch positionsgetreu Karten aus meiner Hand mit meiner Auslage tauschen kann. Für diese Bonusaktionen muss ich Marker legen, von denen ich leider nur zwei besitze. Zusätzlich sind auch die Einsatzfelder als solches beschränkt. Somit kann ich als Alternative zum Karten nehmen darauf verzichten und mir meine Marker wieder zurückholen.
Die Wertungsoptionen von NAISHI sind schnell überblickt und entsprechend zügig beginnt die Taktiererei. Was will ich unbedingt für mich, was kann ich auch mal gönnen? Und wann setze ich meine Marker ein? Ich verliere Tempo, wenn ich diese wieder zurückholen muss. Aber ich muss die Marker auch einsetzen, um meine Punkte zu optimieren. Aufgrund der vielfältigen und durchdachten Wertungsoptionen sind unterschiedliche Strategien möglich. Zudem kann ich die Dauer einer Partie aktiv verkürzen, wenn ich das Gefühl habe, dass mein Gegenüber eine langsamere Gangart eingelegt hat.
NAISHI ist ein feines Kartenduell mit der richtigen Dosis Zufall und der damit verbundenen Tüftelei, die eigene Auslage zu optimieren. Weil nicht alle Informationen offen sind, kann ich mir nie sicher sein, wo ich stehe und ob ich nicht vielleicht einem Bluff ausgesetzt bin. Darüber hinaus sprechen mich auch die Illustrationen von Marine Losekoot an. Somit erhält NAIHSI auch gerne eine Rose.




Naishi | Mathieu Bieri und Alex Fortineau | Marine Losekoot | 20 Minuten | 2 Personen | Board Game Circus
Playball von David Florsch – erschienen bei Borderline Edition
Durch meine Affinität zu Ballsportarten war schnell mein Interesse an PLAYBALL geweckt. Das Spielziel kenne ich auch unzähligen Aufwärmeinheiten: der Ball muss in eine gegnerische Endzone gebracht werden. Das allerdings weniger körperlich als beim American Football, so dass wir viel mit Freilaufen und gut getimten Pässen arbeiten müssen. PLAYBALL übersetzt dieses Prinzip in ein klassisches abstraktes Duell.
Wir besitzen drei Figuren, die sich auf Hexfeldern in alle Richtungen bewegen können. Wenn ich in Ballbesitz bin, kann ich diesen beliebig oft in direkter Linie zwischen meinem Team hin und her passen. Steht eine gegnerische Figur im Weg, fängt diese den Ball ab. Zusätzlich kann ich mir den Ball klauen, wenn ich mit meiner Figur nah genug am Ball bin.
Die Stärke von PLAYBALL ist das sehr anschauliche Grundprinzip, das schnell verstanden wird. Lediglich der Hin-und-Her-Sprung aus dem Spielfeld heraus ist schwerer zu vermitteln. Trotz dieser Einfachheit besitzt PLAYBALL das Potenzial eines Hirnverzwirblers. Denn eine Besonderheit ist noch, dass wir in unserem Zug drei Bewegungsaktionen durchführen dürfen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass wir drei gegnerische Bewegungsaktionen mitbedenken müssen. Anders als beim durchaus vergleichbaren DIABALLIK entstehen dadurch längere Denkpausen. Die Dynamik des sportlichen Vorbilds wird somit ausgebremst.
Das ist der Knackpunkt, weswegen ich PLAYBALL nicht mit dem Erhalt einer Rose auszeichne. Ich habe in DIABALLIK ein Spiel zu Hause, welches einerseits direkter ist, andererseits durch die größere Anzahl an Spielfiguren eine strategische Herangehensweise erfordert, dir mir besser gefällt. Da hilft in der Abwägung nicht, dass PLAYBALL durch seine Kompaktheit und eine sehr zurückhaltende, funktionale Optik punkten kann. PLAYBALL ist gut zum Aufwärmen, das eigentliche Match möchte ich aber lieber mit DIABALLIK erleben.



Playball | David Florsch | Pauline Detraz | 20 Minuten | 2 Personen | Borderline Edition (im deutschen Vertrieb bei Nice Game Publishing)
Hinweis: für die Besprechung wurden von den Verlagen Rezensionsexemplare zur Verfügung gestellt
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