Forbidden Sky von Matt Leacock – erschienen bei Schmidt Spiele
Manchmal kann man sich den Spaß machen, Titel wortwörtlich zu übersetzen. "Verbotener Himmel" ist dann so ein Fall, der eher ein Lacher denn Interesse erzeugt. Was will mir FORBIDDEN SKY sagen? Oder habe ich es zu wörtlich übersetzt? Wäre also "ungeheuerlicher Himmel" besser? Diese Fragen stellen sich im englischsprachigen Raum nicht, denn dort wird deutlich, dass FORBIDDEN SKY Teil einer kooperativen Spiele-Reihe ist, die mit FORBIDDEN ISLAND und FORBIDDEN DESSERT begonnen wurde. Auch bei uns in Deutschland sind diese Spiele veröffentlicht worden. Allerdings unter den eingedeutschten Titeln DIE VERBOTENE INSEL und DIE VERGESSENE STADT. Nun stellt sich mir schon die Frage, ob nicht auch in diesem Fall ein deutscher Titel angebrachter gewesen wäre.
Thema... könnte einem Science Fiction Roman entliehen sein. Die Forschungsstation "Kopernikus-07" schwebt normalerweise sicher im Himmel. Nun muss sie aber evakuiert werden, da ein irrsinniges Unwetter wütet. Die Flucht von "Kopernikus-07" funktioniert für die meisten auch recht reibungslos – bis ein gigantischer Blitz den letzten Gleiter außer Gefecht setzt. Jetzt bleibt nur noch eine Versorgungsrakete als Notbehelf. Diese muss allerdings erst einmal mit Strom versorgt werden. Deswegen muss man sich trotz des Unwetters auf die Plattform der Forschungsstation trauen und einen provisorischen Notstromkreis aufbauen. Allerdings sollte dieser erst dann geschlossen werden, wenn auch wirklich alle zu evakuierenden Forscher in der Rakete sitzen...
Illustrationen… sind von C. B. Canga und Anne Pätzke und fangen an für sich recht stimmungsvoll das Thema ein. Überraschenderweise beherrschen dabei Rosa-Töne das Setting. Hat man sich daran gewöhnt, versucht man leider immerzu den Überblick zu behalten. Denn es gilt recht viel im Blick zu behalten, was einem nicht leicht gemacht wird.
Ausstattung… hat einen ziemlichen Hingucker parat: eine kleine Rakete, die auch ganz toll blinken kann und Startgeräusche macht. Damit das aber passiert, muss erst ein Stromkreis geschlossen werden. Die dafür notwendigen Leitungen liegen ebenfalls in der Box – wie auch große und kleine Kondensatoren sowie Blitzableiter. Die Handhabung ist zwar etwas fuddelig, aber dadurch, dass die Leitungen magnetisch sind, hält zumindest alles recht gut zusammen.
Spielerische Kernstücks sind aber eigentlich die Plattformplättchen. Ebenso von großer Wichtigkeit sind die Wetterkarten und in diesem Zusammenhang der Windstärke-Anzeiger. Komischerweise wird ein Kompass zur Anzeigen der Windrichtung benutzt und kein Windrichtungsgeber. Zusätzlich sind auch sechs unterschiedliche Charakterkarten mit Sonderfähigkeiten und ihren jeweiligen Spielfiguren enthalten. Außerdem gibt es für diese auch noch Ausrüstungskarten im Angebot, die allerdings nur auf Karten daher kommen (so gerne hätte ich auch einen kleinen Raketenrucksack in die Hand genommen).
Ablauf… im Laufe der Partie gilt es eine Plattform zu bauen. Dafür müssen aber erst die entsprechenden Plättchen erkundet (=vom Nachziehstapel gezogen) werden. Befindet sich die eigene Figur am Rand der Plattform, kann man nun diese durch die vorher entdeckten Plättchen erweitern – sofern die Bauregeln eingehalten werden. Dabei gilt es darauf zu achten, dass später ein ununterbrochenes Netz von Leitungen, Kondensatoren, Blitzableitern und der Raketenbasis entsteht. Die entsprechenden Standorte sind auf den Plattformplättchen abgebildet und müssen im Verlauf der Partie ausgelegt werden (sofern sie vorher entdeckt wurden).
Der eigentliche Spielzug eines Spielers besteht aus 4 Aktionen mit folgenden Möglichkeiten: bewegen, erkunden (Plättchen nachziehen), entdecken (Plättchen anlegen) und Leitungen legen. Danach werden Wetterkarten gezogen und abgehandelt. Diese sorgen dafür, dass Blitze einschlagen (minimiert die Lebenspunkte der Spieler) und Windstöße die Spieler auf der Plattform verschieben. Wenn man dadurch über den Rand der Plattform geschubst werden würde, kann man sich per Seil retten. Allerdings leidet das und wird immer kürzer und kürzer. Sollte es zu kurz sein, kann sich der Spieler nicht mehr halten und das Spiel endet sofort.
Gegen die Wetterkarten kann man sich schützen, wenn man auf bestimmten Plättchen steht. Außerdem kann man Ausrüstungskarten erhalten, die natürlich hilfreich sind. Mit der Zeit wird das Wetter immer heftiger, so dass auch immer mehr Wetterkarten gezogen werden müssen.
Man gewinnt gemeinsam, wenn die Rakete platziert ist, alle Spielfiguren bei der Rakete stehen und der Stromkreis geschlossen ist. Je nach Schwierigkeitsgrad müssen dabei eine gewisse Menge an Kondensatoren und Blitzableitern im Stromkreis integriert sein. Man verliert, wenn man eine Spielfigur auf der Plattform vergessen hat, der Wind zu stark wird oder wenn ein Charakter stirbt (man hat kein Seil mehr, während der Wind einen von der Plattform weht bzw. man hat nicht mehr genügend Lebenspunkte, wenn einen der Blitz trifft).
Das gefällt mir nicht so gut: Das ist leider einiges. Wo fange ich an? Als erstes bin ich recht unzufrieden mit dem verwendeten Vokabular. Warum gibt es die beiden Aktionen "Erkunden" und "Entdecken". Wenn man die Regel nicht kennt, könnte man davon ausgehen, dass beides die selbe Aktion beschreibt. Das ist aber nicht der Fall. Bei "Erkunden" zieht man Plättchen nach, bei "Entdecken" baue ich diese an. Das ist sehr unglücklich. Aber daran zeigt sich auch, wie die eigentliche Story hinkt. Warum kennen die Abenteurer nicht die Plattform? Oder kennen sie diese schon, müssen diese aber nun provisorisch zusammen bauen? Also entdecke ich nicht, sondern baue aus den Bauteilen einen Notstromkreis zusammen. Oder habe ich da etwas falsch verstanden? Für das eigentliche Spiel könnte es egal sein. Allerdings will FORBIDDEN SKY ein Abenteuerspiel sein. Da erwarte ich schon, dass es thematisch stimmig ist (siehe auch den Widerspruch, dass ein Kompass die Windrichtung angibt). So kommt jedenfalls bei mir kein echtes Abenteuergefühl auf!
Das Material sieht toll aus, keine Frage. Allerdings ist die Handhabung etwas fuddelig. Vor allem am Ende wird es auch ziemlich hakelig und es stellen sich ein paar Fragen. Darf ich den Kondensator ein paar Zentimeter aus der Plättchenmitte verschieben, damit die Leitung noch angebaut werden darf? Wir waren da gerne tolerant. Denn ansonsten wäre es schon arg frustig gewesen, wenn da zwei fehlende Zentimeter letztlich über Sieg oder Niederlage entschieden hätten. Denn das Abschätzen der Leitungslängen ist alles andere als einfach. Außerdem kommt beim Bauen der Plattform ohnehin ein großer Zufall ins Spiel. Denn keiner kann vorhersagen, wenn welche Bauteile zum Vorschein kommen. Außerdem kann man nicht unendlich Bauteile sammeln, sondern hier besteht eine Beschränkung (von gewöhnlich 3 Plättchen). Irgendwann muss man also mit dem Bau anfangen – ohne zu wissen, in welche Richtung sich später der Stromkreis entwickeln wird. Wenn man dabei Pech hat, kommen die Plättchen der Rakete recht spät. Das ist deswegen unglücklich, da es verdammt schwer ist, den Stromkreis zu planen ohne die genaue Lage der Rakete zu kennen. Der aus Legespielen bekannt Glücksfaktor ist somit bei FORBIDDEN SKY eher ein frustrierendes Hemmnis als ein Spannungsgewinn.
Auch die grafische Gestaltung ist suboptimal. Okay, es ist an sich schon nicht leicht, die verschiedenen Elemente zu unterscheiden. Denn bei den Blitzeinschlägen müssen die Kabel auf den Plättchen ebenso beachtet werden wie die gelegten Leitungen. Aber warum müssen diese dann auch noch die gleiche Farbe haben? Ebenso lassen sich die verschiedenen Aktionsfelder kaum grafisch unterscheiden. Hier hätten unterschiedliche Farben schon sehr geholfen. So ist man dauernd am Suchen – und das immer mehr werdende Material auf dem Plan macht es nicht einfacher.
Im Spiel benötigt man eine gehörige Menge Frusttoleranz – denn das Leben ist hart und ungerecht. Entgegen des Spruchs "es gibt kein schlechtes Wetter nur schlechte Kleidung", muss man bei FORBIDDEN SKY feststellen, dass das Wetter wirklich fies und gefährlich ist. Dauernd muss man mit Blitzeinschlägen und Windstößen rechnen. Spielt man dann in einer größeren Gruppe, sind vor allem die Windstöße unberechenbar. Denn der Wind kann dann recht schnell drehen und schon sieht man sich am Seil hängen. Sich windgeschützt hinzustellen bringt zwar Schutz, allerdings muss man irgendwann auch am Rand aktiv sein, da schließlich Plättchen gelegt werden müssen. Die Charakterkarte "Seilmacher" war deswegen in unseren Gruppen immer ein Muss. Einige Mitspieler hat jedenfalls der unberechenbare Wind das Spiel vergällt. Denen war das dann zu frustig und sie hatten keinen Spaß mehr.
Mir ist auch nicht ganz die Zielgruppe für FOBBIDDEN SKY klar. Durch das Äußere hatte ich anfangs den Eindruck, dass man verstärkt Familienspieler ansprechen will. Meine Kinder bspw. waren ganz begeistert von der elektronischen Rakete. Auch auf öffentlichen Spieletreffs lockte das Material interessierte Mitspieler an. Das Spiel ist dann aber alles andere als flockig leicht. Es gibt so viel zu beachten, dass schnell die Alphatier-Problematik erkennbar wurde. Ein Großteil der Spieler hat sich dann recht bald innerlich zurück gezogen und den lautesten Spieler machen lassen. In meinen Augen ist FORBIDDEN SKY somit mehr in den Kennerspiel-Bereich einzuordnen. Aber werden die nicht eher von PANDEMIE abgeholt? Und ist denen der doch erhebliche Glücksfaktor nicht zu hoch, weil schwer geplant werden kann. Bisher war in meinen Augen die FORBIDDEN-Reihe für Familienspieler konzipiert. Für solche ist FORBIDDEN SKY aber eher unbefriedigend.
Das gefällt mir gut: Die Grundidee, die FORBIDDEN-Reihe fortzuführen, finde ich gelungen. Denn FORBIDDEN SKY ist kein bloßer Abklatsch, sondern bringt tatsächlich neue Elemente ins Spiel. War bisher das Spielbrett immer fest vorgegeben, entwickelt sich nun der Spielplan jedes Mal neu. FORBIDDEN SKY ist ein Legespiel und hat dadurch einen ganz eigenen Charakter innerhalb der Reihe.
Auch die Idee der Spielgeschichte finde ich originell. Leider wird diese nicht konsequent auf den Punkt gebracht. Aber das Potenzial ist auf alle Fälle vorhanden. Dabei ist das Material eigentlich auch sinnvoll auf die Story abgestimmt und regt zum Mitspielen an.
FORBIDDEN SKY skaliert recht gut den Schwierigkeitsgrad. Davon unabhängig fühlen sich aber selbst die Partien im Einsteigerlevel schon spannend an. Im Endeffekt habe ich dieses Level mit allen Gruppen immer geschafft – aber wir hatten dabei nie das Gefühl, dass es ein Spaziergang war. Selbst in der erfahrenen PANDEMIC LEGACY Gruppe wurde das normale Szenario beim Kennenlernen schon als Herausforderung empfunden. Mit dem Wissen über alle Ausrüstungskarten (und deren Möglichkeiten) sowie die Verteilung der einzelnen Plättchen kann man dann auch die weiteren Level angehen.
Fazit: FORBIDDEN SKY hat auf den ersten Blick einen hohen Aufforderungscharakter. Leider zeigt sich recht schnell, dass das Spiel nicht mit den damit verbundenen Erwartungen standhalten kann. Mich störte am meisten, dass das eigentlich originelle Thema nicht optimal umgesetzt wurde. Zusätzlichen machen es die vielen kleinen Regeln und der doch recht hohe Glücksanteil schwierig, die optimale Zielgruppe zu bestimmen.
Titel | Forbidden Sky |
Autor | Matt Leacock |
Illustrationen | C. B. Canga und Anne Pätzke |
Dauer | 60 Minuten |
Spieleranzahl | 2 bis 5 Spieler |
Zielgruppe | kooperative Kennerspieler |
Verlag | Schmidt Spiele |
Jahr | 2018 |
Ich bedanke mich bei Schmidt Spiele für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars. Ich bin mir sicher, dass durch diese Bereitstellung meine Meinung nicht beeinflusst wurde. Die Besprechung spiegelt meine gemachte Erfahrung wider.
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